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Vorlage einzubringen, die der Ersten Kaminer größere Rechte einräumte, gab es einen allgemeinen Entrüstungsstnrm in der Zweiten Kammer. Inzwischen ist eine Wandlung in der nationalliberal- ultramontan- bauernbündlerischen Mehr- heit vor sich gegangen. Man hat sich mit den Wünschen derPairS" befreundet und ist jetzt bereit, die Konipetenz der Ersten Kammer auf Kosten der Rechte der Volksvertretung zu erweitern. Die Wahlrechtskonmüssion der Zweiten Kammer hat sich im wesentlichen mit der Ne- gierungsvorlage einverstanden erklärt. Das Plenum wird sich also demnächst mit der Vorlage zu beschäftigen haben. Wenn die vorliegende Wahlrechtsreform Gesetz werden sollte, so würde Hessen erheblich hinter Baden, Bayern und Württem- bcrg zurückstehen. Das hessische Volk verdankt diesen Zustand dem Einflüsse der vom Freiherrn von Hehl geführten Ersten Kanimer und der jämmerlichen Rückgratlosigkeit seiner gegenwärtigen Volks- Vertretung. Die sozialdemokratische Partei beabsichtigt, in eine energische Protestbewegung gegen die Vorlage einzutreten. Ende November oder Anfang Dezember sollen im ganzen Lande Proteftversammlungen abgehalten werden. Die Gemeinheit von Halle. Für den Skandal der amtlichen Wahlbeeinflussung, den der Senat der Universität Halle verübt hat, ist natürlich in erster Reihe der Rektor verantwortlich. Der Mann heißt August Finger und ist Professor für Strafrecht. Da der Herr bisher nicht gerade sehr bekannt war, wählte er diesen Weg, sich einer weiteren Oeffentlichkeit vorzustellen. TaS ist allerdings bequemer, als durch wissenschaftliche Arbeiten sich einen Ruf zu schaffen. Auch sonst wird man unter dem Hallenser Professorenkollegium 'nicht gerade eine Ueberzahl berühmter Namen finden, eS sei denn die einiger Dozenten, deren B ä t e r oder Onkel den Namen be- rühmt gemacht haben. Doch sind immerhin einige Ausnahmen zu verzeichnen. Da möchten wir in erster Linie Rudolf Stammler nennen, den ein sehr interessantes BuchWirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung" bekannt gemacht hat. Prof. Stannnler bekämpft zwar die materia- listische Geschichtsauffassung, aber er sucht mit anerkennenswerter Objektivität zu einem richtigen Urteil über den Marxismus, dessen hohe Bedeutung für die Sozialwissenschast er anerkennt, zu gelangen. Er selbst vertritt in soziologisch gewendeter Fassung die Kantsche Ethik, als deren Ausfluß der jüngste Beschluß der Halleschen Universität Wohl kaum anzusehen sein dürfte. Man darf da doch fragen, ob der Verfasser derLehre vom richtigen Recht", an dieser Entscheidung einseitigster Parteinahme mitgewirkt hat, ftagen auch, ob er nicht selbst das Gefühl hat, daß ein Protest gegen diesen Beschluß für ihn kategorischer Imperativ wäre, soll seine Lehre einer sozialen Ethik durch sein eigenes passives Verhalten in nicht wieder gut zu machender Weise konipromittiert werden. Unter den Professoren von Halle begegnen wir noch dem Juristen Edg. L o e n i n g und den Nationalökonomen I. Conrad und Hcinr. W a e n t i g. Auch diese Herren waren bisher durch ein gewisieS Streben nach Objektivität vorteilhaft ausgezeichnet. Auch ihre Mitwirkung an dem Beschluß muß stärkstes Befremden wecken. Denn dieses politische Hervortreten, das so ganz den Standpunkt des Reichsverbandes oder der großindustriellen Scharfmacher als der politischen Professorenweisheit letzten Schluß erkennen läßt, zerstört allerdings in