Rei'chskage, wurde lang und breit behandelt. Zerr v. Wangen-heim meinte, die Reform wäre leicht zu machen gewesen, wennnur die Industriearbeiter und die städtischen Kapitalisten dieihnen.zukommenden Lasten aus sich nehmen wollten. Besitz-steuern wären gar nicht nötig gewesen, durch eine angemesseneErhöhung der Steuern aus Branntwein, Bier und Tabakhätten ganz bequem die erforderlichen 500 Millionen neuer.Steuern beschafft werden können. So sagte er beispielsweise:„Kein Land hat so viel für die arbeitenden Klassen getanwie Deutschland.(Beifall.) Wir haben der Arbeiterschaft alleLasten genommen, ihre Einnahmen verdoppelt, da konnten wirauch von den arbeitenden Klassen verlangen, daß sie einen Teilder Lasten mittragen. Ohne soziale Feigheit wäre es möglichgewesen, alle Bedürfnisse allein durch Schnaps, Bier und Tabakzu decken. Hier versagte aber der Blockbruder auf der Linkenvollständig. Wenn der Besitz die Lasten tragen soll, muhte mandann nur den Besitz in der Landwirtschaft suchen? Aber manhatte bei der ganzen Finanzreform übersehen, dah es in Deutsch-land Börse. Großbanken und Großkapital gibt.(StürmischerBeifall.) Es ist mir stets unverständlich gewesen, weshalb mannicht den auch aus Bankkreisen vorgebrachten Vorschlag einerTividendensteuer aufgegriffen hat. Die Aufregung wurde durchdas Reichsschatzamt in unverantwortlicher Weise geschürt, dieganze Vorlage war überhaupt zugeschnitten auf die Verhetzungvon groß und klein. Es ist doch eine politische Kurzsichtigkeit,wenn man einer Forderung wegen eine solche Verhetzung derstaatserhaltenden Kreise eintreten läht.(Lebhafte Zustimmung.)Wir haben dem Fürsten Bülow erklärt, daß er uns vor einSystem der Demokratisierung stelle, das wir nicht mitmachenkönnen. Man hielt uns immer entgegen, dah die Nachlahsteuerdie Kleinen nicht habe treffen sollen. Wenn die Nachlahsteueretwas einbringen sollte, dann muhte sie aber bald aus sämtlicheNachlässe ausgedehnt werden.(Sehr richtig!) Gerade imInteresse der kleinen Besitzer hielten wir uns verpflichtet, unserMöglichstes zu tun, daß die Steuer zu Falle kam.(StürmischerBeifall.) Wir haben das Möglichste getan, die Finanzreformzustande zu bringen, aber keinen Dank dafür erhalten. Wirhaben keine Gegenforderungen aufgestellt. Aber wie sah es beiden Herren Liberalen aus? Sie wollten erst Garantien fürdie Wahlrechtsreform und für alles Mögliche haben. Das istTrinkgelderpolitik I(Stürmischer Beifall), welche die Konser-vativen und Agrarier niemals gemacht haben."An den Vortrag des Öfreiherrn v. Wangenheim schloß sicheine zerfahrene Diskussion.Zum Schluß wurde folgende Resolution angenommen:„Die heutige Hauptversammlung des Bundes der Landwirtefür die Provinz Posen erklärt ihr volles Einverständnis mitder Stellungnahme des Bundesvorstandes in den Kämpfen umdie Reichsfinanzreform. Insbesondere sagt sie Herrn Dr.Rocsicke größten Dank für seine treue un» erfolgreiche Arbeit.Di« Versammlung verurteilt auf das schärfst« den von gegnerischer Seite gemachten Versuch, Groß- und Klcingrundbefitzgegeneinander zu verhetzen, welcher nur den Feinden derdeutschen Landwirtschaft zum Vorteil dienen kann. Die cnt-scheidenden Kämpfe der, Zukunft wird die deutsche Landwirt-schaft nur dann siegreich bestehen, wenn sie einig und treu imBunde der Landwirte zusammenhält."Mit dem üblichen Hoch auf den Bund war die Vcrsamm-lung zu Ende._Tie liberale Stichwahlparole in Landsberg-Soldin.Wie die„Liberole Korrespondenz" erfahren haben will, soll derliberale Wahlausschuß es abgelehnt haben, die Wähler zur Abgabeihrer Stimme zugunsten eines der in Stichwahl stehenden Kandidatenzu veranlasse». Es soll vielmehr einem jeden liberalen Wähler frei-gestellt sein, zu stimmen, wie er will.