©ewcrkrchaftlicbe� Die Snhvichelimg der Carifrcrtrage im"Jabre 1908. Als Sonderbeilage zum»Reichsarbeitsblatt' ist soeben eine Uebersicht über die EntWickelung der Tarifverträge im Jahre 1908 erschienen. Die wirtschaftliche Flaue des letzten Jahres, das Stocken von Handel und Gewerbe macht sich auch in einem Nach- lassen der Tarifvertragsbewegung bemerkbar. Während im Jahre 1997 nach Angabe der Arbeiter 2732 neue Tarife für 52 369 Betrieb« mit 441 365 Personen abgeschlossen wurden, waren es im Jahre 1993 nur 2252 Verträge für 59 459 Betriebe mit 411 265 Personen. Die Abnahme ist übrigens nicht bedeutend. In den Zahlen beider Jahre sind allerdings Doppelzählungen vorhanden, und zwar handelt es sich dabei teilweise um denselben Tarifvertrag, der von einem Unternehmer mit mehreren Arbeiterorganisationen ge- schlössen wurde, teilweise um mehrere aber inhaltlich vollkommen übereinstimmende Tarifverträge eines Arbeitgebers mit verschie- denen Arbeiterkategorien. Da es erst für das letzte Jahr möglich war, die Doppelzählungen genau festzustellen, so sind bei den Ver- gleichen beider Jahre die Doppelzählungen mitgerechnet worden. Der oben genannten Zahl von 2782 im Jahre 1998 neu ab- geschlossenen Vorträgen, die sich auf 52 369 Betriebe mit 441 365 Personen erstrecken, stehen nun 1961 Verträge für 37 852 Betriebe mit 349 298 Personen gegenüber, die im letzten Jahre durch Ablauf erledigt wurden. Durch den sich hieraus ergebenden Ueberschu� erhöht sich der am 1. Januar 1997 vorhandene Bestand von 5389 Tarifen für 119 971 Betrieben mit 979 799 Personen auf 5671 Tarifverträge für 129 491 Betrieb« mit 1926 435 PersonenalsBestandam 31. Dezember 1998. Von den 19� Millionen der letzten Berufszählung zufolge als Arbeiter oder Angestellte in den Gewerbebetrieben des Reiches beschäftigten Per- sonen hatten demnach Ende des letzten JahreS etwas über 1 Million, d. i. also zirka der 19. Teil, ihre Arbeitsbedingungen in mehr oder minder hohem Matze tariflich gebunden. Naturgemätz ist der Anteil der von Tarifverträgen umfaßten Personen in den einzelnen Gewerbegruppen sehr verschieden. Da die Tarifverträge fast ausschließlich mit männlichen Personen ab- geschlossen werden, so haben wir in nachstehender Uebersicht neben dem Prozentsatz, der das Verhältnis der tariflich gebundenen Per« sonen zu der Gesamtheit der Berufsangehörigen überhaupt wieder- gibt, auch den aus dem Verhälnis zur Zahl nur der männlichen Berufszugehörigen sich ergebenden gestellt. Es waren demnach am 31. Dezember 1998 vorhanden: Tarifverträge In Proz. der Wie ersichtlich, hat daS Tarifvereinswesen die größte Anwen- dung im polygraphischen Gewerbe gefunden, wo fast die Hälfte der männlichen Arbeiter tariflich gebunden ist. Es folgt dann das Bau- gewcrbe mit 27,4 Proz. und in weitem Abstände die Industrie der Schnitz - und Holzstoffe, das Bekleidungsgewerbe, die Papierindustrie. Am wenigsten Eingang hat der Tarifvertrag noch im Reinigungs- gewerbe. der Gast- und Schankwirtschaft und der Kunst- und Handelsgärtnerei gefunden. Was speziell die im letzten Jahre neu abgeschlossenen Tarifverträge anbelangt, so entfiel der Löwenanteil, nämlich 37,9 Proz. der Tarife mit 52.3 Proz der Betriebe und 61,5 Prozent der Personen auf das Baugewerbe; sodann 11,2 Proz. resp. IIB resp. 8,3 Proz. auf die Metallverarbeitung und 9 resp. 13,9 vesp. 8,1 Proz. auf