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Wahlreden. London , 9. Dezember. Gestern abend hielten zehn Mitglieder der Regierung Wahlreden, von dein früheren Kabinett der Exminister Lyttelton. Die Ab- lehnung des Budgets verteidigten die Lords Camperdown und K e st c V e n in Reden, die sie in Roniford bezw. in Wellingboroiigh hielten. Die Bemerkung Lord Kestevens, daß England im Innern vom Sozialismus und von außen durch Deutschland bedroht würde, wurde mit G e- lächter anfgenvmmen, worauf Lord Kesteven ausrief:Sie werden mir nicht glauben, bis Ihnen die Deutschen ihre Bajonette in den Leib stoßen", was erneutes Gelächter her- vorrief. Die Schutzzollpläne. London , 9. Dezember. Der gestern veröffentlichte Tarif- plan wird hier viel besprochen. Die konservativen Blätter ignorierten gestern insgesamt das Schema, heute äußern sich nur Morningpost" und.Standard" dazu, die eS als interessant, aber nicht als maßgebend bezeichnen. Sie vermissen den Hinweis. daß zur Kompensation für die Zölle aus andere Lebensnnttel die Abgaben auf Tee und Zucker ermäßigt werden sollen. Die liberalen Blätter betrachten das Schema als maß- gebend und sagen, sie seien dankbar für die Beröffentlichung dieses teuren Nahrungsmittelbudgets, durch welches die extremen Tarifresormer von Birmingham einen Druck auf B a l f o u r ausüben wollten, der jetzt schwerlich eine Darlegung seiner Ansichten Über die Nahrungs Mittelbe st euerung umgehen könnte. poUtifebe OcbcyHcbt* Berlin, den 9. Dezember 1909 Ter Freisinn und die Wahlreform. Von den freisinnigen Blättern war eS einzig das zwar viel ge­gelesene. aber politisch wenig einflußreicheBerl. Tagebl.". das sich entschieden für eine Wahlreform ins Zeug gelegt hat. Trotzdem hatten die sozialdemokratischen Blätter durchaus recht, die ihr Urteil über die letzte.Kundgebung desBerl. Tagebl.", das Unterschristen- aufgebot zahlreicherCelebriläten" für eine Wohlreform dahin ab- gaben, daß diese Demonstration eine überaus zahme sei und keines- Wegs von entschiedenem Kampfes- und Bekennermut zeuge. War doch in der Kundgebung nur in überaus verschwommener Weise von der Wahlresorm überhaupt die Rede, ohne daß auch nur mit den flüchligsten Strichen ein Mindestprogramm für die Wahl- resorm gekennzeichnet worden wäre. Immerhin aber trat das Berl. Tagebl." doch wenigstens mit Entschiedenheit für eine Wahl- reform selbst ein. Ein anderes FreisinnSblalt jedoch hält eS sogar für seine Pflicht, in Sachen der Wahlresorm zu bremsen. Die ,Weser-Ztg." schreibt nämlich: Wie weit überhaupt eine künstliche Beschleunigung oder ein künstliches H i n d n g e n aus die versprochene Wahl- resorm eine» prakliichen Erfolg hat. mutz dahin gestellt bleiben. Die politische Situation dürste weder in Preußen»och im Reiche zu derartigen spekulativen Angriffen geeignet sein, zumal die Front der preußischen Agrarier geschlossener, fester und gesicherter denn je daitchl." Daß die Agrarier im Reichstag sowohl wie im preußischen Landtage so zahlreich vertreren sind, ist gerade die Schuld des BlockfreiiinnSl Aber der Freisinn könnte seine Mocksünden wenigstens dadurch wieder gut machen, daß er gemeinsam mit der Arbeiterklofle einen schneidigen Feldzug für die U e b e r t r a g u n g deS ReichStagSwahlrechtS auf Preußen begönne. Die Stimmung der Masten wäre einer solchen Agitation jetzt günstiger als je I Statt besten sucht der Freisinn zum Teil sogar abzuwiegeln damit den Junkern da» Spiel noch erleichtert wird! Echt frei« sinnig!