— Die„Korrespondenz" gibtsich der Hoffnung hin. dah die politische Situation, die im Zeichender Bestrebungen zur Beseitigung der konservativen Vorherrschaft stehe,der Wählerschaft den politisch einzig richtigen Weg zeigen werde.Die Stichwahl ist jetzt amtlich auf den 22. N 0-v e m b e r festgesetzt._Das künftige Reichstagspräsidium.In Zentrninskrcisen soll man gewillt sein, die Stelle desPräsidenten des Reichstages dem Grafen Stolberg zu über-lassen. Dagegen will das Zentrum die Stelle des ersten Vize-Präsidenten, und zwar mit dem Abgeordneten Dr. Spahn. Denzweiten Vizepräsidenten will man den Nationolliberalen überlassen.Wir sind neugierig, ob Herr Paaschs Lust hat. sich mit dieserStelle zu begnügen, nachdem er vorher erster Vizelpräsident war.Eine freisinnige JnterpeNatiom.Die freisinnigen Abgeordneten Dr. Leonhart und Dr. Strnve,die beide ihren Wohnsitz in Kiel haben, haben mit Unterstützung derftcisinnigen Fraltionsgemeinschaft dem Bureau des Reichstages eineResolution übermittelt, in der an den Reichskanzler die Frage ge-stellt wird, ob er bereit sei. durchgreifende Maßnahmen zu treffen.um Unregelmäßigkeiten und Unterschleife im Betriebe der kaiserlichenWerst in Zukunft zu verhindern. Weiter wird gefragt, ob derReichskanzler gesonnen sei, künstig für eine sparsame Wirtschaft, füreine nach kaufmännischen Grundsätzen eingerichtete Buchführung undfür eine wirlsame Kontrolle im Werftbetriebe zu sorgen.Zur Reichstagsersatzwahl in Halle.Nun der Wablkampf allmählich in sein letztes Stadium eintritt,beginnt der Reichsverband, der sich bisher im Hintergrundehielt, um die Freisinnigen nicht zu kompromittieren, seine Zurück-Haltung aufzugeben und offen in dcn Wahlkamp� einzugreifen. SeineHallesche Ortsgruppe hat in den letzten Tagen ein VerleumdnngS«flugblatt in großen Massen herstellen lasien, das in nächsterZeit verbreitet werden soll. Reichsverbandsredner braucht er aller-ding« nicht zu stellen. Deren Aufgabe besorgen die freifinnigenReichstagSabgeordneten und Parteisekretäre, die in großer Zahl denWahlkreis unsicher machen. Wiemer. Sommer. Kopsch und Mugdanhaben bisher in den Kampf eingegriffen, dazu Parteisekretäre ausallen Gegenden Deutschland«. Der freisinnige Kandidat Reimannweilt krank in Wiesbaden.Unsere Parteigenoffen lasten e« an Arbeit nicht fehlen. Zahl-reiche Versammlungen, in denen zumeist unser Kandidat GenosseK u n e r t erscheint, sind abge haften worden, viele von ihnen trotzder rauhen Jahreszeit unter freiem Himmel, da die Säle ab-getrieben werden. Am letzten Donnerstag sprach GenosseKarl Liebknecht in Halle in zwei Versammlungen, zu denensich zirka«000 Menschen aufgemacht hatten. Mehrere Flugblättersind in großer Auflage ausgegeben worden, außerdem wird das.Volksblatt' in