|t. 265. 26. Jahrgang.1. WM dkg Lmiirls" Kkllim MüisdlÄFreitag, 12. Dwmbn 1909.Stadtverordneten-Versammlung.EO. Sitzung vom Donnerstag, den 11. November.nachmittags 5 Uhr.Der Vorsteher-Stellvertreter Cassel eröffnet die Sitzung nachS'/z Uhr.Als Nachtrag ist auf die Tagesordnung gesetzt einAntrag Cassel-Singer-Mommsen-Rosenow-Deutschbetreffend die in der Prcsie und in verschiedenen Vereinen aufgestellte Behauptung über Vegunstigungen von Privatpersonen beimirrwerb des Spartassrugebäudes in der Lintstraßc und bei demTurchebruchsprojckt in der Zossener Strasse, die irr Beziehungen zumStadtverordnetcnvorstchcr stehen I Nach dem Wortlaut des Antragessoll der Magistrat um Auslunst über diese Behauptung ersuchtwerden.Widerspruch gegen die Dringlichkeit und gegen die sofortigeVerhandlung des Antrages erhebt sich nicht. Der Vorsitz wird vondem ältesten Beisitzer Stadtv. Gericke sFr. Fr.) übernommen.Stadv. Cassel(A. L.): Die Antragsteller, obwohl mit den inBetracht kommenden Tatsachen genau vertraut, haben es der Würdeder Versammlung für entsprechend gehalten, den Magistrat � umAuskunft zu ersuchen, damit diese Verhältnisse im Lichte der Oeffent-iichkeit klargestellt werden.(Zustimmung.)Oberbürgermeister Kirschncr: Auf Grund eine? Magistrats-beschlusses kann ich sofort die gewünschte Aufklärung geben. Die ersteaintliche Kenntnis von den erhobenen Anschuldigungen hat der Ma-gistrat erhalten durch eine Beschwerde vom 11. Mai d. I. an denOberpräsidenten, eingereicht vom Hansbesitzerverein„Süden". Daist von dem Erstaunen über die neue Zickzacklinie für den Durchbruchgesprochen, das noch gewachsen sei, als bekannt geworden, daß dieHäuser Watcrlooufer 11 und Plauufer 15 nahen Berwandteu desHerrn Michclet gehörten, über den Verkaufspreis sei schon vor derVorlage an die Versammlung eine Verständigung erfolgt I— Weiterwird da erwähnt, das; schon ISVI die Stadt das Grundstück Link-straße 7/8 von einer Schwägerin des Herrn Michelet gekaust habe,obwohl es für Sparkassenzwecke wenig geeignet sei. In unsererAntwort an den Oberpräsidenten haben wir festgestellt, dast demStadtbaurat Krause bei der Projektaufstellung von solchen Be-zichungcn nichts bekannt gewesen sei, dag aber diese eventuell keinGrund gewesen wären, ein für zweckmäßig erkanntes Projektnicht auszuführen I Das Grundstück P l a n u f e r gehöre dem Land-schaftsmaler Bombach, einem Schwiegersohn des Vorstehers, dasandere einer Schwester des Malers; Herr Bombach sei an demVerkauf nicht interessiert. Die Behauptung von dem vorhervereinbarten Kaufpreise sei hinfällig, sie gründe sich aufeine mißverstandene Aeußerung des Berichterstatters Liebenow.Das Sparkassengrundstück in der Linkstraße haben wir von einerBaufirma Fehring u. Wächter gekauft, während die Vorbesttzerineine Frau Michelet war. Eine Nachtragsbeschwerde besagt, daßdie Stadt 85 000 M. mehr bezahlt habe als Frau Michelet erholtenhatte. Wir haben die Vorgänge gelegentlich des Ankaufs dieses Grund-stücks dem Oberpräsidenten dargelegt. Stadtrat Mamroth hat deinKuratorium damals erklärt, daß. wenn auch die Frau Witive Micheletin einer Regung des Unmutes das Haus sehr billig verkauft habensollte, dieser Vorgang auf den wirklichen Wert des Grund-stücks nicht influiere. Unterm 30. Juli 1909 hat der Ober-Präsident dann die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen:Das Durchbruchsprojekt sei aus rein sachlichen Erwägungen hervor-gegangen, und auch die Unterstellung, daß bereits vor der Vorlageau die Versammlung eine Vereinbarung über den Preis der Grund-stücke getroffen sei, falle hin, da Herr Michelet gerade erklärt habe,die beiden Genannten seien nicht geneigt, ihre Grundstückezu