absolutistisch bolkerberhetzenden Tendenzen der Herrschenden stell die Demokratie das Programm der nationalen Autonomie auf, die Umgestaltung Oesterrckch-Ungarns in der Richtung, datz innerhalb des einheitlichen Wirtschaftsgebietes ohne Rücksicht aus die historischen Grenzen jeder Nation die volle Selb- ständigkeit, Einheit und Selbstverwaltung in allen nationalen kulturellen Angelegenheiten gewährleistet wird. Programmatisch gefordert wird als letztes Ziel des national- politischen StrebenS die vollkommene nationale Ver- e i n i g u n g aller S ii d s l a w e n ohne Unterschied des Namens, Glaubens, der Schriftzeichen oder dialektischer Sprachverschieden- heiten. Als wichtigstes Mittel zu diesem nur in der Demokratie zu erreichenden nationalpolitischen Endziele wird der Kampf gegen das ungarische Junkerparlament, um die Parlamentarisierung Bosniens und für das allgemeine Wahlrecht zu allen Landtagen Oester- reichs, auch in de in bosnischen bezeichnet. Die Dissereuzicruug des SSdslcnventuMS durch Berührung mit ver- fchiedeneu Völkern und Wirtschaftssphären wird festgestellt, aber erklärt, daß diese Differenzierung»och nicht iveit genug fort- geschritten sei, um den Separatismus der vier südslawischen Völker zu rechtfertigen. Die Sozialdemokratie betrachtet diese Völker erst als Elemente, die ein einheitliches Volk schaffen sollen. Die Konferenz setzte ein permanentes südslawisches Komitee sBnreau) ein, das zunächst atiS je drei Vertretern der kroatischen, bosiiisch-herzegowinischen und österreichisch-südslawischen Sczialdcmo- kratie besteht._ Der Kampf gegen den Alkohol in der schwedischen Sozialdemokratie. Die abstinenten Arbeiter Schwedens forderten schon lange, dast aus dem Annoncenteil der sozialdenr akratischen Presse alle Einpfehlungen alkoholischer Ge- tränke verschwinden sollten. Bislang war es jedoch aus finanziellen Gründen nicht leicht, dieser Forderung überall nachzu- kommen. Auch im Zentralorgan der Partei glaubte man bis vor kurzen, nicht auf die Einnahmen ans den„Nauschgetränkeamioiicen" verzichten zu können. Infolge des Groststreiks hat jedoch„Social- demotratens" Abonnentenzahl, wie die der sozialdemokratischen Presse Scknvedens iin allgemeiucn, dermalen zugenommen, daß bei der verbesserten Finanzlage des Blattes jene Bedenken nicht mehr aus- schlaggebend sein können. Seit Anfang November nimmt„Social- demokraten" keine Alkoholamionce mehr auf. Einzelne solcher Annoncen erscheinen zwar vorläufig noch, well kontraktliche Ver» pflichrnngen ihrer sofortigen Beseitigung entgegenstehen, werden aber ebenfalls verschwinden, sobald die Kontrakte abgelaufen sind. Damit ist dann die Forderung der abstinenten Genossen, daß das Blatt auf allen-Seiten.ganz nüchtern" sein soll, erfüllt. Der Phonograph im Dienste des Sozialismus. Die„ H u m a n i t b", unser Pariser Parteiorgan, gibt be- kaNNt, daß sie mit einer Phonographengesellschäft Agpa ein Ab- kommen getroffen, wonach diese sozialistische und andere Freiheits- lieder auf ihre Platten nehmen wird. Die erste Liste zählt lö solcher Gesänge ans, darunter die Internationale, t. Mai-Marsch U. a. m. Die Phonographen werden von der Agpa- Gesellschaft gegen Teilzahlung abgegeben. Die„Hmnanits" sagl in ihrer An- kiindigung:„Die Sozialisten dürfen kein Propagandamittel un- benützt lassen..,. Der Phonograph wird die sozialistischen Lieder ebensogut