einerAuflage von S2 OOO Exem-plaren täglich verbreitet. So denken unsere Genossen denMammon deS Hansabundes und die Verleumdungen des Reichs-verbände« nicht nur in Schach halten zu können, sondern derenetwaige Wirkungen gründlich außer Kraft zu setzen. Die Kampfes-stimmung wächst von Tag zu Tag.Auch ein Boykott.Die südbayrische Landgemeinde Bidingen liegt mit der StadtKaufb euren in Streitigkeiten wegen der Kassierung einer neuenEisenbahnlinie. Da man in Kaufveuren die Wünsche Bidingen» inicht erfüllen will, hat die fromme Gemeinde den feierlichen Be-schluß gefaßt,„eine kleine Aeiiderung bei den Einkäufen vorzunehmen"und Kaufbeuren zu boykottieren. Die klerikale Presse, die sonstsofort über entsetzlichen Terrorismu« jammert, wenn freie Gewerk-schaffen einen Boykott verhängen, diese Presse gibt den BidingerGemeindcbeschluß mit ziemlich unverhohlener Genugtuung bekannt.Gehaltserhöhung für den König von Sachsen.Im neuen StaatshaushaltSetat des Königreichs Sachsen ist dieZivilliste deS Königs um 30 000 M. höher als seither eingesetzt.Diese Erhöhung wird damit begründet, daß die Hofbeamten undDiener besser bezahlt werden müßten.Kommunalwahlen.In Luckenwalde fanden am Freitag und Sonnabend vorigerWoche die Ergänzungswahlen zur Stadtverordnetenversammlung statt, und zwar am erstgenannten Tage die fürdie dritte Abteilung. Sie ist schon seit 15 Jahren vollständig imBesitz der Sozialdemokratie. Die Gegner haben e« endgültig aufgegeben, in dieser Abteilung noch einen Kampf zu riskieren und sowurden unsere Genossen ohne Widerstand gewählt. Sie erhielten1254 bis 1262 Stimmen. Es wurden ungefähr 150 fozialdemo-statische Stimmen mehr abgegeben als bei der Wahl vor zweiJahren.»In Merseburg wurden bei den Stadtverordneten«wählen der dritten Abteilung sämtliche fozialdemo«kratischen Kandidaten zum ersten Male glattgewählt.In Dahme(Mark) gewann die Sozialdemokratie vierMandate. Die Stimmenzunahme betrug hundert Prozent. Bisherhatte die Sozialdemokratie keinen Vertreter im Stadtparlament.»Siege in der Pfalz.In B u b e n h a u f e n errangen unsere Parteigenossen mitl4 Stimmen die Mehrheit im Gemeindeparlament, in dem sie vorhergar nicht vertreten waren. Auch hier wurde der Regierungein Parteigenosse A l b r e ch t als e r st e r Adjunkt zur Be>stätigung präsentiert.— In Rammelsbach eroberte die Sozial-demokratie drei, in Erdesbach drei, in Ulmet einen,in Waldfischbach vier, in Schiffer st adt, einer Zentrums-domäne, sechs Sitze. In alle» fünf Gemeinden hatte sie bisherkeine Vertreter.— In Ensheim eroberte die Sozialdemokratiezu de» schon besessenen fünf Sitzen noch drei weitere, so daßsie jetzt über a ch t verfügt._Prozesi Wetterlö.Da« Reichsgericht hat die Revision des Abgeordneten Wetterlö,der am 13. Oktober vom Landgericht Colmar wegen Beleidigung de»Professors Dr. Gneisse zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt wordenwar, verworfen.—____Landtagsersatzwahl in Fraustadt- Lissa.Bei der heutigen Landtagsersatzwahl Fraustadt-Lissa-Rawitsch-Gostyn erhielt, wie telegraphisch gemeldet wird, v. Kardorff(ft.)844, Probst Dr. v. Jazdzewski 230 Stimmen, v. Kardorff ist somitgewählt.