Einzelbild herunterladen
 
Preußen Im Jahre 1856.*) Von Karl Marx  . Der absonderliche Wahnsinn, der Frankreich   in eine Spielhölle verwandelt und das napoleonische Kaiserreich mit der Börse iden- tifiziert hat, ist an den Grenzen Galliens   nicht stehen geblieben. Ueber die pvlitischen Grenzen hinwegschreitend ist diese Geijjel über die Pyrenäen  , die Alpen   und den Rhein   hinübergegangen und in das solide Deutschland   eingedrungen, wo die ideale Spekulation der Spe- kulation in öffentlichen Fonds, dasmmimiirn bonurn" sdas höchste Gut), demboni�(der Prämie), der geheimnisvolle Jargon der Dialektik dem nicht minder geheimnisvollen Jargon der Börse und >.mS Streben nach der Einheit der Leidenschaft für die Dividenden Platz machen muhten. Rheinpreuhen wurde, infolge seiner Nachbar- schaft zu Frankreich   und dank dem Aufschwung seiner Industrie und seines Handels, zuerst von der Krankheit ergriffen. Nicht nur schlössen die Kölnischen Bankiers eine förmliche Allianz mit den Pariser Grotzgaunern, indem sie mit ihnen im Verein dieJndöpendencc Belge" zum gemeinsamen Organ erkauften, nicht nur zogen sie ganz Südwestdeutschland   in den Abgrund des Crödit Mobilier, sondern auch in Rheinpreuhen und im Herzogtum Westfalen reüssierten sie so voll- kommen, das; zur Stunde daS Goldfieber in jede GesellschastSschicht eingedrungen ist, ausgenommen diejenige, die von den arbeitenden Klassen und den Kleinbauern gebildet wird. So zwar, daß selbst das Kapital der kleinen Bourgeoisie, seine gewöhnlichen Kanäle ver« lassend, Abenteuer sucht und jeder Krämer sich in einen Alchymisten verwandelt. Das; auch daS übrige Preußen der Ansteckung nicht ent- gangen ist, geht aus folgendem Auszug aus derPreußischen Korrespondenz", einem Regierungsblatt, hervor: Die jüngsten Beobachtungen auf dem Geldmarkt erlauben den Schluß, daß eine der furchtbaren Handelskrisen, die regelmäßig wiederkehren, von neuem im Anzüge ist. Die fieberhafte Bewegung einer maßlosen Spekulation hat sich, vom Ausland herkommend, im letzten Jahre»in Deutschland   ausgebreitet, und nicht nur die Berliner   Börse und die preußischen Kapitalisten wurden in diesen Abgrund hilleingerissen, sondern auch ganze Gesellschaftsklassen, die in joder anderen Epoche eine direkte Teilnahme am Glückspiel der Finanzoperationen vermieden hatten." Es war diese Wahrnehmung einer unmittelbar bevorstehenden Finanzkrise, die der preußischen Regierung die Begründung gab, die Errichtung einesCrödit Mobilier" zu untersagen, hinter dessen blendender Außenseite man gaunerische Absichten vermutete. Aber was unter einer Form nicht erlaubt ist, kann unter einer anderen gestattet werden, und was in Berlin   nicht zugelassen ist, kann in Leipzig   oder in Hannover   geduldet werden. Die letzte Phase deZ SpeklilationSwahnsinnS zeigte sich am Ende beS Krieges und unabhängig von dem kommerziellen Antrieb, der von jedem Friedens- schluß untrennbar ist wie man dieö 1802 und 1815 konstatieren konnte. zeigt diese Phase das besondere Merkmal, daß Preußen in aller Form den Wunsch ausgedrückt hat, dem Kapital und der Spekulation des Westens Märkte zu öffnen. Bald also werden wir von der großen Eisenbahnlinie nach JrkutSk mit ihren Ab- zweigungen nach Peking   und anderen Monster- Projekten sprechen hören, wobei die Frage nicht sein wird, waö ausgeführt werden soll, sondern welche neuen Materialien dem SpekulationZgeist als Nahrung zugeführt werden können. Es bedurste nur noch des Friedens, um den von der preußischen Regierung wahrgenommenen großen Krach zu be- schleunigen. Diese ungewohnte Teilnahme Preußens an der europäischen   Spe- kulationsbewegung wäre ohne den großen Ausschwung seiner Industrie in den letzten Jahren nicht möglich gewesen. DaS in den Eisenbahnen an- gelegte Kapital allein ist im Zeitraum von 1340 bis 1854/55 von 71 auf 577 Millionen Frank gestiegen. Andere, auf 187 Millionen ge- schätzte Eisenbahnlinien, sind im Bau und überdies hat die Re­gierung die Anlage von neuen Linien mit einem Kostenpreise von 203 Millionen bewilligt. 