WaZ Holle au'cli an Befähigung für fein Amt ab-tzegangen fein mag: an u r r e a k t i o n ä r e r G e s i n n u n gentsprach er den w e i t e st g e h e n d e n A n s p r ü�ch e n.Jetzt ist an feine Stelle bekanntlich Herr Trott zn Solzgetreten, ein Mann, der sowohl an mangelnder Qualifikationfür sein Amt, wie an reaktionären Anschauungen seinemVorgänger sicherlich ebenbürtig ist.Die Kattowitzer Bcamtenmastregelnngen.Der Justizminister A e s e l e r hat an mehrere Getlßjtsbeamtein Kattowitz, die gleickz den gemaßregelten Lehrern bei den Stadt-verordnetenwahlen für den polnischen Kandidaten gestimmt hatten,ein Schreiben gerichtet, das folgendermaßen lautet:„Berlin, den 4. Dezember t90S.Es ist wiederholt darauf hingewiesen worden(vergleicheStaatsministerialbeschluß vom 13. April 1898 II. 98 des Reichs-und StaatsanzeigcrS von 1898), daß die in den Ostmarken au-gestellten Beamten und Lehrer auch durch ihr gesamtes außer-d i e n st l i ch e s Verhalten dazu beigetragen haben, dasdeutsche National- und preußische Staats-bewußtscin in der Bevölkerung dieser Provinzen zu stärkenund lebendig zu erhalten. Demgemäß muß auch von allen Bc-omten und Lehrern eine entschiedene Abwehr deutschfeindlicherBestrebungen verlangt werden.Diesen ernsten Verpflichtungen widerspricht da»öffentliche Eintreten von Beamten und Lehrern fürAnhänger der großpolnischeu Parteien, deren Absichten und Be-sirebungen im scharfen Gegensatz zu den Aufgaben und Zielender Reichs- und Staatsregierung stehen.Ich muß von den meinem Ressort angehörigen Beamtenerlvartcn, daß sie sich diese Pflichten in vollem Um-fange gegenwärtig halten und sich tvcder zu bewußter nochfahrlässiger Begünstigung von Personen großpolnischer Richtungrm öffentlichen Leben verleiten lassen.Ihr Verhalterl bei den st ä d t i s ch e n W a h l e n in K a t t o-witz hat dem nicht entsprochen und veranlaßt mich dazu, diebestimmte Erwartung auszusprechen, daß Sre Ihre staatlicheund amtliche Stellung künftig gcwiflenhaftcr wahren werden.Der Justizminister3. B. 1986.09. gez. Beseler.-Ernc ähnliche Verfügung des Ministers der öffentlichenArbeiten ist von der Eisenbahndirektion Kattowitz verschiedenenin Betracht kommenden Beamten zur Kenntnis gebracht worden.Auch zwei Beamten der Reichsbank hat man schon vor einigerZeit in der gleichen Weise das..nationale" Gewissen zu schärfenversucht. Ein Oberpostsekretär, der auch polnisch gewählt hatte,war so vorsichtig gewesen, selbst um eine Versetzung einzukommen.Die bereits genehmigte Versetzung ist aber nunmehr rückgängiggemacht und in eine Strafversetzung an einen unerbetenen Platzverwandelt worden.—Ob noch weitere Beamtenmaßregelungen erfolgen werden, stehtdahin. Die Maßregelung der 5 Lehrer soll die Billigung desKultusministeriums nicht gefunden haben. Ob diese Lesart nichtnur verbreitet wird, um den Unwillen des Zentrums nicht allzu-sehr zu erregen?