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pumpten Holzschuhen ist den Arbeitslosen im Schnee geholfen, sondern mit anständig bezohlter, dauernder Arbeit. SparsamkritsfaiiatiZmus bei der Eisenbahn . Mit der Bitte um Vervssentlichung geht uns folgendes Schreiben zu: Am vergangenen Sonnabend benutzte ich in einem Coupü 4. Klasse den Personenzug, der früh um 7,47 von Görlitz nach Berlin fährt. In Görlitz mar das Coupa schön angenehm durchgewärmt. Nach etwa einstündiger Fahrt der gug hatte Weitzwasser verlassen bemerkte ich, daß eS im Coupo außerordentlich kühl wurde. Ich faßte an da-Z HeiznngSrohr, es war kalt. In Spremberg machte ich den Schaffner auf diese Tatsache aufmerksam und der Mann brummelte etwas vonschon wärmer werden". EZ wurde aber im Gegenteil immer kälter in dem Coupö und als der Zug in KoltbuS einfuhr, herrschte in dem Raum eine geradezu eisige Temperatur. Eine nochmalige Beschwerde beim Schaffner war, wie ich bald bemerken konnte, wieder ohne Erfolg. In Vetschau bemerkte ich, daß Schaffnerwcchsel eingetreten war und ich forderte nun den neuen Schaffner energisch auf, für Abhilfe zu sorgen. Ich erhielt zur Antwort, daß eS gleich wärmer werde. Aber erst nach weiterer Fahrt von W Minuten konnte ich mich überzeugen, daß jetzt erst das Ventil aufgedreht wurde und der Dampf in die Rohre zischte. Nachdem ich so gezwungen worden war, zwei Stunden lang in einem völlig ungeheizten Coupä zuzubringen, hatte ich das Vergnügen, die letzte Stunde bis Berlin warm zu sitzen. Wenn ich aber geglaubt hatte, diesen Effekr durch meinen Protest erreicht zu haben, so kannte ich die preußische Bahnverwallung schlecht. Nachträglich nämlich siel mir ein, daß von Weißwasser bis Lubben nur sehr wenig Leute im Coupä waren, mitunter nur zwei. Von Lubben ab aber füllte sich derZWagen zusehends mit nach Berlin strebenden Reisenden. ES war also klar, daß in den Zonen, die weniger Verkehr ausweisen, mit Wärme gespart wird, für den Reisenden in dieser Jahreszeit eine geradezu brutale Methode. Eine Liebestragödie spielte sich am Sonntag früh in einem Hotel in der Jnvalidenstraße ab. Der 25 Jahre alte Nachtpförtner Gustav Gerull, der bei seiner Schwester in der Kastanienallee 89 wohnt, hat seit sechs Monaten ein Verhällnis mit der 19 Jahre alten Tochter Gertrud des Töpfermeisters Ditmer aus der Linien- ftraße 24, die in einer Schürzenfabrik in der Brnnnenstraße arbeitet. Die Eltern des Mädchens waren gegen eine Verbindung. Die D. wollte aber von ihrem Geliebten nicht lassen und lieber mit ihm sterben als ihn aufgeben. Sonnabend abend kehrten die Verliebten um 9 Uhr in der Jnvalidenstraße als Ehepaar Gurellc ein. Sonntag früh um 5 Uhr wurde der Hausdiener durch schweres Röcheln au ihr Zimmer aufmerksam, öffnete und fand beide bewußtlos auf dem Sofa liegen. Sie hatten sich mit Zyankali vergiftet und wurden in bedenklichem Zustande nach der Charitä gebracht. Dort ist G. der Wirkung des Giftes erlege». Acht Tage tot in seiner Wohnung gehangen hat der 5« Jahre alte Maschinenwärter Julius Schade in der Gartenstr.