das Bekleidungsgewerbe usw. Von Wichtigkeit ist es nun auch, zu erfahren, inwieweit die Tarifbewegung auf den Kleinbetrieb beschränkt geblieben oder auch in die Großindustrie eingedrungen ist. Durchschnittlich kommen allerdings bei allen Gelverbezweigen nur 8,5 Personen auf einen Betrieb. Doch ist dies Verhältnis bei den einzelnen Be- triebsarten sehr verschieden. Die meisten Personen kommen durch- schnittlich auf einen Betrieb in der T e x t i l i n d u st r i e. nämlich 58. Dann folgen die unter„Sonstiges" zusammengefaßten ver- schiedcnen Gewerbezweige mit 45,5 Personen. Auffallend ist, daß im H a n d e l s g e w e r b e. daS sonst noch eine so große Zersplitte- rung aufweist, die von Tarifgcmeinschaften erfaßten Betriebe durch- schnittlich eine Personenzahl von 27,1 aufweisen. Es folgt sodann die Industrie der Nahrungs- und Genußmittel mit 13,3 Personen pro Betrieb, die Papierindustrie mit 12,2, die Industrie der Steine und Erden mit 9,1, das Polygraphische Gewerbe mit 8,8, die Metall- Verarbeitung und Industrie der Maschinen usw. mit 8,4, die In- dustric der Schnitz- und Holzstoffe, daS Baugewerbe, das Verkehrs- gewerbe mit je 8.1. das Bekleidungsgewerbe mit 6,9, Kunst- und Handelsgärtnerei sowie Gast- und Schankwirtschaft mit 5.5. und endlich das Reinigungsgewerbe mit 9,9 Personen durchschnittlich auf «inen Betrieb. Ueber die im Jahre 1998 neu abgeschlossenen Tarif- Verträge seien noch folgende Einzelheiten mitgeteilt, bei denen die Doppelzählungen(siehe oben) ausgeschlossen sind. Für das ganze Reich wurden in diesem Jahre keine Tarifgemeinschaften abgeschlossen. Besonders stark war die Tarifvertragsbewegung in Rheinland , wo 153 Verträge für 5157 Betriebe mit 69 391 Personen abgeschlossen wurden. Ferner in Berlin , wo allein 57 Verträge, die 3823 Betriebe mit 34 565 Personen betrafen, zum Abschluß kamen; in Bayern , wo die betreffenden Zahlen lauten: 312, 5586 Mnd 52 419, und in Sachsen , wo sie sich auf 152, 4922 und 39 288 stellen. Die meisten der abgeschlossenen Tarife(769) enthalten eine Vertragsdauer von über 1% bis 2 Jahr«. Weitere 612 sind für ein Jahr abgeschlossen. Nur ein Vertrag im polygraphi- schen Gewerbe hat eine Dauer von 5 Jahren. Die tägliche Arbeitszeit wird im Winter für 153 118 Personen— 38,6 Proz. aus weniger als 8 Stunden, für 79 566 Personen— 29,1 Proz. aus 3— 9 Stunden inklusive, für 62944 Personen— 15,9 Proz. auf über 9—11 Stunden, und für <855 Personen— 1,5 Proz. auf über 11 Stunden festgelegt, während sie für 26 594 Personen unbestimmt blieb. Im Sommer dauert die Arbeitszeit durchschnittlich eine halbe bis eine Stunde länger als im Winter. Was endlich die Löhne anbetrifft, so war der niedrigste Ver- tragslohn für gelernte Arbeiter bis 25 Pf. bei 2413 Arbeitern— 0,8 Proz.. über 25— 35 Pf. bei 78 289— 24,9 Proz., über 35— 45 Pf. bei 191 118— 32,2 Proz., über 45—55 Pf. bei 51 736— 16,5 Proz., über 55—75 Pf. bei 77 538— 24,7 Proz. und über 75 Pf. bei 2768— 0,8 Proz. aller gelernten männlichen Arbeiter. Die Mehr- heit �ver �bezahlten�niedrigsten Löhne lag also zwischen 25 und �Perantw? Redakt.: Richard Barth, ' Berlin . Inseratenteil verantw. «Pf. Be, den ungelernten Arbeitern lag dies« Mehrheit zwischen 25 und 45 Pf.; nur zirka 24 Proz. hatten mehr als 45 Pf. und keiner mehr als 75 Pf. als niedrigsten Stundenlohn. Berlin und Umgegend« Der Guttempler als