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|t. 284. 26. ZahrMA. 1. Ieüllßt ilts Jormirtö" Aerllm Poltelildtt.««9. 5.5�1« im Reichstag  4. Sitzung, Sonnabend, den 4. Dezember» vormittags 11 Uhr. Am Bundesratstisch: Dr. Delbrück, v. Tirpitz. Zunächst wird ein schleuniger Antrag Dr. Ablaß u. Gen. (frs. Vp.) ohne Debatte angenommen: Den Reichskanzler zu ersuckien. die Einstellung zweier gegen den Abg. Haussen(Däne) schwebenden Strafverfahren zu veranlassen. Nächster Gegenstand der Tagesordnung ist die von der frei sinnigen Fraktionsgemeinschaft eingebrachte Interpellation betr. den Werstbetrieb in Kiel   in Verbindung mit der von der sozialdemokratischen Fraktion eingebrachten Interpellation über denselben Gegenstand. Abg. Wiemer(frs. Vp.)(zur Geschäftsordnung): Mit Rücksicht darauf, daß über das Urteil im Kieler   Werftprozeß die näheren Einzelheiten heute noch nicht bekannt sind, erscheint es mir er- wünscht, die Verhandlungen über den Gegenstand der Interpellation noch um einen oder zwei Tage hinauszuschieben. Abg. Singer(Soz.)(zur Geschäftsordnung): Ich bin in der Lage, mich den Ausführungen des Abg. Wiemer anschließen zu können. Auf die Frage des Präsidenten, ob uttd wann er die Jnter- pcllation zu beantworten gedenke, erklärt Staatssekretär v. Tirpitz: Wenn das hohe Hau» die Beanb Wartung der Interpellationen zu verschieben wünscht, bin ich bereit, sie am Montag zu beantworten. Bei den folgenden Gegenständen der Tagesordnung: Jnter pellationen der Sozialdemokraten und des Zentrums betr. Arbeits� Nachweis, Interpellationen des Zentrums und der Nationallibevalen betr. Versicherung der Privatbeamten, Interpellationen der Sozial- demokraten betr. Unterstützung an arbeitslose Tabakarbeiter und betr. den Mansfeldcr Bergarbeiterstreik, Interpellation der frei finnigen Volkspartei betr. die Anwendung des ReichSverrinsgesetzrS erklärt Staatssekretär Dr. Delbrück, er werde die Interpellationen alsbald beantworten und mit dem Präsidenten einen Tag in der nächsten Woche hierfür vereinbaren. Diese stets gleichlautenden Erklärungen werden mit ständig wachsender Heiterkeit aufgenommen. Es folgt die Fortsetzung der ersten Beratung des Gesetzent Wurfs betr. Abänderung des gj 15 des Zolltarifgesetzes(Ver­schiebung der Witwen- und Waisenvcrsickterung bis zum 1. April 1911). Abg. Sachse(Soz.): Die Lex Trimborn war beim Zolltarif nur ein Schönheits pflästcrchen, durch das das Zentrum den unteren Volksschichten die Verteuerung der Lebensmittel etwas verbergen wollte. Herr Trimborn hat gestern behauptet, daß der Antrag damals nicht aus Agitationsgründen gestellt wurde. Tatsächlich ist aber, wenn sich unter den Arbeitern große Erregung über die ungeheuerliche Ver- teuerung der notwendigsten Lebensmittel zeigte, von den Rednern des Zentrums immer darauf hingewiesen worden, was für ein gutes Werk das Zentrum mit der Lex Trimborn betr. die Witwen. und Waisenvcrsicherung geschaffen habe. So heißt es in einem Flugblatt des Zentrums aus dem Jahre 1906:.Wißt Ihr nicht. daß jeder Pfennig mehr, der aus den Zöllen auf die wichtigsten Lebensmittel eingeht, ein Sparpfennig ist für die Witwen und Waisen nach den Anträgen des Zentrums? Seid Ihr nicht froh. daß endlich für die so notwendige Versicherung die Mittel beschafft werden? 1906 sind bereits 22 Millionen für die Witwen und Waisen gcsichertl Ist das vielleicht ein Pappenstiel?" In dieser Weise also hat daS Zentrum die Wähler eingefangen. Das Unge- heuerlichste ist, daß das Zentrum noch immer nicht dafür ein- getreten ist, das System der Einfuhrscheine zu beseitigen, auf welches hin Millionen Tonnen deutschen   Roggens über die Grenze geschafft werden, lediglich zu dem Zwecke, um den deutsche» Grtreidemarkt zu entblößen und darauf hinzuwirken, daß die deutschen   Getreide- und Brotpreise ungeheuerlich hoch gehalten »erden können.