denkbar gründlichster Weise den Anspruch, als würden deutsche Professoren die Wissenschaft anders denn als Interessen- Vertreter der herrschenden Klasse betreiben. Der letzte deutsche H o ch s ch u l l e h r e r t a g. der mit so viel Eifer für die Freiheit der Wissenschaft von politischer Bevormundung eintrat, hat jetzt das stärkste Dementi erfahren. Denn indem sich die Professoren freiwillig zur politischen Knüppel- garde der herrschenden Klasse hergeben, lassen sie diesen Kampf als völlig überflüssig erscheinen. Mit solchen Leuten ist die preußische Regierung so zuftied'en, daß sie nicht erst Bevormundungsversuche zu unternehmen hat. Wir sind nur neugierig, was der nächste Hochschullehrertag über diese Kollegen zu sagen haben wird._ Der Gewaltakt der Zechenbefitzer. Die Errichtung deS Zwangsarbeitsnachweises für die Bergarbeiter im R u h r r e v i e r soll trotz aller Proteste der Arbeiter nun doch durchgeführt werden. Das Unterdrückungs- institut soll mit dem t. Januar in Kraft treten. Die Zentral- stelle soll in Essen a. d. Ruhr errichtet werden, Zweigstellen in Hamm i. W., Kamen, Dortmund , Lütgendortmund, Witten . Herne , Bochum , Rcckling hausen, Gelsen- kirchen, Essen, Oberhausen . Gladbeck , Buer , Moers und Sprockhövel. Die Gewaltmaßregel bedeutet eine schwere Provokation der Bergleute, die Aufregung unter ihnen ist groß._ Der bayerische Landtag und die ReichsversicherungS- ordnung. München , IS. November. Anträge, in der vorigen Session gestellt und heute verhandelt. gaben den Parteien und dem Minister des Innern Anlaß, über die Reichsversicherungsordnung sich auszusprechen. Genosse Dorn begrüßt im Prinzip den Gedanken und Versuch, durch Zusammenlegung der ArbeiterversicherungSgcsetzgebung eine Ver- einfachung und Verbilligung deS Versicherungswesens herbeizuführen. Er weist aber nach, daß der erste Entwurf einer Reichsversicherungsordnung weder einfach noch übersichtlich fei und befürchtet aus guten Gründen, daß die neue Organisation anstatt eine Verbilligung eine Ver- teuening bringen werde. Er verlangt für den Bezug der Altersrente die Herabsetzung der Altersgrenze von 70 auf LS Jahre und konstatiert, daß Klagen über den Vollzug der Gesetze geführt werden. Auch der ZentrumSabgeordnete Schmidt bedauert, daß im Bollzuge der soziale Geist fehle, und beweist die Behauptung durch Beispiele aus der Praxis. Sein Parteifreund Königshauer begrüßt die Ausdehnung der Versicherungspflicht auf die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter, spricht sich wie Dorn gegen die Halbierung der Krankenkassenbeiträge aus, verlangt die Erhaltung der Selbst- Verwaltung und des Rekurses als letztes Rechtsmittel. Der Minister des Innern konstatiert zunächst, daß die ReichSversicherungSordnung zurzeit umgearbeitet und sodann an den Reichstag gelangen werde. Von einer Zurückziehung sei keine Rede. Uebcr daS Reformbedürfnis bestehe Einigkeit, über die Art der Reform seien die Ansichten verschieden. Die Schaffung einer emheit- lichen Organisation sei sehr schwierig. Sicher ist, daß fie nach dem Vorschlag der ReichSversicherungSordnung sehr teuer käme und daß sie in beziig ans Ucbersichtlichkeir und Klarheit nicht befriedige. Die Schaffung deS einheitlichen Unterbaues geschieht voraiiSsichilich bei den Bezirksämtern. Die bayerische Regierung ist dafür, daß der Rekurs beibehalten wird, ist aber gegen eine Fixierung der Alters- grenze aus LS Jahre, weil sie zu viel Geld L8'/z