Einzelbild herunterladen
 
lenft, dle zugleich zeigen, wie durch die großkapitalistische Ent» Wickelung auch hier sich immer klarer eine Proletarisierung der Kopfarbeiter vollzieht. Ueberall in der großindustriellen Zlngestelltenbewegung spielt die Schulfrage eine bedeutsame Rolle. Der Unternehmer braucht Techniker, die für ihren Beruf besonders ausgebildet werden müssen. Maschineningenieure. Elektrotechniker, Schiffbauingenieure müssen technische Hoch- und Fachschulen besuchen. Steiger haben sich auf Bergschulen ihre für ihren Beruf notwendige Vorbildung zu verschaffen, und die Steuerleute und Maschinisten der Handels- marine müssen auf Seemannsschulen erst ihre Examina ablegen. Immer aber hat das Unternehmertum ein Interesse daran gehabt, diesen Schulbetrieb soweit als möglich auszudehnen, die Gründung neuer technischer Lehranstalten zu unterstützen. Je größer die Zahl der Zöglinge wird, die alljährlich die technischen Schulen verlassen, desto großer auch hier die industrielle Reserve- a r m e e. die sich dem Unternehmer zu jedem Preise an- bieten mutz. Ganz besonders in Zeiten der Krise macht sich dies Ueberangebot von Arbeitskräften fühlbar, und die Angestellten- verbände sind wohl oder übel gezwungen, diese von Arbeitgeber- interesien diktierte Schulpolitik in ihren Wirkungen zu kenn- zeichnen und zu bekämpfen. In der Schiffahrt sind diese Erscheinungen ebenfalls klar zu- tage getreten. Das allmächtige Reederkapital, das an sozialer Rückständigkeit dem Grubenkapital nicht viel nachsteht, hat es trefflich verstanden, alle freien Organisationsbestrebungen der Angestellten niederzuhalten. Gegenwärtig läuft nun in Hamburg  und in den übrigen Hafenstädten eine Unmenge nautischer und technischer Schiffsangestellter stellungslos umher. Das Angebot übersteigt weit die Nachfrage dank der charakterisierten Schul- Politik, die von den Unternehmern eifvig gefördert wurde. Kürzlich fand in Hamburg   eine Versammlung der arbeitS- losen Schiffsoffiziere statt, die von 130 Personen besucht wurde. Hier stellte man fest, daß in Hamburg   zirka 400 bis 000 Schiffsbeamte dieser Kategorie arbeitslos waren bezw. sind. Es wurde ferner in der Versammlung konstatiert, daß eine große Anzahl dieser Steuerleute und Maschinisten bereits über ein Jahr arbeitslos herumlaufen. Viele von diesen Leuten besäßen keine Barmittel und können sich deshalb kaum noch in einem Lokal sehen lassen. Alles Entbehrliche sei bereits in ein Pfandhaus gewandert. Um das Leben zu fristen, hätten verschiedene zu irgendeiner Arbeit gegriffen. Einige seien hin und wieder als Taljeleute(Hafenarbeiter verschiedener Kategorien) beschäftigt, andere hätten als Schauerleute gearbeitet usw. Die Versammlung beschloß, ein« Eingabe an die Reeder zu richten und um Abhilfe dieser Zustände zu bitten, da auf den be- stehenden Schulschiffen«ine immer größere Reservearmee heran- gebildet wird. Der Reederpresse waren diese Feststellungen und die sich daran anschließenden Erörterungen in den Tageszeitungen sehr un- angenehm. Man bemühte sich zunächst, den Umfang der Stellen- losigkeit abzuleugnen. Als auch dieses Mittel nicht mehr wirkte, fand man einen sehr eigenartigen Ausweg. Den arbeitslosen Schiffsangestellten wurde eröffnet, daß auf dem Bureau des Reedereivereins eine Liste ausgelegt werde, in die sich die stellungslosen Steuerleute und Maschinisten eintragen sollten. Diese Liste werde allen dem Unternehmerverband an- geschlossenen Reedereien zugeschickt mit der Bitte, bei Besetzung von Stellen die in der Liste