ins Volk tragen ivie die anderen. In den sozialistischen Gruppen, an Freuden- und Siegesfesten, bei den Festen der Ge- werkschaften und der Genossenschaften, bei den sonntäglichen Zu- samMenkünsten mit Freunden wird man künftig andere Klänge hören können, als den patriotischen Refrain des Cafokonzerts." Die Lieder sind von Künstlern, die Chöre von Choristen der Oper in die Apparate gesungen worden. Soziales. Borschriftch, über freiwillige Mitglieder einer Ortskrankenkasse. Eine für Krankenkassen und Versicherungsberechtigte sehr wichtige prinzipielle Entscheidung hat das preußische Oberver- waltungsgericht gefällt. Es handelte sich u. a. um die Frage, ob die Kassen im Interesse ihrer Finanzlage die freiwilligen Mitglieder durch Statut auf bestimmte höhere Bersicherungsllasseu beschränken können. Die gemeinsame Ortskranrenkasse zu Wiesbaden glaubt« die Erfahrung gemacht zu haben, daß ihre 20 Proz. der Mitgliedschaft umfassenden freiwilligen Mitglieder, denen die Wahl der Ber- sicherungsklasse freigestellt war, die nicdceen VersicherungsUassen bevorzugten, weil es ihnen zumeist mehr auf freien Arzt und Medizin als aus das Krankengeld ankam. Die Leistungen an diese Mitglieder standen nach Berechnungen der Kasse in einem für die Kasse ungünstigen Mißverhältnis zu den von diesen Mitgliedern entrichteten Beiträgen. Die Kasse änderte deshalb den 8 b ihres Statuts, der die freiwillige Mitgliedschaft betrifft. Es wurde be- stimmt, daß die Klasseneinteilung der gesetzlich zur fteiwüiigcn Mitgliedschaft Bercchtigicn(§ 10 Absatz 3 des Kraukeiwerficherungs- gesetzes) auf Grund ihres nachzuweisenden Gesamteinkommens zu erfolgen hat, jedoch mit der Maßgabe, daß ihnen die Wahl einer höheren als dem Gesamteinkommen entsprechenden Klaffe freisteht. Ferner soll nach der neuen Fassung den statutarisch zur freiwilligen Mitgliedschaft Berechtigten(8 26 Abs. 2 Ziffer 5 des Gesetzes) zwar die Wahl der Mitgliederklasse freistehe, jedoch mit der Einschrän- kung, daß männliche Erwachsene von der 1. bis 5. Klasse, weibliche Erwachsene von der 1. bis 4. Klasse und jugendliche Arbeiter und Lehrlinge von der 1. und 2. Klasse ausgeschlossen sind.(Die erste Klasse ist die niedrigste BeituagSklasse.) Der Bezirksausschuß zu Wiesbaden versagte der Statuten- änderung die Genehmigung und blieb auch in der mündlichen Verhandlung dabei. Die neue Fassung sei gesetzwidrig. Abgesehen von einigen, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmebestimmungen enthalte das Gesetz keine weiteren Ausnahmevorschriften bezüglich der Beitrittsbercchtigten. Daraus folge, daß im übrigen dies«(die freiwilligen Mitglieder) nicht anders behandelt werden dürften, als die Pslichtmitglieder. Wie bei diesen, sei ihre Klassenzuteilung nach Maßgabe ihres Arbeitsverdienstes vorzunehmen und es könne ihnen die Wahl einer anderen, als der dein Arbeitsverdienst entsprechenden Klaffe weder freigestellt noch aufgezwungen werden. Wo ein Arbeitsverdienst nicht vorhanden sei, komme natürlich nur die Zu- teilung zur niedrigsten Klasse in Frage. �' Auf die vom Kassenvorstand eingelegte Revision hob der g. Senat des Oberverwaltungögerichts am Donnerstag die Eut- scheidung aus und genehmigte die Statutenänderung der Kasse als gesetzmäßig. Begründend wurde ausgeführt: Der Senat sei im Gegensatz zum Bezirksausschuß der Ansicht, daß die Kassen bei den- jcnigen, die statutarisch zur freiwilligen Mitgliedschaft berechtigt sind, bezüglich der Zuweisung in die Mitgliederklassen freie Hand haben.