Millionen kosten würde. Die Regierung ist auch für die Halbierung der Krankenkaffenbeiträge. Die Entscheidung über diesen Punkt sei im neuen Entwurf noch nicht gefallen. Kommunalwahlen. In F L r st e n b e r g a. O. siegte in der S t a d t v e r o r d n e t e n- Stichwahl der sozialdemokratische Kandidat mit 169 gegen ISS Stimmen. In der Gemeinde Noithausen sKreis Essen) erhielt die Sozialdemokratie vor drei Jahren 4Sg Stimmen in der dritten Abteilung, diesmal 635, die Gegner 679 Stimmen. Auf diese Stiinmeiizahl kamen die Gegner nur infolge gröblicher II»- gesetzlichkeiten, die zur Kassierung der Wahl führen müssen. Bei einer Ersatzwahl der dritten Aotcilung, die Montag und Dienstag siatlfand, erhielt unser Genosse 6S3, die Gegner 622 Stimmen. ES zieht damit der erste sozialdemokra- tische Gemeindevertreter in den Rotthausener Gemeinde- rat ein. Bei der Gemeindewahl in Zwötzen sReuß j. L.) wurden die von, sozialdemokraiischen Wnhlkomitee aufgestellten neun Kan- didaten gewählt. J�tzt hat die Sozialdemokratie die große Mehrheit im Gemeinde rat. Die Gegner haben schon seit Jahren keine Kandidaten mehr bei Wahlen aufgestellt. In Triebes iRenß j. L.j wurden vier Sozialdemo- kraten und vier bürgerliche Gemeindevertreter gewählt. In Homburg v. d. Höhe stiegen die sozialdemo- k r a t i s ch e n Stimmen in der dritte» Wählerklasse außer- ordentlich. Die vereinigten Gegner brachten eS auf 317323 Stimmen, die Sozialdemokralen auf 234 266. Ist auch kein Mandat errungen, so ist dock diese hohe Stimmenzahl in der ganz von den reichen Geldleuten abhängigen Kur- und Bäderstadt sehr bemerkens- wert. Der Wahlakt ist öffentlich. Erfolgreiche Beschwerde. Wir berichteten dieser Tage über die Bemühungen eines Rix- dorfer Zigarreuarbeiters. eine Unterftützuiig aus dem Vierinillioneii- Fonds zu erhalten. Auf Anraten der Organisalion wandte er sich an den Präsidenten zu Berlin . Folgendes Schriftstück erhielt der Petent am 15. November abends zugestellt: Ihr Anspruch auf Unterstützung wegen Arbeitslosigkeit während der Zeil vom IS. August bis 13. November 1969 ist an« erkannt worden. Auf Grund des Artikels 2a deS Gesetzes vom 15. Juli 1909 wegen Aenderung des TabaksteuergesetzeS bewillige ich Ihnen daher wegen Arbeitslosigkeit eine einmalige Unterstützung von 190, 4S M. lEinhundertneunzig Mark 45 Pf) Gegen vorschriftsmäßige Quittung können Sie diesen Betrag wahrend der Zeit von 10 Uhr vormittags bis 1 Uhr nachmittags bei unserer Zollkaffe hier, Hermannstr. 13, in Empfang nehmen. Köhler." Die Beschwerde an den Präsidenten der Oberzolldirektion in Berlin wurde am 12. November früh zur Post gegeben; mit Datum vom 13. November war dieser Bescheid schon erteilt worden. Immer- hin hat die Erledigung der UnterstützungSsache ein volles Vierteljahr gedauert._ Aus dem sächsischen Landtage. Die sozialdemokratische Fraktion der Zweiten sächsischen Ständekammer hak einen Antrag eingebracht, wodurch sie die Einsetzung einer besonderen Deputation für soziale Angelegenheiten fordert. Die Nationalpole« und die Wahl in Halle. Herr Franz K r y s i a k. Chefredakteur und Vorsitzender des Polnischen Politischen Komitees für Berlin . Brandenburg , Sachsen und Pommern , sendet uns eine Zuschrift, die er als eine Be- richtigung auf Grund des Z 11 des Preßgesetzes bezeichnet. Sie ist es zwar nicht, aber wir nehmen natürlich keinen Anstand, den wesentlichsten Teil des Schreibens hier wiederzugeben. Herr Krhsiak bezieht sich auf