(50. Der Manu litt an Schwermut, seitdem ihm vor einem Jahre seine Frau nach 28 jähriger Ehe gestorben war. Wiederholt äußerte er, daß er auch gern dort sein möchte, wo sich seine Frau befinde. Es kam nun noch hinzu, daß er seit einiger Zeit keine Stellung mehr hatte. Vergeblich suchte er auch außerhalb Berlins neue Beschäftigung. Seil acht Tagen hatte man ihn nicht mehr gesehen. Gestern wollte sein Schwager ihn besuchen, fand aber keinen Einlaß. Er stieg nun von dem gemeinsamen Balkon des FlurnachbarS ein, nachdem er eine Scheibe zertrümmert hatte und fand ihn an der Kammertür hängen. Ein Arzt stellte fest, daß er schon acht Tage tot war. Befremden erregte eS gestern unter Kraftwagcnfiihrern, die auf dem Hofe des Esplanade-Hotels auf Fahrgäste warteten, daß ein Schutzmann erschien und Namen und Adresse eines Chauffeurs notierte, um ihn zur Anzeige zu bringen. Der Schutzmann steht auf dem Standpunkl, daß das Halten von Kraftwagen auf dem Hofe des Efplauade-Hotels unzulässig ist. weil dadurch die Wagen dem öffentlichen Verkehr entzogen würden. Nun besteht aber seit einem Jahre der Zustand, daß nach einer Vereinbarung der Bedaggesellschaft mit der Direktion des Esplanade-Hotels Bedogwagen auf den Hof des Hotels fahren und dort Fahrgäste ausnehmen. Ob und inwieweit die Hoteldirektion hierzu eine polizeiliche Zustimmung eingeholt bat, entzieht sich der Kenntnis der Kraftwagenführer; jedenfalls ist ihnen feit einem Jahr von keinem Polizeibeamlen eine Vorhaltung gemacht worden, obwohl der Polizei diese Einrichtung nicht unbekannt geblieben ist. Es entbehrt nicht eines besonderen Interesses, daß an der Bedaggesellschaft und an dem Eiplanade-Hotel ein und die« selbe Bankfirma beteiligt ist. Fcuerwehriericht. Am Sonntag nachmittag um 4 Uhr kam in der städtischen Gemeindeschule in der Dunckerstr. 03/66 Feuer aus, das den Fußboden, die Balkenlage mit dem Zwischcngebälk ergriff. Der 3. Zug auS der Oderberger Straße laschte die Flammen. BöSwilligerweise wurde der 13. Zug nach der Luisenstr. 53 nachts um 2 Uhr gerufen. Der Täter ist unerkannt entkommen. Decken, Stoffe, Polstermalerialien, Fußboden, Türen usw. wurden in der Kleinen Frankfurter Straße 5 ein Raub'der Flammen, die in einer Tapezierwerkstatt im Keller des HaufeS ausgekommen waren. In der Bülowftr. 61 brannten Fußböden mit Balken und im dritten Stock des zweiten OuergebäuveS in der Christburger Straße 5 Betten, Kleider und Möbel. Ferner liefen Alarme aus der Paulstr. 12, Sparrstr. 18. Bornholmer Straße 2, Unter den Linden und anderen Stellen ein._ Vorort- JVadmcbtern Charlottenlmrg. Zu den Entlassungen in der Charlottenburger Parkvemaltung wird uns noch folgendes berichtet: Dem im letzten Jahre gewählte» ArbeiterauSfchuß war auf eine Eingabe an die Verwaltung zu- gesichert worden, daß. wenn im Winter wegen ArbeitSmangel Hilfs- arbeiter entlasten werden müßten, zuerst nur jüngere unver- heiratete Arbeiter refp. Hilfsgärtner entlassen werden sollten. Demungeachtet wurden am Freitag, den 19. November, fast alle nicht festangestellten Arbeiter und Hilfsgärtner, verheirate te und u n- verheiratete, auf Veranlassung deS Herrn Inspektors Neßler plötzlich entlassen, nur zwei unverheiratete Ausländer, Schweden , waren nicht entlasten worden. Deshalb wurde der Arbeiteransschutz bei dem Dezernenten Herrn Stadtrat Stendel am Sonntag, 21. November, vor- stellig. Derselbe erinnerte ihn an die oben wiedergegebene Zusicherung. Das gab der Herr Stadtrat auch fu und versprach. da ihm ver- sichert wurde, daß noch genug Arbeit vorhanden ist. den Inspektor zu veranlassen, zunächst alle Verheirateten wieder, einzustellen und möglichst auch einen Teil der Unverheirateten. Aber der Inspektor stellte am Dienstag von den 38 Entlassenen nur 8, nämlich 5 Ver- heiratete und 3 Unverheiratete ein. Dem Herrn Stadtrat wurde noch dargelegt, daß der Inspektor nur die ihm nicht genehmen älteren