— Bei denjenigen, die gesetzlich berechtigt seien, beizutreten, müsse man unterscheiden zwischen denen, die Zwangsmitglreder der Kasse waren und sich nach Aufhören dieses Verhältnisses die frei- willige Mitgliedschaft sicherten und den anderen, die vor ihrem frei- willigen Beitritt nicht Zwangsmitglieder waren. Bei ersteren richtete sich die spätere Klassenzuteilung nach dem bisherigen Ver- hältnis. wo sie Zivangsmitgliedcr waren. Bei den übrigen gesetzlich Berechtigten haben die Kassen aber freie Hand bezüglich der Klassen- zuweisung. Und es sei auch die Berücksichtigung des Gesamteinkommens zulässig. Beitrittsberechtigte ohne Einkommen kämen selbstverständlich in die unterste Kiasse.— Somit sei die Borent- scheidung aufzuheben und die gesetzmäßige Statutenänderung zu genehmige»._ Die Wahle» der Arbeitervertreter für unsere Sozialversicherung. Unter verhältnismäßiger Stille vollziehen sich gegenwärtig zum dritten Male die Wahle» der Vertreter für die unteren Ver- tvaltungsbehörden auf Grund des§ 62 des Jnvalidenversicherungs- gesetzes: der Ausschüsse und Vorstände unserer Versickzerungs- anstalten, der Beisitzer bei den Schiedsgerichten für Arbeitervev» sichsrung, der Vertreter zu den LandeSberffchecungSamtern,. dem ReichsversicheruiigZamt und den Berufsgenossenschaftcn zur Begut- achtung der llnsallverhütungsvorschriften. Die Wichtigkeit der Wahlen für die Arbeiter tritt schon äußerlich dadurch in die Er- scheinung, daß es sich dabei um zirka 7VM Arbeitervertreter für die unteren Verwaltungsbehörden, 3bv derartige Vertreter bei den Ausschüssen und 54 bei den Vorständen der Versicherungsanstalten, 4300 Arbeiterbessitzern bei den Schiedsgerichten, 250 Arbeiterver- tretern bei dem Reichsversicherungsamt und den Landesversiche- rungsämtern und 2200 Vertretern zur Begutachtung der Unfall- verhütungsborfchrifken, also rund 14 200 Personen, handelt. Ein ziemlich umfangreicher Apparat I Die Wahlen der Vertreter für die unteren Vcrtvaltungs- behörden, die in der Hauptsache von den Krankenkassenvorständen vorzunehmen sind, bilden gleichsam döe Urwahlen. Für sie be- stehen in allen Bundesstaaten Wahlordnungen, die meist die Vor- nähme der Wahl für die Zeit vom 1. Oktober bis 15. November vorsehen. Die Wahlen sind daher fast überall erledigt. Soweit sich bis jetzt übersehen läßt, sind sie vielfach nicht so günstig für die Arbeiterschaft ausgefallen wie das letftemal. Das liegt in letzter Linie an den ungünstigen Bestimmungen der Wahlordnungen. Diese räumen erstens für jene Versicherten, die keiner Orts-, Be- triebs- oder Jnnungskrankenkaffe angehören, den Gemeinde- behörden da? Wahlrecht ein, und zweitens bevorzugen sie in ganz auffälliger Weise die kleinen Betriebs- und Jnnungskrankenkassen gegenüber den großen Ortskrankenkassen. So haben nach der prcu- ßischen Wahlordnung jene Wahlkörper, die nicht mehr als 50 Ver- sicherte besitzen, eine Stimme; bei mehr als 50 haben sie zwei, bei mehr als 100, aber nicht mehr als 200, drei Stimmen. Für je loeitere 100 Versicherte kommt eine Stimme hinzu. Im Königreich Sachsen haben Wahlkörper bis 100 Versicherte eine Stimme, bei 100 bis 600 Versicherten zwei, bei 500 bis 1000 drei, bei 1000 bis 2000 vier Stimmen. Für je weitere 1000 Versicherte