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Herr Becker hat sich dann gestern über unschöne Agitation der Sozialdemokratie in Westfalen   beklagt. Dabei möchte ich eins festnageln. Auch dieEssener Volkszeitung" hat im Juni dieses Jahres den Vorwurf verlogener Agitation gegen unsere Partei. genossen erhoben, und zwar deshalb, weil die sozialdemokratischen Agitatoren bei rhren Vorwürfen gegen das Zentrum wegen der Einfuhrscheine angeblich verschwiegen, daß Deutschland   im Jahre IM eine schlechte Ernte gehabt habe. Gestern aber war eS Herr Trimborn. der selbst die.Essener VolkSzeitung" Lügen ge- Rleines Feuilleton. Tie amtliche Vertuschung des Falles Bode. Herr Bode hat end lich einen sogenannten amtlichen Bericht erstatten lassen. Dieser Bericht enthält die Feststellung des Professor Miethe. daß die Figur, nach der die alte Photographie des Lucas aufgenommen ist, mit der Büste des Kaiser-Friedrich-Museums identisch sei. Damit ist die Haupthypothese des Herrn Bode erledigt. Außerdem ist die Mit- teilung von Belang, daß es einem Direktorialassistenten des Museums nicht gelungen sei, mit Lucas jun., dem Hauptzeugen gegen Bode, in Verbindung zu treten. Woran das liegt, wird zu untersuchen sein. Im übrigen sucht Herr Rathgen. der Untergebene des Herrn Bode, darzulegen, daß die chemische und röntgenologische Untersuchung nichts Entscheidendes ergeben habe. Ferner enthält der Bericht ein Protokoll der Sachverständigenkommission, worin sie sich mit dem Ankauf der Büste einverstanden erklärt und gleichzeitig Herrn Bode Lorbeer» auf Vorschuß bewilligt. Verschwiegen aber wird, auf Grund welcher Untersuchungen und Tatsachen die Kom- Mission sich ein Urteil gebildet hat. Das ist alles I Wir meinen, kläglicher hat ein schwer angeschuldigter und nach dem Urteil aller Unbeeinflußten überführter Beamter der 180�00 Mark für ein Nichts verschleudert hat, sich noch nie verteidigt. Herr Bode, der in der ausländischen Presse ganz die Manieren eines preußischen Staatsanwalts entwickelt und in der Beeinflussung der Presse(man kann auch sagen: Korruption) durch Hingabe von Informationen ganz Artiges leistet, versagt völlig in der Verteidi- gung. Man begreift'die Gründe: Seine Sache ist zu schlecht, um gegenüber den Zeugenaussagen und Tatsachen sich halten zu können. Herr Bode und seine Clique scheinen sich einzubilden, nun wäre die Angelegenheit erledigt. Denn wenn Seine Unfehlbarkeit und Omnipotenz ocr Herr Generaldirektor, unterstützt durch seine untergebenen Beamten, amtlich gesprochen hat, hat die übrige Menschheit sich drein zu finden. So kalkulieren die Herren. Indes sie täuschen sich. Da das Preußische Kultusministerium die ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt hat. für eine unparteiische Untersuchung zu sorgen, müssen wir den sogenannten amtlichen Be- richt labgeseben vom Gutachten des Professor Miethe) für einen mißglückten Versuch erklären, die Blamage des Herrn Bode zu vertuschen. Londons   Riesenverkehr. Das englische Handelsamt hat soeben ein Blaubuch veröffentlicht, das speziell dem Verkehr Londons   im Jahre 1908 gewidmet ist. Demgemäß wurde für das genannte Jahr die Bevölkerung im Gebiete des Grafschaftsrates London  auf 4 795 789, die von Groß-London   auf 7 323 326 geschätzt. Für straft hat! Dann hat Herr Becker gestern wieder in die Debatte einen Zankapfel zwischen den christlichen Gewerkschaften und unserem Verband hineingeworfen. Weiß Herr Becker nicht, daß wir jetzt gemeinsam einen Kampf führen müssen gegen das brutale Grubenkapital, gegen die Scharfmacher, weil sie uns einen ein- seitigen Arbeitsnachweis