verkaufen. Bei diesem Bescheide hat sich der Verein nichtberuhigt(Heiterkeit), sondern seine Beschwerde nunmehr an denMini st er des Innern gerichtet; er bleibt dabei, daß Privat-iuteresien mitgesprochen haben und mitgesprochen haben müssen. Manberuft sich auf die Stadtvv. B e r g e r und Imberg als Zeugen,außerdem wird Aufklärung verlangt über die Verwendungder 85 900 Mark, die die Stadt mehr bezahlt hat.Tie Stadtvv Berger und Imberg sowie die Baufirma sind von unsbefragt worden; von keiner Seite haben die betreffenden Beschul-digungen Unterstützung gefunden; die Baufirma erklärt, daß siedas Grundstück für ihre Zwecke— allerdings sehr billig— erworbenund den späteren Verkaufsgewinn auf Kosten der Vorbesitzerin ge-macht habe.Der Stadtverordnete Körte hat das Geschäft, welches die Stadtniit dem Ankauf machte, als ein sehr günstiges bezeichnet. NachKleines feuillcton.Theater.Deutsches Theater:„Don Carlos� von Schiller.Die Darstellung des„Ton Carlos", mit der daS Deutsche Theaterdie Schillergedenkieier beging, bot. wenn auch nicht durchgängiggleichmäßig abgerundet, doch eine Fülle des Guten und Vorlreff-lichen. Das Strebe» der Direktion, in ihren Klassikerpremieren dieDramen ohne oder doch wenigstens annähernd ohne Streichungenaufzuführen, dehnte die Dauer der Vorstellung diesinal noch ein gutTeil über das sonst erreichte Maß rniS. Das Spiel begann um0 Uhr und endigte um Mitternacht. Die Wirkungskraft des Stückesmußte bei einer solchen Ueberspannung der an die Aufnahmefähigkeitder Zuschauer gestellten Anforderungen notwendig leiden; um somehr, da die Lockerheit des dramatischen Gefüges bei solcher Breiteum so schärfer hervortritt.Die Ausarbeitung des Werkes, daS die Jugendperiode vonSchillers dramatischem Schaffen abschließt, zog sich über einenlängeren Zeitraum hin, währenddessen sich der Schwerpunkt desInteresses für den Dichter verschob. Urspiünglich konzipiert als eineFamilientragödie im spanischen Königshause, bei der Carlos' Liebezu seines Baters Philipp junger Gattin den Angelpunkt der Hand-lung bildet, rückt in dem Schauspiel dann Carlos' Freund, derMarquis Posa mehr und mehr in den Vordergrund. Dies Gemäldeder Leidenschaften wird zum Relief für eine Idealfigur, in der der�unge Schiller seine freiheitlichen Ueberzcugungen ve> herrlicht. Als„Bürger eines kommenden Jahrhundert" verkündet Posa das Kommeneines Reichs des Friedens, des Völkerglücks, der Gerechtigkeitund träumt— auch hierin die Auffassung jenes Zeitalterswiderspiegelnd— durch Aufklärung der Könige und Gesetzgeber,durch den Appell an ihre Menschlichkeit die große Aufgabe amsichersten zu fö>'dern. In diesem Glauben hat er Carlos Geist zubilden gesucht, in diesen, Glauben tritt er. ein kühner Mahner, demergrauten Despoten Philipp gegenüber. Und der Held der Freiheitsoll zugleich ein Held der Freundschaft sein, der für den Prinzen,um ihn im Dienst der Aufgabe zu retten, freiwillig in de» Todgeht l DaS ist das Ziel, dem da« Drama weit über den zuerst ent-worfenen Plan hinaus schließlich zustrebt, der Gedanke, dem eSshmbolisck Ausdruck geben will. Aber zu einer einheitlich organisierendenIlmbildung der Handlung unter diesem Gesichtspunkte ist eS nicht ge-kommen. Die Fäden, durch die Posa« Opfertat mit dem Ablauf derFamilientragödie drainatisch verknüpft sind, laufen vielfach in krauserWillkür durcheinander. Es fehlt der Zwang durchsichtiger, unaus-Iveichlicher Notwendigkeit. Das Ganze gleicht eiitem Marmorblock,in dem der Künstler einzelnes genial herausgemeißelt hat, ohne denZusammenhang deS Bildwerks mehr als andeutend markiert-ulhaben.I meiner gewissenhaften Prüfung ist in diesen Dingen nichts ge-Ischehen, was einen Schatten oder Makel auf die Stadtbehördenoder den Stadtverordnetenvorsteher Michelet würfe.