_Die evangelischen Arbeiterverein«! nnter der Fuchtelder Nationalliberalen.Die evangelischen Arbeitervereine waren seit der Zeit ihrerEntstehung— Anfang der achtziger Jahre— immer ergebeneSchutztruppen für Thron. Altar und Unternehmertum. Geistliche,Lehrer oder Fabrikanten stehen an ihrer Spitze; ihre Mitgliederbestehen zur Hälfte aus kleinen Beamten, Handwerksmeistern undanderen Angehörigen des Mittelstandes; ihre Vereinstäiigkeitrichtet sich vorwiegend auf das Feiern von StistungS-, Kirchen»und Patriotenfesten: ihr höchstes Gut ist die gestickte, auS Beiträgenzahlungsfähiger Gönner zusammengebettelte Vercinsfahne. wozubei einigen besonders begnadeten Vereinen noch ein Posaunenchorkommt. Ihre politische Betätigung bestand bisher darin, daß sie imSinne ihrer Gönner, die ihnen die Vereinshäuser, das Harmoniumoder die Fahne gestiftet litten, nationalliberal oder konservativwählten und je nach der Streitbarkeit ihres geistlichen Leiters mehroder weniger Antiromagitation und Kulturkämpferei trieben.Sozialpolitisch machten sie sich höchstens darin bemerkbar, daß dereine oder der andere ihrer Führer auf einer Tagung bürgerlicherEozialreformcr eine Ansprache im Namen der evangelischen Ar-bcitervereine hielt.Seit einiger Zeit nun haben die Christlichsozialcn vomStöckerstamme einige Unruhe in dieses friedfertige Leben hinein-gebracht. Die Stöckerleute. die nicht leben und nicht sterben können,gedachten unter den Armen an Geist, die in den evangelischen Ar-beitervercinen versammelt sind, ergiebige Ernte zu halten. Siebrachten das Verbandsorgan unter ihre Botmäßigkeit, hieltennamentlich im rheinisch-wcstfälischen Industriegebiet soziale Kon-ferenzen ab und agitierten unter den evangelischen Arbeiter»vcreinlern eifrig für die christlichen Gelverkschaftcn. Bedeutendwar nun der Erfolg der Christlichsozialen nicht, aber er hat ge-nügt, um die nationallibcralen und scharfmacherischen Gönnermobil zu machen. Der Vorstand des evangelischen Arbeiter- undBürgervereinS, Graf Schwerin bei Castrop(Westfalen), hat ineinem Schreiben an den Vorsitzenden des rheinisch-westfälischenVerbandes Klage geführt über die Haltung des Verbandsorgans„Arbeiterbote", der nicht mehr wie früher„mit Entschiedenheitultramontanc Uebergriffe zurückweist". Er hat darauf hinge-wiesen, daß cS die Aufgabe der evangelischen Arbeitervereine sei,„eine Kampfesstellung gegen die Feinde des evangelischen Glaubensund des Vaterlandes, gegen Rot und Schwarz einzunehmen", aber„jede parteipolitische Tätigkeit- ob direkt odepindirekt", liege nicht im Jnteresie der evangelischen Arbeitervereine.Ein anderes Schreiben ist an die Vorsitzenden zahlreicher evan.geklfcher Arbeitervereine gerichtet, worin unter Hinweis auf dieGefahr, die den Vereinen durch eine Verbrüderung mit der ultra-montanen Arbeiterbewegung erwachse, gebeten wird, in jedemVerein eine Abwehrrcsolution dieser Art durchzusetzen, um mit ver-einten Kräften der Gefahr zu begegnen. Interessant ist nun, daßsich besonders die nationallibcrale Partei dieser Agitation gegen dieneue Richtung innerhalb der evangelischen Arbeitervereine an»nimmt. Es ist der nationalliberale Abgeordnete Westcrmann, dermit einem Begleitschreiben die Kundgebungen des ArbeitervereinsGraf Schwerin an die übrigen Bereine verschickt— und zwar geschieht dies im?lamen des nationalliberalen Wahlkomitees für Dort-mund. Es ist klar, was die Herren wollen. Die evangelischen Ar-beitervereine sind ihnen weiter nichts als politische Schutztruppengegen Schwarz und Rot, gegen Zentrum und Sozialdemokratie.Kulturkämpferei und Sozialistenhetze sollen und dürfen sie treiben,weiter aber nichts; selbst die schwachmütige Vertretung der Ar-beitersache. wie sie von den Stöckerleuten betrieben wird, ist denevangelischen Arbeitervereinen untersagt. Der Geist StummS, derMitte'.er neunziger Jahre eine Hetze gegen die harmlosen evan.gelischen Arbeitervereine und die„sozialen Pastoren" eröffnete,geht wieder um!