Arbeiter abschieben wolle, und daß diese Art Sparsamkeit nicht im Interesse der Stadt liege. Von den im letzten Jahr neu gepflanzten Straßenbäinnen seien mehrere Hundert wieder eingegangen, weil sie in mangelhaft behandelten Kompost gepflanzt waren und-ans Mangel an Arbeitern nicht genügend gegossen werden konnten. Sehnlich seien aus falsch angebrachter Sparsamkeit des Herrn Inspektors bei der Anstellung von Arbeitern noch andere große Ver- luste entstanden. Auch wären weder in Berlin noch in einem anderen Vorort bis jetzt von den Parkverwaltungen Entlassungen vorgenommen worden. Nur die Tiergartenvcrwallunq habe es auch getan. Die übrigen 30. darunter etwa die Hälfte Verheiratete, die schon mehrere Jahre beschäftigt waren, wurden kurz abgewiesen, weil er nicht mehr Hilfskräfte brauche und die noch vorhandenen Arbeiten von den Festangestellten allein besorgt werden könnten. Auch feien die Mittel der Verwaltung erschöpft; vom Magistrat sei angeordnet, daß bei Anstellung von HilfSarbeilcrn nur mit äußerster Sparsam- keit verfahren werden solle. Hiergegen trat man noch einmal mit einer Vorstellung an Herrn Stadtrat Stendel, aber erfolglos. Wohl war der Herr erstaunt darüber, daß der Herr Inspektor nicht alle Verheirateten wieder angestellt habe; er versprach. deshalb nochmals mit dem Herrn Inspektor zu sprechen. Allerdings fei vom Magistratsdirigenten allen Verwaltungs- zweigen aufs strengste eingcfchärN worden, daß bei Anstellung von Hilfsarbeitern nur mit größler Sparsamkeit verfahren werden solle. So scheut sich die Spitze der reichen Stadt Charlottenburg nicht, Arbeiter bei Beginn des Winters aufs Pflaster zu werfen, um einige Mark Loh» sparen zu können, während sie Millionen für unnötige Prnnkbauten, wie die Charlottenburger Brücke, Denkmäler usw. aus- gibt, um nur der Prunksucht hochgestellter Persönlichkeiten angenehm ins Auge zu fallen. Lichtenberg . Jakob auf der Leiter. Wie nunmehr bekannt wird, ist in der Ausschaltung deS früheren Stadtverordnetenvorsteher-Stellvertreters Fabrikant Hirsch auch eine empfindliche Niederlage des Stadt- verordnetenvorstehers Herrn Plonz vcrfchachlelt. Herr Plonz, bisher der eigentliche Spiritus rector der bürgerlichen Fraktion im Rathaufe, wollte den Herrn Hirsch nicht fallen lassen. Er hatte auch den Erfolg, trotz deS Herrn Schachtels Widerspruch, tirsch als Stadtveror dnetenkandidat proklamiert zu sehen. Herrn chachtels Arm reichte aber über den formalen Rahmen hinaus, und seine politische Moral war kein Hindernis für da« Spielenlassen gewonnenen EinfluffeS. Er arbeitete unter der Hand dem Willen des Herrn Plonz und der offiziellen Stellungnahme deS bürgerlichen Wahlausschusses dem er übrigens selbst angehörte eingege», nominierte selbstherrlich eine Kandidatur Plothen . Am Wahltage stellte er sodann zwei Autos in den Dienst seiner Sonder- Politik. Das alles hätte aber wohl noch nicht zum Ziele gesührt, einegeschickte" Hand griff korrigierend und erfolgreich ein. Den Wählern ging«ine gedruckte Aufforderung des Wahlausschusses zu, die auch die Namen der offiziell aufgestellten Kandidaten enthielt. In dem Verzeichnis war jedoch nachträglich der NameHirsch" ausgestrichen und handschriftlich durchPlothen " ersetzt. Etwas weniger weitherzige Menschen als die Hirschjäger werden in solcher Mache eine Fälschung erblicken. Erfolgspolitiker lassen sich aber von dergleichen morali- scheu Zwirnsfäden nicht aufhalten und Herr Schachtel erfreut sich deS gewouiienen Sieges. Wäre an Stelle des Herrn Hirsch der Herr Plonz als Stadtverordneter ausgelost worden, dann hätte das folg- same Glück den Herrn Schachtel vielleicht noch auf eine höhere Stufe gehoben. Im Büigerverein hat des cmporkletternden Herrn Geschick Be wunderung hervorgerufen; ailscheinend stehen ihm hier noch be- sonder« Ehrenbezeugungen bevor, d. h. wenn man sie nicht auf höheres Kommando unterläßt. Jugcndausschuß. Heute abend pünktlich 8'/3 Uhr hält Genosse Dllwell im Lokal von Pickenhagen, Scharnweberstr. 