kommt eine Stimme mehr dazu. Aehnlich sind die Wahlordnungen in den übrigen Bundesstaaten. Es ist danach möglich, daß eine Anzahl kleiner Betriebs- und Jnnungskrantenkassen eine große Orts- krankenkasse mit weit mehr Mitgliedern, als jene Kassen zusammen haben, doch überstimmen kann. Dazu kommt noch, daß die Ge- meindebehörden, da sie ja das Wahlrecht mit besitzen, mitunter selbst Kandidaten vorgeschlagen haben. Mehr als früher sind auch lleberrumpelungen vorgekommen; so haben z. B. auf Veranlassung der Behörden Besprechungen der Kassenvorstände stattgefunden, bei denen man die Ortskrankenkassen ausgeschaltet hat usw. Im Königreich Sachsen verlegte man die Wahlen auf jene Tage, in denen die Wogen der Landtagswahlbewegung am höchsten gingen. Bei den zukünftigen Wahlen, die voraussichtlich unter anderen ge» setzlichen Einrichtungen stattfinden, wird die Arbeiterschaft recht- zeitig daraus bedacht sein müssen, solche Beschränkungen ihreS Wahlrechts zu verhindern.— Die gewählten Vertreter bei den unteren Verwaltungsbehörden haben in der Zeit vom 15. November bis 31. Dezember, nach Bezirken geordnet, zusammenzutreten und die Mitglieder der Ausschüsse der Versicherungsanstalten zu wählen. Tie Ausschüsse der Versicherungsanstalten nehmen sodann die Wahlen der Vorstände, der Begutachter der Unfallvcrhütungsvor- schristen und der Beisitzer bei den Schiedsgerichten für Arbeiter- Versicherung vor. Die Schiedsgerichtsbeisitzcr treten dann wieder, nach Bezirken geordnet, zu Wahlversammlungen zusammen und wählen die Arbeitervertreter für das Reichsversicherungsamt und die Landesversicherungsämter. Sämtliche Wahlen erfolgen auf die Dauer von 5 Jahren.— Die organisierte Arbeiterschaft wird gut daran hin, den nachfolgenden Wahlgängen die größte Aufmerksam- keit zu widmen, um vor Ueberraschungen gesichert zu sei». Unsere Gegner lassen kein Mittel unversucht, uns auch auf diesem Gebiete den Wahlerfolg und somit den Einfluß auf die in Betracht kom- Menden Institute und Körperschaften streitig zu machen. Es ist selbstverständlich� daß bei der Beratung der ReichSver- sicherungsordnung dies komplizierte Wahlverfahren wie bei den früheren Beratungen zu bekämpfen ist. Hus Induftne und Handel. Steigernuff der Zuckerpreise. Für den Monat Okiober standen im Vergleich zum Borjahre die an vier der wichtigsten Marktorte gezahlten Großhandelspreise für Rohzucker und für Raffinade pro Doppelzentner wie folgt Oktober Braunschweig .. Köln ..... Magdeburg ... Stettin .... Raffinade 1907 1903 1909 Rohzucker 1907 1 803 1909 18.17 19.20 ZI.8S—— 19,78 20,03 23,11 41,10 41,87 44,25 18,23 18,97 21,60 88,17 89,56 42,58 18,80 10,95 22,50 89,50 40,50 43.50 Während im ersten Quartal 1909 die Preise ungefähr auf der Höhe des Vorjahres standen, waren sie im zweiten Vierteljahr sogar niedriger als in der Bergleicdszeit des Jahres 1908. Im dritten Bierteljahr erfolgte dann der Umschwung infolge der Steigerung der Zuckerpieise im August. _ Die Preissteuerschranbe. Die Wurstfabrikanten Mitteldeutschlands beschlossen, wie die „Deutsche Fleischer-Zeitung" meldet, einen Aufschlag auf die Preise ihrer Waren»n erheben. Alles„wälzt" ab auf die Konsumenten. Dabei schwafeln die Untcrnehmerblälter fortgesetzt vom sozialen Aufstieg der Arbeiterklasse._ Ergebuisse der Fleischbeschau 1V0S. In einer besonderen Bei- läge zu