87 Finanzgesellschaften mit einem Kapital von 311 Millionen sind seit 1848 emporgeschossen und von 1854 bis 1858 wurden neun Versicherungsgesellschaften mit einem Kapital von 82 Millionen eingetragen. In den letzten zwei Jahren haben ferner sechs Gesellschaften mit einem Kapital von 89 Mill. Frank Spinnereien errichtet. AuS dem Baumwollbericht ergibt sich, daß die Quantität der in den verschiedenen europäischen  Häfen eingetroffenen Baumwolle von 1853 bis 1853, nach dem Ergebnis der ersten sieben Monate sich in folgendem Verhältnis ver- ändert hat: 1853 1854 1855 1853 England...... IIOOOOO 840 000 9Ö3 000 1131 000 Frankreich  ..... 255 000 229 000 249 000 354 000 Andere europäische Häfen 240 000 179 909 137 990 343 OOO Wie man steht, hat der Kontinent, der 1853 etwa nur ein Drittel der nach England expedierten Baumwolle erhalten hatte, 1353 fünf Achtel erhalten. Dazu kommt noch die Baumwolle, die von England nach dem Kontinent weitergesandt wurde. Der Import Frankreichs   ist dem Anschein nach größer als in Wirklichkeit, da beträchtliche Quantitäten von Havre   nach der Schweiz  , nach Baden, nach Frankfurt   und Antwerpen   transportiert wurden. Die aus den angeführten Ziffern hervorgehende Entwickelung der kon- tineutalen Industrie zeigt vor allem das Wachstum der preußischen. Die Profite, die während der Periode des Krimlriegs, von 1854 bis 1853, in der Zeit der Hungersnot und der hohen Preise von den Grundeigentümern eingeheimst wurden, rivalisieren beinahe mit den in diesen letzten Jahren von der industriellen Bourgeoisie allumuli-rten Reichtümern. Der Preis der Pferde, des Groß- und Kleinviehs, sowie deS Getreides hat sich im Inner» Deutschlands   auf einen, so hohen Niveau erhalten, daß die Bodenbesitzer kaum auf den Einfluß der ausländischen Märkte angewiesen waren, um im Golde zu schwimmen.' Es ist der Reich- tum daS vordem von diesen beiden Klassen noch nicht erfahrene rapide Anwachsen des Reichtums, das der in Preußen heute herrsweuden svekulatiben Pest zugrunde liegt. Sobald die Dinge an den Tag kommen, wird Preußen einer harten Prüfung ausgesetzt sein. Die verschiedenen Konterrevolutionen, die seit 1849 durchgemacht hat. hatten das Ergebnis, die Re- gierung in die Abhängigkeit von der engen Klaffe der Grundherren zu bringen, denen gegenüber sich der König, der alles getan hat. um ihre Vorherrschast zu errichte», gegenwärtig in derselben Situation befindet, wie einst Ludwig XVIU. gegenüber der unfiudbaren Kammer". Friedrich Wilhelm hat sich niemals dem trockenen bureaukratischen Mechanismus anpasse» können, den ihm sein Vater hinterlassen hatte. Sein ganzes Leben hindurch hat er davon geträumt, den preußischen Staat durch eine ro- mantisch-gothische Deloration zu verzieren. Aber die kurze Erfahrung in seinem Herrenhaus hat ihn überzeugen müssen, daß in Wahrheit die Junkers weit entfernt davon, ihr Glück darin zu finden, daß sie der Bureaukratie als mittelalterlicher Aufputz dienen, alles tun. was in ihrer Macht steht, um die Bureaukratie zu degradieren und sie in einen einfachen Exekutor ihrer Klaffen- iutereffen zu verwandeln. Daher der Bruch zwischen den Junlern '). nachstehende., ursprünglich in der New Nork-Triblme ver- öffentlichte Artikel von Karl Marx   ist soeben in der französischen  Uebersetzung von Laura Lafargue   m der Wochenschrift ,Le SocialiSme", die von Jules Guesde   herausgegeben wird, erschienen. und der Verwaltung, zwischen