Streikbrecheragent. Wie berechtigt der Beschlutz 279 des Leipziger Parteitages war, der die Parteigenossen auffordert, sich den aus bürgerlichem Boden stehenden Abstinenzorganisationen(Blaues Kreuz, Gut- templer-Orden usw.) fernzuhalten, weil durch diese die politisch« und wirtschaftliche Tätigkeit der Arbeiterbewegung erschwert wird, ist durch folgenden Fall wieder einmal klar erwiesen. Ein Boden- leger Heinrich Petzsch, wohnhost in Charlottenburg , Kaiser- Friedrich-Straße(er betreibt dort nebenbei ein Zigarrengeschäft), der früher ein sehr tätiges Berbandsmitglied war, trat vor zirka 5 Jahren dem Internationalen Guttempler-Orden(I. O. G. T.), Loge Sanssouci , bei. Es dauerte nicht lange und der Holzarbeiter- verband hatte mit diesem Kollegen allerhand Scherereien. Er tat sich als Zwischcnmeister auf; die Solidarität mit seinen Berufs- genossen ging zum Teufel; sein Vorteil, sei es auch zum Schaden der Kollegen, wurde seine Parole. Vor zwei Jahren war der Holzarbeiterverband gezwungen, ihn wegen fortgesetzter Lohn- drückerei auszuschließen. Nun hatte er ganz freie Hand. Als der jetzige Streik ausbrach, etablierte er sich als Agent für Arbeits- willige. Es gelang ihm auch, eine Schar Musterknaben zusammen- zubringen, zum Teil solch«, die in ihren Beziehungen zum Alkohol freilich seinen Guttempler-Jdealen nicht entsprachen. Aber— damit erstreckte sich ihm ja ein weiteres Arbeitsfeld: mehrere dieser Streikbrecher.rettete" er vom Alkohol und führte sie dem Gut- templer-Orden zu. Da haben diese nun mit ihrem„Retter" und „Ordensbruder" ihren Platz neben— organisierten Arbeitern! Ja, neben Kollegen, die treu zur Sache der Arbeiterschaft halten. Der Orden ist„politisch und wirtschaftlich neutral", denn er hat Raum für Rote und Blaue und Gelbe! Aber wie stehen denn die organisierten Arbeiter dazu? Kann ihnen wohl sein in der Ge- sellschaft solcher„Brüder"? Hier heißt's eine reinliche(in des Wortes voller Bedeutung) Scheidung treffen. MZag der I. O. G. T. sich mit diesen staatserhaltenden Elementen abfinden wie er will, organisierte Arbeiter gehören dort nicht hinein. OeutTeheo Reich. Die Differenzen der Tabakarbcitrr bei der Firma August Blase. Lübbecke(Westfalen ), sind erledigt; die Maßregelungen find zurückgenommen. Damit ist die Sperre über die Firma aus- gehoben. In der Malzfabrik von Warendorf zu Striegau i. Schi., auf deren Veranlassung erst dieser Tage tschechische Arbeiter aus- gewiesen wurden, haben sämtliche Mälzer die Arbeit eingestellt. In Frage kommen rund 29 Mann. Dieser Solidaritätsakt ist um so erfreulicher, weil sich die Streikenden je zur Hälfte aus Deutschen und Tschechen zusammensetzen. Ob die Polizei gegen die streikende» Ausländer ebenso rigoros vorgehen wird, wie gegen die drei Aus- länder, die die Lohnforderungen unterbreiteten, muß abgewartet werden. Der Polizeiinspektor Langer von Striegau bemüht sich eifrig, für die Ausständigen Ersatz zu schassen. Zuzug ist sernzu- halten._ DaS Gewerbegericht mit de» Scharfmacher». Der Arbeitgeberverband für das Steinsetzgcwerbe in Plauen im Vogtland hatte im vorigen Jahre seinen Mitgliedern bei l099 Mark Konventionalstrafe verboten, den Steinsetzern mehr als 69 Pf. Stundenlohn zu zahlen. Dieser Beschluß wurde gefaßt, weil eS bekannt geworden war, daß der Vorsitzende des Arbeitgeberver- bandeS zwei Steinsetzern, entgegen früheren