den„Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheilsanites" werde» die vorläufigen Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleisch- »beschau im Jahre 1908 mitgeteilt. Tauglich befunden wurde» in ' Prozent der Schlachtungen: Der Gesundheitszustand des RtnderstapelS war mithin im vorigen Jahre, mit Ausnahme von 1905, am schlechtesten, bei Schafen nicht besonders, bei Schweinen gut. J,ismnten-Berei«ig»»g, Der„Zeitungs-Verlag", das Organ des Vereins der Deutschen (bürgerlichen) ZeitungSverleger. beschäftigt sich in seiner Nummer vom 26. November mit der Jnserenien-Vereinigung, die vor einiger Zeit von Großinserenten gegründet worden ist. Der Berein will die Interessen der Inserenten gegenüber den Zeitungen»nd Annoncen-Expedilionen vertreten. Er beschäftigt sich in einem streng vertraulichen Zirkular, das der„Zeitungs- Verlag" zu veröffentlichen i» der Lage ist, mit den Mißständen im Annoncen- /und Ncklamewesen. Viele Zeitungen geben einzelnen Inserenten Sondervelguustigungen, die andere» nicht ge- währt werden, und machen über die Höhe der Auslage unrichtige Angaben. Die Annoncen-Expedilionen nehmen das Interesse ihrer Auftraggeber nicht in wünschenswerter Weise wahr, indem sie über die von ihnen vertretenen Zeitungen ungenügende oder unvoll- ständige AuStüiifte erteilen. Die Jnserenten-Vereinigüng will diese Mißstände durch den Zllsammenschluß der Inserenten, durch Errichtung ei»er AusktinftSstelle über die Jnsertionsorgane und eventuell durch den Boykott widerspenstiger Zeitungen beseitigen. Auch wird die Errichtung einer eigenen Auuopceu- Expedition erwogen. Man darf ans de« Verlauf des Kampfes zwischen den kapitalmächtigen Großinserenten und der Organisation der bürgerlichen Zeitungsverleger gespannt sein. Tatsächlich bestehen auf dem Gebiete des Jnseratenwesens die gröbsten Mißstände. Daß aber die Jnserenten-Bereinigung, die»IS kapitalistische Organisation ihr Hansttbestreben auf das Herabdrücken der Jnsertionspreise richte», und versuchen wird, die bürgerliche Presse ganz in ihre Gewalt zu, bekommen, diese Mißstände beseitigen wird, ist nicht anzunehmen.■ Die bürgerliche Preßkorruption ist an ihre Ursache, die kapitalistische Wirtschaftsweise, gebunden, erst mit dieser wird sie verschwinden. Trustgcwinn. Der Unwille gegen die amerikanischen Trust-- Magnaten, die durch die Vertrustung der notwendigsten Lebens- bedürsnisse die Existenzmöglichkeit des kleinen Mannes außer- ordentlich verteuert haben, wächst immer mehr. In New Dork hat sich ein„VolkSinstitut" gebildet, das Unlerfttchungen über die Teuerung anstellt. Der Vorsitzende deS Instituts erklärte in einer großen Versammlung, nicht Angebot und Nachfrage regelten den Markt, sondern einzig und allein die Willlnr der Trustmaanaten. Die Armonrgesellicbast, die den größten Teil deS Fleisch- bedarfes der Bevölkerung der Vereinigten Staaten kontrolliere, habe im vergangenen Jahre nach Abzug sämtlicher Steuern, Ausgaben und der Zinsen, die sie für ihre laufenden Verbindlichleiten und ihre Obligationen zu zahlen habe, die horrende Summe von nahezu 80 Millionen Mark verdient. Dies sei eine Verzinsung von 85 Proz. ihres Aktienkapitals. Eine der- artige Verzinsung habe selbstverständlich nur auf Koste » der Kasse des kleiueu Mannes erzielt werde» können. Die Wirtschaftslage in'der Schweiz . Die wirtschaftliche Lage in der Schweiz bei Beginn des Winters zeigt