_Kommunaltvahlen.Di« Gemeinderatswahl tn Stuttgart.Die Wahl wurde am Freitag vollzogen. Erst am Sonntagober wurde das vorläufige Ergebnis der Stimmenzählung bekannt.Geivähli wurde nach dem Proporzsystem. Acht Mandate waren zubesetzen, zwei hatte die Sozialdemokrasis zu verteidigen. Sreeroberte zu den zweien noch ein drittesl Seit derletzten Gemeindcratswahl 1997 hat die Zahl der sozialdemokratischenWähler um rund ISOV zugenommen, die allerbürgerlichen Parteien zusammengenommen nur«in rund 800. Da» Gemeinderatskollegunn besteht aus 28 Mit-gliedern, vier besoldeten Gemeiiideräten und dem Oberbürgermeister,zusammen 33 Mitglieder. Die sozialdemokratische GemeinderatS-fraktion zählt jetzt 10 Mann.In der WallfahrtSgemeinde U n t e r h a r m e r S b a ch(badischerSchwarzwald) sind nun die Sozialdemokraten in denBesitz sämtlicher Mandate der dritten Klasse desBürgerausschusses gelangt. Wiederholt haben Kapuziner in derGnadenkirche es mit Predigten versucht, unsere Partei unmöglich zumachen. Umsonst, das Wunder ist jetzt auf unserer Seite.»Bei der AuZschußwahl in Radolfzell(Bodensee) stand derGroßblock in der dritten Klasse gegen das Zentrum; es handelte sichbei der Entscheidung in der dritten Klasse um eine einzige Stimme,so daß zwei Soziatdemokratcn unterlagen, während gcivählt wurdenfünf Liberale, drei Zentrumskandidaten und zwei Sozialdemokraten.Ein Urteil über die deutsche Tozialdemokratie.Das letzte Heft der führenden liberalen Wochenschrift„Ration"enthält u. a. eine« Artikel über die Korruption mancher Teile desbritischen Voltes durch die Reichen. Letztere geben jetzt Un-Massen von Geld aus, um durch geheime Agenten und als Arbeiterverkleidete Agitatoren die Massen für Tarifrcform zu gewinnen.Der Schreiber des Artikels ist Wr. Graham Wallas. Pro-fessor der politischen Wissenschaften an der Londoner Universität,früheres Mitglied der Fabian Society und jetzt linksliberal. Indemer die Gefahr schildert, mit der die reichen Korruptionisten dieNation bedrohen, kommt er auch auf deutsche Verhältnisse zusprechen, wobei er sagt:„In Deutschland haben die Sozialdemokraten diesen korrum-pierenden Einfluß der Neichen dadurch bekämpft, daß sie eineArbeiternation innerhalb der Nation aufgebaut haben; sie gabenihr eine eigens Literatur, eine Philosophie, eine sie unterscheidendeSprache und eine Disziplin, die die Arbeiter von den Einflüssender äußeren Welt abschließt— mögen diese Einflüsse aufrichtigoder heuchlerisch sein. Auf diese Weise gelang es ihnen, derorganisierten Hysterie der Wahlen von 1907 zu widerstehen undsie werden ihre Stellung bei den Wahlen des Jahres 1911 enormverbessern. ES gibt Kräfte in England, die dasselbe Resultat her-vorbringen werden, wenn ein anderer Ausweg nicht vorhanden(der Korruptionsgefahr zu begegnen) sein sollte, obwohl ich derAnsicht bin, daß ein derartiges Resultat eine Gefahr einschließtsowohl für die allgemeine geistige Entwickelung des Landes wiefür die Möglichkeit einer friedlichen sozialen Umwälzung— eineGefahr, die zu ernst ist, um auf die leichte Schulter genommen zuwerden."Diese Bemerkung eines selbständig und freiheitlich