30, einen Vortrag überDie wirtschaftliche EntWickelung Deutsch . l a n d S". Eintritt frei. Getränke werden nicht ausgeschänkt. Parteigenossen und Genossinnen, ermahnt die Jugend, an unseren Veranstaltungen teilzunehmen. Rixdorf. Bestellungen für Zeitkarten der Großen Berliner Straßenbahn für das Jahr 1910 werden in Rixdorf. bei H. Joseph u. Co.. Berliner Str. 54/55, von heute bis zum 15. Dezember entgegen­genommen. Auch findet der Markenverkauf vom 28. des einen bis zum 5. deS anderen Monats statt. Weiftensee. Aus der Gemeindevertretung. Vor Eintritt in die Tages- ordnung wurden zunächst drei Erklärungen erledigt. Der Ge- meindearzt Dr. Dyrenfurth fühlte sich beleidigt durch einen Ar- tikel imWeißenscer Tageblatt" über die Art seiner Hausbchand- lung der Kranken. An seiner Tür befand sich ein Zettel mit folgender Inschrift:Bestellungen für Besuche werden nur in der Sprechstuudenzcit gegen Vorzeigung deö AlmosenbuchcS oder Armenscheines entgegengenommen." Hieran schloß sich eine Kritik über das Gemcindearztsystem und ferner über das Liquidieren zu hoher Spesen bei s rttgefundenen Reisen nach der Ferienkolonie Birkholz. Der Gcmeindearzt verteidigte sich damit, daß er den Auftrag habe, nur gegen Vorzeigung der angeführten Legitima- tionen eine Behandlung vorzunehmen, in den Sprechstunden fei er doch am besten zu haben, da er außer mit den Armen auch noch als Schularzt und in der SäuglingSfürsorge zu tun habe. Der be- wußte Zettel sei inzwischen beseitigt. Was die Liquidation in Höhe von 39 M. für eine Reise anbetrifft, so sei darin ein Fahr- acld von 18 M. enthalten, da er für einen schleunigen Fall einen Taxameter nehmen mußte. Er getraue sich sein Gehalt von 5900 M. noch mit Privatpraxis zu verdienen und er würde seinen Posten niederlegen, wenn die Angriffe nicht aufhörten. Der Vorsitzende nahm den Gemeindearzt in Schutz; auch hrelt er das Gemeindearzt- system als anerkennenswert, da bereits mehrere Vororte sich diesem angeschlossen haben und noch anschließen werden. Gemeindevertreter Mewes hatte folgende Beschwerde: In der letzten Sitzung des HauS- und Grundbesitzervereins sei von einer Seite erklärt worden, daß ein Mitglied der Gemeindevertretung bei dem Ankauf des Elektrizitätswerkes verdient habe; er halte es für angebracht, daß die Angelegenheit amtlich untersucht werde. gegen solche Verdächtigungen müsse man den Schutz deS Gemeinde- Vorstandes anrufen. Der Vorsitzende versprach auch hier, die nötigen Schritte einzuleiten. Eine ausgedehnte Debatte schloß sich der Erklärung an, die der Gemeindevorsteher Dr. Wölck bereits in der Finanzkommission zur Erörterung gebracht hatte. Ein Herr Köhler hatte in einem Zeitungsartikel behauptet, die Gemeinde habe beim Verkauf des Niesellandes an den Tiefbauunternehmer AllerS 1 1% Millionen Markverschenkt". Das Nieselland sei zum Preise von 12 899 resp. 13 599 M. pro Morgen verkauft, während fünf Monate früher daS in der Nähe gelegene Rennbahngelände mit Gebäuden