kein einbeilliches Bild. Die bedeutende Stickereiindustrie der Ostschweiz ist gut beschäftigt, die Uhreninduslrie in der Schweiz dagegen nicht, obschon eine leichte Besserung gegenüber dem Tiefsland im letzten Winter eingetreten ist. In der Maichinenindnstrie besteht zum Teil Belriebseinschräntung; so wird in einer großen Fabrik mit dem freien Sonnabendnachmittag nun auch am Vormittag nicht gearbeitet, so daß der Betrieb am ganzen Sonnabend eingestellt ist. Wie bescheiden die im allgemeinen eingetretene wirlichaftlichs Besserung ist, läßt auch die nur kleine Erhöhung der Zoll- einnahmen von 50,83 aus 51,66 Millionen Frank, um 827 767 Fr., in den ersten drei Quartalen 1908 bezw. 1909 erkennen. Die Lage der Arbeiter ist unbefriedigend, namentlich im Hinblick a»r die von den Bauern unter der Führung ihres Selretärs Dr. Bur nach dem schlechten Vorbild des deutschen Bundes der Landwirte fortwährend betriebenen Preissteigerungen, die zuletzt eine Erhöhung des MilchprciseS von 22 auf 24 Cts. pro Liter brachte, was eine neue Plünderung der Konsuinenten durch die unersättlichen Agrarier und Lebensmittelwucherer um Millionen von Franken jährlich bedeutet. Auf dem Arbeitsniarkte kamen im Oktober auf hundert offene Stellen für Männer 128,2 Arbeitsuchende gegen 121,7 im September. Die Winteraussichten sind für die Arbeiter in der Schweiz wenig hoffnungsvoll._ Krise und Arbeitslosigkeit in Oesterreich . Dieser Tage fanden in Wien große Metallarbeitervcrsammlungen statt, die sich unter anderem mit den Arbeiterenllassiingen in der Lokomotivbauindustrie befaßten. Wie in der von 10 000 Metallarbeitern besuchten Wiener Versammlung, die in und vor dem Rathaus tagte, Reichsrats« abgeordneter Genosse Beer mitteilte, hat sich der Arbeilerftand der drei niederösterreichischen Lokomotivfabriken um 1262 Personen vermindert, die Fabriken haben nur mehr aus ganz kurze Zeit Auiiräge. DerAbiatzdcs Eisentartells ist in den ersten 10 Monaten 1009 um 604 703 Meterzentner geringer gewesen als im gleichen Zeitraum 1908. Wenn das so anhält, geht der Elsenkonsum bis Jahresschluß um 7 Proz. zurück. Und dieser Arbeitsinangel bei der furchtbaren Teuerung! In den k. k. Tabakfabriken war der Durchschnittslohn 1800: 346.57 Kr., das pro Kops erzeugte Quantum war 4928 Kr. wert. 1900 waren die VerhältniSzahlen zwiichen Verdienst und Produktionswert 466,71 und 5810 Kr., 1907 aber 613 und 6589 Kr. Der Lohn betrug 1890 14.41 Proz., 1900 12,74 Proz., 1907 10.74 Proz. des ProduktenweneS I Roheisenproduktion: Löhne u-a Beamtengehälter betragen 34 Heller oder 5,15 Proz. der Ge- stehunoSkoslen und 3.0 Proz. von den Verkaufspreisen. Dabei stieg die Arbeitsintensität ganz kolossal, pro Hochofen von 4080 Tonnen in 1879 aus 89 64jj Tonnen in 1908. Ganz ähnliche Verhättniffe ergibt die Statistit deS K o h l e n b e r g b a u e s, wo die Löhne in Prozenten des Melerzentnerpreises von 19.85 Proz. in 1002 auj 13,23 Proz. in 1906 gefallen find, während der Kohlenpreis ganz ungeheuerlich hinausgetrieben wurde und heute schon fast 2 Krone» pro Meterzentner beträgt! Das Parlament erörtert„nattonale" Fragen, und wenn es albeiten wird, werden neue Steuern und neue Rüstungen bewilligt werden! )Zug der frauenbe�egung. »Die HLnSliche Erziehung" lautete das Thema des 3. Eyckus- vortrages, den Genosse Heinrich Schulz am Mittwoch, den 