denkendenenglischen Politikers ist immerhin beachtenswert.Noch eine Lehrermastregelnug.Altona, 13. Dezember. Der schleswig-holsteinsibe VolksschullehrerClaussen, gegen den vor einiger Zeit wegen seines fteiinüiigen Per-Haltens ein Verfahren eingeleitet wurde, ist seines Amtesentsetzt worden._Ein..netter" Stellvertreter.Da» Oberkriegsgericht in Dresden verurteilte denim 10. Dienstjahr stehenden Feldwebel Berger vom Pionier-Bataillon Nr. 12 wegen umfangreicher Unterschlagungen undBetrügereien zu einem Jahr sechs Monaten Ge-fSnani«. Degradation und Versetzung in die zweite Klassedes SoldatenstandeS. Er hatte Gelder, die er von Maimschafteneinkassierte,(zirka 800 M.) unteischlage» und eine Anzahl Einjährigedadurch betrogen, daß er diesen für Kleidung»- und AusrüstungS-stücke mehr abnahm, als sie zu zahlen hatten. Der Angeklagte hatnicht auS Not gehandelt, sonoern nur um ein angenehmesLeben zu führen!_8cbwdz.BolkSabstimmungeu.Zürich, 13. Dezember. In der kantonalen Volksabstimmungwurde das Gesetz zum Schutze deS weiblichen Laden-Personals mit 83 800 gegen 43 500 Stimmen und das über diebedingte Verurteilung mit 35 500 gegen 40 000 Stimmen ver-warfen.— Als Statthalter des Bezirks Zürich wurde der DemokratTue Ski mit 16 800 gegen den Sozialdemokraten Nieder, der9100 Stimmen erhielt, gewählt.Spanien.Eine vernichtende Niederlage der Konservativen.Madrid, 13. Dsizeinber. Obwohl noch nicht alle Ergeh-nisse der M u n i z i p a l w a h l e n bekannt sind, ist es dochsicher, daß die Liberalen eilten großen Sieg davon-getragen haben, während die Konservativen einegroßeNiederlage erlitten. Nach den Liberalen sind esdie Republikaner, die zahlreiche Sitze erobert haben.In Madrid erhielten die Liberalen 28 Sitze, dieS o z i a l i st e n und Republikaner 13. In B a r c e l o n abesteht die Mehrheit der Gewählten aus Radikalen undder Gruppe L e r r o u x sowie Kandidaten der katalonischcnLinkem Den letzten Meldungen zufolge haben die R e°publikaner große Mehrheiten in La Corunna undValencia erhalten.In Bilbao wurden bei den im Gefolge der Munizipal-Wahlen ausgcbrochenen Unruhen 25 Personen verwundetund 6l> verhaftet. Auch cm einigen anderen Orten kam es zuübrigens nur unbedeutenden Zusamiiicilstößen.Italien.Das neue Ministcrium.Rom, 11. Dezember.(Eig. Ber.) Das neue Kabinetterhält durch die Persönlichkeiten, die es einschließt, einen soausgesprochen konservativen, um nicht zu sagen reaktionärenCharakter, daß man annehmen muß. es werde besser sein alsseine Etikette. Mit drei Mitgliedern der Rechten, dreiSonniniancrn und drei Ueberläufern der früheren MehrheitGiolittis ist wahrhaftig in demokratischer Beziehnng nichtviel Staat zu machen. Der„Avanti" meint, daß das Pro-gramm Sonninos nicht konservativ genug sein wird, um dieKlerikalen mit sich zu ziehen, und nicht fortschrittlich genug,um ihm wohlwollendes Abwarten der äußersten Linken zusichern.