aufzwingen wollen, bei dem die schwarzen Listen noch viel rigoroser Anwendung finden sollen? Da sind wir die christlichen Gewerkschaften und unser Verband ge- zwungen, Hand in Hand zu gehen, ja die Christlichen haben das gemeinsame Vorgehen selbst angeregt, und da kommt Herr Becker und wirst einen solchen Zankapfel in die Debatte! Ich bin überzeugt: wenn ich jetzt gezwungen bin, weil mein Name wieder- holt von ihm genannt worden ist, auf den wahren Sachverhalt ein- zugchen, so wird man wieder draußen in schofler Weise gegen uns agitieren und wird uns Sozialdemokraten vorwerfen, wir hätten einen Zankapfel in die Debatte geworfen! So war es schon einmal, als Kollege Schiffer auch eine solche Zänkerei eingeleitet hat. Er hatte das Verhalten der Nationalliberalen beim preußischen Berggesetz hier festgenagelt, und als dann Genosse Hue auf diese Anzapfung einging und erklärte, die Mitglieder der Zentrumspartei   im preußischen Landtag seien auch m i t schuld daran, daß das Berggesetz so beschlossen war, da wurde auch draußen von Zentrumsseite Hue vorgehalten, er hätte dadurch die Arbeiterinteressen geschädigt. Damals erklärte Herr Giesberts, daß eine Deputation des christlichen Bergarbeitervereins bei der Zentrumspartei des Landtags gewesen sei und gebeten habe, das Zentrum möge für das Berggesetz stimmen. Als wir dann draußen im Lande von dieser Erklärung Gebrauch machten, schrie man uns entgegen:Lüge! Verleumdung!"(Hört, hört! bei den Sozialdemo- traten.) So geht es immer: Die Zentrumsagitatoren stellen sich stets als die Angegriffenen hin, und wenn sie zehnmal die An greiser sind. Was die gestrigen Ausführungen des Herrn Becker anbetrifft so möchte ich ihm sagen: Wer im Glashause sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Als ich vor 7}H Jahren nach Westfalen   kam, hatte ich in Sacksen bereits eine 20jährige Tätigkeit in der Partei und Gewerkschaft hinter mir. Ich habe dort mit anderen Parteien manche Kämpfe durchzufechten gehabt, aber das muß ich sagen Als ich nach Westfalen   kam und die Agitationsmethoden des Zen trums kennen lernte, habe ich Augen und Ohren aufgesperrt. Ich habe es nicht für möglich gehalten, daß die Agitationsmethoden einer christlichen Partei so schofel und verlogen sein könnten. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Ich könnte Ihnen einen ganzen Berg Flugblätter des katholischen Volksvereins hier vor führen, der voll ist von unwahren Unterstellungen gegen die Sozial demokratie. Als ich mich in den ganzen Streit in Westfalen   noch nicht hineingemischt hatte, wurde ich schon in der unschönsten Weise vom Zentrum angegriffen. Was nun das 30 000 M.-FIugblatt anlangt, so ist es leider erschienen, aber ich stelle fest, daß unsi� Verbandsvorstand nicht das Geringste mit dem 30 000 M.-Flugblatt zu tun gehabt hat, sondern es war ein Machwerk zweier Leute. Einer von diesen ist wegen seiner unschönen Machenschaften seit Jahren aus dem Verband und der Partei ausgeschlossen. ES hat im Anschluß an diese Sache ein großer Prozeß stattgefunden, und dabei ist gerichtsseitig ausdrücklich festgestellt worden, daß der Wahrheitsbeweis dafür, daß der Vorstand des allgemeinen Berg- arbeiterverbandes mit diesem Flugblatt etwas zu tun habe, in keiner Weise gelungen sei. Es ist festgestellt, daß S p a n i o l der Schreiber jenes Flugblatts gewesen ist. Ebenso hat die liberale und unparteiische Presse bestätigt, daß jener Wahrheitsbeweis nicht erbracht worden ist. Vizepräsident Dr. Spahn bittet den Redner, sich auf den Gegenstand der Debatte zu beschränken.. Abg. Sachse(fortfahrend): Der Gegenstand ist von dem Abg. Becker zur Sprache gebracht worden, deshalb mutzte ich darauf eingehen, doch will ich dem Wunsche des Präsidenten