24. No» vember, im„Verein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse" hielt. Alle bürgerlichen Pädagogen— so begann der Referent seine Ausführungen— verherrlichen noch heute die Familie als einen Hauptsaktor der Erziehung. Für frühere Zeiten, so noch für das Zeitalter Pestalozzis oder des Hallenser Pädagogen Niemeyer war das sehr viel zutreffender als für die Gegenwart. Will man unter unseren heutigen wirtschaftlichen Zuständen noch der häuslichen Er- ziehung einen hohen Wext beimessen, so zeugt das nur von Un. wissenheit oder Selbstbetrug. Denn das häusliche Leben hat sich völlig gewandelt, wie die Familie selbst sich gewandelt hat. lieber- blicken wir noch einmal die geschichtliche Entwickelung, so finden wir unter der Herrschaft des urwüchsigen Kommunismus weder Einzel» ehe noch Einzelfamilie. Die Erziehung der Kinder, die der Ge-, samtheit zugehörten, war damals in ihrer Art eine freie und gute. Mit der Herrschaft der Einehe in späterer Zeit tritt darin eine be» deutende Aenderung ein. So in Griecktenland, wo die Stellung der Ehefrau und Mutter gesellschaftlich eine sehr untergeordnete war und im alten Rom , wo die Geivalt des Familienvaters, wenngleich unter höherer Achtung der Mutter in der Famiii« eine fast grenzen- lose wurde. Die typisch« Zeit des starken häuslichen Einflusses in der Erziehung ist die Epoche des Mittelalters mit seiner Varherr- schaft des Kleinhandwerks. Durch praktische« Beispiel, von Stufe zu Stufe vorschreitend, erlernten die Kinder im Hause vom Vater das Handwerk, den, auch sie sich dann widmeten, wie der Schwerpunkt des ganze» Lebens damals wirklich im Hause lag. Diese Zustände zu erneuern, ist denn auch noch jetzt das Ideal aller Neaktionärr. aber ein unerfüllbares Ideal. Heute scheidet sich die Gesellschaft in allen Kulturländern in zwei scharf getrennte Klassen: in Besitzende und Besitzlose. Durch die Form, welch« die menschliche Prodiiktionsarbeit angenommen hat. geht der Zusammenhalt der Familie, insbesondere im Pro- letariat, mehr und mehr verloren. In der an Zahl stetig an- wachsenden Klasse der gewerblichen und Fabrikarbeiter steht der außerhalb deS Hauses schaffende Vater kaum mehr seine Kinder und steht so ihrem Leben vollständig fern. Aber auch die Mutter ist dem Heim in zahlreichen Fällen entrissen, denn der Kapitaiis- mus zieht auch die Frau in immer steigendem Maße in den Pro- duktionsprozetz hinein. Nach einer 1809 aufgenommenen Enquete zählte man bereits gegen 000 000 gewerblich tätige Frauen, zu denen die in der Landwirtschaft beschäftigten hinzuzurechnen wären, daneben die große Zahl von Frauen, deren Ertverbsarbeit durch die Statistik nicht erfaßbar ist. Allerdings finden wir in der Hausindustrie auch heute noch einen bedeutenden Bruchteil gewcrb» lich arbeitender Proletarier im eigenen Heim tätig; doch liegen für die Heimarbeit die Bedingungen für die Erziehung der Kinder fast noch ungünstiger. Dazu kommt die Unsicherheit der Existenz in der Proletarierfamilic— jeden Augenblick kann der Vater cirbeiislos werden— und die niiserabsen Wohnverhältnisse. Die Kinder selbst werden bereits im zarten Alter der Erziehung entzogen, um durch gewerbliche Mitarbeit aller Art zu dem kargen Verdienst der Eltern beizutragen. Nach der Berufszählung von 1805 waren allein 200 000 Kinder im Hauptberus gewerblich tätig, nach einer
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