„Deshalb wird Sonnino nach einem kurzen Versuchwieder der Eingänger werden, der er bisher war. SeineRegierung wird ein Zwischenspiel sein, während dem diebeiden wirklichen Mächte, in die das Land zerfällt, dieKlerikal-Konservativen auf der einen, die demokratischenParteien auf der anderen Seite, sich zum Angriff vorbereiten,disziplinierest, stärkest tverd'cn. Hier liegt bielleicht de«größte Nutzen, den das Land von einem so hoffnungslosgrauen Kabinett, wie diesem, erwarten kann."Schon die ersten Tage nach der Kammereröffnung könnenentscheidend sein. Der äußersten Linken kann ein so beschaffenes Kabinett kein Vertrauen einflößen. Um abergegen sie zu regieren, nachdem es mit ihren Kräften zurHerrschast gelangt ist, muß es die Unterstützung der altenMehrheit erlangen, und diese Unterstützung bedeutet denuiischlbaren Rückfall in die Regierungsmethoden Giolittis.sie bedeutet die Anpassung Soiininos an das parlamentarischeMilieu, das die traurige Erbschaft des zeitweilig i« denHintergrund getretenen Diktators darstellt,Ciirftci,Keine Miuisterkrise.Koustautinopel, 13. Dezember. Die Deputierten'ammersetzte die Verhandlung über die Interpellation betreffend dieSchiffahrt in Mesopotamien fort. Die opposilionelleuRedner bekämpften den LwnzessionSvertrag, durch den Mesopotamiendem englische» Einfluß ausgeliefert werde. Nach langer Debattenahm die Kammer unter dem heftigen Widerspruch der Oppositioneinen Antrag auf Schluß der Debatte an und genehmigte mit 168gegen 8 Stimmen eine von dem G r o ß w e s i r gebilligte Tages-ordiumg des Führers der Jungtürkin, � in welcher die Kammer denStandpunkt der Regierung in der Schtffahrtsangelegenheit billigtund der Regierung ihr Vertrauen ausspricht.Politische Tendenznrteile.Serajewo, 13. Dezember. Das Militärgericht in M o st a r ver-urteilte 31 Serben, die zur Zeit der AnnektionSkrise nach Montenegro geflüchtet sind, um gegen Oesterreich zu kämpfen, wegenHochverrats zu Kerkerstrasen von ö'/z bis zu 7 Jahren.Rußland.Russische Greuel.Als der Amerikaner George K r n n a n in den neunziger Jahrendes vorige» Jahrhunderts die Greuel in den russischen Gefängnissenund Verbaimungs orten aufdeckte, ging ein Sturm der Entrüstungdurch die gesamte zivilisierte Welt, der die russische Regierung zwang,die ärgsten Mißstände abzustelle». Seitdem ist die öffentlicheMeinung der bürgerlichen Klassen Europas, namentlich nach denRevolutionsjahren in Rußland, merkwürdig zahm geworden. Siefindet zwar Worte der Empörung für die Füfilierung Ferrers.für die Greuel auf der Festung M o n t j u i ch. aber für die blutigeHenkerwirtschaft in Rußlatid. für die sorttvähreuden Greuel in denMarterhöhlen des Zaren findet sie, einzelne Fälle ausgenommen,kein Wort der Empörung und deckt so durch ihr verbrecherischesSckiweigen die blutigen Taten des Henkerzaren, der als Geschäfts-führer der europäischen Börse die kapitalistische„Ordnung" gegenden„Umsturz" verteidigt.Wir haben schon mehrfach die Zustände in den Gefängnissen undBerbanirnngSorte» an der Hand amtlichen Materials eingehend be«leuchtet. Wir haben namentlich auf die Greuel in den Katorga-gefänguiffen hingewiesen, deren Jnsasienzahl sich in den letzten zweiJahren allein verdoppelt hat(laut amtlichem Be-richt befanden sich zum 1. Januar 1903 12 000 Gefangenein den Katorgagefängnissen, zu denen im Laufe des Jahres 5174hinzukamen; die Zahl der in diesem Jahre zu«Katorga" ver-urteilten dürfte diese Zahl noch übersteigen.) Aber die Nachrichte»,die jetzt in die Oeffentlichkeit dringen, übersteigen anGraue nhaftigkeit alles, was bisher bekannt war.Folgender Brief eine» Genossen auS der S ch l ü s s e l b u r g e rFestung zeigt dies zu Genüge:.... Das Regime in der Festung war in der Tat entsetzlich.Der Direktor S i m b e r g