Zsuch die Aklcilmigen für Kirchen- und Schulwesen bearbeiten Aurzeit gum großen Teil Angelegenheiten, die der Gemeinde ent- rissen sind und zweckmäßig ihr zurückgegeben werden können. Der Grundgedanke bei der Reform aller staatlichen Ber- tvaltung muß ioi übrigen immer der sein, daß der Stgat Funktionäre für technische Zwecke halten soll, nicht politische Beamte zur Trangsalierung tsßr Bevölkerung. Danach bleibt eine Steucrabteilung bei der Regierung berechtigt. ebenso eine Schulabteilung. Der letzteren wären auch die höheren Schulen zu unterstellen, wie überhaupt Einheitlichkeit des Schulwesens seit jeher ein Hauptziel der Demokratie ist. Die landwirtschaftliche Melioration wäre zweckmäßig ganz an die Gencralkommission abzugeben, staatlicher Wasserbau und Hochbau direkt dem Beamtenministerium zu unterstellen. Die Baubcamten sind doch nicht dazu da. den Hofstaat des Landrats zu bilden. Das ganze Regierungspolizeidczernat aber würde stark zu- sammcnschmelzen, wenn der Gemeinde, wie in der Schweiz , Polizei aus eigenem Recht zustände und die polizeilichen Angelegenheiten Sclbstverwaltungsangelcgcnheiten wären, mit denen sich die Dezirksrcgicrungen nur bei Gesetzes- und Ber° sassungsverletzungcn und in bestimmten Beschwerdcfällen zu be- schäsugen hätten. Der Zusammenhang zwischen Regierung und Gemeinde wäre sofort ein anderer, wemr jeder RegierungSbcamtcr seine Ausbildung gründlich in der Gemeindeverwaltung genösse, statt daß er jetzt beim Landrat ebenso gründlich lernt, wie d i e Wahlen gemacht werden und der Sozialismus be. k ä.m p f t wird. Um c3 noch einmal zusammenzufassen: Die freie Ge- m e i n d e, groß und leistungsfähig, mit wirklicher Selbst- Verwaltung als Unterbau. In der Regierung in den wichtigeren Posten vom Volke gewählte Persönlichkeiten. Kollegiale RegicrungSvcrfassung mit öffentlichen Sitzungen. Keine politische Tätigkeit, sondern Funktionäre, deshalb in erster Linie technische Behörden, die keinem politischen Beamten unterstehen. Uebertragung möglichst aller staatlichen Funktionen an die Ge- meindeverwaltung. Zugänglichkeit der Vcrwaltungslaufbahn für jeden, der die nötige Vorbildung hat. Nur dies wäre eine Ver- iraltungsreform, die den Namen Reform verdient. Sie bayeriichen Cords und die Steuerreform. München , 10. Dezember. Der Bericht des Referenten der Kammer der NeichSräte über de» Eickwurf eines Einkommensteuergesetzes ist erschienen. ES ist ein Dokument von bleibendem kulturhistorischen Werte, das Dokument einer grenzenlosen, durch keine Regung der Menschlichkeit gemilderten Selbstsucht. Der Verkünder des Evangelium» des nackten Egoismus ist der Beauftragte deS in der oberen Kammer politisch organisierten bayerischen Großkapitals und Groß. grundbesitzes. Der Egoismus der Reichen geht ins Gigantische. er grenzt schon nahe an Wahnsinn. Aber in dem Wahn- sinn liegt Methode: die Methode der rücksichtslosesten Ausbeutung, die Methode der mit der Mehrung des Reichtums »vachsenden Raubgier der besitzenden Klassen. Und zur Verteidigung ihrer heiligsten Güter, ihrer Geldsäcke, ruft der Referent die hohen Herren auf die Schanzen. Durchaus richtig zeichnet er den Tiefstand deS sozialen Empfindens der besitzenden Klaffen in dem Satze: „Selbst Erleichterungen werden nicht ohne Mißvergnügen auf- genommen bei denjenigen, welche annehmen können, daß jede Entlastung de» andern für sie eine Belastung mit sich bringen wird." Von höchster politischer und sozialer Weisheft zeugt