(Beifall.) DieAntragsteller haben sich mit dem Antrage ein Verdienst erworben,denn es ist wünschenswert, daß auch in der ganzen Bürgerschaft dieAuffassung Platz greift, daß diese Beschuldigungen leichtfertige Ver-dächtigungcn ohne jeden tatsächlichen Hintergrund sind.(Beifall.)Stadtv.-Vorsteher Michelet: Bisher hatte ich ein Eingehen audiese Verdächtigungen als unwürdig der Stellung angesehen, dieSie mir verliehen haben. Jetzt aber halte ich mich für verpflichtet,mich auch persönlich zu erklären. Als ich von dem Durchbruchsprojektaus den Zeitungen vernahm, das mir zuerst, nicht recht ein-leuchtete. besprach ich mich mit dem Stadtbaurat Krauseund verhehlte ihm auch nicht, daß ein Haus dabei in Frage käme,das einem meiner Schwiegersöhne gehört, der damit nicht zufriedensein würde. Der Baurat überzeugte mich aber durchaus von derNotwendigkeit des Durchbruchs. Seitdem habe ich keinerlei Be-sprcchung darüber gehabt, auch die Verhandlungen möglichst gemieden,um nicht in Kollision zu kommen. Ich habe absolut auch nicht dasgeringste pekuniäre Interesse an dem Grundstück Planufer 15, demschuldenfreien Besitz meines Schwiegersohnes.Von den Kaufverhandlungen über daS Grundstück in derLinkstraße habe ich nichts gewußt, auch keinen Rat ge-geben, weil keiner gefordert worden ist: auch an diesemGrundstück hatte ich absolut kein pekuniäres Interesse.—40 Jahre habe ich treu und redlich im Dienste meiner Vaterstadtgestanden, um schließlich solche bitteren Erfahrungen zu machen. Ichvergebe allen, die sich dazu hergegeben haben, diese traurige Rollezu spielen: sie haben nicht gewußt, was sie taten. AberIhnen allen, die Sie keinen Augenblick im Vertrauen zu IhremVorsteher geschwankt haben, spreche ich meinen tiefempfundenenDank ans.(Beifall.)Stadtv. Cassel: Nach den gegebenen erschöpfenden(Er<klärungen gereicht es mir zur lebhaften Genugtuung. fest-zustellen, daß die Beschwerdebehauptuugen teils belanglos,teils unwahr sind. Ich halte für tief bedauerlich, daß aus solchemMaterial Borwürfe teils in den Zeilen, teils und noch mehrzwischen den Zeilen erhoben sind gegen einen Mann, dessenIntegrität so vollauf klar liegt. Wir haben heute und in Zukunftkeine Veranlassung, in seine Integrität irgend einen Zweifel zusetzen.(Beifall.)Stadtv. Singer(Soz.): Nach den Darlegungen deS Ober-bürgermeisters ist für uns die Angelegenheit klargestellt und erledigt.linser Vertrauen in die Integrität des Herrn Vorstehers kann durchdiese Beschwerden nicht im geringsten beeinträchtigt werden.(Beifall.)Stadtv. Mommscn(Fr. Fr.): Als die betreffenden Angelegenheitenan uns kamen, hat der Vorsteher uns sofort von dem bestehendenverwandtschaftlichen Verhältnis Mitteilung gemacht. Die hier unsgegebene Erklärung war für uns nicht notwendig, abersie war es für die breite Oeffentlichkeit. Das Gefühlder Bitterkeit, dem der Vorsteher Ausdruck gab. könnenwir wohl verstehen, wir rufen aus dem gleichen Gefühl den Mit-bürgern draußen zu, eingedenk zu sein der Gefahren, welche siedurch derartige Augriffe gegen die ehrenamtlichen Vertreter derBürgerschaft heraufbeschwören.(Zurufe bei den Sozialdemokraten:Häusagrarier!") Die Herren vom Hausbesitzerverein..Süden" sollten die Beschwerde an den Minister schleunigst wiederzurückziehen; das wäre das Gescheiteste, was sie tun könnten.Stadtv. Rosenow<N L.) tritt ebenfalls den Anwürfen entgegen,vor denen die Versammlung und der Magistrat aufs äußerste be-hütet werden müßten, solle nicht das Vertrauen der Bürgerschaft indie Verwaltung verloren gehen.Stadtv. Deutsch(soz.