eingetragenen Bewerber nach Mög- lichkeit zu berücksichtigen. Außerdem wurde aus der Unternehmer- kasse solchen Schiffsangestellten eine Unterstützungssumme be- willigt, die längere Zeit stellungslos, zuletzt in einer Verband»- reederei tätig waren und sich in großer Not befanden. Durch dies Mittel suchten die Unternehmer verschiedene Zwecke zu erreichen. Erstens brachten sie die ihnen unbequeme Presse zum Schweigen und spielten sich zugleich als Wohltäter der Angestellten auf. Dann aber tonnten sich die Scharfmacher sehr bequem in den Besitz von schwarzen Listen setzen. Wie uns aus den Kreisen der Angestellten berichtet wird, holen die Reedereien auf Grund der jetzt zusammengestellten Listen gegen» seitig Erkundigungen über die Ange st eilten ein und sind so in der Lage, die Hungerpeitsche über diese P r o le ta r i e r sch i cht zu schwingenl Selbstverständlich denken die Unternehmer nicht daran, irgend- welche Maßnahmen zur Verhütung solcher Stellungslosigkeit zu ergreifen. Im Gegenteil. Fast zu gleicher Zeit, als die An- gestellten sich hilfesuchend an die OeffenUichkeit und die Unter- nehmer wandten, wurde in einem der feinsten Hamburger Hotels ein neues Schulschiff eingeweiht. In Anwesenheit der Mitglieder des kaiserlichen HofeS vollzog man dort die Taufe de» Schiffes.Prinzeß Eitel Friedrich", das nun ebenfalls für die Ausbildung neuer Steuerleute und Maschinisten bereit gestellt wird. Wie der.Seemann" mitteilt, werden hier jährlich L00 Per- sonen ausgebildet, die dann die vorhandene industrielle Reserve- armee verstärken und bis Lage der Angestellten verschlechtern helfen. Und die Angestellten selbst? In dem Verband». organ der Kapitäne und Offiziere der Handelsmarine hat man nach dem Bettelgeschenk der Reeder öffentlich den Unternehmern seinen untertänig st en Dank ausgesprochen. Man läßt hier keine Gelegenheit vorübergehen, seinegute Gesinnung" zum Ausdruck zu bringen. Das Reederkapital kann vorläufig mii seinem Jndustrieproletariat noch zufrieden sein. Ob es so bleiben wird? Auch den Ballin und Genossen gegenüber hilft nur ein geschlossener Widerstand in den Gewerkschaften und den politischen Organisationen. Das haben die Kämpfe der Arbeiter mit den Reedereimagnaten zur Genüge gezeigt. Wenn die Angestellten nicht endlich ihre Lage begreifen lernen, w«nn sie nicht endlich den Mut zur Gegenwehr finden, dann vollzieht sich für sie daS Schicksal einer Klasse, die zwischen den beiden Gegenmächten Kapital und Arbeit rettungslos zerrieben wird. vie Mtische Bloche. !Fn dieser Woche fällt die erste wichtige Entscheidung in der englischen Verfassungskrise. Am Montag begann die Etatberatun� de? Oberhauses und Lord Lansdowne brachte eine Resolution ein: Das Haus halte sich nicht für berechtigt dem Gesetz zuzu- stimmen, bis dieses nicht dem Urteil des Landes unterbreitet sei." Man sieht, das englische Oberhaus ist weit entfernt von der Anmaßung etwa des preußischen Herrenhauses, daS sich ein selbständiges Urteil und endgültige Beschlüsse zumißt. Aber auch den Anspruch, den es erhebt, kann die Demokratie nicht zugestehen. Denn eS würde bedeuten, daß das Recht der Auflösung des Unterhauses in die Hände der Lords ge- legt würde. Damit könnte dem freigewählten Unterhause und der aus seiner Majorität entnommenen Regierung jederzeit ein Ende bereitet werden, sobald diegeborenen Gesetzgeber" den Zeitpunkt für günstig erachteten. Aber hinter den konstitutionellen Vorwänden der Lords, die Plötz- lich so demokratisch tun. verbirgt sich in Wirklichkeit dieselbe