—____Ein demokratisches Wochenblattsoll vom nächsten Jahre ab in Berlin erscheinen. Es hat sich eineGesellschaft mit beschränkter Haftung gebildet, die den Kreisen derDemokratischen Vereinigung nahe steht. Sie ivird ein demokratischesWochenblatt herausgeben, dessen Leitung Dr. Rudolf B r e i t s ch e i dübernehmen wird. Die Zeitung, deren erste Nummer noch in diesemJahre erscheinen soll, ist kein offizielles Parteiorgan; doch wird sieim wesentlichen die Ideen vertreten, denen die Demokratische Wer-einigung ihr Entstehen verdankt.Die Heldentat von Charlottenbnrg.Wie bereit« zu vermuten war. als durch Erlaß des BerlinerPolizeipräsidiums die Freie Jugendorganisation für polilisch erklärtwurde und als daö Geichnüffele in Nixdorf begann, handelt es sichnicht um das Vorgehen einer Behörde, sondern wahrscheinlich umeine m i n i st e r i e l l e Anordnung zur Bekämpfung der FreienJugendorganisation m allen Orten. Auch der CharlottenburgerOrganisation will die Behörde jetzt durch kleinliche Schikanen bei-kommen, da sie noch immer nicht begriffen hat, daß sie mit all ihrenRepressalien immer das Gegenteil von dem erreicht, was sie zu erreichen wünscht.Die Freie Jugendorganisation Charlottenbnrg hatte am 14. No-vcmber nach dein Volkshaus eine Mitgliederversammlung einberufen,in der Genosse Eduard Bernstein über das Thema:.Wiesieht die englische Verfassung aus?" sprechen sollte.Die Mitglieder der Freien Jugendorganisation waren überrascht,als sie vor der Tür des VolkshauseS von zwei Polizeibeamten nachihrem Alter beftagt und als die unter 18 Jahre alten gewarntwurden, an der Versammlung teilzunehmen. Das Erstaunen derJugendlichen lvuchs, als sie im Saale gar einen Polizeileutnantund einen Wachinicister bemerkten, welche die Personalien des Ver-sammlungsleiiers feststellten...Nach Eröffnung der Versammlung forderte der Vorsitzende dieBeamten auf. den Saal zu verlassen, da eine Mitglieder-Versammlung mit unpolitischem Vortrage stattfinde: er wiesauch darauf hin, daß die Beamten, wenn sie trotzdem im Saaleblieben, sich des Hausfriedensbruches schuldig machenwürden I Der Leutnant erklärte darauf, daß er den Auftrag habe,„alle Jugendlichen unter 18 Jahren, die a» dieser„politischenVersammlung" teilnehmen, festzustellen l(ES sei bemerkt, daßder Vorsitzende von dem Beamten nicht etwa aufgefordert wordenwar. die Jugendlichenjjunter 18 Jahren zun» Verlassen de« SaaleSzu bewegen.)Beide Beamten begannen ihrem Auftrage gemäß, die Personaliender Jugendlichen festzustellen. Wer keine Legitimation bei sich hatte.sollte zur Polizeiwache gebracht werden!— Genosse Bernsteinmachte die Beamten auf daS Ungesetzliche ihrer Handlungsweiseaufmerksam: vor allem sei die Versaininlung keine politischeund daher keine Ursache vorhanden, in dieser Weise vorzugehen.Der Leutnant zeigte dem Genosse» Bernstein da» amtliche Schrift-stück, durch daö er von seiner vorgesetzten Behörde beaustragt wird.so zu handeln. Ehe übrigens eine Feststellung beendet war, vertagteder Vorsitzende die Versammlung und forderte die Jugendlichen auf,an der Mitgliederversammlung teilzunehinen. die eineViertelstunde später im großen Zimmer stallfinde; dieser Auf-sorderimg kamen alle»ach.Die Beamten versuchten nun, einige der„Missetäter" gewisser-maßen als eorpus delkti zu greifen, und wirklich gelang esihnen, zwei der jüngsten Teilnehmer, festzunehmen."Nach dieser Heldentat kann das gerettete deutsche Vaterlandwieder ruhig schlafen; denn eS weiß jetzt, daß feine Willküraktenrujsiichen Kalibers nicht zurückschreckt.Oefterreidy.Eine Nachwahl.