dem König und dem Prinzen von Preußen. Sie erklärten mit kalter Ueberlegung. daß sie in ihren kleinen Domänen ebenso Könige seien wie der König selbst im ganzen Laude. Sie wollen, daß die Verfassung wohl für die anderen Klassen ein Blendwerk bleibe, aber für fie eine Realität sei. Indem sie sich selbst der Kontrolle der Bureaukratie vollständig entziehen, fordern sie, daß fie auf die unteren Klassen mit ihrem vollen Gewicht drücke. Die Bourgeoisie, die die Revolution von 1843 verraten hat, sieht sich jetzt, in derselben Stunde, wo sie ihren sozialen Triumph durch eine unbegrenzte Kapitalsakkumulation vollendet, politisch zunichte gemacht. Ja. die Junker finden ein Vergnügen daran, jeden Tag neue Gelegenheiten zu suchen, um fie zu Tode zu höhnen, und beobachten ihr gegenüber nicht einmal die elementaren Regeln der Etikette. Wenn die bürgerlichen Redner sich erheben, um zu sprechen, verlassen die Junker on rnasso ihre Bänke, und wenn man sie bittet, die Meinungen, die nicht die ihren sind, wenigstens anzuhören, lachen sie den Herren von der Linken ins Gesicht. Wenn sich diese über die bei den Wahlen bereiteten Hindernisse beschweren, bedeutet man sie, daß es einfach Pflicht der Regierung sei. die Massen vor Verführung zu bewahren. Halten fie der Freiheit der aristokratischen Presse dem Zwang entgegen, der der liberalen auf- erlegt wird, erinnert man sie daran, daß die Freiheit des Menschen in einem christlichen Staate nicht darin besteht, zu tun, was ihm ge- fällt, sondern das wa-Z Gott und den Behörden gefällt. Einmal gibt man ihnen zu verstehen, daß dieEhre" ein aristokratisches Monopol sei, den anderen Tag werden sie durch eine Praktische Illustration der veralteten Theorien der Haller, Bonald   und de M a i st r e ge- martert. Stolz auf seine philosophische Erleuchtung hat der preußische Bürger die Pein, die Elite der Wissenschaft von den Universitäten ge- jagt und den Unterricht einer Bande von Dunkelmännern anvertraut zu sehen, er sieht geistliche Gerichte sich in seine Familienangelegen- heiten mischen und muß sich von der Polizei am Sonntag in die Kirche führen lassen. Nicht zufrieden damit, sich selbst soweit als möglich von der Steuerleistung befreie», haben die Junker die Mittelklaffen in die Zünfte gesperrt, ihre munizipalen Ein» richtungen verfälscht, die Unabhängigkeit und Unabsetz- barkeit ihrer Richter anfgehoben, die Gleichheit der ver- schiedenen Rcligionssekten annulliert usw. Wenn bisweilen der Zorn, der sie erstickt, über ihre Furcht obsiegt, und wenn sie von Zeit zu Zeit genug Mut aufbringen, um von der Höhe ihrer Kammersitze die Junker mit einer nahen Revolution zu bedrohen. antwortet man ihnen höhnisch, daß die Revolution init der Bour- geoisie eine ebenso große Rechnung zu begleichen habe wie mit dem Adel. In der Tat ist es nicht wahrscheinlich, daß die Großbourgeoisie von neuem, wie 1848, an die Spitze einer preußischen Revolution tritt. Die Bauern des östlichen Preußen haben nicht nur alles ver- loien, was ihnen die Revolution an Befreiung gebracht hatte. sondern sie sind noch einnial in das Joch des Adels gespannt worden. In Rheinpreußen, wo das Kapital durch die industriellen Unter- nehmungen angezogen wurde, fielen sie in die Hände des Hypo- thckengläubigers, je mehr der Leihzins stieg. Während man in Oesterreich   versucht hat, die Bauern zu versöhnen, hat man in Preußen nichts unterlassen, was sie zur Verzweiflung bringen konnte. Was aber die arbeitenden Klassen anlangt, so hat die Regierung sie verhindert, an den Profiten ihrer Unternehmer teil- zunehmen, indem sie sie wegen Teilnahme an Streiks bestrafte und sie systematisch von der Politik fernhielt. Eine veruneinigte Dynastie, eine in feindliche Lager geteilte Regierung, eine Bureau« kratie, die mit der Aristokratie in Streit liegt, die Aristokratie im Zwist mit der Bourgeoisie, eine allgemeine Handelskrise, und«ine enterbte Klasse, die den Geist der Rebellion gegen Me oberen Schichten der Gesellschaft legt das ist zur Stunde das Bild Preußens.