Steuerscheu, dieselbe Raffgier, die die letzten Monate bei den preußischen Junkern entlarvt haben. Rur   daß der Ueber- mut der Besitzenden in England zunächst auf den ent- schlosscnen Widerstand der liheralen Regierung stößt. Die liberale Partei muß den Kampf aufnehmen, will sie nicht riskieren, daß die Reihen der Unabhängigen Arbeiterpartei noch rascher und stärker anschwellen als die Reihen der deutschen   Sozialdemokratie. Von der Energie und Ent- schlossenheit der Arbeiter Englands und ihrer politischen Vertreter wird eS auch in erster Linie abhängen, ob die Liberalen standhalten und ob der Kampf bis zum Ende ge- führt werden wird, zur Erringung der demokratischen Forde- rung der Beseitigung des Hauses der Lords. Der Sitzung des Oberhauses wurde mit großer Spannung entgegengesehen, die noch dadurch vermehrt war. daß man die meisten Peers gar nicht kennt. Ihre Zahl beträgt gegen- wärtig, abgesehen von den königlichen Prinzen und von minderjährigen Peers, LOS, wovon kaum 150 gewöhnlich im Hause erscheinen. An der Abstinimung über die Homerule im Jahre 1893 nahmen 400 von 500 Peers teil: im vorigen Jahre an der Abstimmung über das Schankkonzessionsgesetz 308 von ungefähr 000 Peers. Man kann daher die Zahl der abstimmenden Peers diesmal auf ungefähr 400 schätzen, wovon zugunsten des Budgets kaum 30 anzusetzen sind, da l908 für das Schankkonzessionsgesetz einschließlich der Bischöfe nur 90 Peers stimmten. Man spricht aber davon, daß die Anhänger des Budgets gar nicht stimmen werden, da sie die Resolution Lansdowne als v e r- fa-ssungswidrig erachten. Tie Entscheidung der Lords wird nicht vor Donnerstag, vielleicht erst Freitag, er- folgen. Erst dann wird das Unterhaus, das heute wieder zur Beratung kleinerer Gesetzentwürfe zusammengetreten ist, den Lords die Antwort erteilen können. Ueber den Verlauf der Sitzung berichtet der Telegraph: Seit der Sitzung, in der di« Home R u I c Dill abgelehnt wurde, ist der Sitzungssaal nicht wieder so gedrängt voll ge- Wesen wie heute. Auch die Tribünen waren überfüllt. Nach Verlesung der Tagesordnung unterbreitete der Groß- siegelbeivahrer Earl of Crewe dem Haus« die zweite Lesung der Finanzreformvorlagc, ohne zu ihrer Erklärung oder Vor» teidigung zu sprechen. Sodann erhob sich Lord Lansdowne unter dem Beifall der Opposition, um seine Resolution zu be» gründen. Er erklärt«, das Schweigen des Earl of Crewe zeige, daß die Regierung der Meinung sei, daß die PeerS mit der wichtigen Krage Der Finanzreform nichts zu tun hätten. Für die Opposition liege die Sache einfach. Es sei eine schwerwiegende GcsetzeSvor. läge ohne Präzedenzfall, wie sie niemals dem englischen Volke vor- gelegt worden sei. Sie erfordere die Zustimmung des Oberhauses, und dieses dürfe die Verantwortlichkeit seiner Zustimmung nicht auf sich nehmen, ohne daß eS sich vergewissert hätte, daß das Volk wünsche, die Vorlage solle Gesetz werden. Im weiteren Verlaufe seiner Rede erklärte Lord Lansdowne. die PeerS hätten das Recht, Finanzborlagen abzulehnen. Wenn die Schank-Kon- zesfionSvorlage und die Vorlage über die Besteuerung des Grund- ei�entumS der Finanzvorlage einverleibt werden konnten, so sei kein Ende für die daraus entspringenden Mißbräuche abzusehen. Es sei unwahr, daß die Peers bezüglich der Besteuerung dcS Grund- eigentunis von selbstsüchtigen Motiven geleitet würden. Diese Steuern seien leicht zu rechtfertigen, wenn angenommen würde, daß der Grund und Boden Staatseigentum sei, und daß eS die Bestimmung des Parlaments sein müsse, den Grund und Boden zu