usw. für 11 999 M. pro Morgen veräußert worden ist. mithin sei die Köhlersche Behauptung als unverständlich zu bezeichnen. Ueber- Haupt solle der Bürgermeister dem Allers mit Uebertragung von Tiesbauarbeiten sowohl wie auch bei Beschaffung von Geldmitteln behilflich sein. Auch würden der Sohn und Schwiegersohn mit Arbelten behacht; Allers gehe beim Bürgermeister aus und ein und habe zu seinem Dienstzimmer stets den Vortritt. Alle diese Be- hauptungen rügte der Gemeindevorsteher als böse Verleumdungen und berief sich aus die betreffenden Verhandlungen in den Kam- Missionen. Solche Angriffe und Mitteilungen bezweckten, daS An- sehen deS OrteS und setner Verwaltung aufs höchste zu schädigen. Alle Diskussionsredner nahmen obige Angriffe als schwere Beleidi- gungen auf. Genosse Fuhrmann kennzeichnete dieses Gebaren des Köhler als vom Standpunkte der Terrainspekulanten aus, der als gewiegter Geschäftsmann gelten wolle, von einem Gewiegteren anscheinend aber reingelegt worden sei und nun zu seiner Recht- fertigung die Oeffentlichkeit benutzte, um sich reinzuwaschen, was ihm leider bei einem großen Teil der HauS- und Grundbesitzer gelungen sei. Seinen Hausbesitzerkollcgen fehle es an Mut, solchen Angriffen auf frischer Tat entgegenzutreten. Natürlich verwahrten sich die Hausbesitzer dagegen; Herr Könitz, als Vorsitzender deS Hausbesitzervereins, erklärte, die Sache erst genau untersuchen zu wollen, um dann seine Erklärung abzugeben. Nach zweistündiger Debatte kam mau dann im Eiltempo zur Erledigung der Tagesordnung. Eine ganze Reihe Wahlen für die Armenkommission. Einschätzungskommission usw. fanden nach dem Vorschlage des Wahlausschusses ihre Erledigung. Dem kirchlichen HilfSvercin wurden 399 M. als Beihilfe zur Anstellung eines Krankenpflegers und dem Jugendschristcnausschuß des Lehrer- Vereins 59 M. zur Bekämpfung der Schundliteratur bewilligt. Außerdem wurde der Ankauf von 44 Mvrgen Land in Birkholz zum Preise von 459 M. für den Morgen beschlossen. Pankow . Eine nnposante Volksversammlung, in der Genosse Dr. Karl Liebknecht über»Die politische Lage" referierte, tagte am Mittwoch im größten Lokale Pankows. Etwa 1599 Personen lauschten dicht gedrängt im Ebersbachschen Saale dem zweistündigm trefflichen Referate. Insbesondere kennzeichnete der Redner den jetzigen Reichskanzler, den eine seile Presse als Philosophen beweih- räuchere; er zeigte an der Hand von Beispielen, wie gerade dieser jetzige Reichskanzler schon als Regierungspräsident alle Gesetzlosig- keilen mit seinem Namen gedeckt habe. Treffend glossierte Liebknecht den Zuhörern die unerhörte Art. in der Preußen regiert werde, be- sonders an dem Verhalten des Militärs im Mansselder Streikrevier. Bei Erörterung de ? Wahlrechtskampfes in Preußen forderte er eine kluge, aber energische Taktik. Stürmische Zustimmung fand der Referent, als er sich entschieden gegen einzelne Genoffen in unseren Reihen wandte, die, eine Verbindung mit dem Bürgertum suchend. unsere prinzipielle Taktik und Stellungnahme durch eine EinlullungS« Politik zu verwischen suchen. Redner forderte in begeisternder Weise zum Schluß zur Mitarbeit, zur Organisation, zum Lesen unserer Presse auf und schloß unter dem minutenlangen Beifall der Ver- sammelten, die sich unter dem Gesänge der Arbeitermarseillaise trennten. Diese Versammlung hatte für die Organisation einen erfreulichen Erfolg. Potsdam . Mit der Frage der Verwendung städtischer Gelder zur Sanierung des Rohde scheu BauunternehmcnS