begrüßte jede neu eintreffende Abteilungmit Drohungen und versprach sie kirre zu machen. Nur die Wellender Newa— so lauteten buchstäblich seine Worte— werden erfahren,was ich mit Euch tun werde I' Er begnügte sich nicht, daß er dieAufseher gegen die Gefangenen hetzte, sondern trug auch in dieReihen der letzteren Zwistigkeiten und Feindschaft hinein.Mit Hilfe einiger Subjekte organisierte er eine ArtGeheimpolizei und förderte die Denunziationen, indem erdies durch verschiedene Konzessionen belohnte. Unter derFlagge„wirtschaftlicher Arbeiten" zwang er die Gefangenen, Kohlenaus den Barken zu schleppen, die Müllgruben und die Klosetts derAusseher zu reinigen, alles natürlich ohne Bezahlung.... Aber allediese Maßregeln SimbergS zähmten niemanden, sondern erregte»nur Haß. Fast die Hälfte aller Gefangenen saßen aufseine» Befehl im Karzer, einige fünf oder sechs Mal, einzelne60 bis 70 Tage ununterbrochen. Z» den harttiäckigsten der Pro-testierenden gehörten N. S t m o n e n k o und A. K o n u p p, die wegendes Sebastopoler Aufstandes verurteilt waren I Während eines Zu-sammenstoßes mit den Aufsehern stopften ihnen die letzteren denMund mit M e n s ch e n k o t voll und ließen sie so, a n H ä n d e nund Füßen gefesselt, einige Stunden liegen. Das ist eineunzweifelhafte Tatsache.„Es ist bei diesen Bedingungen nicht erstaunlich, daß ein hoherProzentsatz der Gefangenen an Skorbut, Lungenschwind.sucht und Neuro st henie erkrankte. In einem Jahre st a r b e nim Spital 7 und wurden irrsinnig 4 Gefangene! Simbergbehielt recht: von allen seinen Taten wußte» nur die Wellender Newa... Der Briefschreiber schildert weiter, welche Greuel sich imFrühling b. I. auf Befehl de« Stellvertreters SimbergS, desFürsten Iwan Guramoff. in Schlüsselburg abspielten. Fastalle Gefangenen wurden in die Karzer geschleppt, wo sielänger als einen Monat saßen. Die Oese» wurden dabeiso stark geheizt, daß die Gefangenen nackt, nur mit den Fesselnan den Füßen, in den Zellen liegen mußten. Die allgemeineSpannung im Gefängnis hätte zu einer furchtbaren Katastrophegeführt, wenn die Gefangenen nicht infolge des Umbaues des Gefängnisses nach Wvlogda und den sibirischen Katorgagefängnissentransgor.iert worden wären.„Die Schlüffelburger Festung-- soschließt der Brief— wird gegenwärtig umgebaut und für 1000 Ge-fangene instand gesetzt. Für Simberg und Genossen steht eine reicheBeute bevor!"Die Redaktion de» sozialdemokratischen Arbeiterblattes„Prawda". dem wir den obenstehenden Brief entnehmen, schreibthierzu folgendes:«Schlüsselburg steht nicht allein. Viele solcher Gefängnisse sindin der großen Niederung zerstreut, die sich Rußland nennt. Inunseren Händen befinden sich nickt minder erschütternde Korrespon-denzen aus Wologda, Alexandrowsk, Odessa, Saratow und Shitomir.Fast jeder Tag bringt neue Tatsachen... DieS sind bloß einzelneKapitel aus dem Bericht: wie die Sieger Rache nehmen an de»Besiegten von 1905.„ES ist unmöglich zu schweigen und die Hände in den Schoßzu legen I Alles was möglich ist, muß getan werden, um dasSchicksal der Gefangenen moralisch und materiell zu erleichtern.Und vor allem ist es notwendig, daß die Volksmassen die Gemein-heiten und Scheußlichleiten kennen sollen, die die im Rausch derReaktton wahnsinnig geworden«» Henkerknechte des Zaren unter derLeitung Stolypins verüben.'