verstaatlichen. Die Opposition wider- setze sich diesen Steuern, weil sie eine einzelne Klasse für eine besonder«, orückend« und auf sozialistischem Trug- schluß beruhende Inanspruchnahme herausgriffen. Wenn die Vorlage Gesetzeskraft erlange, würde die Nation gezwungen fein, ihre jährlichen Verbindlichkeiten aus ihrem Kapital zu be- zahlen. Der Wert der englischen Staatspapiere sei im Sinken und die Engländer wendeten, um ihr Kapital anzulegen, ihre Aufmerk- samkeit mehr und mehr dem Auslände zu. Ironisch fmgte Lord Lansdowne. was au» desarmen ManncS Budget" werden. würde, wenn es das Kapital aus dem Lande vertreibe.(Beifall bei der Opposition.» Redner ging sodann auf die Tarifreformbewegung ein und sagte, man frag« sich, ob die Zeit nickst gekommen sei für ein« erneute Prüfung der Grundlag« des englischen Finanzsysteins, und ob man noch länger über ein Finanzsvstem lachen könne, unter dem andere Länder mächtig emporblühten. Die Opposition habe nickst daS Gefühl, daß sie das Recht habe, dem Volke die neuen und ungeheuerlichen Lasten, die die Bill bringe, aufzuhalsen, bis sie wisse, daß dies di« Richtung sei, die das Volk einzuschlagen wünsche. Die Opposition Hab« die Folgen einer Wblehirnng der Bill ins Auge gefaßt und sei bereit, ihnen zu begegnen.(Beifall.) Die politische Stockung brauche nicht lange zu dauern. Die Regierung habe ja beständig erklärt, daß sie wünsche, diese Fragen einer Probe aus- zusetzen. Das Budget sei so hinfällig, daß es nicht sechs Wochen durchhalten würde.(Heiterkeit.) Lord Lansdowne fckloß. wenn die Regierung es nicht wünschde, gäbe es keine Gelegenheit für ein finanzielles Chaos. Redner bot die Unterstützung der Opposition bei der Bekämpfung aller Schwierigkeiten an, die sich möglicherweise er- geben könnten. Er ziehe eine zeitweilige Verwirrung dem dauernden Chaos vor, daS sich aus der Annahme der Bill«r- geben würde. Durch die Drohungen gegen die konstitutionellen Rechte der PeerS sei er nicht sonderlich berührt. Diese Drohungen seien schon ausgestoßen worden, bevor man von diesem Budget noch etwas geträumt habe. Dieser Kampf habe kommen müssen, und er mahne die PeerS, ihrer Ver- antwortung nicht auszuweichen. Das Schädlichste, waS die PeerS tun könnten, würde sein, die zu enttäuschen, die auf sie als die Beschützer ihre» größten VerfassungS- rechtes blickten, nämlich des Rechtes, befragt zu werden, wenn von der Regierung eine fundamentale politische Aenderung in Borschlag gebracht wird. Der Lordkanzler sagte in seiner Antwort, der vorgeschlagen? Schritt stürze alle parlamentarische Tradition um und wenn er auch vielleicht zulässig und gesetzlich sei. so sei er drch vom konstitutionellen Standpunkt aus ver- kehrt. Di? Ablehnung des Budgets bedeute die Ablehnung dcS JahreSbedarfS. aber Lord Lansdowne scheine zu meinen, auf ein kleines Chaos komme eS nicht an. Die Ablehnung würde ein di- relter Eingriff in die Prärogative der Krone und di« Privi- legten des Unterhauses fein. Man verlange, daß ein? Verfassung umgestürzt werde, die der Gegenstand deS Neides für alle Nationen der Welt sei, und daß dem Oberhaus? solche Machtbefugnisse verliehen würden, daß das Unterhaus und die Regierung auf die Gnade der Lords angewiesen wären. Kein kluger Mensch könne daS wünschen, und kein Mann von Geist würde sich dem unterwerfen. Was LanS  - downe vorschlage, sei ein Schritt zur konstitutionellen Revolution. Der Lordkanzler wies auf die sechsjährige Dauer des Parlament» hin und meinte, es blieben somit noch zwei Jahre, um die Steuern ohpe Verletzung