Mittel zur Verminderung der Kriminalität ertvsisei«. alseine ganze Anzahl von neuen Paragraphen im Strafgeschbuch." Ferner ist auf den Alkoholismus hinzuweisen, der indein neuen Strafgesetzentwiirfe so oft berücksichtigt ist und demdie Verfasser des Entwurfs doch so verständnislos gegen-überstehen, wie noch zu zeigen sein wird. Schon das Ange-führte lehrt, dast eine wirkliche Kriminalpolitik einzig undallein von den Sozialdemokraten und den Gewerkschaften ge-trieben wird. Nur sie gehen ernsthaft der wirtschaftlichen Notzu Leibe, nur sie kämpfen wirksam für höhere Löhne undniedrige Brotpreise, gegen Arbeitslosigkeit und Wohnungs-elend, für Bildung und Kultur. Nur ihrem Wirken ist eszuzuschreiben, daß die Kriminalität sich gebessert hat. Wieerbärmlich ist es da, daß der neue Entwurf, der angeblich dasVerbrechen bekämpfen soll, ausgestaltet ist zu einem wahrenAusnahmegesetze gegen diejenigen, die einzig es wirk-sam bekämpfen: gegen dieSozialdeniokratie unddie Gewerkschaften! Dies wird in den folgendenAufsätzen näher zu zeigen sein. Zunächst soll jedoch kurz dar-gelegt werden, welche im kapitalistischen 5tlassenstaate erfüll-baren Forderungen wir an ein Strafgesetzbuch zu stellenhaben. Wie viel wichtiger als ein Strafgesetzbuch ein wahr-Haft sozialpolitisches Gesetzbuch für die Verbrechens-bckämpfung wäre, geht aus den Zahlen, die wir hier über dieUrsache der Verbrechen mitgeteilt haben, klar hervor.klli! dem ischMchen Landtage.Aus Dresden wird uns darüber noch geschrieben:Am Dienstag abend find die neugewählten 25 sozialdemokratischenAbgeordneten in die Zweite Kammer des sächsischen Landtags ein-gezogen und am Mittwoch gab es bereits den ersten Zusammenstoßmit den Gegnern. Als drittstärkste Fraktion hatten die Sozial-dcmokraten nach allem bisher beobachteten Herkommen Anspruchauf den zweiten Vizepräsidentenposten und einen Sekretär.Beide gehören zum Direktorium, das über die wichtigsten Dingegeschäftlicher Art gemeinsam zu beraten und mit Stimmenmehrheitzu entscheiden hat. Unsere Genossen machten ihren Anspruch aufbeide Stellen iin Direktorium auch geltend. Bon den National-liberalen wurde ihnen auch die Lizepräsidentenstelle zugesagt, dochknüpften die Herreu daran die Bedingung, daß der sozialdemo»kratische Vizepräsident mindestens an der sogenannten feierlichen Er-iisinung des Landtages, die im königlichen Schloß stattfindet, teil-nehmen müsse. Sie begründeten ihr Verlangen mit der Behauptung.der erwähnte Eröffnungsakt, sowie die Schlußzeremonie seien durchdie Verfassung vorgeschrieben. Nun heißt eS allerdings im§ 114der sächsischen Verfassung:Der König eröffnet und entläßt die Stände-Versammlung entweder in eigener Person oder durcheinen dazu bevollmächtigten Kommissar.Ohne diese Eröffnung darf der Landtag in Verhandlungen nicht«intreten. Insoweit handelt es sich allerdings um einen durch dieVerfassung vorgeschriebenen Akt. ES steht aber kein Wort davonin der Verfassung, daß zu dieser Eröffnung die Vizepräsidentenzu erscheinen haben. Außerdem hat man diese Eröffnung zueiner höfischen Zeremonie verunstaltet, die im königlichen Schlossestattfindet. Die Abgeordneten müssen sich in vorgeschriebener Weiseaufstellen. Wenn der König kommt, wird ein Hoch auf ihn ausgebracht. Darauf wird die Thronrede verlesen und der Landtag füreröffnet erklärt. An dieser Zeremonie sollte der sozialdemokratischeVizepräsident teilnehmen, allerdings sollte es ihm freigestellt werden,ob er mit Höchen wolle oder nicht.Die sozialdemokratische Fraktion lehnte das Ansinnen