_ Aus der sozialdemokratischen Reichstagsfraktlo«. Die Fraktion bestimmte in ihrer Sitzung vom Donnerstagabend die Kommissionsmitglieder für die verschiedenen ständigen und nicht ständigen Kommissionen. Es sollen delegiert werden: In die Kom> Mission für die Vorbereitung deS portugiesischen Handelsvertrages Stücklen, NoSke und Molkenbuhr; in die Budgetkommission Singer, Ledebour und Frank; in die WahlprüfungS- lommistion Fischer und Geyer ; in die Gesckäftsordnungs. kommission Singer; in die NechiiungSprüfiingskomnuision Ulrich und Hengsbach; in die PelitionSkommiision Schwortz, Sachse. Geck und Schöpslin. Zu Rednern wurden be- stimmt: für daS Gesetz über die Hastpflicht der Reichsbeamten: Heine, über den Handelsvertrag mit Bolivia : S ü d e k u m. über da? Gesetz betreffend die Fernsprechgebllhrenordnung: Singer, zu der Vorlage der Strafprozeßordnung und des GerichlsverfassungS- gesetzes sollen sprechen: Heine und Stadthagen . Der soziale Ausschuß der Fraktion hat einen umfangreichen Antrag ausgearbeitet, in dem für die verschiedensten Arbeiter- kategorien sHandels-, GastwirtSgewerbe. Bureauangestellte usw.) die von unS vertretenen sozialpolitische» Forderungen formuliert werden. Die Fraktion wird diesen Antrag als AbänderungSantraz zur Ge« werbeordnung eindringen._ Herr Spahn und dieGermania ". Herr Profcstor Dr. Martin Spahn hat an die ultramontane .Germania' eine Beschiverdeepistel gerichtet, in der er gegen die zweimalige Entstellung deS Wortlautes' setner Beiprechung des Mnthschen Buches protestiert. Doch das ist neben- sächlich; wichtiger ist das folgende Geständnis! Mein Aufsatz hat bei seinem Erscheinen den Beifall einerzn- ständigen Stelle' gefunden, d i e ich bei aller Ehrerbietung gegen die.zuständige Seite' der.Germania' für ebenso zuständig halten durfte und darf wie die, bei der die Germania " Rat suchte. Für die regelmäßigen Leier des.Hochland' war überdies Sinn und Bedeutung meiner Darlegungen um so genauer umgrenzt und bestimmt, als ich fast unniitlelbar vorher im.Hochland' einen Aufsatz über Hosfbouer veröffentlicht und darin grundsätzliche Anssührimgeii über den Verlauf der deutschen katho- lischen Bewegung gemacht hatte. Den Aufsatz hat der Nedemploristen- spater Jnnerkosler soeben noch im Vorwort sxines Werkes über den Heiligen zum erbeblichen Teile mit Worten liebenswürdiger An- erkennung abgedruckt." Wenn die obigen Worte einen Sinn haben, dann ergibt daß sich daraus, der Hctzartikel derGennania" nicht in ihrer Redaktion geschrieben ist. sondern von einer ,z u st ä n d i g e n S e i t e' stammt. die nach der Ehrerbietung, mit der Herr Spahn sie nennt, nur ein hoher Geistlicher sein kann. Danach zu urteilen, scheinen die fanatischen Artikel gegen denModernismus', die sich hin und wieder dieGermania " leistet, auS dem hohen Klerus zu stammen. DieGermania " gibt das auch indirekt zu. denn sie bestreitet nicht. daß der Artikel von einer solchenzuständigen Stelle' stammt; nur erklärt sie, sie müsse Herrn Professor Spahn daS Recht absprechen,über die zuständige Stelle, von der unser Artilel herrührte, ein Urteil zu fällen'. Der erwünschte Formfehler. Wir berichteten gestern, daß der Bundesrat das in der vorigen Session beschlossene Gesetz über die»Unter- slutzung der Kriegsveteranen" deshalb nicht der- abschiedet habe, weil dem Reichstage ein Formfehler mit unterlaufen sei. Man braucht kein Bureaukrat zu sein und kann