der Verfassung rückgängig zu machen oder au ändern, wenn daS Volk sie verurteile. Aber die offenbare Meinung des Landes sei, daß das Budget mizunchmen sei, und bei den allgemeinen Mahlen werde das Volk weit wichtigere Fragen erwägen, als nur die«ine Frage, ob das Budget ange- nommen«erbe oder nicht. Der Lordianzler nahm zum Schluß Bezug auf die Ablehnung wichtiger Regierungsvorlagen durch das Oberhaus innerhalb der letzten vier Jahre und erklärte,«S sei keiner liberalen Regierung wieder möglich, zu amtieren, wenn sie nicht gegen die Wiederholung einer derartigen Behandlung ihrer Maßnahmen geschützt sei. Er betonte welter daS Recht de» Unterhauses auf die Kontrolle der Finanzen und erklärte es für lächerlich, daß ein HouS, das a u S nicht vom Volke gewählten Mit- gliedern bestehe, sich dieses Recht anmaßen und die Macht haben sollte, eine Regierung zu stürzen, die zu irgend einer Zeit in politischem Gegen- s a tz z u i h m st e h e. Er verteidigte die Prinzipien der Vorlage und erklärt?, daß. wenn er sich die außerordentliche Bedeutung der vorgeschlagenen Maßnahmen vergegenwärtige, er erstaunt sei. daß das Haus wegen einer so geringen Ursache bereit sein solle, eine so bedeutungsvolle neue Richtung einznichlagen. Nachdem noch andere Redner gesprochen hatten, wurde die Debatte auf morgen vertagt. politische(lebersicdt. Berlin  , den 23. November 1903 Dasehrliche" Zentrum. Eine recht interessante Enthilllung hat sich, wie das Verl  . Tagebl." meldet, in einer am Montagabend in Königsberg   abgehaltenen konservativen Wählerversanunlung der konservative Reichstagsabgeordnete Fürst Dohna ge- leistet. Das Zentrum habe, so erklärte er, seine Mitarbeit an der Reichsfinaiizreform von der Ablehnung der Erbschaftssteuer abhängig gemacht. Bestätigt sich diese Meldung, dann beweist sie. daß um wieder zu seiner früheren Machtstellung zu gelangen, das Zentrum selbst vor den perfidesten Intrigen nicht zurück- schreckt. Während ultramontaue Blätter bisher andeuteten, das Zentrum habe gewissermaßen nur aus Rücksicht aus seine Verbündeten, die Konservativen, gegen die Nachlaß- und Erbaufallsteiler gestimmt, hat unigekehrt nach Fürst Dohnas Aussage das Zentrum durch seine Bedingung erst die Konservativen in den offenen Widerstand gegen jede Erbschafts- steuer hineingetrieben selbstverständlich zu keinem anderen Zweck, als um den Gegensatz zwischen den konservativen und liberalen Blockgenossen zu erweitern und den Block zu sprengen l Um dieses Ziel zu erreichen, war der Ultra- montantsmuS zu jedem gemeinen Streich bereit. Hansabund und Bund der Landwirte. In einer öffentlichen Versammlung in Barenburg  , in der der NeichStagk-abgeordiiete Wachhorst de Wente referierte, sprach in der Diskussion auch ein Agitator des Bundes der Land­wirte, L o g e m a n n aus Rathlosen. Er meinte, es sei sehr wertvoll, daß die feudalen Großgrundbesitzer eine führende Stellung im Bunde der Landwirte einnähmen; denn diese hätten oft Gelegenheit, hinter die Kulissen zu sehen. Diesem Umstände verdanke der Bund der Landwirte auch die Kenntnis von einer Unterredung, die kürzlich in Hamburg   zwischen dem Kaiser. dem Generaldirektor Ballin und dem Prä- sidenten des Hansabnndes, Geheim rat Rießer, stattgefunden habe. Hierdurch sei dem Bunde der Landwirte Gelegenheit gegeben, rechtzeitig ent- sprechende Maßnahmen zu treffen. Welcher Art dieseentsprechenden Maßnahmen" sind, ver- riet Herr Logemann nicht. Wahrscheinlich meinte er die Be- einsiuffung des Kaisers durch höfische Kreise. Militärische