namentlichunter dem Hinweise ab, daß in der Verfassung kein Wortdavon stehe, daß der zweite V i z e p r ä s i d e n t bei der aller-dings durch die Verfassung vorgeschriebenen Eröffnung zugegens e i n m ü s s e. Es wurde die bedingungslose Gewährungdes zweiten Vizepräsidentenpostens gefordert. Darauf erklärten dieNationalliberalen und Freisinnigen, für einen sozialdemo«tratischen Vizepräsidenten nicht eintrete» zukönnen. So kam es dann auch.Ueber den Verlauf der Mittwochsitzung und der Präsidentenwahlist schon berichtet worden. Die Sozialdemokraten stimmten für denNationalliberalen Bogel als Präsidenten und den Konservativen Opitzals ersten Vizepräsidenten gemäß dem Grundsatz, daß die Direktoriums�Posten nach der Stärke der Fraktionen zu verteilen find. Um so unwürdiger war danach das Verhalten der Bürgerlichen. Die Freisinnigen akzeptierten deir zweiten Vizepräsidenten trotz der schmählichen Umstände, unter denen er ihnen zufiel. Die Sozialdcinokratenzogen die selbstverständliche Konsequenz, indem sie nun auf denSekretärpostcn verzichteten. Sie gaben bei dieser Wahl weiße Zettelab. Indes wurde Genosse Fleißner mit 37 Stimmen gewählt, dievon den Liberalen herrührten. Er lehnte natürlich die Wahl ab,so daß an seine Stelle der Konservative Dr. Schanz rückte.Daniit war der Streit erledigt, der den Nationallibcralen undFreisinnigen Gelegenheit gegeben hatte, gleich zu Ansang der Sessionzu zeigen, daß sie keine Spur von Liberalismus besitzen.Am Donnerstag eröffnete der König de» Landtag mit einerThronrede. Sie erwähnt u. a. die Tatsache, daß sich die ZweiteKammer auf Grund eines neuen Wahlgesetzes versammelthabe,„das dem Frieden des Landes und der Wohlfahrt aller Schichtendes Volkes dienen solle".Der Staatshaushaltsetat für die nächste FinanzPeriode weise namhafte Ausgaben zugunsten der Beamten, Geist-lichen, Lehrer usw. und ihrer Hinterbliebenen auf. Da vermehrteund neue Staatsbedürfnisse zu berücksichtigen waren, habe die Her-stellung des Gleichgewichts zwischen den Einnahmen und Ausgabendiesmal besonder« Schwierigkeiten geboten, jedoch sei es gelungen.den Etat ohne erhöhte Anforderungen an die Steuerkraft desLande? ins Gleichgewicht zu bringen. Von den vor einigenMonaten erlassenen Steuergesetzen des Reiches dürfeerwartet werden. daß sie der Reichskasse denjenigen Mehr-betrag an fortlaufenden DeckungSmitteln zuführen. der er-forderlich ist, um bei sparsamer Führung deS ReichShauShaltS-etats den Reichkbedarf aufzubringen und einem weiteren un-verhältnismäßigen Anwachsen der Reichsschuld wirksam vorzubeugen.Leider war es den Verbündeten Regierungen nicht gelungen, gleich-zeitig die seit langem angestrebte Regelung des finanziellenVerhältnisses der Bundesstaaten zum Reiche zu er-zielen. Ja dieser Beziehung bei sich darbietender Gelegenheit aufeine Aendcrung hinzuwirken, wird die Regierung fortgesetzt als ihre Aufgabe betrachten. Auf dem Gebiet der Berg-gesetzgebung kündigt die Thronrede einen Entwurf an. wonachdie Sicherheit des Betriebes durch gewählte Berg-arbeiter mit überwacht werden soll. Ferner werde es dieRegienmg nach wie vor als ihre ernsteste Aufgabe be-trachten, dem Volke die Religion zu erhalten. Aufdem Gebiete der UnierrichtSverwaltnng werden dreiGesetzentwurfs vorgelegt werden. Diese betreffen die künftigeGestaltung der höheren Mädchenschulbildung zwecksbesserer Ausbildung deS weiblichen Geschlechts für seine späterenBenifsmögNchkeiten. ferner die Anstellungsverhältnisseder Fachkehr eri ttnen an den Volksschulen sowie dieAbänderung des Gesetzes