-fortschr.) schließt sich den Erkläruugen derVorredner an und bekundet dem Vorsteher auch seinerseits das volleVertrauen.Stadtv. Glahrl(Fr. Fr.): Der Verein der Grundbesitzer„SüdWest und Süd" fühlt sich völlig fern den Angriffen, welche vomVerein„Süden" ausgegangen sind. Der dortige Vorsitzende, einGemeindelehrer, hat es nicht gewagt, seinen Namen unter die Be>schwerde zu setzen.Der Antrag wird hierauf einstinmiig für erledigt erklärt, vor-steher Michelet übernimmt wieder den Vorsitz.Mit der vom Magistrat vorgeschlagenen NeugestaltungdeS Bebauungsplanes für das Stadtgebiet zwischender See- und Müller straße einerseits und der N e i n i ck e n-dorfer Grenze anderseits hat sich der eingesetzte Ausschuß nurteilweise einverstanden erklärt.Referent ist Stadtv. Stapf(A. L.) Die Versammlung beschließtohne Debatte nach den AnSscbußanträgen.Nachdem der Oberpräsident in Gemäßheit deSKrankenverfichemngS>gesetzes eine Revision derEin prachtvoller Interpret Schillerschen JugendgeisteS warM o i s s i S schlanker Posa mit dem durchgeistigten Antlitz, demschwärmerische» Blick, der wunderbar geschmeidigen, in den Momentender Begeisterung zu schmetternden Fanfarentönen anschwellendenStimme. Festtäglicher Glanz ging von ihm aus. In steigenderSpaiinung lauschte das Publikum der berühmten Rede vor demKönig, und als sich Moissi-Posa mit dem Rufe„geben Sie Gedanken-sreiheit" beschlvörend auf die Knie warf, brach die lang zurück-gehaltene Erregung bei offener Szene in tosenden endlosen Beifalls-stürmen aus.Das andere schauspielerische Ereignis des Abends war TillaDurieux als Fürstin Eboli. I» die bis zum Grotesken un-wahrscheinliche Liebesszene des zweiten Aktes legte sie eine Wahr-heit der Leidenschaft, in die jäh auslodernde Rachsucht Akzente vonso elementarer Wucht, daß vor dem glutvoll ergreifenden Bilde allehemmende Erinnerung an die Unmöglichkeit der Situation entschwand.Und ähnlich überzeugend wirkte später ihr zerknirschtes Schuldbekenntnis.Sehr sympathisch anmutig repräsentierte Else Heims die sanfte Güteder Königin. Harry Walden war in seiner Mischung vonWeichheit, hingebendem Vertrauen und trotzig aufbrausenderExaltation ein interessanter Carlos mit eigenartiger Physiognomie.Mit Basser manns stark applaudiertem Philipp vermochte ichnicht mitzugehen. Der ausgezeichnete Darsteller spielte den furcht-baren, in seiner einsam finsteren Größe imponierenden Despotennach naturalistischem Stil als eine Art pathologischen Sonderling.der mehr Mitleid als Furcht eriveckt. Die Feinheit in Details derNuancierung half über dieses Mißverhältnis nicht hinweg. Er nahmder Schillerschen Sprache ganz ihren Klang und zerstückelte nochobendrein ihren Fluß durch gehäufte Pausen. Unter den kleineren Rollenragte Wegeners höchst eindrucksvoller, wirklich gefährlich drein-schauender Alba hervor. Die Ausstattung war einfacher als sonst,doch stimmungsvoll. ät.Notizen.— Eine Schiller-Feier, die die Stadt Charlottcnburgim Schiller- Theater- C harlottenburg veranstaltet,findet am Freitag, de» 12. und 26. November 1909, nachmittags3 Uhr, statt. Zur Aufführung kommt die Wallenstein-Trilogie.— Theater chronik. Die Gastspielvorstellungen derMünchener Märchenspiele beginnen am 22. November imGastspiel- Theater. Zur Aufführung gelangt„Der Zauberkessel", einlustiges Märchenspiel von D. Kühner, Musik von Edgar Jstel.