beschäftigte sich die letzte Stadtverordnetensitzung. Rohde hat die ehemals Stiefschen Wiesen der Bebauung erschlossen und darauf jetzt 29 größere Wohnhäuser erbaut; das unbebaute Gelände ist ihm bereits im Vorjahre von der Stadt zum Preise von 859 999 M. ab­gekauft in der Absicht, dadurch das Unternehmen wieder finanziell zu sichern. Außerdem sind der Firma im Lause der Jahre besondere Vergünstigungen gewährt(Zuschuß zu den Straßenregulierungskosten, Erlaß von Expropriationskosten usw.), alles ohne Erfolg. Der Magistrat beabsichligt nun, mit Hilfe städtischer Gelder eine Sanierung herbei- zuführen und legte der Versammlung zwei Vorschläge vor. Nach dem ersten sollten einer Gesellschaft 299 999 M. aus dem Reserve- fondS deS Elektrizilätöwerkes und des Wasserwerkes zur Verfügung gestellt werden. Mit Zuhilsenahme dieses Kapitals und den Miels- Überschüssen sollten die Schulden gedeckt werden. Bei genauer Rech- nung stellte sich aber heraus, daß die Verwaltungskosten höher waren als die Ueberschüsie. Die Versammlung lehnte den Borschlag ab. Nach dem zweiten Vorschlag sollen fünf Potsdamer Gläubigern aus dem Kapitalvermögen der Stadt 39 999 M. zur Verfügung gestellt werden, davon 89 999 M. zinsfrei und 39 999 M. gegen 4 Prozent Zinsen; für die letzteren sollen die Gesellschafter die persönliche Haftung über- nehmen. Außerdem sollen die Gesellschafter von anderer Seite 59 999 M. aufnehmen. Von diesem Geld« sollen dann die übrigen Gläubiger mit 29 Proz. abgefunden, sowie 39 909 M. vorberechtigte Forderungen beglichen werden und 30999 M. als Betriebsfonds dienen. Don den Mietsüberschüsien sollen die geliehenen Gelder zurückgezahlt und die fünf Gläubiger ihre Forde- rungen innerhalb zehn Jahren voll gezahlt erhalten. Ein großer Teil der Stadtverordneten wollte sich überhaupt mit dieser SanierungSoktion auf Stadtkosten nicht einlassen. Schließlich nahm man mit 18 gegen 15 den Vorschlag an, dem- zufolge den fünf Gläubigern 30 999 M. zu 4'/3 Proz. gegen pcrsön» .liche und solidarische Haftung der Beteiligten und gegen Verpfändung ausgleichender dinglicher Sicherheit geliehen werden sollten und be- stimmte zur Prüfung der Sicherheiten einen Ausschuß. Bei Be- ginn der Sitzung lam der Oberbürgermeister Vosberg auf die Unter- stellungen und Verdächliguiigen einerFreien Bürgcrversammlung" anläßlich der Stadtverordnetenwahlen zurück. Er selbst hatte bei der schwierigen Lage der Firma eine Garantie für eine Hypothek von 30999 M. übernommen und der Bürgermeister Rodig hatte für Verwandte zwei abgelöste Hypotheken zu je 5999 M. über­nommen. Gegen die Verleumder hat der Magistrat Strafantrag gestellt. Zur Beschäftigung von Stadtarmen bei der Straßenreinigung wurden 4909 M. zur Verstärkung der jetzt schon verbrauchten Etatsmittcl bewilligt. DaS ist die ganze soziale«rbeitS- losenfürsarge. Nur diejenigen Arbeitslosen, die sonst der Arme»»- pflege anheimfallen, werden im Winter bei einem unverhältniS>i mäßig niedrigen Lohn von der Sladt beschäftigt. Da ist eS denn auch erklärlich, daß im vorigen Winter fast kein organisierter Arbeiter PoisdamS bei den eingerichteten NotstandSarbeiten der Stadt Be» schäftigung fand. Diese beiden Vorlagen der einen Stadt- verordnetensitzung zeigen schon de» sozialen Geist einer fast aus« schließlich konservativen Stadtverordnetenversammlung. Die Stichwahlen zur Stadtverordnetenversaminlung zwischen unseren Genossen Staab. Stoof und Lindemann und den Bürgerlichen sind auf Dienstag, den 14., und