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Generalverfammlung des Kreiles teltoW 'Beeskovv. Im Charlottenburger Volkshaus" fand am Sonntag nach- Wittag die Generalversammlung des Wahlvercins für den Kreis Teltow-BeeSkow-Storkow-Charlottcnburg statt. Nachdem Cer.osse Hirsch die Versammlung eröffnet hatte, nahin Genosse G r o g e r- Rixdorf das Wort zu einem Vortrage über den prenhischcn Parteitag. Redner gedachte u. a. der Arbeiten unserer Landtagsfraktion und zollte dem Wirken der Abgeordneten, durch die erst wieder allgemeines Interesse an den Verhandlungen des Landtages wach- gerufen wurde, große Anerkennung. Er erklärte, wie wichtig die Wahl rech tsf rage für uns geworden sei. Daß hierin der Parteitag belebend und befruchtend wirken möge, sei seine größte Aufgabe. Darauf erläuterte er das Kommunalprogramm und kritisierte den vorliegenden Entwurf in-einigen Punkten. Gegen die vollständige llebernahme der Schullasten auf den Staat hatte er Bedenken und bezog sich auch auf. die Resolution des Bremer Parteitags, die nur Staatszuschüsse für die Gemeinden forderte. Er befürchtete einen zu großen Druck des Staates auf die Verwal- tung der Schulen. Gegen den Vorschlag, daß unsere Vertreter für unbedingte Abschaffung der Gewerbesteuern in den Gemein- den eintreten sollten, wendete sich der Redner ebenfalls und fand eine solche Forderung unzweckmäßig. Im großen und ganzen erkannte er den hohen Wert eines festen Kommunalprogramms durchaus an; es sei sogar die höchste Zeit gewesen, daß die Partei mit einem Entwurf darüber hervortrat. Nach dem sehr beifällig aufgenommenen Vortrage erstattete die Maudatsprüfungskommission Bericht. 102 Delegierte waren anwesend. Nicht vertreten waren Drewitz , Kraußnick, Langewahl, Markgrafpieske und Zernsdorf . Der Zentralvorstand war durch b Genossen, die Preß-, Lokal- und Agitationskommissionen durch je 2, resp. 1 Genossen vertreten. Einige wegen Formfehler beanstandete Mandate wurden von der Versammlung anerkannt. Die Diskussion über den gehörten Vortrag, die dann eröffnet wurde, drehte sich hauptsächlich um den Entwurf des. KommunalprogrammS. der dem Prcußcntage vorliegen wird. G�ngsse Hirsch trat den Be- denken des Referenten G r o g e r in bezug auf die llebernahme der Kosten für die Schule durch den Staat entgegen, indem er darauf verwies, daß nach dem Entwurf ausdrücklich das Recht der Verwaltung der Schulen durch die Gemeinde in Schutz ge- nommen werden soll. Wenn vom Staate nur Zuschüsse verlangt würden, dann hätten ärmere Gemeinden große Nachteile davon und es käme gerade darauf an. dem.Staate die Verpflichtung aufzuerlegen, für gute Schulen in allen Gemeinden zu sorgen. Genosse Hirsch wandte sich ferner gegen Groger in der Frage der Gewerbesteuern, die Hirsch als sehr ungerechte Steuern bezeichnete, da sie eine doppelte Belastung der Gewerbetreibenden darstellen. Unsere Vertreter in den Kommunen müßten für die Abschaffung dieser Steuern eintreten. Genosse Hoffmann- Nowawes schloß sich mehr den Be- denken Erogers in den beiden angeführten Punkten an und war von der Entgegnung des Genossen Hirsch nicht befriedigt. Er erinnerte an die reichen Gemeinden, die ihre Schullasten alleui zu tragen vermögen, und er konnte auch nicht einsehen, daß die Gewerbesteuer so sehr ungerecht sei. da die Gewerbetreibenden oft den meisten Nutzen von