den Bericht über eine Wahl- Versammlung der Naiionalpolen zu Halle in der Nr. 264 desVorwärts", worin die Nationalpolen, die dort be- kanntlich einen eigenen Kandidaten ausstellen wollen, als Helfer des Freifinns bezeichnet werden und die Mlitmoßung ausgesprochen wird, daß daS Geld für dieses Beginnen vom Hansabunde stamme. Herr Krhsiak erklärt dagegen, daß er die Versammlung einberufen habe als Vorsitzender des Polnischen Politischen Komitees für Brandenburg, Sachsen usw.. weil nach dem neuen Vereinsgesetz es den Polen nur während der Wahlzeit ge- stattet sei, ihre Versammlungen in ihrer Muttersprache abzuhalten. Die polnische Kandidatur sei in der Versammlung einstimmig be- schloffen worden, nicht von bloß zwei Dutzend Anwesenden, wie der Vorwärts" behauptet habe. Die Aufstellung sei erfolgt aus Grund des Statuts des Polnischen Zentral-Wahlverbandes in Deutschland mit dem Sitz in Posen, welches die Anhänger der nationalpolnischen Partei verpflichte, bei den ReichStagswahlen in der Hauptwahl für ihre eigenen nationalen Kandidaten zu stimmen erst in den Stichwahlen dürfen Kompromisse geschlossen werden. Herr Krhsiak teilt das mit, um zu beweisen, daß eS ihm und seiner Partei nicht in den Sinir komme, dem Freisinn Helfcrsdienste zu leisten, dem sie die Knebelung ihrer Sprache in den Versammlungen verdanken. Er erklärt es ferner für eine grobe Beleidigung, anzunehmen, wie es jener Bericht desVorwärts" tat, daß eS offenbar daS Geld des Hansabundes fei, mit dem diese feine Sache gemacht werden solle. Die Nationalpolen stünden im schärfsten Gegensatz zum Hansabunde. Es freut uns, daß die Nationalpolen also mit dem Hansabunde nichts zu tun haben, noch zu tun haben wollen. Wenn aber Herr Krhsiak die Tatsache, daß mehreren polnischen Soziali st en in der Versammlung das Wort verweigert wurde. abtun will mit der Erklärung:Die Nichterteilung des Wortes in unseren Versammlungen an Personen, die nicht zu unseren nationalen Organisationen gehören und unsere Wahl- behörden nicht anerkennen, beruht auf einer unS alle verpflichtenden grundsätzlichen Bestimmung" so beruhigt unS diese skandalöse grundsätzliche Bestimmung" über alle Unbill, die wir durch unseren Hallenser Bericht der Partei der Naiionalpolen angetau haben. Man muß wiffe», mit welchen ReichSverbandSmitteln dir Nationalpolen die Sozialdemokratie zu verleumden pflegen, um die ganze Ge- meinheit ihrergruiid'ätzlichen Bestimmung", daß niemals einem Sozialdemokrate» das Wort zur Widerlegung gegeben werden darf, zu ermessen._ franhmch. Eine Budgetrede Jaurös. Pari?, 18. November. Die Deputterrentaiauler fetzte heute ihre Beratung über das Budget fort. I a u r c S schrieb die Erhöhung der europäischen Staatshaushalte den Ausgaben für militärische Zwecke zu, die ihrerseits wieder in der eng- lisch-deutschen Rivalität beg rundet seien. Er glaube jedoch an eine freundschaftliche Lösung dieser Rivalität, denn Deutschland würde im Falle eines bewaffneten Konfliktes seine Flotte und seil e wirtschaftliche Machtstellung aufs Spiel setzen, und England würde Gefahr laufen, daß es in seinen Kolonien zu Aufständen käme. Redner wies sodann auf die Pro- teste des deutschen Bürgertums gegen die Steueraufschläge und auf den englischen Budgetkonflikt hin und sagte, er schließe aus diesen beiden Tatsachen, daß sowohl England als Deutschland Jntereffc an der Aufrechtorhaltung deS Friedens hätten. Dennoch müsse Frankreich wachsam bleiben, denn eine