über die Schul st euer».Zum Schluß küudigt die Throurede Gesetzentwürfe über die Landes-brandversicherungsanstalt und über die Feuerver-s i ch e r u n g bei privaten Unternehmungen an.Sie belgische Mrife.ist im Jubi-zum Normal-In der Tatausonst KriseBrüfftl, 9. November. sEig. Ber.) Die„Krise"läumsjahr der LS jäbrigen Herrschaft der Klerikalenzustand des belgiichen Parlamentarismus geworden.scheint das, was man im polilischen Sprachgebrauchnennt, sich unter dein glorreichen, alle parlamentarischen Normenmißachtenden klerikalen Regime zu einer ingeuiösen Reglern ngS-technik auszubilden.Zur Krise gehört eS sonst, daß sie ihren notwendigen, durchbestimmte politische Voraussetzungen vorgezeichneten Ausgang nimmt.Aber gerade dazu will es' jetzt nicht kommen und dieshauptsächlich darum, weil die klerikalen Minister auch ohne undeventuell gegen die Majorität regieren. Die Situation ist in Belgiennicht mehr neu und wenn statt deS Ministeriums S ch o l l o e r t einanderes klerikales Ministerium auf den Plan tritt, muß sich dieparlamentarische Situation noch lange nicht ändern. Der logischeAbschluß der Krise wäre die DurÄsetzuiig einer Militärreform»r i lHilfe der Linken oder der Appell an die Wählerschaft, d. h.Wahlen mit der Plattform der allgemeinen Person-lichen Dienstpflicht. Daß die Regierung nicht zudem letzteren Mittel greift, begreift sich. Wird HerrSckollaerr die Reform mit der Linken machen; ihr An-gebot, die persönliche Dienstpflicht in die Reformaufzunehme»— als„Lösegeld" für die Dienstbefrciungen der Geist-lichen— annehmen? Man weiß, Herr Schollaert hat kühn er-klärt, die Militärreform nur mit der Rechten zu machen. Auf dieserRechten befindet sich jedoch der intransigeute altklerikale Woeste.der überhaupt von einer Reform nichts wissen will und höchstenseinem Ausbau des Gesetzes vom Jahre 1902 über das Volon-t a r i a t zustimmt, von dem eben der K r i e g s m i n i st e r erklärthat. daß eS unhaltbar und die Quelle all' derin ilitärischen Gebrechen ist, die eine Reform be-seitigen soll.— Auf dieser Rechten befindet sich aber audj derFlügel der Juugklcrikaleu, von denen ein Teil wenigstens, ent-schlössen ist, nur für eine Militärreform zu stimmen, die das„Krebs-geschwnr" am Leib der Armee, wie der klerikale Minister H elleputteeinmal das StcllvertretungSsystem genannt hat, b e-seitigt. Ein solcher Paragraph fehlt der Regierungsvorlage,trotzdem sich seinerzeit der Kriegsminister in seinen Vorschlägen sehrenergisch für die persönliche Dienstpflicht eingesetzt hat.Die seinerzeitigen Abstimmungen in den Sektionen überda? Regierungsprojekt wie über das Amendement Bertrand überdie persönliche Dienstpflicht haben zudem gezeigt, daßdas Haus über eine Majorität für die persönliche Dienstpflicht verfügt. Und nun hat in diesen Tagen ein Mitglied der Rechten,Herr Levis, in einer Rede, die voll scharfer feindlicher Spitzen gegen Woeste war, an die Regierungappelliert, die von der Linken angebotene Eini-gung zu akzeptieren und mit Hilfe dieser undgegen die Woeste-Clique die Militärreform auf derBasis der persönlichen Dien st Pflicht zu machen.Herr Levie wird seither von den Woeste-Blättern als Parteiverräterund Annpatriot angeflegelt und der Regierung gedroht, falls sie aufeine Einigung mit der Linken eingeht, daß ihr durch Amendementsdas Gesetz von der Woeste-Clique in Grund und Boden verpfuschtwerden würde. Also:„Sabotage"! Und Herr Woeste selbst läßtsogar mit einer Ministerkrise drohen! So liegt denn die Situationso, daß die Regierung mit der Linken