der etwaigen Konsequenzen wegen einen Verstoß gegen die Form unter Umständen für einen Hindcrungsgrund an- sehen. Hier handelt es sich aber um einen gesuchten Fehler, denn derselbe soll darin bestehen, daß vergessen worden ilt, das Datum, an welchem das Gesetz in Kraft treten soll, in der dritten Lesung aus- z u f ü l l e n. Nun wird aber abgesehen von Mteuergesehen bei den in e i st e n Gesetzen vom Reichstag kein Termin gesetzt, sondern es heißt einfach, das Gesetz tritt mit seiner Ver- öffentlickiung durch den Bundesrat in Kraft. Man hätte hier diese Formel also einfach anwenden sollen und der Bundesrat hätte das Gesetz publizieren können. Das würde auch jedenfalls geschehen sein, wenn es sich um ein der Re- gierung erwünschtes Gesetz, namentlich um ein Steuer- g e setz gehandelt hätte. Aber selbst diese Auslegung hätte man nicht einmal gebraucht, und die Regierung wäre doch gezwungen gewesen, dem Bundesrat da? Gesetz zur Beschluß- fassung unterbreiten. Denn es heißt der Schluß des strittigen letzten Paragraphen: Dieses Gesetz tritt mit Wirkung von... 1909 in Kraft. Also darüber besteht kein Zweifel, daß es 1909 in Kraft treten sollte, man hätte also im schlimmsten Falle den letzten Tag des Jahres an- nehmen müssen. Denn daß das Gesetz 1909 in Kraft treten solle, hatte der Reichstag ganz unzweideutig ausgesprochen. Man wollte aber nicht 1 Und niemand von den Herren Geheimräten, die bei der dritten Lesung die R�ierungsbank.zierten, und denen doch die Form sonst alles ist, machte den Berichterstatter, der übrigens der viel- beschäftigte Abg. Erzberger war. auf sein Versehen auf- merksam!_ Die Reichstagsersatzwahl in Eisenach -Dermbach . Die Antisemiten haben bereits ihren Kandidaten für die am 29. Januar 1910 im Kreise Eüenach-Kalteiinordheim-Dermbach statt- findende ReichstagSersatzwahl aufgestellt. Eine am S. Dezember in Dorndors tagende Versammlung der Vertrauensmänner der Deutsch - sozialen Partei bescvlotz einstimmig, den Postverwalter Hädrich als Kandidaten für die Reichslagswahl aufzustellen. Zufriedene Agrarier. Diese höchst seltene Erscheinung zeigte sich in einer Versamm« lung der landwirticpasilichen Vereine der Provinz Brandenburg , die am Mittwoch in Berlin unter dem Borsitz deS Freiherr » v. Arnim- Güterberg lagte. Der Torsitzende sagte u. a.: Die Landwirtschaft kann bei den gegenwärtigen Verbältnisten gut bestehen. DaS vergangene Erniejahr gehört nicht zu den schlechtesten, denn die Svmnierernte war im Duichscbnitt sehr gut, und auch vom Stande der Wintersaaten kann nur das beste berichtet werden. Der Kartoffelbnu hat sich ebenfalls nicht schlecht gelohnt, die erzielten Preise entsprachen im allgemeinen den gehegten Erwartungen. Die Scbweineproduktion hebt sich seit einiger Zeit wieder, nachdem bessere Preise geboten werden. Bei den gegenwärtigen Berhällnisten kann der Landwirt gut be- stehen und braucht nichi zu verzagen." Und weil eS den Agrariern jetzt so einigermaßen gut geht. haben sie nach Ansicht deS edlen Sprossen aus dem edlen Geschlecht derer von Arnim mit Freuden die Las» der neuen Steuern aus sich genommen, um so mehr, als sie vonglühender Vater- landsliebe" beseelt find. Anders als sonst in Menschenköpfen spiegelt sich in diesem Kopf die Welt. Weit mehr als die Agrarier werden die den Junker» tributpflichtigen breiten Masten von den neuen Steuern be- lastet. Dieglühende Vaterlandsliebe' der Agrarier kann sich sonach aus diesem Gebiete recht