Abmachungen, 65 Pf. zahlte. Daraus vereinbarte der Vorsitzende mit den in Betracht kommenden Arbeitern heimlich, daß er ihnen nominell nur 69 Pf. Stundenlohn weiterhin zahlen, die rrstierenden 5 Pf, pro Stunde aber zu Weihnachten auszahlen würde. DaS war am 22. August vorigen JahreS, Zu Weihnachten 1998 erhielten die beiden ihren Restlohn auf Heller und Pfennig ausbezahlt. SIS sie in diesem Frühjahr wieder in Arbeit traten, erkundigten sie sich sofort nach dem Lohn, woraus ihnen erklärt wurde, eS bleibe so wie voriges Jahr. Im November haben die Steinsetzer min die Arbest nieder- gelegt. Schließlich traten die beiden Steinsetzer an den Unter- nchmer mit dem Verlangen heran, ihnen den Restlohn für dieses Jahr auszuzahlen. Das wurde ihnen verweigert. Daraus reichten die beiden Arbeiter Klage beim Gewerbegerichl ein. In der ersten Verhandlung erklärte sich der Unternehmer bereit, zu beschwören, daß eine diesbezügliche Verabredung nicht stattgefunden habe. Er habe den Beiden nur„zum heiligen Christ ein Zwanzigmarkstück ge- schenkt". Im zweiten Termine mußte der Unternehmer zugeben, daß die Angaben der Kläger richtig sind. Die Arbeiter wurden trotzdem mit ihrer Klag« abgewiesen, und zw« unter folgender Begründung: „Da die Art der Entlohnung deS Herrn... wider die gnten Sitten verstößt, also null und nichtig ist, so muh die Klage ab- gewiesen werden. Das Gericht-bedauert lebhaft, daß ei infolge der Lücke im Gefetz nicht möglich ist, den Beklagten exemplarisch zu bestrafen. Der Beklagte, der als Obermeister der Innung und Bor - sitzender des Arbeitgeberverbandes die Beschlüsse derselben über- wachen und am ersten halten soll, hat sie gebrochen und die Mit- glieder in schmählicher Weise hintergangen. Das ist verwerflich und verdient öffentlich gedrandmarkt zu werden. Hoffentlich findet diese verwerfliche Tat durch die Bestrafung seitens des Arbeitgeberverbandes ihre gerechte Sühne." Selbst wenn gegen die Charakterisierung deS Beklagten durch diesen Gerichtsbeschluß nichts einzuwenden wäre, so wird man doch die Art der Begründung deS Urteils und die Empfehlung an den Unternehmerverband, den Missetäter zu bestrafen, für mindestens merkwürdig halten müssen. UebrigenS ist nach dieser Deduktion deS Plauenschen GewerbegerichtS kein Verstoß gegen die guten Sitten. wenn der Unternehmerverband beschloß, daß kein Meister mehr als 69 Pf. Stundenlohn zahlen darf. Der Streik der Plllfchwebrr bei der Firma Georg Rogker in GefreeS «st nach 22wöchentlichem Kampfe für die Arbeiter er- gebnisloS beendet worden. Vorherige Einigungsverhandlungen waren erfolglos._ Das Koalitionsrecht der Maschinenfabrik AugSburg. Am Mittwoch fand in Augsburg die Generalversammlung der Maschinenfabrik AugSburg-Nürnberg statt. Die General. Versammlung wäre wie sonst in wenigen Minuten zu Ende geführt worden, wenn nicht seitens einzelner Aktionäre die Sprache auf daS Vorgehen der Direktion gegen ihre organisierten Angestellten und Arbeiter gelenkt worden wäre, wobei die Matzregelungen der Ingenieure Scheid und Beier ebenfalls gestreift wurden. Die Aktionäre Dr. Natter, sodann Kaufmann und Granzin -Berlin verurieilten in längeren Ausführungen das Vorgehen der Direktion gegen die organisierten Angestellten auf daS entschiedenste, das nicht im Ansehen der Firma gelegen sei. Generaldirektor Dr. v. R i e p p e l trat den Rednern ent- gegen und oersicherte, daß er— aus dem Boden de« KoalitionS- :Td. Glocke. Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Büchdr. u. VerlagSanftall rechts(!) stehe. Sollte tn etnzeknen Fällen ga iwft gegonge» worden sein, so könne eS sich dann nur um einen Irrtum Handelw; aber man könne nicht sagen, daß das Koalitionsrcchl nicht ge- achtel werde. Auch Generaldirektor d. Bug, der Freund und Berater der Gelben, entpuppte sich plötzlich als— Freund des Koalitionsrechts(!) seiner Arbeiter und Angestellten, allerdings mit Einschränkung, Er meinte, er betrachte es als eine Bürger- und Ehrenpflicht, zu erllären. daß er das Koalitionsrecht aufrecht erhalte und daß niemand in der Ausübung dieses Rechts behindert wird. Nach den Tendenzen des Bundes technisch-industriellcr Be- amten sei es jedoch selbstverständlich, daß die Firma solche Beamte nicht nehme. Wenn Beier wirklich zu Unrecht entlassen worden sei, so sei das noch lange nicht ein Verstoß gegen daS Koalitionsrecht.(!) Aktionär Re.isert, der juristische Rechtsbeistand, enk- wickelte ebenfalls eine besondere Auffassung über daS KoalitionS- recht. Er meinte die Anerkennung des Kvalitionsrechts schließe noch lange nicht aus, daß die Firma einzelne mißliebige Organi- sationen systematisch boykottiere. Ein Schlußantrag machte der für die Direktion äußerst un« bequemen Debatte ein Ende. Nach wie vor wird also— wenigstens der Verlaus der Generalversammlung läßt darauf schließen— die Maschinenfabrik Augsburg das«volle Koalitionsrecht" ge- währen— mit Ausnahme„mißliebiger" Organisationen, die nach wie vor boykottiert werden I Soziales. Innungen gegen Arbeiterschutz und Gcwerbegerichte. Gegen die Spruchpraxis der Gewerbegerichte laufen die Jnnungsmeister fortgesetzt Sturm, weil durch sie die gute, alte, patriarchalische Zeit der schrankenlosen Arbeiterausbeutung doch verschiedentlich durch eine Zeit der Anerkennung des Arbeiterrechtes abgelöst wird. Auch der Vorstand des Bundes deutscher Barbier- und Friseurinnungen beteiligt sich in hervorragendem Maße an diesem Kampf gegen die Gewerbegerichte. Der Bund hat die Parole ausgegeben, Gewerbegerichtsurieile zu sammeln._ In der Ausgabe seines Organs vom 1ö. Oktober wurde ein völlig zu- treffendes Urteil des GewcrbegerichteS in Z e r b st erörtert. daS „einen krassen Beweis für die Unzulänglichkeit der berufungslosen Gewerbcgcrichtserkenntnisse" biete. Zwei Meister hatten ihre Ge- Hilfen entlassen, weil diese sich weigerten, um 6�: Uhr auszustehen resp, vor 7 Uhr inS Geschäft zu kommen. Die Gehilfen klagten und die Meister wurden auf Grund des fj 139c Abs. 1 der Gewerbeordnung verurteilt, weil den Gehilfen nach Beendigung der Ar- beitSzeit eine ununterbrochene Ruhepause von mindestens zehn Stunden nicht gewährt worden war. Im Anschluß au die Kritik dieses Urteil» erklärte der Bund«»- vorstand,„sich sofort an die matzgebenden Instanzen nn Reiche wenden zu wollen mit der Bitte, die Gewerbegerichte aufzullären, damit weitere„Fehlurteile" in dieser Beziehung in Zukunft unter- bleiben". Das ReichSamt deS Innern hat nun dem Bundesvorstand aus seine Eingabe erwidert, eine Einwirkung auf die Rechtsprechung der Gewerbeordnung stehe dem Amte nicht zu. E» ist zu bedauern, daß daS ReichSamt des Innern die JnnungSleute nicht darüber aufgeklärt hat. daß das Urteil dem Gesetz entspricht und via JnnungSleute allen Anlaß