Geldverschwendung. Man schreibt uns: .Bezilgnehmeild auf Jkjren geschätzten Artikel.Herunter mit den Generalsbezügen" in Ihrer Nummer vom 20. d. M. möchte ich mir höflichst erlauben, einiges hierzu an« zuführen: Wie richtig bemerlt, erhalten die Generäle ausnahmsweise eine hohe Anzahl der Pserderationen, doch hat man dort in dem Artikel nach meiner Ansicht nicht recht zur Sprach« gebracht, daß ei» General auch diese Bezüge erhält, wenn er nicht einmal die Anzahl Pserde hat. für die er Rationen erhält. Einem Brigadekommandeiir stehen 6 Rationen zu. Derselbe hält sich aber nur 2 Pferde, ein klarer Beweis, daß ö Pferde gar kein« Verwendung haben bekommt aber für die fehlenden S Pferde das Futter, das diese verzehren würden. in Geld auSbezahltl So komisch das klingen mag, e» ist der Fall l Die Gebühren für eine Ratio» werden von Zeit zu Zeit nach den jeioeiligcn Preisen für Futter festgesetzt, doch kann man annehmen, daß ein General pro Pferd, das er gar nicht besitzt, im Durchschnitt im Monat 20 M. erhält; das wären also bei drei Pferden pro Monat 60 M., jährlich ca. 720 M., die er in seilte Tasche steckt, ohne hierfür irgend etwas zn leistenl Wären die Pferde tatsächlich vor» Händen, dann wäre eS selbstverständlich, daß sie auch ernährt werden müßten, aber hier Fnttergekder für Pferde auszahlen, welche gar nicht existieren, das ist denn doch stark. Man rechne nach, welche Samme aus diese Weise verausgabt wird bei der großen Anzahl der vorhandenen Generäle. Nicht nur betr. der Nationen, nein auch in anderen Sachen find Gebiihrnisse festgesetzt, an denen gehörig gespart werden könnte. Nach K 64 derReiseordnung für die Personen deS Soldaten- siandeS" erhält z. B. ei» General, wenn er unverheiratet ist, also demnach eine übermäßig große Wobnuitg nicht besitzt, für einen Umzug von Charlottenburg   nach Berlin   900 M., ob dieser Betrag für den Umzug benötigt wird oder nicht! Ein verheirateter General dagegen sogar 1800 M. l" ES ist nun sogar ein Fall vorgekommen, daß ein Oberst in GeneralSstrllung 500 M. für einen Uviziig rrhaltru hat, ohnr über- Haupt umzuziehen! Oberst a. D. Gädke berichtet darüber im.Berk. Tagebl.": .Vor einige» Jabren wurde ein RegimeutSkoinniandeur aus Charlottenburg   zum Kommandeur einer Brigade befördert, deren Stab in Berlin   stand. Er meldet« sich hier dienstlich und liquidierte daraus unverzüglich ölv Mark(sage fünfhundert» zehn Mari) für seinen Umzug ans Charlotleuburg nach Berlin  , obwohl er seine Charlottenhurger Wohnung ruhig beibehielt und sie erst ein halbes Jahr später(ohne dienstliche Veranlassuitg) innerhalb Charlotten- burgS wechselte also auch dann einen Umzug in die neue Garnison nicht vollzog. Nun tviirde an sich eine Vestimmnnz der Reiseordnung mißbräuchlich sein, die bei dem engen wirr- schastlichcn Zns.nmunihang Charlottenburgs und Berlins   die Liquidierung von Unizugsgeldern gestattet, wenn man von einem Stadtteil zum anderen umzieht. Um Stadt- teile handelt e» sich doch tatlächlich. Man kann aus dienst- lichen Gründen innerhalb Klein-BerlinZ zu einem weiteren Umzüge genötigt fein, als der von Charloltenburg nach den, Westen Berlins   ist, ohne bei solcher Gelegenheit 510 M. liquidieren zu können. Geradezu unglaublich aber ist es doch. wenn die WohnungSverlegung überhaupt nicht stattfindet und trotzdem die Kosten dafür angefordert und auch bezahlt werden." Man sieht: daSKieler System wird ailch im militaristi  - scheu Vinnenland« geübtl Diesem System sollte denn doch schleunigst ein derber Riegel vorgeschoben werden 1