nachkommen und den Gegenstand verlassen. Nur noch ein Wort über die A g i- tation will ich sagen. Wir wissen, daß im Wahlkampf hinüber und herüber geschossen wird. Wir wissen sehr gut, daß wir keine Engel sind, aber die Herren vom Zentrum sollten doch nicht so tun, als ob s i e Engel sind und eine unschöne Kampfesweise nicht kennen. Sie haben ja in ihren eigenen Reihen zwei Richtungen die sich in unschöner Weise bekämpfen. Herr Becker hat gestern damit geschlossen, daß diese Agitation mit dem Zolltarif und den Steuern nicht den geringsten Einfluß auf die Zentrumswähler hat, daß das Zentrum keine Wähler dadurch verloren hat. Ich erinnere nur an die Gewerbegerichtswahl in Essen  . Vizepräsident Dr. Spahnr Herr Abgeordneter, daS hat mit dem Gegenstand der Verhandlung gar nichts zu tun, Abg. Sachse(fortfahrend): Herr Präsident, der Abg. Becker hat ausgeführt, daß das Zentrum nicht die geringste Stimmen- einbüße erlitten hat. Da muß es mir doch gestattet sein, mit daS letzte Jahrzehnt kann die Vermehrung der Bevölkerung in der Grafschaft mit 6,73, in Groß-London   mit 14,09 Proz. angenommen werden. Die Londoner   Bahnen haben im ganzen über 1% Mil­liarde Menschen befördert, davon entfallen auf die Stadtbahnen 363 794 894, auf die Straßenbahnen 585 695 009, auf die Omnibus- gesellschaften 331 350 009 Personen. Auf den einzelnen kommen bei diesen Summen 177,5 Fahrten. Wie rasend der Verkehr zu- genommen hat, geht aus dem seit 1881 immer mehr gesteigerten Prozentsatz hervor: in diesem Jahre kommen bloß 56,6 Fahrten auf den einzelnen; 1901 werden es schon 123,7 und jetzt also beinahe dreimal so viel als vor 28 Jahren. Neueröffnet wurden in den letzten Jahren 26Vt Meilen neuer Röhrenbahnen, 68 Meilen Dampfbahnstrecken und Meilen Pferdebahnstrecken wurden elektrisiert, 80 Meilen neuer Straßenbahnen angelegt und mehr als 1000 neue Motoromnibusse eingestellt. Eine Flugmaschine für die deutsche Militärbehörde ist unter der Leitung des Regierungsbaumeisters tzoffmann gebaut worden. Die Bauart ist der des Wrightschen Fliegers sehr ähnlich, lehnt ich offenbar ganz an ihn an, ist also ein Zweidecker. Bei Wrights Apparat fiel allgemein die wellenförmige Flugbahn auf, in der ich der Apparat bewegte, indem er sich fortwährend etwas erhob und senkte. Dem soll eme wagerechte Beruhigungsfläche abhelfen. Das Seitensteuer ist etwas weiter nach hinten verlegt, während das Höhensteuer wie beim Wrightschen Apparat angeordnet ist. Die deutsche Wright-Gesellschaft ändert ihren Flieger in ähnlicher Weise ab. Die Flugmaschine der Militärbehörde erhält einen 50pfevdigen Motor, der einschließlich des Vergasers und Kühlers nur 100 Kilogramm wiegt. Musik. Zu der spärlichen Musikdramatik vornehm-heiterer Art, die eit den Meistersingern erfolgreich aufgetaucht ist, gesellt sich jetzt .Das B e i I ch e n f e st", das am Freitag dieK o m i s ch e O P e r" herausbrachte. Der Text von Viktor Heindl greift auf das -röhliche Volksleben des Mittelalters zurück. Im Wien   des vier- zehnten Jahrhunderts gilt der Brauch, den zu ehren, der das erste Veilchen findet. Nun hat Herzog Otto der Fröhliche   den Ritter Neidhard Fuchs als einen seinerkurzweiligen Räte", und Neid- Harb hinwieder einen Knappen Joi, ein verkleidetes Mädchen. Neidhard wird wegen nächtlicher Späße zum Gespötte des Herzogs und der Bürger. Joi findet das erste Veilchen, überreicht eS, als Mädchen auftretend, dem Herzog und wird des nun wieder geehrten Neidhard Weib. Die Dichtung, an Siegfried Wagners   deutschhistorische Opern- texte erinnernd, geht über Alt-Sentimentalität weit hinaus und erhebt sich an lustigen sowie an poetisch gemütvollen Stellen zu einer Höhe, die nach ebenso gesteigerter Musik ruft. Zu derartigen wenigen Worten das Gegenteil zu beweisen. Wir haben diesen Gegenstand doch nicht in die Debatte geworfen� sondern das hat gestern Herr Becker getan. Wenn darauf nicht eingegangen werden soll, so hätte das gestern verhütet werden müssen! Mit der Behauptung über die 30 000 M. ist vom Zentrum be, der Gewerbe- gerichtswahl in Essen   sehr ausgiebig agitiert worden, und der Erfolg war, daß das Zentrum 1235 Stimmen verloren hat.