________ parlamemanlckes. ReichStagS-DiSpositionen. Mit der Etatsberatung soll im Reichsrage am Montag nächster Woche begonnen werden. In dieser Woche werden außer- dem noch zur Beralnng kommen: die Handelsabkommen mit England und Portugal  : ferner das Notgesetz betr. die Witwen» und Waisenversicherung. DieHinterbliebcnenverficherung wird hinausgeschoben. DemReichS- tag ist ein Gesetzentwurf auf Abänderung deS ß 15 deS ZolltarifaesetzeS zugegangen. Er hat den Zweck, den Termin für daS Jnkrafttrelen der Witwen- und Waisenversicherung bis zum 1. April 1911 hinauszuschieben, während bisher der 1. Januar 1910 in Aussicht genommen war._ Mehrere Denkschriften sind dem Entwurf deS ReichSetats beigegeben. Eine betrifft die Beteiligung des Reichs an der Weltausstellung in B r ü f i e l. Ferner liegt eine Denkschrift vor über den Stand der Arbeiten an der Erweiterung des Nord-Ostsee« k a n a l s. Hus der Partei. htin Freund der Parteischule. Da der theoretische RepisioniSmus theoretisch nicht vom Fleck kommt, wird er praktisch. Er sucht Macht zu gewinnen dadurch, daß er Zwietracht zivilchen Partei und Gewerkschaften sät, diesen ein- redet, dieRadilalen", daS heißt die Mehrheit der Parteigenossen. ständen ihnen feindselig gegenüber, nur fie, die Revisionisten hätten ein Herz für die Bedürfniffe der Gewerkschaften. Aber bisher wandte man sich dabei bloß gegen einzelne Parteigenossen, die man als GewerkschastSfeinde denunzierte und verdächtigte., Eduard B e r n st e i n, der sich wohl wieder einmal geistig auS- gehungert, das heißt, zu lange unbeachtet fühlt, geht in der neuesten Nummer her S. M. einen Schritt weiter. Zuerst erklärt er in der herkömmlichen Weise, dieoffiziellen" Theoretiker der Partei ständen den heutigen Bedürfnissen der Gewerkschaftsbewegung verständnislos und ablehnend gegenüber und wenn es auf fie an- getoinmen wäre,«so hätten wir das läßt sich an der Hand der offiziellen Parteiwochenschrist dokumentarisch nachweisen seit Jahren hellen Krieg mit allen seinen schädlichen Folge» für beide Flügel der Arbeiterbewegung". Die Revisionisten seien die FriedenSengel. die durch ihr»takt- volles" Austreten diesen Krieg verhinderten. Eine sonderbare Manier, für den Frieden zwischen Partei und Gewerkschaften zu wirken, daß man diesen zuruft: Dieoffizu'Ken" Vertreter der Partei sind Eure Feinde und möchten Euch an den Kragen, wenn wir nicht wären! DaS wäre indes nichts Neues. Unser Friedensstifter geht daher weiter. Er bemerkt, bisher seien diePolitiker" wohl mitder- artigen Tendenzen" fertig geworden. Aber wir hätten keine Bürg- schaft dafür, daß das immer der Fall sein werde: Verschiedene Erscheinungen weisen für die Zukunft eher auf das Gegenteil hin. Um den geistigen Nachwuchs zu fördern, hat die Partei eine eigene Parteischule eingerichtet. Dort aber ist gerade der Unterricht in der sozialistischen   Wirrschafls- lehre Monopol von Vertretern der gekemizeichnete« Richtung und läßt somit von den künftigen Partei redakteuren und Parteisekretären nicht jenen freien Blick erhoffen, der für die Würdigung von Neuerscheinungen und neuen Formen im Wirtschaftskampfe der Arbeiterklasse unbedingt erforderlich ist. Es widerstrebt mir, mehr über die Parteischule zu sagen. Aber der Bildungsdrang in der Partei hat eine Fülle anderer Institute und Veranstaltungen der Fortbildung ins Leben gerufen, in deren Programm ebenfalls WirtschaftSlehre an erster Stelle steht und meist auch im Sinne