billig betätigen. Immerhin verdient es, vermerkt zu werden, daß sich wenigstens einige Agrarier gefätrigt fühlen. Das wird natürlich in demselben Moment wieder anders, in dem Regierung oder Reichstag Miene machen sollten, den Interessen deS erwerbstätigen Teiles des deutschen Volkes einiger- maßen Rechnung zu»ragen. Dann setzt sofort wieder das all- bekannte Geschrei von der Rot der Landwirtschaft ein, und sollte dieses Geschrei überhört werden, dann ist auch sofort dieglühende Vaterlandsliebe" der Agrarier wieder futsch. Pluralwahlrecht für Hessen . Das soll tatsächlich der Ausgang des vierten hessischen Wahlreformwerks sein. Unsere gestrige telegraphische Mel- dung bestätigt sich. Zentrum und Liberale sind bereit, mit dem Bauernbund einen schmählichen Kuhhandel einzugelien, durch den sie sich verpslichlen, für einen Antrag des Bauern- bündlers Weber zu stimmen, wonach jedem Wähler über 50 Jahre eine Zusatz st imme gegeben w i r dl Als Gegeiileistung sollen die Bauernbündler für den Äntra� des Rationalliberolen Osann stimmen, wonach ein- jähriger Besitz der Staatsangehörigkeit für die Erlangung des Wahlrechts genügt. Die Regierungsvor» läge sieht.eine dreijährige Frist vor. Dieser Kuhhandel ist am Mittwoch in der gemeinsamen Sitzung der drei beteiligten Fraktionen: Bauernbund. Ratio- nalliberale und Zentrum, abgeschlossen worden. Daß die Alterszuschlagsstimme eine starke Benachteili- gung der proletarislkfen Wählerschaft bedeutet, bedarf keines weiteren Nachlveises. Das Kompromiß ist eine brutale Her- ausfordmmg des Prpletarjaäs. Das arbeitende Volk Hessens , das sich bereits in wuchtigen Demonstrationen gegen die Wahlrechtsvorlage der Regierung gewendet hat. wird sich mit aller Kraft gegen den Versuch wenden, ihm das gleiche Recht zu nehmen._ Kommuualwahlen. Bei der Stadtverordnetenwahl in Velbert sKreiS Lennep-Remscheid -Meitmann) siegte die Sozialdemokratie in der 3. Abteilung mit 1039 bis 1051 Stimmen über das bürgerliche Kartell, daS 88 bis 3b3 Stimmen auf sich vereinigte. Zu drei Sitzen, die sie bisher inne hatte, hat die Sozialdemokratie nun noch drei erobert, so daß nur noch zwei Sitze der 3. Abteilung den bürgerlichen Parteien verbleiben. Die Wahlbeteiligung war noch niemals so zahlreich wie bei der diesjährigen Wahl. Wahlen in Württemberg . In Gmünd führte die nach dem Proporz vollzogene Wahl zu dem Resultat, daß von fünf Mandaten je zwei auf die Sozialdemokraten und das Zenlrum und eins auf die Liberalen entfiel. Unsere Stimmen stiegen um 142, die Wahl- beteiligung betrug 35 Proz. In Schwenningen wurden bei gleichfalls sehr starker Wahlbeteiligung zwei Nationalliberale, ein VolkSparteiler und«in Sozialdemokrat gewählt. In Nürtingen war ztvischcn Sozialdemokratie und National- liberalen ein gegen VolkSparteiler und Bauernbund gerichtetes Ab- kommen getroffen worden, auf Grund dessen bei einer Wahl- beteiligung von 90 Proz. ein Sozialdemokrat, zwei Liberale und ein Volksparteiler gewählt wurden. In N e u h a u f e n a. F., einer bisherigen ZentrumSdomäne, errang die Sozialdemokratie zwar noch kein Mandat, aber ihr Kandidat erhielt die sehr respektable Slimmenzahl von 215." Nur 13 Stimmen mehr und auch hier wäre der erste Sozialdemokrat in den Gemeinderat eingezogen.. In Frankenbach wurden ein Sozialdemokrat und zwei Bürgerliche gewählt. Die Wahlbeteiligung erreichte 86 Proz. Die Sozialdemokratie hat jetzt drei Vertreter im Gemeinderat. In Schwaikheim wurde neben