Einrichtungen in einem Orte haben. Genosse Zubeil erklärt, daß wir als Sozialdemokraten unbedingt an den Staat die Forderung richten müssen, daß er für gute Schulen zu sorgen habe und daß er die Lasten dafür allein trage. In den reichen Gemeinden könne man dafür agi» tieren. daß mancherlei für sozialpolitische Zwecke getan werde; man könne da gar nicht in Verlegenheit kommen, wenn es sich um Vorschläge zur Hebung der Lage der arbeitenden Schichten in einer Gemeinde handele. Gegen die Gewerbesteuer wendet sich Zubeil scharf und bezeichnet sie als die ungerechteste Steuer; sie treffe nicht den Besitz, belastet aber aufs schwerste gerade die unteren Stände. Die Abschaffung dieser Steuer müsse überall angestrebt werden. Genosse Milk regt an. daß die Partei in ihrer Agitation in den einzelnen Gemeinden eine besondere Aufmerksamkeit auf die vielen Leute richte, die überhaupt nicht zur Wahl gehen; er verspricht sich manchen Erfolg davon, wenn man diese Leute auf- kläre und agitatorisch bearbeite. Genosse Gruhl spricht sich anerkennend aus über den guten Dienst, den Hirsch der Partei mit dem Kommunal- programmentwurf geleistet habe und erklärt sich für die Leitsätze, wie sie in dem Entwurf niedergelegt sind. In zustimmender Weise bespricht auch Genosse Ulm- Zehlendorf den Entwurf und hebt die Wichtigkeit der �Agitation für gute Schulen hervor. Genosse Habicht- Cl)arlottenburg empfiehlt die Einrichtung von städtischen Arbeitsnachweisen der besonderen Aufmerksamkeit gerade jetzt, wo die Unternehmer sich entschlossen zeigen, in den Arbeitsnachweisen sich Mittel zur Unterdrückung der Arbeiterschaft zu sichern. Genosse BoeSke erklärt, daß der Ausbau des Arbeiter- fchutzeS von der Kommission für daS Kommunalprogramm voll gewürdigt worden sei und dazu gehören auch die städtischen Ar- beitsnachwcise. BoeSke bespricht dann die notwendige Reform deS Wahlrechts; er schildert, wie die Reaktion sich jedem Beginn einer Reform widersetzt und welche Opfer und Kämpfe eS kosten werde, bis Reformen durchgesetzt seien. Genosse K ü t e r- Schöneberg ist mit dem Entwurf für das Kommunalprogramm sehr zufrieden; er weist auf daS Schullehrec- elend in den ländlichen Gemeinden hin und auf die Notwendigkeit. Sozialdemokraten in den Schulräten zu haben, eine bis jetzt noch nicht erfüllte Forderung. Genosse Zubeil bespricht die Wahlrechtsfrage; er meint. daß von dem Stand der Agitation in dieser Beziehung niemand von uns recht befriedigt sei. Nachdrücklicher und gewaltiger müßte zugunsten des Wahlrechts demonstriert werden. Nicht nur am Abend, sondern gerade am Tage, wo viel mehr Aufmerksamkeit erregt wird, sollten die Massen zusammenströmen und ihre Stimme erheben; die Arbeit sollte mal einen halben Tag ruhen. um zu zeigen, wieviel den Arbeitcrmassen an dieser Forderung gelegen ist. Der Redner wendet sich dann noch einmal gegen die Gewerbesteuer und betont, daß man in den Gemeinden in erster Linie für die progressiv steigende Einkommensteuer und für die Mertzuwachssteuer agitieren niüsse. Der Parteitag werde an dem Entwurf nicht viel zu ändern haben, denn der Entwurf er- fülle vollständig seinen Zweck, den Genossen in den Gemeinden auf dem Lande und in den kleinen Städten eine Richtschnur zu geben, um auf festem Boden zu stehen und sich Anerkennung zu verschaffen. Eine solche Richtschnur sei notwendig geworden