— Borträge. Ingenieur Vorreiter beginnt am Montag,den 16., abends 8 Uhr, im Hörsaal der Uraiua(Taubcnstraße)einen Zyklus von fünf Vorträgen über die modernen Luft-fahrzeuge. über die Motorluftschiffahrt, Luftschiffe und Flug-Maschinen(mit Lichtbildern und Demonstrationen). Abonnements-karten und ausführliche Prospekte an der Kafse der Urania.Festsetzung des ortsüblichen Tagelohns gewöhnlicherTagearbeiter für Berlinvorgenommen hat und die Lohnsätze für erwachsene(über 16 Jahrealte) männliche Arbeiter von 2,90 auf 3,60 Mark, für dieweiblichen von 1,60 aus 2,20 Marl, für jugendliche mann-liche Arbeiter einschließlich der Lehrlinge von 1,40 auft,80 M. und für die weiblichen von 1,10 ans 1,40 M. erhöhtworden sind, muß das Regulativ für die Berliner Gemeinde-krankenversicherung hinsichtlich der Sätze für die Kranken-gelder und Kassenbeiträge entsprechend geändert werden. Die Ab«anderung soll mit dem 1. April 1910 in Kraft treten.Die" Versammlung erteilt die Zustimmung ohne Diskussion.Die Frage der Uebernahme des gesamten Jnselspeicher«grundstücks durch die Stadt ist in dem bezüglich einzelnerTeile schwebenden Enteignungsversahren infolge Antrags derEigentümer wieder aufgerollt worden. Der Magistrat stelltder Versammlung die Entscheidung darüber, ob in dem Enteignungs-verfahren die Stadt das ganze Grundstück freiwillig übernehmensoll, anHeim.Nach ganz unwesentlicher Debatte wird die Vorlage ty einenAusschuß verwiesen.Die Sozial-Fortschrittlichen(Stadtvv. Nathan u. Gen.) habenam 27. Oktober folgende Anfrage an den Magistrat gerichtet:„Sind seitens des Magistrats die erforderlichen Bor»kehrungen getroffen zur Beschaffung entsprechender, aus-giebiger Arbeitsgelegenheit für den Fall, daß imkommenden Winter wiederum breitere Schichten der BerlinerBevölkerung von Arbeitslosigkeit heimgesucht werdensollten?"Unterm 4. d. M. hat der Magistrat der Versammlung darauf-hin von folgender am 20. Oktober an alle Verwaltungsstellen er-lassenen Verfügung Kenntnis gegeben:„Die noch immer nicht normalen Verhältnisse desArbeits Marktes legen sämtlichen städtischen Verwaltungendie Pflicht auf, im kommenden Winter nach Möglichkeit fürdie Beschäftigung von Arbeitskräften zu sorgen. Wir ersuchendaher, unverzüglich festzustellen, welche Arbeiten auf Grundbereits bewilligter Kredite während des Winters fortzusetzenoder demnächst in Angriff zu nehmen sind und uns über dasVeranlaßte zu berichten. Weiterhin ersuchen wir um Vor-schlüge für die etwaige Anforderung von Mitteln für solcheArbeiten, welche zwar von den Gemeindebehörden noch nicht ge-nehmigt sind, weiche aber in der Folgezeit dringlich werden undihrer Natur nach bereits im kommenden Winter ausgeführt werdenkönnen,Endlich wiederholen wir unsere Anweisung, bei Einstellungvon Arbeitskräfte» ortsangehörige Personen zu berück-sichtigen."Weitere Mitteilungen waren vorbehalten.Für die Weiterführung der Arbeiten auf demSchillerparkgelände ersucht der Magistrat, auch um weitereArbciterentlasiungen zu vermeiden, um Bereitstellung der für dieAnlage noch verfügbaren Anleihemittel im Betrage von 250 000 M.Stadtv. Dr. Nathan: Die Arbeitslosigkeit hält in der BerlinerBevölkerung noch immer an. wie auch der Magistrat selbst anerkannthat. In diesem Punkte besteht also zwischen uns und ihm Ueber-einstimmung. Auch zeugt ja die Borlage wegen Heranziehung desAnleiherestes von 250 000 M. für die Arbeiten am Schiller-Parkfür daS Bestreben des Magistrats, der Arbeitslosigkeit zusteuern. Mit dem Rundschreiben allein kann es aber nichtgetan sein. Dieses Rundschreiben hätte schon im Frühjahr erlassenund eventuell Sommerarbeit auf den Winter verschoben werdenmüssen. Unter der Arbeitslosigkeit haben nicht nur die Arbeiter,sondern eS hat die Gesamtheit der Bürgerschaft zu leiden. Rednerbemängelt dann, daß die Lösung der Frage der Arbeitslosen»Versicherung in der gemischten Deputation nicht vorwärts kommt.Stadtv. G o l d s ch m i d t(N. L.): Es ist ja erfreulich, daß derMagistrat der Anfrage zuvorgekommen ist. Den Ausweg, den