vier Bauernbündlem« i n Sozialdemokrat geivählt. In Eningen n. A. wurden ein Sozialdemokrat-und drei Bürgettiche gewählt. In Deißlingen wurde das zur Wahl stehende sozialdemo- lratijche Gemeinderatsmitglied wiedergewählt. Klerikale Verleumder und Heuchler. Man schreibt uns aus Köln :." DieKölnische VolkSzeitung' veröffentlicht einen Artikel über ein Ehedrama in einem Orte bei Lültich. Ein sozialdemokratischer Gemeindeschullehrer' soll seine Frau wegen Untreue erschaffen haben. Daran knüpf» das Blatt.einen rabulistiichen Sermon über diesozialdemokratische Hinrichtung", und eS bringt sogar fertig, diese private Tragödie mit dem politischen Fall Ferrer in Verbüidung zu bringen.. DaS icblimmste aber ist die nichtsnutzige� Art.»pie das fromme Blatt in einem fort Sozialismus und Freidenkerei,freie Li e und Untreue identifiziert, und wie es schließlich ausführt, die Frau habe, als sie ihren Mann betrog, nur nach den Prinzipiell der sozialdemokratischen Partei gehandelt; sie könne sich auf Bebel, V andervelde und viele andere Propbeten her freien Liebe" berufen. DaS ist eine verleumderische.Be- schimpfmig der Sozialdernosratie. Wenn schon die Ehrlichkeit und der Anstand dem Kölner Zemrumsblatt diese Pcrsidien nicht ver- boien, so hätte eS sie wenigstens auS K l u g h« i t s g r ü n d en Unterlasten sollen; denn niemand hat so wenig daS Reckt, Anders- denkenden Vorhaltungen über eheliche und sexuelle Moral überhaupt zu halten, wie die rheinischen Klerikalen. Ein dickes Büch könnte man anfüllen mit den Skandalen, die sich ans diesem Gebiete allein in Köln und dessen näherer Umgebung in den letzten Jahren zugetragen haben. Und alle diese Fälle sind bei Kölnischen Volkszeitung' genau bekannt. Sie weiß beispielsweise, daß ein h e r v o r r a g e n d er Z ent r um«- hrer seinerzeit neben seiner ihm angetrauten Ehefrau in Kölner Vororten noch zwei Liebesverhältnisse zu gleicker Zeit' unter dem Namen eines ledigen Kaufmannes unterhielt. Sie weiß, daß einem anderen örtlichen ZentrnmSsührer in einem großen Beleidigungeprozeß schmutzige Beziehungen Prosti- mierten nachgewiesen wurden. DieKölnische VolkSzeitung' kennt auch den Ritter hoher päpstlicher Orden und klerikalen Parteiführer in einem Kölner Vorott, der abtreten mußte, nachdem er von seiner Maitresse', die er. obgleich Familien- vater, viele Jahre lang heimlich unterhielt, vor Gericht gezogen wurde. Sie kennt auch den Verleger des rheinischen Zentrums- blattS, der sich vor vemRevolver eines eifersüchtigen Ehemannes flüchten mußte, und den Ehefredakteur des nämlichen BlatteS, der in einem Ehescheidungsprozeß nicht in Ah- rede stellen konnte, mit der beklagten Frau intimen Verkehr gepflogen zu haben. Sie kennt auch den Katholikentags- red» er, der die durch seine Hände gehenden Kirchengelder benutzte,, um damit seinejMaitreste, eine Prostsiiüerte, zu unterhalte»». Der Mann hat dafür zwei Fahre Gefängnis bekomm»«.;''- Alle diese und Nock viel» andere Fälle sind der.Kölnisch»« VolkSzeitung' so gut bekannt wie uns, und dennoch erfrecht sie sich, die Sozialdemokratie wegen ihrer angeblichen Stellung zur Ehe zu verdächtigen und zu verleumdeti. Eine widerliche Heuchelei. Lehrer«nd Zentrum...