und die hcer gegebene nur zu begrüßen. Genosse Groger spricht in seinem Schlußwort mit Auer- kennung von dem Kommunalprogramm. So sehr er aber auch prinzipiell mit allem einverstanden sei, so könne er doch nicht übersehen, daß noch ein weiter Weg bis zur Erfüllung unserer Forderungen zu gehen sei und daß viele Zwischenstufen in Frage kommen. In bezug auf die Wahlücchtsfrage hofse auch er. daß der Kampf sich steigern werde. Wichtig sei die Kleinarbeit in Stadt und Land; es gelte, unsere Forderung stets in der öffent- lichen Diskussion zu halten, bis wir Ersolge gewinnen. Einige Anträge waren eingelaufen, die Genosse Hirsch zur Verlesung brachte. Ohne Debatte erklärten sich die Versammelten für den folgen- den Beschluß: Die Generalversammlung des WahlverelnS Teltow-BeeS- kow unterbreitet dem Preußentag folgenden Antrag: Die Dele- tzkerkenivahlen zum preußischen Parkertag sollen in Zukunft nach demselben Wahlsvstem vorgenommen werden wie die zum beut- schen Parteitage.' Ebenso wurde ein Antrag des Genossen Zubeil ange- nommen, nach welchem Doppelmandate zu den gesetzgebenden Körperschaften soweit wie irgend möglich vermieden werden sollten. Zur Begründung seines Antrages führte Zubeil an, daß jetzt viele Genossen in den verschiedenen Landtagen zurüagehalten würden, und ihre Anwesenheit im Reichstage sei auch notwendig. Gegen doppelte Kandidaturen wende er sich nur in solchen Fällen. wo Aussicht besteht, daß der Kandidat gewählt werden könne. Von Doppelmandaten habe die Partei den Schaden und davor solle sie sich bewahren. Der folgende Antrag wurde nach kurzer Debatte ebenfalls angenommen: Der preußische Parteitag wolle beschließen, daß unsere Genossen verpflichtet sind, möglichst zu gleicher Zeit in den ein- zelnen Gemeinden eine Agitation zugunsten der Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts für Angehörige beiderlei Geschlechts für die Kommunalwahlen zu entfalten." In der Debatte darüber wurde angeführt, daß der Antrag wertvoll sei, weil man mit dieser Taktik die liberalen Parteien in den Kommunalvertretungen herausfordern könne, Stellung zu der Wahlrechtsfrage zu nehmen. Die Generalversammlung nahm darauf die Wahl der Dele- gierten zum Parteitage vor. Die folgenden Genossen wurden gewählt: G r o g e r- Rixdorf, Silber st ein- Rixdorf, Will- Charlottenburg und als Ersatzmann Schenk- Schönebera. Genossin Thiel hielt eine Ansprache an die Versammlung über die Arbeiten der Kinderschutzkommission; sie forderte die Genossen zu reger Mitarbeit und Unterstützung auf. Ueberhanpt wünscht sie mehr Mithilfe unter den Genossen, damit die Agi- tation in den Frauenkreisen zugunsten der Partei mehr als bisher gefördert werde. Auf die Jugendschriften-AuSstellung imVolkshauS", die bis zum IS. Dezember dauert, wurden die Versammelten besonders aufmerksam gemacht. Nachdem Genosse Hirsch noch einige Fragen in bezug auf die Agitation durch Jugendheime usw. beantwortet hatte, schloß er die Versammlung._ Die Krels-Generalveriammlung von llledcrbarnlm. Am Sonntag hielt zu Rummelsburg Um Cafe Dellevu« der Kreiswahlverein von Niederbarnim feine Generalversammlung ab. Als erster Punkt stand der preußische Parteitag auf der Tagesordnung, sowie als besonderer Teil das neue Kommu» nalprogramm. Zum Preußentag im allgemeinen hielt der Genosse B ü h l e r- Lichtenberg das Referat. Der Redner