keine Militärreform machendarf und mit der Rechten keine machen kann. Herr Schollaerthätte eine Majorität, aber er darf nur mit der Minorität regieren—vorausgesetzt, daß der allerdings unheimlich zähe und starrsinnigeFanatiker Woeste siegt.Ob das„Lösegeld" für die persönliche Dienstpflicht im Rahmender Regierungsvorlage vom s o z i a l i st i s ch e n Standpunktaus besehen, nicht zu teuer bezahlt wäre, ist eine andere Frage.Neben dem Liberalen H h m a n S und dem Demokraten Jans o n,hat auch Band ervelde für die sozialistische Gruppe der Regierung ihre Hilfe zugesagt, d. h. erklärt, daß die Sozialisten für dieRegierungsvorlage stimmen würden, wenn sie die Aufhebung der StellVertretung zusagt. Nun hat der letzte Parteikongreß bezüglich derHaltung der Sozialisten in der Militärfrage sein Votum dahin abgegeben,daß unsere Genossen in der Kammer nur für ein Gesetzstimmen dürfen, das keine Erhöhung dermilitärischen Lasten zur Folge hat. In diesem Punktegibt die Formel Schollaert aber durchaus keine Berubigung. Sieläßt die Frage des Kontingents und der Dienstzeit offen und dieFormel: ein„Sohn per Familie" im Verein mit den von denKlerikalen geheischten Befreiungen gibt keinerlei Gewißheit darüber.ob nach der Durchführung der Schollaertschen Reform dasProletariat nicht mit erneuten militärischenLasten würde beschwert werden.Diesem Zweifel oder vielmehr dieser Befürchtung hat auch diesozialistische Presse bereits Ausdruck gegeben. Will die Regierungeine Einigung mit der Linken, eine Unterstützung der Sozialisten inder Militärreform, so wird es notwendig sein, daß sie in ihremProjekt auch Garantien bietet, daß das Proletariat nicht die AufHebung der einen Ungerechtigkeit mit neuen Opfernbezahlt. Aber soweit ist die Situation noch lange nicht gediehen.und es ist Tausend gegen Eins zu Ivetten, daß eine Kombinationnach rechts mit Intrigen und unredlichem Schacher einer Kombinationnach links mit Konzessionen in demokratischer Richtung von der Re-gierimg vorgezogen wird— wenn sie die Möglichkeit dazu hat...poUtifebe debcrHcbt.Berlin, den 11. November 1909Ttatt des Treiklafsentvahlrechts ein Vierklassenwahlrecht!Eine Korrespondenz erzählt:„Ein maßgebender Abgeordneter der nationalliberalenPartei spricht sich auf Grund von Jnfonnationen, die er vonunterrichteter Seite erhalten hat, dahm au?, daß nach den Er-fahrungen, die mit dem Plural Wahlrecht in Sachsengemacht worden sind, eine Einführung desselben für Preußenüberhaupt nicht mehr in Frage kommt, nach-den» sich herausgestellt hat, daß das Plural Wahlrecht einengenügenden Schutz gegen sozialdemokratische Ueber-slutung nicht bildet. Nach Ansicht deS Abgeordneten dürste dieLösung der preußischen Wahlreformsrage vielleicht in der Weisegefunden werden, daß man vom Dreiklassenwahlrecht zum Vier-klas sen w a h lrecht übergeht und die Zugehörigkeit zu einerdieser vier Klassen von der Sreuerleistung, der Bildung und demAlter abhängig macht. Ein derartiges Wahlrecht böte einensicheren Schutz gegen die sozialdemokratische Hochflut. Eswürde dann auch der Durchführung der geheimen Ab-st i m m u» g ein wesentliches Hindernis nicht mehr entgegenstehen."Da auch das sächsische Wahlrecht ja eine Art Vierklassen-Wahlrecht ist, aber nach der ttationalliberalen InformationHerrn v. Bethmann Hollweg noch zu radikal sein soll, sowürde also das für Preußen in Aussicht genommene Vier-klassenwahlrecht noch viel elender sein, als das sächsische!Ob die Meldung nun richtig ist oder nicht, so viel istohne weiteres klar, daß sowohl die Regierung