abenteuer- lustige alldeutsche Minderheit träume davon. Frankreich im Falle eines Krieges als Geisel zu benutzen. I a u r e s sprach sich sodann anerkennend über die würdige, fried- fertige Haltung der französischen Politik aus und gedachte lobend Elsaß-Lothringen . das mehr als dreißig Jahre lang davon ge- träumt habe, die Ungerechtigkeit, durch die es deutsch geworden sei, werde wieder gut gemacht werden; daS aber darauf ver- zichtet habe, feine Befreiung von der Gewalt der Waffen zu erwarten, und an Stelle dessen den mutigen Entschluß gefaßt habe, Achtung vor seiner Eigenart zu fordern; es wolle innerhalb seiner Grenzen seine eigene PHbsiognomie bewahren, in dem Bewußtsein, daß sich Frankreich und Deutschland vielleicht eines Tages über Elsaß-Lothringen hinweg die Hände reichen würden. Zum eigentlichen Budget forderte JaureS , man solle die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer vollständig dem Altersversorgungsfonds der Arbeiter zuweisen; man solle ferner ein A l k o h o l m o n o p o l schassen und die Einkommensteuer einführen. Lelgslen. Die Entscheidung der Militärfrage. Brüssel, 17. November. Die Kammer trat heute in die Spezialberatung der Heeresreform ein. Die Tribünen waren überfüllt. Bis auf acht Deputierte war die Kammer voll- zählig versammelt. Es herrschte Bewegung wie in den großen Tagen der Wahlreform im Jahre 1899. Die Formel:Ein Soldat auf jede Familie" wurde angenommen. Abgelehnt wurde die Bestimmung, daß das Kontingent' alljährlich festzusetzen ist, und das Amendement der Liberalen, das die Dienstzeit der Infanterie auf zwölf Monate ermäßigen will. Der Antrag aus Befreiung der Gei st lichen von der Militär- Pflicht wurde angenommen. Italien . Befitzsteuern an Stelle indirekter. Rom , 13. November. Die Deputiertenkammer nahm heute ihre Arbeiten wieder auf. Bei Beginn der Sitzimg gedachte Ferri(Soz.) des Heimganges Lombrosos in ehrenden Worten. Der Ministerpräsident brachte eine Vorlage betreffend eine Reform der Steuern ein. Die Vorlage schlägt eine Herab- sctzung der Zucker st euer' und eine entsprechende Er- Mäßigung des Einfuhrzolles auf Zucker vor und und zwar soll der Zoll vom 1. Januar 1911 ab für Zucker 1. Klasse von 28,3S Lire auf 20 Lire pro Doppelzentner und der Zoll für Zucker 2. Klasse von 20,80 Lire auf 16 Lire, vom 1. Januar 1913 ab auf 18 bezw. 14,75 Lire und vorn 1. Januar 1915 ab auf 15 bezw. 12 Lire ermäßigt werden. Um den dadurch erwachsenden EinnahmeauSfall von ungefähr 40 Millionen zu decken, sollen verschiedene Verbesserungen des Gesetzes betreffend die Steuer auf Erbschaften und Schenkungen vorgenommen und eine progressive Ein- kommensteuer auf Einkommen über 5000 Lire jährlich eingeführt werden. Die Steuer beträgt für Einkommen von 5000 bis 10 000 Lire ein Prozent und steigt bis zu sechs Prozent für Einkommen, die mehr als 200000 Lire betragen. finnland . Die russische Gewaltpolitik. Helsingfors , 18. November.(Privattelegramm deS«Vor- wärts".) Nach 81/2 stündiger Debatte schritt der Landtag gestern um 4 Uhr früh zur Abstimmung über die Militärfrage. Um 51/2 Uhr gelangte in der zehnten Abstimmung ein Antrag der Grundgesetzkommission zur Annahme, der Regierung zu antworten, der Landtag, der den kaiserlichen Vorschlag un- möglich billigen könne, stelle das Ersuchen, daß der Kaiser die erforderlichen Maßnahmen zur Lösung der Militär- frage gemäß den Grundgesetzen anordnen möge. Der Beschluß erfolgte mit 141 gegen 53 Stimmen. Der