-.. Wie es da, wo das Zentrum noch ausschlaygebend ist, um die Lehrer bestellt ist, beweist die Annonce, die«in Lehrer in einer nisderbayerischen Zeitung veröffentlicht hat;:-a-4: Schnee-scha u fle r.gesucht! Vom Unterzeichneten«er» langt man ab Winter 1909/1910 das S chn e es cha u f e ln im Friedhof. Weil Unterfertigter anderweitig als, Meßner, Kantor, Organist, Gemeinde- und StandcsamtSschrciber, auch als L eh r e r hinreichende Beschäfti�ang hat, wird die Stelle eines FriedhofsschncesävauflerS hiermit zur Bewerbung auSye- schrieben. Schneeschaufel ist mitzubringen. Anmeldungen und Angebote(Stundenlohn) sind zu richten an Obermeßner Abel m Mitterskirchen. "; Auch dieK o r re sp o n de n z d eS deutschen L echrer- verein" liefert einen niedlichen Beitrag zu diesem Thema..In einem elsässischen Dorfe waren in einer Wählcrversammlung der Zentrumsabgeordnete Hauß und der Lehrer Bon gar tz anein- ondergeraten. Als der Lehrer dem ZcnttümSadgeordneten Oppo- sition machte, donnerte ihn, nach der Darstellung der genannten Korrespondenz der Abgeordnete Hauß mit den Worten ap:Ich kann nicht begreifen, wie Sie. als katholischer Lehrer im Lager- der Liberalen stehen können. Es.ist dies eine Schänder für einen katholischen Lehrer. ES ist aber auch e i nc S ch a n d« für eine katholische Gemeinde, einen solchen Lehrer in ihrer.Milte zu haben. Ich hoffe, daß die Gemeinde dafür Sorge trägt, daß her Lehrer entfernt wird." Als der Angegriffene die Anwesenden besonders seinen Pfarrer zn Zeugen dafür aufrief, daß er seine Pflichten als Katholik und Lehrer stets erfüllt habe, bemerkte der Psarxer, wenn der Lehrer diese Behauptung aufstelle und. doch liberal sei. so spiele er denKomödianten", und Herr Hauß erklärte in seinem Schlußworte, wenn der Lehrer die» nicht einsehen wolle, so sei er einHo.rnochs«'.!- Der Lehrer stellte Strafantrag wegen Beleidigung. Der Staat»- anwalt leitete damals 19071 auch Strafverfolgung ein.. Die Eröffnung des Gerichtsverfahrens hätte nun nach Schluß des Reichstages im Juli 1909 erfolgen müssen. Da aber wurde der be» lcidigte Lehrer am 7. Oktober- von seinem Kreisschulinspektor aufgefordrtt,.seinen Strafantrag zurückzunehmen, da Staats- anwaltschaft und Ministerium dies für das zweckmäßigste«rklätt hätten. Da aber dem Beleidigten nicht die geringste Genügtuung geboten wurde, hielt er den Strafantrag aufrecht und erhielt nun- mehr vom Staatsanwalt! den'Bescheid,daß, nachdem' der Bezirks, Präsident den Strafantrag zurückgenommen hat, die Erhebung der öffentlichen Klage nicht weiter durch ein öffentliches Interesse geboten erscheint, und zwar dies um so weniger, als infolge der andauernden Reichstagssession die Angelegenheit ZV* Jähre nicht betrieben werden konnte." Hätte der Lehrer diesen Bescheid im Juli erhalten, so hätte er, so persichett dieKorrespondenz", so- gleich die Privatklage einleiten können. Warum der Staatsanwalt ihn so lange hat warten lassen', ist schwer einzusehen. Dvn Pott--' tiker dürste vielleicht hierbei zunächst die Frage interessieren,! ob wohl die veränderte Stellung des Zentrums zur Regierung dazu beigetragen hat, den StaatSanwdlt zn einer anderen Auffassung. zu bringen.," Die Fraktionen des Reichstages. DaS offizielle Mitgliederverzeichnis ist im ReichSjog» aij?g»geben worden. Die Stärke der Fralnonen zeigt folgenden Stand i. Konservative: 60.(darunter 2 Hospitanten: Dr. Rösicke, Rnpp; der dritte Hospitant. Arnold, ist fraktionSloS geworden). Reichspartei: 25(5 Hospitanten),-r Deutsche siie form» Partei: 4(l Hospitant: Köhler; früher 7 Mitglieder relp. Hvspi- tanten; eS sind ausgeschieden Bindetvald, Gäbet(zur Wirtschafte lichen Bereinigung übergetreten) mid Bruhn(jetzt fraksionsloS).---