bedauerte es. daß der Tätigkeitsbericht der Landeskommission noch nicht veröffent- licht sei, und die Anträge zum Preußentag schon bis zum 6. De­zember eingereicht sein sollten. Nachdem der Redner dann kurz auf die Wichtigkeit der verschiedenen Punkte der Tagesordnung hin- gewiesen hatte, ging er ausführlicher auf die Wahlrechtsfrage ein, die ja im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen wird. Von der Regierung wie von den bürgerlichen Parteien ist nichts zu erwarten. Im Parlament wird sich der Wahlrechtskampf nicht abspielen, son» den, außerhalb. Die Freisinnigen von heute erklären eS für un- nobel, auf die Straße zu gehen, aber ihre Vorläufer von 48 dachten kveilich anders. ES ist bedauerlich, daß eS auch Genossen gibt, die den Wahlrechtskampf nach einer anderen Richtung drängen wollen. Man warnt vor den großen Gefahren. Alan sollte aber über De» monstrationen auf der Straße weniger reden und viel mehr handeln. Wahlrechtsdemonstrativnen können und werden nicht von einzelnen Personen gemacht, müssen vielmehr aus der großen Masse des Volkes hervorgehen. Der Volksstimmung im Lande sollten die leitenden Genoffen sich nicht entgegenstellen. Die gegenwärtig« Zeit. die Kampfstimmung, die durch die verschiedenen Wahlerfolge ge» fördert wurde, ist außerordentlich günstig für die Wahlrechtsbewe- gung. Bon der Masse müssen die Vertreter auf dem Preußentag gedrängt werden, daß sie uns Mittel an die Hand geben, den Wahl» rechtSkampf mit ganzer Kraft zu führen. Wir» dürfen die Hände nicht in den Schoß legen, es nicht unseren Abgeordneten überlassen, sondern müssen selbst dafür sorgen, daß die große Stunde auch ein großes Geschlecht findet, und daß der Wahlrechtskampf nicht zag- hgft, sondern ganz energisch geführt wird. lieber daS Kommunalpregramm referierte Genosse S o n n e n b u r g» Friedrichshagen unter Hin- weis auf den imVorwärts" veröffentlichten Entwurf. In dem Teil der Forderungen, der sich an die Gesetzgebung wendet, nimmt ja ebenfalls das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht die wichtigste Stelle ein. Der Redner bemerkte, daß die ganze ge. schichtliche Entwickclung in anderen Ländern die Ueberzeugung gibt. daß eS auch in Preußen möglich ist und sein wird, dem ganzen Volke das Wahlrecht zu errimgen, ebenso wie die Bcsitzvorrechte fallen müssen und werden, und auch das Einkammersystem den Sieg davontragen wird. Der Redner schilderte dann kurz die Be- deutung der übrigen zahlreichen Forderungen des Programms, wobei er auch auf die dazu vorliegenden Anträge einging. Redner empfiehlt den folgenden, von den Mahlsdorfer Genossen gestellten Antrage zur Annahme:VIII. sSubmissionswesen) Vergebung der Gemeindearbeiten und Lieferungen nur an solche Unternehmer, die sich vertraglich verpflichten, diese in eigenen gewerblichen Be- trieben unter Ausschluß jeglicher Heimarbeit anfertigen jsu lassen, die Lohn- und Arbeitsbedingungen der von ihnen befchäf- tigten Arbeiter in Gemeinschaft mit den Arbeiterorganisationen fest- zusetzen und das Koalitionsrecht der Arbeiter zu wahren usw." Der Redner schloß mit dem Wunsche, der Entwurf, möge eine gute Richt- schnür für die Tätigkeit unserer Genossen in den Gemeindever» tretungen werden. Die Diskussion, die zunächst über das Referat deS Genossen Bühler eröffnet wurde, bezog sich fast allein auf die W a h l r e ch t