Mittwoch, den 15. De- zember, anberaumt. In der ersten und zweiten Abteilung sind die vom konservativen Neuen Wahlverein nominierten Kandidaten gc- wählt. Eine Gegenliste brachte eS nur auf 33 Stimmen. In der ersten Abteilung hat man den bisherigen Stadtv. EnderS. der sich durch seine Opposition unbequem gemacht hat, noch am Tage der Wahl fallen lassen und dafür den in der dritten Abteilung zur Stich- wähl stehenden Stadtv. Töpfer gewählt. Siowawes. Geradezu vorsintflutliche Bcrhältniffe in bezug auf Straßen- relnigung, die sich besonders bei dem jetzt herrschenden Schmutz- Wetter in recht unangenehmer Weise fühlbar machen, herrschen noch im Neuendorfer Ortsteil. Neuendorf hatte vor seiner Einver- leibung in Nowawcs kein OrtSstatut über Straßenreiniguna, so daß es jedem Grundbesitzer überlassen war, die Straße vor semein Grundstück zu reinigen oder nicht. Bei der Einverleibung Neuen- dorfs in NowaweS war der Gemeindevorstand letzteren OrteS nun der Meinung, daß daS Nowaweser OrtSstatut über die Straßen- rcinigung auch für den eingemeindeten OrtSteil Geltung habe. Diese Ansicht ist aber nunmehr durch gerichtliche Entscheidung, welche ein Neuendorser Hausbesitzer herbeigeführt hat, als nicht zu Recht bestehend anerkannt worden. Die Wegekommission beantragte deshalb in der letzten Gemeindevertretersitzung einen Nachtrag zum Ortsstatut, wonach auch die Neuendorser Grundbesitzer verpflichtet werden, für die Straßenreinigung in derselben Weise zu sorgen. wie es im Nowaweser Ortstcil üblich ist. Dieser Antrag wurde von mehreren Vertretern, die in Neuendorf Hausbesitzer sind, leb- Haft bekämpft, da ihnen derselbe einesteils zu große Lasten auf- erlege, anderenteils aber auch die Möglichkeit bestehe, daß derselbe keine rechtliche Gültigkeit erlange, sondern ein neueL Ortsstatut geschaffen werden müsse. Von den Sozialdemokraten wandte sich Genosse Gruhl in energischer Weise gegen die fadenscheinigen Ein- wände der Gegner des Antrages; Redner machte den Vorschlag, die Straßenreinigung in Gemeinderegie ausführen zu lassen und die Kosten auf die Hausbesitzer zu verteilen. Die Debatte endete damit, daß der Bürgermeister, jedenfalls nicht zur Freude der Passanten des Neuendorser OrtSteils, den Antrag der Wege- kommission zurückzog. Hoffentlich wird in der nächsten Gemeinde- Vertretersitzung ein neuer Antrag vorgelegt, der in irgendeiner Art die Neuendorser Hausbesitzer zwingt, die Lasten der Straßen- reinigung zu tragen, denn die jetzigen Verhältnisse sind derartige, daß bei Schnee und Glätte die größten Unfälle passieren können. ohne daß man weiß, wer dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann. Da vielfach von den Besitzern landwirtschaftlicher Grund» stücke Reklamationen wegen zu hoher Bewertung derselben eingelegt werden, wurde die Grundwertsteuer-EinschätzungSkommission durch die Herren Bauerngutsbcsitzer KuhnS und Wäschereibesitzer Höhnow verstärkt. Die durch die Herstellung eines Mosaikfußsteiges in der Grotzbeerenstraße verursachten Kosten im Betrage von 7237 M. werden derart verteilt, daß die Anlieger 59 Proz., d. h. 4,38 M. pro laufenden Meter, zu tragen haben. Dem Erlaß eines OrtS- statuts über die Verunstaltung von Straßen und Plätzen gab die Vertretung debattelos ihre Zustimmung. Dasselbe verlangt be- sonders die architektonische Ausschmückung von sichtbaren Giebeln und Fassaden und versagt die Genehmigung zur Ausführung von Gebäuden, die dem Charakter des OrtsteilS in unschöner Weise