derreinen" Lehre erteilt wird." Wenn die Genoffen für die Aufgabe, in der Arbeiterschaft kon- sequenteL Denken und tieferes Verständnis der Grundlagen des prole- tarischen Klassenkampfes zu fördern, andere Leute heranziehen als Bernstein  , so wird niemand von ihm verlangen, daß er daS anerkennt und sich darüber nicht ärgert. Aber die Sache verliert ihren humoristischen Beigeschmack, wenn er seinem Aerger in der Weise Lust macht, daß er die gesamten Bild u n gsbe streb u ngen der Partei den Gewerkschaften als gewerkschaftSseindlich verdächtigt und denunziert noch da- zu ohne irgend ivelche sachliche Begründung. Denn Bernstein   ist sotaktvoll" undschonend", daß es ihmwider- strebt, mehr über die Parteischule zu sagen" als eine bloße Ver- dächtigung. Bernstein   kennt nichts vom Lehrgang in der Parteischule, er weiß nicht die winde ste Tatsache zu berichten, die darauf hinwiese, in der Parteischule würden Anschauungen vorgetragen, die den gewerkschaftlichen Kampf beeinträchtigen und schädigen könnten. In gewerkschaftlichen Kreisen selbst gewinnt die Parteischule an Achtung und Ansehe». Jedes Jahr wächst die Zahl der Schüler, die ihr von den Gewerkschaften zugesandt werden. Die Parteischule verspricht so ein Mittel zu werden, die unentbehrliche Einheitlichkeit des Denkens in Partei und Gewerkschaft, da» geistige Band zwischen beiden, zu kräftigen. Dies sucht Bernstein   durch seine Verdächtigung zu stören. Er weiß nur die Talsache, daß die Lehrer an der Parteischule kon- sequente Marxisten sind, kein so weites Herz haben wie seine Kollege» Calwer und Bernhard, und das genügt ihm. gegen dieses Parteiinstitut, gegen die BilduiigSbestrebungen der Partei, damit aber auch gegen diese selbst das Mißtrauen und die Feindseligkeit der Gewerkschaften wachzurufen. Es kann keine schlimmere Schädigung der Partei wie der Ge- werkschaften geben, als diese planmäßige Aufhetzung der letzteren gegen erstere._ DaS Befinden des Genossen Hue hat sich soweit gebessert, daß er an den ReichSta�Sverhandluiigen teilnehmen kann. Er ist bereits in der gestrigen ReichSlagSsitzung erschienen. Allerdings muß er sich noch große Schonung auferlegen. Rcichstagskandidatur. Zum ReichStagZkandidaten für den Wahlkreis Breslau  - (Land) Neu markt wurde Parteisekretär Genosse S ch o l i ch- Breslau gewählt. poKzeiliches, Omchtilchcs ufw. Eine Haussuchung wurde am Sonnabend in der Parteidruckerci in Zittau   auf Ver- anlassung der Gärlitzer Staatsanwaltschaft vor- genommen. Gesucht wurde nach dem Manuskript eines Artikels, der unter der UebersctiriftPreußische Rechtspflege" in der G ö r l i tz e r B o l k s z e i t u n g", die in der Zittauer Partei« druckerei gedruckt tvird, erschienen ist. In dem Artikel wird be- richtet, daß ein Polizeibeamter in L a b i a u in Ostpreußen   einen Arbeiter zum Krüppel geschlagen hat und daß dann der zum Krüppel Geschlagene von der Kvnigsberger Strafkammer Ivegen Widerstands gegen die Staatsgewalt»och verurteilt worden ist. Wegen dieses Artikels hat die Görlitzer Staalsauwaltschast Anklage erhoben. Soziales. Haftung wegen Stichtanbringung von Schutzvorfchrifte«. Landwirte haben wie jeder, der die Arbeitskraft eines anderen gegen Entgelt braucht, alle für die Natur deS Betriebes möglichen Schutzvorschriften zu treffen. Das folgt aus dem das VertragSrccht jeder auf Verträgen Freier beherrschenden Grundsatz, daß Gesund- heit und Leben des Bürgers zu schützen ist und höher stehen muß als der Profit, der durch die Verwendung fremder Arbeitskraft dem Nutznießer zufallen soll. Treu und Glauben fordern die Be- schaffung von Schutzeinrichtungen durch den Arbeitgeber. Diese aus allgemeinen Rcchtsgrundsätzen abgeleitete Pflicht des Arbeit- gebers, alle erforderlichen