S f r a g e. Genosse Jaxobfohn wies auf die Erörterungen über den Massenstreik zur Erring, mg deS Wahlrechts hin und erinnerte an die Vorgänge im Auslände, namentlich in Schweden , wo nicht nach Zahlung gefragt worden sei. Man solle sich darüber klar werden, daß ein solcher Kampf nicht mit materiellen Mitteln geführt werden kann. In den Organisationen müsse immer wieder darauf hin- gewiesen werden, daß wir ernsten Kämpfen entgegengehen und ge° nötigt sein werden, schwere Opfer zu bringen. K ä m i n g- Mahlsdorf führt aus: Keiner wisse, wie die Dinge sich gestalten würden. So sehr man sich auch für Straßendemonstra- tionen begeistern könne, hätten sie doch keine unmittelbare Wirkung auf die bürgerliche Gesellschaft ausgeübt. Wir müßten uns mit anderen 5bampfesmitteln vertraut machen. Die Frage der Steuer- Verweigerung und der Mietsverweigerung müßten geprüft werden. Er. Redner, wolle diese Dinge keineswegs als sicheres Mittel empfehlen, sondern zunäckst nur zur Erörterung. Vor allem aber müsse die Agitation und Aufklärung der großen VolkSmasien über die Notwendigkeit des WahlrechtskampfcS mehr systematisch und energisch betrieben werden. Mirus-Lichtenberg : Man solle sich nicht täuschen darüber. daß, wenn wir jahrzehntelang die Wahlbeteiligung ablehnten, es nun so schnell gehen werde, das Wahlrecht zu erringen. Die Vor- schlüge KämingS hätten wohl etwas Bestechendes an sich, ob man aber damit zum Ziele kommen könne, sei mindestens zweifelhaft. Wenn die Arbeiterschaft die Steuern verweigere, würden die Behörden sie eben vom Arbeitgeber einziehen. Ob wir zum Generalstreik greifen sollten, sei hier nicht die brennende Frage. Es müsse den leitenden Genossen überlassen bleibeii, ganz still und nüchkerk. zu überlegsn, welche Mittel anwendbar und zweckmäßig feien. Vor allem komme es darauf an. die Massen erst einmal besser in dem Gedanken des Wahlrechtskampfes zusammenzusühren. M a s s a- Tegel hält ebenfalls die Vorschläge Kämings nicht für durchführbar. Auch Straßcndcmonstrationen seien nicht das Mittel, auf die Regierung und die bürgerliche Gesellschaft einzu­wirken. DaS einzige Mittel werde oie Verweigerung der Arbeits- kraft sein. Der Preußentag müsse diese Frage ganz besonder? prüfe». Sonnenburg- Friedrichshagen verspricht sich von Straßen» demonstrationen nichts, hält auch den Generalstreik nicht für daS Mittel, das Wahlrecht zu erringen, ebensowenig die Steuerverweige- rung. Wenn aber gesagt werde, wir hätten kein Mittel, so sei das keineswegs zutreffend. Der Redner weist darauf hin, wie viele Arbeiter und ihnen gleichgestellte Leute noch der Organisation des Proletariats fernstehen. Diese gelte es vor allem erst einmal zu gewinnen und aufzuklären. Reichstagsabgeordneter Stadthagen führt aus, es fei irrig. anzunehmen, daß die Sozialdemokratie in Preußen nicht schon früher für das Wahlrecht und die Wahlbeteiligung eingetreten wäre. Habe sie doch schon 18!)l) in Halle aufgefordert, überall da, wo auch nur agitatorische Erfolge zu erzielen seien, an den Wahlen teilzunehmen. Irrtümlich sei es auch, daß eS damals von der Wahl» beteiligung gcheißen hätte: niemals oder überhaupt nichtl Ter Redner teilt nicht die pessimistische Auffassung, daß noch viele Jahre vergehen könnten, bis das Wahlrecht errungen Wierde. Der Klassen- kämpf trete immer klarer hervor. Die herrschenden Klassen