(Bravo i bei den Sozialdemokraten.) Abg. Stadthagen  (Soz.): Wir müssen gegen die vorgelegte Novelle stimmen, weil hier wieder einmal den Witwen und Waisen etwas genommen werden soll, worauf sie vollen Anspruch haben. Sie haben das Recht- am 1. Januar 1910 die Auszahlung des Geldes zu verlangen. und jetzt schlägt man vor, den Zeitpunkt bis zum 1. April 1911 hinauszuschieben! Und weshalb tut man das? Weil eine andere Versicherungsvorlage, die mit den Ansprüchen der Witwen und Waisen aus S 15 des Zolltarifgesetzes auch nicht das Allergeringste !iu tun hat, noch nicht so weit hat gefördert werden können, daß ie Gesetz werden kann. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Grundgedanke, der jetzt als selbstverständlich auch in die Witwen» und Waisenversicherung hineingelegt wird, Schiffbruch gelitten haS und daß in der Versichcrungsgesetzgcbung endlich dazu übergegangen werden muß, unserem Antrag von 1881 näherzutreten: daß di« Mehrkosten, wenn nicht vom Reich, so durch Zuschläge auf die höhere« Einkommen getragen werden müssen. Das gegenwärtig« System hat für ein« Menge Bureaukraten und Unterbeamten, die nicht Arbeiter sind, die nicht Witwen und Waisen sind, eine Versorgung geschaffen, und das ist der Grund, warum an diesen von dem verstorbenen Bödiker in Grund und Boden verdammten System festgehalten werden soll. das ist der Grund, warum keine Verbesserungen hineinkommen sollen und keine vernünftige und verständige Grundlage. Eine solche wäre es nämlich, wenn diejenigen, die ein hohes Einliyninen haben und die Hunderte von Millionen durch den Zolltarif geschluckt haben, Beiträge leisten müßten Statt dessen soll eS so bleiben, wie es ist, und den Witwen und Waisen und ihren Ernähren» werden die Beiträge aufgebürdet. Es ist eine Verhöhnung der Witwen vnd Waisen, daß das bißchen Recht, welches der Antrag Trimborn ihnen gebe« sollte, ihnen nun wieder genommen werden soll. Und das ist schon Grund genug, die Vorlage abzulehnen. Handelte es sich um ein Gesetz wegen Auferlegung neuer Steuern, so wissen wir ja aus den jüngsten Erfahrungen, daß Sie in der Lage sind, sehr schnell zu arbeiten, daß Sie binnen einer Stunde zehn Anträge einbringen und auch durchsetzen können, welche das Volk von neuem belasten. Hier aber, wo ein Gesetz zugunsten der Arbeiter geschaffen werden soll, können Sie natürlich nicht so schnell arbeiten. Ich habe mich gestern gewundert, daß Herr Trimborn, nachdem alles Wesentliche Schiffbruch gelitten hat und alles Wertvolle beseitigt ist, sich noch freute, daß wenigstens dasIdeale" erhalten seil Das völlig Ideale, das ist der leere Raum, das Hohle, und dieses Hohle ist für die Arbeiter, dieses Hohle ist für die Witwen und Waisen! Das war eine Selbstpersiflierung, die ich Herr» Trimborn nicht zugetraut hätte.(Sehr richtig! b. d. Soz.) Dt» Witwen und Waisen sollten eineRente" von 30 Pfennig pro Tag erhalten, das ist noch nicht annähernd als eine kleine Beihilfe,' geschweige als Rente zu bezeichnen und dafür zu stimmen, könnt»' sehr wohl als Verhöhnung der Witwen und Waisen angesehen werden. Daß ihnen aber das bißchen,'was überhaupt noch übrig bleibt, jetzt auch noch genommen werden soll, daS ist s ch l i mmep als eine Verhöhnung!