als auchdie Parteien der Rechten alles aufbieten werden, um dieWahlreform derart zu gestalten, d. h. zu verhunzen, daß diepreußische Duma vor einer sozialdemokratischen„Ueberflutung"zeschützt ist. ES fragt sich nur, ob die entrechteten Massensich derartig prellen lassen werden. Und da scheint unsdenn doch das Resultat der letzten Wahlen im ganzen Reicheein Beweis dafür zu sein, daß die breiten Volksmasscn esendlich gründlich satt sind, sich von Junkern, Pfaffen undSchlotbaronen als Unmündige behandeln zu lassen. DasVolk wird bei der Wahlreform auch ein kräftigesWörtlein mitzusprechen haben!Budgetberatung in der Hamburger Bürgerschaft.Hamburg, den 11. November. Am Mittwochabend gelangte inHamburgs Parlament das Budget für 1919 zur Beratung. Senats-komniisiar Dr. Diestel, der seit dem Tode des BürgermeistersDr. Mönckeberg die wichtigen Senatsvorlagen vertritt, gab sich einenmodernen Anstrich. Er hob hervor, daß ein Drittel der Staats-einnähme für die Besoldung des Beamtenheeres draufgehe. SenatorDr. Diestel scheint seine Beamten zu kennen, denn er hält diese nichtfür befähigt zur Leitung der Hamburger Staats- und Vorortbahn:„lieber ein Kaufmann, als ein Beamter, der nicht das ErwerbSinterei'ehat, das jenen beseelt," bemerlte er, hinzufügend, daß der Beamte nureben seine Bureauzeit ausfülle, womit für ihn die Sache abgetan sei.Im nächsten Jahre wird, eine Folge des KöhlbrandvertragcS,das Budget die Höhe von 200 Millionen erreichen.— GenosseStalten hob hervor, daß die traurigen Finanzverhältnisse imReiche auch auf die Hamburger Finanzen hiiinberfpielen, so daß dieSteuersckraube auch hier stärker angezogen werden müsse-Er ersuchte den SenatSkommisiar, bei der Borberatungder ReichSwertzuwachssteuer darauf hinzuwirken, daß dieseden lokalen Verhältnissen Rechnung trage. Die Klage über dieBeamtenwirtschast griff Genosse Stollen auf, indem er darauf hin-wies, daß eö in dieser Hinsicht beinahe ebenso schlimm aussehe, wieauf den Reichswerften. Das Beamtenheer zähle jetzt rund IS 000Köpfe, auf j e zwanzig erwachsene Männer kommtin Hamburg ein Beamter! Auf diesem Gebiete könnteviel gespart werden, wie auf der anderen Seite die Hafenanlagen.Kaibctriebe usw,, vor allem die an der Amerika- Linie ver-pachteten, als ergiebige Einnahmequellen herangezogen werdenkönnten. Der BudgetauSschuß werde daS trübe Bild in dcrangedeuteten Richtung retouchieren können. Einen Zuruf, daßan der Unrentabitilät der StaatSanlagen die hohen Arbeitslöhneschuld seien, tat Stötten mit der Bemerkung ab, daß die Lohn-erhöhung bei weitem nicht Schritt gehalten habe mit der durch dieagrarische Schandwirtschaft hervorgerufenen Verteuerung der wich-tigsten Lebensmittel. In der weiteren Aussprache wurde vor alleinden kostspielig arbeitenden Staatsbehörden Sparsamkeit empfohlenund eine scharfe Kontrolle verlangt.M.- Gladbacher Steuerpolitik.Im September 1905 veröffentlichte die„Soziale Kultur".eine im Verlage der Zentralstelle des katholischenVolksvereins erscheinende Monatsschrift einen Artikel überSteuerwesen und Steuerpolitik, worin festgestellt wurde, daß die LastendeS Reiches«nicht von den Besitzenden, von den Millionären und Korn-merzienräten, nicht von den Großgrundbesitzern und Großindustriellenaufgebracht werden, fondern von der breiten Masse desarbeitenden um seine Existenz im harten Kampferingenden BolkeL." Wo.ter wurde bezüglich des Verhälinsicsder direkten und indiretten Steuerbelastuiig festgestellt, daß an Reichs-steuern auf den Kopf der Bevölkerung entfallen 18,56 M., an Landes-steuern 11,22, worunter noch 3,10 M. indirekte Steuer, an Gesamt-stcuer also 29,73 M.