hatten, den Arbeitern und de» Ge- werbegericht dafür zu danken, daß diese sie vor der strasdnean Ueberbeschäftigung bewahrt hatten. PoNzeNampf gegen Kleinkinder bewahranstatte». Der Polizeipräsident von P o s e n verbot die dortige, von elusu Komitee polnischer Damen unterhaltene Kleintinderbewahr» anstatt und belegte die Vorsitzend« deS Komitee» mit einer Geld, strafe von 199 M. An eine Anzahl andere ebenfalls in Posen bestehende Kleinkinderbewahranstalten hat die Polizei die Auf- forderung ergehen lassen, um den Konsens nachzusuchen, da diese sonst gleichfalls geschlossen würden. Der Polizeipräsident beNochUt diese gemeinnützigen Anstalten als Schulen, zu deren Errichtung eine behördliche Erlaubnis einzuholen ist. Di« betroffenen Somnee» Mitglieder haben Klage beim Verwaltungsgericht erhob««. Ob das Verwaltungsstreitverfahren zulässig ist, hängt dnvon ab, ob die Polizei als solche oder allein auf Requisition der Schul» behörd « vorgegangen ist. Die VersaffungS. und Gesetzwidrigkeit eine« solchen vorgehen«— unser« Leser entsinnen sich einen ähnlichen Drangsalierung, die bor zwei Jahren in lharlotterchnvg erfolgt«— läßt sich mit Erfolg nur ähnlich wie bei unser«» Bov» gehen gegen die Schikanen gegen Turnvereine durch öffentliche Aufforderung zum Ungehorsam gegen solch« Anordnungen er» zwingen. Und diesen Weg sollte» die Betroffenen gegen die Um» geheuerlichkeit beschreiten, die Fürsorge für BabyS durch Poliget» maßnahmen zu hindern, statt sie zu sürbera. Letzte I�acbncbten und Dcpefcben. Der Skaadalprozeß geht weiter. Kiel , 4. Dezember. (W. T. B.) Die Staats- anwaltschakt hat gegen das Urteil im Wcrstprozeß Revision eingelegt._ Massenprotrste gegen die Lords. London , 4. Dezember. (W. T. B.) Auf Veranlassung der national-demokratischen Liga hatte sich heute nachmirtaz eine sehr große Menge auf dem Trafalgar Square eingefunden, um gegen daS Vorgehen der Lords in der Budgetfrage zu protestieren, von sechs Tribünen wurden Reden gehalten. ES wurde schließlich eine Resolution angenommen, in welcher daS Borgehen der LordS al» Bruch der Verfassung und als ernste Bedrohung der Freiheiten des Volkes verurteilt wird, welche nur durch dir vollständige Ab- fchaffun» des Vetorechts des Oberhauses gewahrt werden köimtckl. - Ein politischer Gewaltstrrich. Prag , 4. Dezember. (W. T. B.) Die Statthalter« von BöhrWp löste den tschechiichen Freidenterverband Smetana wegen der zum Protest gegen die Hinrichtung FerrerS abgehaltenen Versammlung auf und beschlagnahmte Bücher und Schriften sowie das gr»H« BereinSvermögen bei HauSfuchnngen, die bei den führende» Mitgliedern des Verbandes vorgenommen wurdeib Opfer des Sturwcs aus der See. Bremen , 4. Dezember. (W. T. B.) Die Rettungsstation Horumersiel der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiff- brüchiger telegraphiert: Rettungsboot„Vegesack " letzte Rächt total verloren, ein Ruderer tot, übrig« Mannschaft aus Oldeoog in der Bake geborgen. Von zw«i Schissen sind sieben Per- sonen gerettet, die bis auf eine Person erfroren sind. Cuxhaven , 4. Dezember. (W. T. B.) Der Gecstemünder Fisch- dampfer„Berlin " hat heute nachmittag bei Tonn«.{s in der Elbe das verlorene Rettungsboot„Vegesack " gefunden nnd hier gelandet. Im Boot befanden sich sechs Leichen, vier Männcti eine junge Frau und ein Säugling. fmii Singer&<£&, Berlin SW�, Hier«» f MtOaiml'