derVorredner vorschlägt, kann ich nicht empfehlen. Ich wünschte nur,daß der Magistrat etwas mehr Dampf gäbe, um seinem Willen dieDurchführung zu sichern.Stadtrat Fischbeck: Ueber die Frage der Arbeitslosenversicherungwird ja noch in einer gemischten Deputation verhandelt. ES istdort der Wunsch nach Mitteilimg deS vorhandenen Materials inder Frage ausgesprochen worden; dieses wird beschafft und derAusschuß wird demnächst wieder zusamnientreten.Bezüglich der Beschaffung von Arbeit sind wir in diesem Jahregenau so vorgegangen wie im vorigen, und wie damals werdenauch jetzt aus diesem Anlaß verschiedene SpezialVorlagen an Siegebracht werden. Eine besondere Magistratskommission prüft die--„Der Kaiser hat gesprochen". Der Streit u» dieangebliche Lionardo-WachSbüste ist zu Ende(ehe er aufwissenschaftlicher Basis überhaupt angefangen hat). Der Kaiser hatgesprochen. Die loyale Kritik hat also alleruntertänigst zu schweigenund Direktor Bode Abbitte zu leisten. Denn Wilhelm IL ließ sichvon ihm die Büste demonstrieren und erklärte dann nach den offi-ziösen Hoforganen, er habe nicht die geringsten Zweifel an derEchtheit und finde auch den Preis nicht zu hoch(usw.).— Na also.Direktor Bode rechnet aber offenbar auch mit solchen boshaftenNörglern, die auf Wilhelms II. Kunsturteile nicht daS geringstegeben. Er versucht in verschiedenen Blättern die Echtheitweiter zu behaupten und die sehr exakten englischen An-qriffe zu ignorieren. Sein englischer Angreifer, Mr. Cooksey,äbrt inzwischen_ fort, die Geschichte der Büste weiter zuverfolgen. Dabei hat er festgestellt, daß die Büste, für die Bode160 000 M. zahlte, 1904 für 5 Schilling verkauft wurde. Da HerrBode, der jetzt immerhin eine genaue Untersuchung der Büste in.Aussicht stellt, die Diskussion rein auf das Gebiet der Kunstkenner»'chaft zu verlegen versucht, muß denn doch ein für alle mal gesagtwerden, daß die englischen exakten Behauptungen durch Stilkriterienunmöglich widerlegt werden können.— Schillers Kollegen von heute, Herr Holzvockberichtet in seinem angestammten Organe, dem„Lokal-Auzeiger",über die Schillerseier im kgl. Schauspielhause:„Die Vorstellung, die dem Andenken Friedrich Schillers geweihtwar, gestaltete sich nicht nur zu einer bedeutsamen künstlerischenEhrung für die Manen des Dichters, sondern zu einem auch durchseine Aeußerlichkeiten bochintcressanten Ereignis. Jenes Gemisch vonhöfischem und bürgerlichem Glänze, das in den königlichen Theaternbei den meisten Vorstellungen, die einen besonderen Charaktertragen, beobachtet werden kann, ist vielleicht selten so in die Er-scheiining getreten wie am gestrigen Abend."Mit jener Anmut, man möchte sogen: relativischer und gedrängterAnmut, die unserem Klassiker der Festseieru-Reportage eigen ist. nennter die Namen, die gern genannt sein wollen:„Mitten unter ihnensitzt Paul Lindau, als Regisseur und Autor des Schauspielhauses, indem man gar viele, auch Kollegen des großen Drama-tikers Schiller, sehen konnte, so Oskar Blumenthal, FelixPhilippi, Hugo Lubliner. Fedor v. Zobeltitz. Max Bernstein usw.Ueberall iulercssante Persönlichkeiten."Herr Holzbock wollte natürlich schreiben:„viele Auchkollegen".— Das Honorar des Dr. Cook. Alls New Jork wirdberichtet: Dr. Cook bat zwar seine Bortragstournee aufgegeben.allein die goldenen Früchte seiner Entdeckerarbeiten sind damit nichtverloren. Eine phonographische Aufnahme der Schilderung seinerPolarabenteuer ist vervielfältigt worden und erzählt jetzt in allenStädten der Union mit Dr. Cooks Stimme von Dr. Cooks Taten.Der Polarforscher hat von der Phonographengesellschaft für diesenVortrag 24 000 M. erhalten und zwar 6000 M. für die gesprocheneMinute.