(Lebhaftes Sehr richtig! b. d Soz.) Die schlechte Position, in der sich die Regierung und das Zell  ' trum befindet, hat nicht nur Herr Trimborn zu verdecken gesuch sondern Herr Becker ist ihm jju Hilfe gekommen. Es war ja eigen tümlich, wie er alles Mögliche, was mrt   dein vorliegenden Eni würfe auch nicht das allergeringste zu tun hat, hier hineinbr.achch. Er sprach von den Reichstagswahlen von 1907, er sprach von einem angeblichen Ausspruch KautskyS, der den sozialdemokratischen Miß. erfolg erklären sollte ich weiß von keinem solchen Mißerfolg, denn einen Zuwachs an Stimmen von einer Viertelmillion kann ich als einen Mißerfolg nicht ansehen. Ich verstehe, daß der Herr Präsident wünscht, daß man auf diese nicht zur Sache gehörigen Ausführungen des Herrn Becker nicht eingehe. Ich will daher nur sagen: Was Herr Becker anführte, ist unrichtig, und er hätte wohl die Pflicht gehabt, ivenn er solche Behauptungen über KautSky hier aufstellt, die betreffende Stelle auch zu verlesen. Weiter sprach Herr Becker von der 30 000 Mark-Affäre, auf die ja der Abgeordnete Sachse schon eingegangen ist. Dann kam er weiter zu sprechen auf Erhebungen ist nun wieder der Komponist doch nicht der eut- sprechend große Künstler. Er bleibt sich ohne markante Steige- rungen im wesentlichen gleich. Eine sozusagen dicke, viel Klang- färben gleichzeitig zusammenfassende Instrumentation, mit Bevor- zugung tiefer Holzblas  , und hoher Trompetentöne, geht fast durch das ganze Stück hindurch. Die Singstimmen gewinnen bei den häufigen Volksweisen und verlieren, wo sie wichtigere Stationen der dramatischen Entwickelung aussprechen sollen. Der junge Komponist, Jan Brandts-BoyS, entstammt wohl einer angesehenen niederländischen Musikerfamilie aus Dcventer. Er kann den Erfolg, der ihm nicht ohne Widerspruch und am lebhaftesten nach dem inhaltsvollen ZwischenspieleNeid- hard Fuchs" zuteil wurde, großenteils auf Rechnung der Darsteller etzen. In der Partie der mühsam verdeckten, immer mehr und mehr durchbrechenden Weiblichkeit entfaltete Maria Labia   zu ihrem gut sonoren Mezzosopran auch eine klare, bestimmte, ein- druckskräftige Mimik. Ihr Partner Zador paßt mit seinem üppigen Bariton gut zu dem erst sorgenlosen, dann sorgenvollen urwüchsigen Rittersmann. Unter den übrigen Mitwirkenden sei Emma S e e b o l d hervorgehoben, weil sie mit ihrer Rolle einer etwas komischen Haushälterin schlicht natürlich blieb, ohne sich zu billiger Chargenkunst verleiten zu lassen. Gegenüber dem Kühlen und Künstlichen, daS meist auf den Stücken und Aufführungen derKomischen Oper" liegt, haben wir hier eine Volkstümlichkeit, die mit Wärme packt. Sie verlangt nach einem weiteren Rahmen als dem dortigen mit seiner teuren Exklusivität. _ sz. Notizen. Theaterchronik. Im Neuen Schauspielhause wird vom 8. bis 15. Dezember das Englische Theater den Frau Meta Illing sieben Gastvorstellungen geben. Der Spiel» plan enthält Stücke, die die Zeit vom Ende des 18. Jahrhunderts bis auf die Gegenwart umfassen, nämlich:Ehe stoops to conquer" von Oliver Goldsmith  ;Merely Mary Ann" von Israel Zangwill  : The tragedh of Nan" von John Masefield  ;The rivals von Sheridan;Mrs Dane's defence" von H. A. Jones. Vorträge. Im Institut für MeereSkund« spricht am Montag Prof. Penck über:Kiautschou und Hinterland", Dienstag Prof. Grund über:Der Bosporus   und die Dardanellen  ", Freitag Dr. Neubaur über:Die Entstehung und EntWickelung des Suezkanals"(alle Vorträge mit Lichtbildern). Eine Ortsgruppe der Deutschen   Gartenstadtgesell- schaft ist nunmehr auch in Berlin   gegründet worden. Sie be- zweckt eine praktische gemeinnützige Gartenstadtunternehmung bei Berlin   vorzubereiten. Den künstlerischen Beirat bilden Prof. Peter Behrens. Prof. Th. Göcke, Geh. Rat MutbesiuS. Auskunst erteilt der Schriftführer A. Otlo-Rehfelde.