könnten in ihrer Agitation, die uns die Massen zuführt, die uns bisher nicht zugänglich waren, nicht erlahmen. Die Verhältnisse spitzen sich immer mehr zu. Daß Strahendemonstrationen nicht ganz wirkungs» los seien, beweise der Umstand, daß in dem Entwurf zum neuen Strafgesetzbuch vorgeschlagen wird, jede Straßendemonstration als Hochverrat zu betrachten. Straßendemonstrationen seien kein schlechtes Mittel. Wohl könne man damit nicht von heut auf morgen das Ziel erreichen, wohl aber dienten sie dazu, die Massen aufzu­rütteln, und seien so eines der besten Mittel zur Agitation und Organisation. Steuerverweigerung oder Mietsverweigerung hält der Redner nicht für angebracht. Durch das Lohnbeschlagnahmegesctz haben die Behörden da» Mittel in der Hand, die Steuern cinzu- ziehen. Aber anders sei es mit der Frage des Massenstreiks. Der könne natürlich nicht plötzlich begonnen werden. Es komme eben alle» darauf an, die Agitation immer intensiver zu gestalten. Man solle sich aber die Kampfeslust nicht lahmlegen lassen durch den Ge- danken, daß eS noch so sehr lange dauern müsse, bis wir daS Wahl­recht erringen. D ü w e l l> Lichtenberg bemerkt, daß Straßendemonstrationen nicht ganz einflußlos seien, beweise der Umstand, daß bald nach den ersten Demonstrationen und der feierlichen Erklärung Bülows. er werde sich nicht drängen lassen, die Thronrede mit dem Passus von der Fortentwickelung des Wahlrechts kam. Selbst solche Mittel wie die Steuerverweigerung und Mietsverweigerung seien nicht von vornherein abzulehnen. Di« Qualität solcher Mittel werde von der Quantität der Anwendung bestimmt. Wenn eS möglich wäre. die Massen dafür zu begeistern, dürfe man sich auch Erfolge ver- sprechen. Die Hauptsache sei und bleibe die intensive Agitation. Oeser-Nnmmelsburg hebt besonders hervor, daß die Kraft deö Wahlrechtskampfe» von unten kommen muß. Aber auch im Reichstage sollten immer wieder Anträge eingebracht werden, die Einzelstaaten zur Einführung deS durchaus demokratischen Wahl» rechts zu zwingen. N i e t s ch k e- Lichtenberg macht auf die Bedeutung des Ge» nossenschaftsn'csens für einen eventuellen Generalstrei! zur Er» kämpfung des Wahlrechts aufmerksam. Ada in- Borsigwalde betont, daß man in bezug auf di« in» direkten Steuern ein Mittel deS Kampfes durch Sieuerverweige- rung habe, soweit namentlich Schnaps. Zigarren, Bier usw. in Frage kommen. Auch damit könnten wir den Gegnern zeigen, daß wir unter allen Umstanden das Wahlrecht erkämpfen würden. Hierauf erhielt der Referent daS Schlußwort. Er sagte unter anderem, daß es ein gutes Zeichen sei, daß die Wahlrechtsfrage auch hier wieder im Mittelpunkt der Diskussion stand. Die heutige Versammlung sei nicht dazu bestimmt, die Mittel anzugeben, durch die der Wahlrechtskampf geführt werden muß. Die indirekten Er- olge der Straßendemonstrationen hätten bewiesen, daß diese kein chlechtes Mittel seien. Wenn di« große Masse genügend aufgeklärt ei, so werde man nicht lange zaudernd erwägen, sondern eben alle Nittel anwenden, die notwendig und praktisch erscheinen. Nicht am grünen Tisch könne darüber entschieden werden, sondern durch die Masse müsse eS geschehen. In allen Ecken und Kanten müsse man unausgesetzt den Wahlrechtskampf propagieren, und Ivenn die Massen erst genügend aufgeklärt und geschult sind, könne uns eben jedes Mittel recht sein, das