• Triest, 14. November. An Stelle de« italienischen Sozialdemo»kraten Pagnini, der wegen seines Austritts aus der sozialdemo-statischen Partei sein Mandat niedergelegt hatte, wurde deritalienische Nationalliberale P i t a c c o zuin ReichSratSabgeordneten»nft 2798 Stimmen geivählt. Sein Gegenkandidat, der Sozial-demolrat Nicolas, erhielt 1667 Stimmen.SpanienRepublikaner und Sozialdemokraten-Ein Bündnis der Sozialdeinokratie mit denbürgerlichen Republikanern wird für die nächsten Wahlenin Aussicht gestellt. Man hofft, daß ein solches Bündnis den beidenParteien ermöglichen werde, wenigstens in den großen Städtender Gaunereien Herr zu werden,, Nittels deren die herrschende Ge-walt bisher ihre Macht aufrechterhält, und so eine Aeutzerung deswahren Volkswillens herbeizuführen. Bereits haben in einer Reihewichtiger Städte in den verschiedensten Landcsteilen, so inCarthanega und Alicante im südöstlichen, in San Sebastian undSantander im nordwestlichen Spanien gemeinsame Kund-gedungen der gesamten äußersten Linken stattgefunden. Fürden Sonntag ist eine große Versammlung in Madrid einberufen,in der außer den Führern der Republikaner Genosse PabloJglesias reden wird. Man erwartet von diesem energischenVorgehen, daß zahlreiche Wähler, die bisher das Wählen als aus-sichtslos unterlassen hatten, sich nun an der Wahl beteiligen unddie Sache der Opposition fördern werden.Der Besuch des Königs von Portugal am spanischen Hofe gabGelegenheit, zu zeigen, daß der wütende Reaktionär Maura auchnach seinem, durch die Entrüstung der ganzen Kulturwelt er-zwurigenen Rücktritt noch das Vertrauen des Königs bc«sitzt. Um ihm die Teilnahme an den Hoffcstlichkeiten zu ermög-lichen, wurde sogar das altgeheiligte spanische Hofzeremoniell ab-geändert. Hat doch auch der König kürzlich in einem Interviewsich mit den Mördern Ferrers solidarisch erklärtund so gezeigt, daß die bourbonische Dynastie zu ihren vielen inSpanien verübten Verbrechen auch die volle Mitverant»w o r t l i K k e i t an die dieser Schandtat gefügt hat.Cnglanck.Gegen die Lord«.Bristol, 13. November. Handelsminister Churchill führte ineiner Rede aus, die Liberalen müßten, wenn sie aus den nächstenallgemeinen Wahlen siegreich zurückgekehrt wären. Schritte ergreifen,un, den LordS die H a n d I u n g s w e i s e u n m ö g l i ch zu»nachen,die sie jetzt anzuwenden drohten. Die Liberalen würden denLordS nicht gestatten, sich in das Budget einzumischen und ihnen daS Recht absprechen, eine AuflösungdeS Parlaments zu erzivingen. Sie trauten der Weisheit desbritischen Volkes zu. daß es seine Unabhängigkeit gegen jeden An-griff verteidigen werde.—ftnnland.Vvr der Entscheidung.Helsingfors, 15. November.