Schutzeinrichtungen zu treffen, und seine eventuelle Schadenersatzpflicht ist vom Reichsgericht schon vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches stets anerkannt. Sic ist in dem tz 318 des Bürgerlichen Gesetzbuches  (gewerblichen Ar- beitern gegenüber schon vorher in tz§ 129s bis 1296 der Gewerbcord- nung) ausdrücklich ausgesprochen. Das Schadenersatzrecht des Ar- bciters wegen unterlassener Schutzeinrichtungen ist durch die Unfall- versichcrungsgesetzgebung erheblich eingeschränkt, nämlich nur für vorsätzliche Schadenszufügungen gegeben. Anders steht eS mit dem Schadenersatzanspruch der Berufegenoffenschaft. Diese ist berech- tigt, wenn sie eine Unfallrente zahlt, gegen den Arbeitgeber, durch dessen Verschulden der Unfall herbeigeführt ist, auf Schadenersatz zu klagen. Leider ist der Bcrufsgenoffenschaft durch die Novelle vom 39. Juni 1999 das Recht eingeräumt, auf die Geltendmachung dieses Rechts zu verzichten. Leider sagen wir, weil die Verpflich- tung zur Zahlung ein sehr erziehliches, für manche Arbeitgeber das einzelne Mittel ist, sie zur Anbringung aller möglichen Schutz- einrichtungen zu veranlassen. Insbesondere gilt das für die Land- Wirtschaft. Die von Jahr zu Jahr wachsende Zahl der landwirt  - schaftlichen Unfälle beweist, daß auf diesem Gebiet nicht entfernt die gesetzliche und vertragliche Pflicht der Arbeitgeber erfüllt wird. Vielmehr herrscht hier eine erhebliche Schlamperei. Sie hat auch Gerichte angesteckt und zu der durchaus verkehrten Auffassung geführt, der Arbeitgeber habe nicht alle möglichen, sondern nur die ihm bekannten Schutzvorschriften anzuwenden. Dieser irrigen Ansicht, die übersieht, daß der Arbeitgeber verpflichtet ist, sich über die möglichen»schutzvorschriften zu informieren, ist am Montag das Reichsgericht in dem nachstehend wiedergegebenen Rechtsstreit entgegengetreten. Der Landwirt Keis aus H. in Schwaben   hat eine Futter- schneidemaschine der ältesten Konstruktion bereits 29 30 Jahre im Betrieb. K. versäumte es, an dieser Maschine Schutzvorrich- tungen gemäß den neuen Verordnungen vom Januar 1997 an- bringen zu lassen, so daß nur die alten Schutzvorrichtungen vom Jahre 1892 in Betrieb waren. Am 1. März 1997 kam an dieser Maschine ein Arbeiter dadurch zu Unglück, daß er beim Nach- schieben und Verteilen des FuttcrS mit der linken Hand an die Walzen geriet, so daß die Hand mit hineingezogen und abgeschnitten wurde. Die Land- und Forstwirtschaftliche BcrufSgenoflcnschaft für Schwaben   nahm der K. für die dem Verunglückten zu leistende Un- fallrente in Anspruch, und zwar auf Grund von tz 147 des land- wirtschaftlichen UnfallversicherungSgescheS, weil der Beklagte den Unfall durch feine Fahrlässigkeit herbeigeführt habe. Er hätte nicht nur das gewöhnliche Schutzbrctt anbringen, sondern auch die Rinne uiitbedecken sollen. Das Landgericht erklärte die Ansprüche der BcrufSgcnosscn- schaft für begründet, weil die Schutzvorrichtungen nach den Unfall- Versicherungsvorschriften so zu treffen seien, daß der Arbeiter nich» verletzt werden könne. DaS Oberlandcsgericht AugSburg   wies die Klägerin ab; es will den Beklagten deshalb als entschuldigt au- sehen, weil er nicht in so kurzer Zeit von den neueren Kon- struktionen wissen konnte, die die Maschinenfabriken auch erst zum Oktobcrfest 1997 in München   ausgestellt hätten. Auch sei durch Sachverständige festgestellt worden, daß die neueren Einrichtungen zwar die Arme des Einlegers zurückhalten, aber doch nicht ganz verhindern können, daß die Hand oder wenigstens die Finger- spitzen von den Messern erfaßt werden. Die neuen Unfallver- hütungsvorschriftcn, die durchaus jeden Unfall durch Schutzvorrich. tungen verhüten wollen, seien also unerfüllbar. Auch könne dem