zum Ziele führt. Es folgte die Diskussion über das Kommunalprogramm. Sie war nur kurz. Genosse Käming begründete den Mahlsdorfer Antrag, welcher die Ausschließung der Heimarbeit bei Vergebung von Gemeindearbeit verlangt, unter Hinweis auf die großen Schäden der Heimarbeit. Der Antrag wurde einstimmig gutgeheißen. ES lag dann noch ein Antrag aus Rummels» bürg vor. wonach in den Forderungen über die Lohnverhältiiisse der Genieindearbeiter und Angestellten die Lohnskala nach dem Dienst- alter in Wegfall kommen sollte. Wie John- Rummelsburg, der sich selbst als Gegner des Antrag» bezeichnete, ausführte, war der Antrag damit begründet worden, daß es sozialpolitisch richtiger sei, Leuten, die dieselbe Arbeit leisten, ob sie nun längere oder kürzere Zeit im Dienste der Gemeinde stehen, auch dafür denselben Lohn zu zahlen. Jedoch sei er. Redner, der Meinung, paß, da es- so schwer ist. für jeden Arbeiter von Anfang an einen ordentlichen Lohn fest- zusetzen, man besser und leichter dahin komme, wenn man an der Lohnskala mit den Dienstalterszulagen festhalte. In demselben Sinne äußerte sich auch der Genosse Sonnenburg in seinem Schlußwort über den Antrag, der denn auch von der Versammlung abgelehnt wurde Zum zweiten Punkt der Tagesordnung, KreiSangelcgenheiten, lag folgendes: Antrag aus Stralau bor : Um eine bessere Wirkung und Durchführung deS Schnaps- bohkotts zu erzielen, beauftragt die heutige Generalversammlung die Kreisleitung, unverzüglich ein Flugblatt herauszugeben. Wessel- Stralau begründete den Antrag. Er habe erwartet, daß vom Kreisvorstand erklärt worden wäre, daß das Flugblatt herausgegeben sei. Es geschähe aber durchaus nicht genug, um den Schstapsboykott wirklich durchzuführen. Dazu kämen die Meinungs» Verschiedenheiten über die Auslegung des Leipziger Beschlusses. Mit der Parole der Mäßigkeit sei nichts anzufangen. Es müsse vielmehr strikte Enthaltung verlangt werden. Von der Erklärung des Partei- vorstände» habe Mehring mit Recht geschrieben, daß sie nicht kalt und nicht warm sei; aber mit Mehrings Artikel in derNeuen Zeit" stehe eS nicht besser. Man gehe da von der falschen Boraus» setzung aus, daß der Beschluß nur für die Parteilgenossen gelten solle, und daß innerhalb der organisierten Arbeiterschaft so schon sehr wenig Schnaps getrunken werde. Es müsse ein Flugblatt herausgegeben werden, worin klar und deutlich auf die gesundhcit- lichen wie moralischen Schäden des Schnapsgenusses wie auf den eigenilichen Zweck des Boykotts hingewiesen werde. Wir seien es uns selbst wie der ganzen Partei schuldig, mit aller Kraft dafür zu sorgen, daß der Beschluß auch durchgeführt wird. Genosse B ü h l e r erklärte hierzu, daß der Antrag der vorigen Kreiskonferenz über ein Flugblatt zum Schnapsboykott, Groß-Bcrlin überwiesen worden sei, daß aber seiner Meinung nach in Groß» Berlin allzuviel Rücksicht auf die Budiker genommen werde.(Zu. stimmung.) ES sei vom Parteivorstand ein Flugblatt heraus» gegeben, aber dem Kreise nicht zugegangen. Wenn die Versammlung den Antrag annähme, werde das gewiß auf Berlin erzieherisch ein. wirken. Da der Kreis an Eroß-Berliu seine Gelder abliefere, könne man wohl erwarten, daß dafür auch etwas geleistet werden sollte. Wenn jedoch das Fliigblatt dennoch nicht von Groß-Berlin geliefert werde, so solle vom Kreisvorstand dafür gesorgt werden. DÄs Wer-