„Die indirekten Steuern in Reichund Bundesstaat." hieß es wörtlich,„betragen ins-gesamt pro Kopf 21,66 M., während die direkte»Steuern nur 8,12 M. ausmachen, d. h. die indirektenSteuern betragen etwa 250 Prozent der Staats-steuern."Der Artikel zog dann noch die direkten Gemeinde-, Bezirks-,Provinzialsteuern sowie die Kirchen- und Schulsteuern in Betracktund kam zu folgendem Ergebnis: direkte Steuern 17,52 M.,indirekte Steuern 24.66 M. p r o K o p f.„Mag man— sohieß es am Schluß— über unsere Schätzungen bezüglich derKommunallasten streiten, aber soviel steht unleugbar fest:„DieGesamtbelastung durch indirekte Steuern ist höherals die durch die direkten Steuer»".Heute, nachdem da? Zentrum den großen 2.»lksbetrug dcr Reichs-finanzreform auf dem Gewissen hat. beweisen die M.-Gladbacher dasGegenteil. Sie haben das Land mit einem Flugblatt überschwemmr,dessen erste Seite mit drei Säcken geziert ist: einem ganz großen,der die Summe der direkten und Besitzsteuenl(2063 Millionen), einemkleinen, der die Summe der indirekten Steuern auf notwendigenMassengebrauch s773 Millionen), und einem noch kleineren, der dieSumme der indirekten Steuern auf entbehrliche Genußmittel(622 Millionen) darstellt. Und nun wird angegeben, daß die„Besser-bemittelten" von den direkten Steuern"/,», von den indirektenSteuern Vz resp. Vo des Gesamtbetrags zahlen. Bon den 31/, Milliardendirekten und indirekten Steuern in Reich. Staat und Gemeindesollen demnach auf die„Minderbemittelten" rund1000 Millionen, auf die„Besserbcmittelten" rund2500 Millionen Mark entfallen.Die Steuergelchrten aus M.-Gladbach behaupten, damit be-wiesen zu haben, daß die Sozialdemokratie„bei ihrem Steuergeschreiaufs gröblichste die Wahrheit fälscht," wenn sie behauptet, daß derArme im Verhältnis zum Reichen viel zu hoch besteuert sei. Nachder Darstellung der M.-Gladbacher sind im Gegenteil die Arbeiter undkleinen Leute viel zu wenig belastet gegenüber den armen Reichen,die fünf Siebentel der gesamten Steuerlast tragen. Diese meine Euldeckung komnit dadurch zustande, daß die Bevölkerung eingeteiltwird in„Besserbemiltelte" und„Minderbemittelte". U n b e-mittelte gibts nach der M.- Gladbacher An-schauung in Deutschland überhaupt nicht.Minderbemittelte" sind die Leute mit einemEinkommen unter 1500 Mark. Wer mindestens1500 M. JahreSbcrdienst, also.einen Tagelohn von 4,11 M.hat, der zählt zu den.Besserbemittelten" und kommtnlit dem Millionär in einen Sack!Man sieht: bei den M.-Gladbachern ist kein Ding unmöglich.Sie können den Steuersack der„Besierbemittetten" beliebiggroß machen, je nachdem sie das Einkommen fixieren.daS nötig isC um den Staatsbürger in den Stand der„Bester-bemittelten" zu befördern. Bei der nächsten Finanzrefornl, die mitHilfe des Zentrums zustande kommt, werden sie vielleicht die Eigen-slbas: des„BesserbemilteltseinS" schon mit einem Einkommen von900 Mark beginnen lassen und nachweisen, daß die„Minder-bemittelten" in Deutschland überhaupt keineSteuern zahle lt„_Staatsgefahrlicho Windmühlenflügel IDer edle Ritter von la Mancha focht zwar auch gegen Wind-mühlenflügel, aber doch nur deshalb, weil er sie für Riefen hielt.Unsere Polizei und Justiz ober kämpft gegen Wiudmühlenflllgcl.trotzdem sie weiß, daß sie nichts sind, als simple und verttableWindmühlenflügel!Diese Windmühlenflügel hatten es unseren staatSerhaltendenOrganen dadurch angetan. daß sie weiß und rot an-gestrichen waren. Weiß und rot ist nun zwar die Landes-