(Privattelegramm des...Vor-wärts".) Morgen findet die Schlußdebatte über die Militär-Vorlage statt. Da mit Ausnahme der Altfinnen alle Parteiengegen die Vorlage stimmen tverdcn, ist die Per-w e r f u n g der zarischen Forderungen sicher. Man erwartetdie Auflösung des Landtages.CürfceiEröffnung des Parlaments.Konstantinopel, 14. November. Heute nachmittag wurde diezweite Session des Parlaments durch den Sultan feierlich er-öffnet. In der Thronrede heißt eS: Durch Festhalten an demparlamentarischen Regime könne die für das soziale und politischeLeben unerläßliche Einigkeit und Kraft gewonnen werden. DieAufrechterhaltung und Festigung des parlamentarischen Regimessei der teuerste Wunsch des Sultans. Die Ausdehnung desMilitärdienstes auf alle Ottomanen»verde die Stärke und Größedes Staates vermehren. Die innere Lage sei dank den ge-troffenen Maßnahmen nicht beunruhigend; die Stämineim Demcn unterwürfen sich, die Zivischenfälle in Ljumaund Mossul seien nicht von Bedeutung. Die Thronrede hebt sodanndie Notwendigkeit von Reformen aus dem Gebiete des ö f f« n t»lichen Unterrichts und der öffentlichen Arbeitenhervor. Das Budgetgleichgewicht, das trotz aller Er-sparnisse nicht erreicht worden sei, werde durch eine Zollerhöhungund durch die geplanten Monopole sowie Verbesserung der Steuer-Veranlagung gesichert werden.Hierauf hielt die Kaminer ihre erste Sitzung ab. AhmedRiza, der Kandidat der jungtürkischen Partei, wurde mit 164gegen 16 Stimmen zum Präsidenten gewählt. DaSResultat der Wahl wurde mit andauerndem Beifall aufgenommen.Eine militärische Demonstratio».Saloniki, 15. November. Vier Bataillone und zwei GebirgS-batterien gehen vorläufig an die g r i e ch i s ch e G r e n z e ab. umden Uebertritt von Banden zu verhindern.Indien.Attentate gegen den Vizekönig.Ahmadabad. 14. November. Als der Vizekömg Earlo f M i n t o mit seiner Gemahlin gestern nachmittag durchdie Stadt fuhr, explodierte in einer Straße kurz nach der Vor-beifahrt des Wagens eine Bombe. Man fand einen M e n»schen mit abgerissener Hand am Boden liegen.neben ihm eine noch nicht explodierte Bombe, diemit Melinit gefüllt war. Bei Annäherung des Wagenshatte man gesehen, wie ein H i n d u etwas wegwarf.Bei der Weiterfahrt deS Vizckönigs durch die Stadtwurden kurz nach der Bombenexplosion aus der dichten Volks-menge heraus zwei Wurfspeere nach dem Wagen ge-schleudert. Den einen Speer wehrte ein neben dem Wagenreitender Dragonerunterofsizier mit dem Säbel ab, der andereSpeer streifte einen eingeborenen Offizier, welcher einenSchirm über Lady Minto hielt, und fiel dann zur Erde. Derdurch die Explosion verletzte Mann war ein Passant, derdie Bombe aufgenommen hatte.Hmmha.Gegen die Vernrteilung GomperS.Philadelphia. 15. November. Der Zcntralarbeiterbundfordert die Arbeiter des ganzen Landes auf, den General»st r e i k zu inszenieren, falls der Präsident des amerikanischenArbeiterbundes G o m p e r s die ihm auferlegte einjährigeGefängnisstrafe verbüßen muß.Argentinien.Ein Bombenattentat.Buenos Aires, 14. November. Ein zwanzigjähriger Mann, an-geblich ein Anarchist aus Rußland, schleuderle heute unter denWagen deS PolizeiprSfekten Falco» eine Bombe, durch die derWagen zertrümmert und der P o l i z e i p r ä f e k t sowie derihn begleitende Sekretär so schwer verletzt wurden, daß siebald daraus starben. Der Täter verletzte sich selbst schwerdurck, einen Schuß in den Kopf; man glaubt, ihn am Leben erhaltenzu können.Infolge de? Attentats hat der Ministerrat gestern abend dieBerhängung de« Belagerungszustandes beschlossen.