Generalgouverneur Boeckmann reiste mit den russischen Senatoren nach Petersburg . Die Entscheidung ließ nicht lange auf sich warten. Der Landtag ist heute a u f g e l ö st worden, zum drittenmal innerhalb zweier Jahre. Die Neu- Wahlen sind für den 1. Februar festgesetzt. Das Wahlgesetz bleibt unverändert. Die russische Negierung bereitet unter- dessen eine polizeiliche Reorganisation Finnlands auf dem Verwaltungswege vor. persien. Ende des AufstandeS. London , 18. November. Ein Telcgrnmm des Reilterschen Bureaus aus Teheran vom 17. d. MtS. meldet, daß nach dem Abzüge von Rakhim Khan und seiner Anhänger in Ardcbil die Revolte unterdrückt ist. Rcgien»ig«tr>ippen unter dem Polizeichef Ephraim haben, nachdem sie in die Stadt eingerückt waren, die von den Reaktionären errichteten Barrikaden zerstört. Hu 9 der Partei. Partciliterotnr. Im Verlage der Buchhandlung Volks st im nie in Frank» furt a. M. erschien: Hern, ann Wendel, Francisco Fcrrer. Ein Kapitel: Reaktion und Inquisition. Erweiterter Vortrag. 16 Seiten. Preis 10 Pf. Die Broschüre nimmt den Fall' Fcrrer zum Anlaß einer Dar- legung der spanischen Zustände und ihrer historischen Entwickelung. Der Prozeß Ferrcr wird charakterisiert und zum Schluß zur Ferrer« begeisterung kritisch Stellung genommen. Dir Kriso der Konföderation der Arbeit. Rom , 15. November.(Eig. Ber.) Wie wir vorausgesehen hatten, hat der Ausschutz der Konföderation der Arbeit sich mit dem Exekutivkomitee solidarisch erklärt uud g l e i ch f a l l S d e m i s s i 0 n i e r t, so daß die E i n b e r u f u n g deS Nationalrates für den 12. und 13. Dezember beschlossen wurde. Die heutige Krise geht auf die Resolutionen der Mailänder Arbeiterkammer und deS Landarbeiterverbandes zurück, die beide mit der Haltung der Konföderation wäbrend des Zarenbesuches unzufrieden waren. Genosse R i g 0 l a erklärte bei der AliSschiiß« sitzung in Turin , daß die Konföderation sich auf der Richtlinie des Kongresses von Modena befände, und daß die Tadelsreso- lutionen einen Rückfall in den früheren PartikulariSmuS und LokaliSmuS bedeuten. Die Initiative bei allgemeinen Agitationen müsse der Konföderation zustehen. Exekutivkomitee und Ausschuß könnten ihre Verpflichtungen nicht ander« ailffassen als sie eS getan. Wenn die Landarbeiter eine andere Richtmig wollten, so müßten sie die Verantwortung übernehmen und an Stelle der bisherigen Leiter der Konföderation treten. Aus diesen Erivägungen erfolge die Demission. Genossin Altobelli, Sekretärin des LandarbeitcrverbandeS und Unterzeichnerin des Votums, daS rder Konföderation geringe Energie bei der Zarenagitation vorwarf, erkärte, daß eS Gefühls- Manifestationen der Massen gebe, denen man nicht entgegentreten könnte und dürfte. In gewissen Augenblicken triumphiere das Gefühl über jede Methode. Einen Wideispruch zwischen dem Votum der Landarbeiter in Bologna und den Beschlüssen deS Gewerlschasts- kongresieS von Modena sähe sie nicht. Im übrigen mache sie für sich daS Recht geltend, mit eigenem Kopfe zu denken. Genossin Altobelli motivierte dann ihre Demission als Mitglied des Aus- schusseS mit der Meinungsverschiedenheit zwischen ihr und ihren Ge- fährten. Weiter nahmen bei der Diskussion die Genossen d'Arragona und Cerutti daS Wort, die für straffere Disziplin eintraten und für das ausschließliche Recht der Gewerkschaften, nicht der politischen Parteien. Streikbewegungen zu leite». Die Demissionen wurden einstimmig beschlossen.