die folgende Auslassung: „Wünsche auf Steuerveränderung werden nur aus den Schichten laut, welche durch ihre politische Stellung bei der Feststellung den Ausschlag geben, die nur geringe Steuern entrichten oder um eine Bagatelle das Wahlrecht zu erwerben trachten und durch ihre Zahl bei de» Wahlen den Ausschlag zu geben. So ergibt sich als praktisches Resultat unserer Zustände: die Massen, die wenig Steuern oder nur nach Pfennigen bemessene Beiträge entrichten. wählen das Gros der Gesetzgeber und diese nehmen ans die Wünsche ihrer Wähler Rücksicht und bestimme» dann, was die Besitzenden an Steuern zu zahlen haben." Und so etwas schreibt ein Mann, der zu den Intellektuellen der Rcichsratskammer zählt I Wie muß eS da in den Köpfen der anderen erst aussehen I Sollte dieser hohe Herr wirklich keine Ahnung davon haben, welch ungeheure Last an indirekten Steuern auf dem Volke ruht? Ueber die Besteuerung de? Großkapitals, der Großindustrie und Aktiengesellschaften ist sein AufsichtSrats-Herz schwer betrübt. Zweifellos sieht er in ihr schon den Anfang der gefürchteten Ver- mögenskonfiskation: „Diele BeftenerungSart(für die Aktiengesellschaften!) kann bei Zwangsanleihen oder bei Eintreibung von Kontributionen in Feindesland zur Anwendung kommen; für einen Kulturstaat, der im Frieden lebt und dessen Wirtschaftsleben in schöner Entwicklung sich befindet, kann sie ernstlich nicht in Betracht gezogen werden." Gelbst zur sittlichen Entrüstung erhebt sich der Referent, wenn er sich daran erinnert, daß man Großhandel und Großindustrie als »hassenSwerte Gewerbe" bezeichnet: „Ich meine, auch im politischen Leben und ebenso bei Be- Handlung wirtschaftlicher Fragen sollte man ethisches Gefühl noch bewahren, welche» solche Ausdrücke nicht gestattet." Kapitalismus und Moral! Der Verfasser meint da» vollständig ernst. Und dabei fehlt dem Moralprediger jede Empfindung dafür, daß sein Bericht von Anfang bis zu Ende die Unmoral selbst ist. Geln„ethisches Gefühl" hindert ihn nicht zu verlangen, die hohen Einkommen nicht bis zu ö Proz., sondern nur bis 4>/z Proz. zu belasten und den Ausfall zu decken durch die vollständige Be- seitigung deS Kinderparagrophen. Er schreibt: „Warum soll ein Beitragspflichtiger, der 1000 M. und mehr Einkommen hat, eine Erhöhung von ein paar Mark Steuer und Umlagen nicht vertragen können?" „Ist die Besürchtuug nickt gerechtfertigt, daß, wenn die Klassen der weniger gut situierten Staatsbürger von de» neuen Steuern ganz unberührt bleiben, diese bei Bewilligung der neue» Lasten mit minderer Vorsicht zu Werke gehen, als wenn sie damit selbst betroffen werden?" Mit der Einführung deS Kinderparagraphen beginnt für den lflrferenten bereits der sozialistische Zukunftsstaat: „Die Pflicht der Kindcrerziehung in eine allgemeine: sie trifft die Ätern. Der Staat hat diese Last»och nicht übernommen, wohl bildet aber die Bestimmung des Art. 19 den ersten Schritt dazu." So sind sie also blind hineingetappt in den ZukunftSstaat. die Cassel, und die ZentrnmSmänner I Denken die hohen Genoffen deS Referenten ebenso wie er, so kann eS dem Finanzmintster um fem Werk ernstlich bange fein._ politifcbe UcberHcbt. Berlin , den 16. Dezember 1906. Die Eosinfärbnng. Gegen die Färbung der eingeführten fremden Futtergerste mit Eostn, von der wir gestern berichteten, sind bereits beim Reichstag und Bundesrat mehrere Beschwerden eingelaufen. So haben der Verein schleswig -holsteinischer Getreidchändler in Hamburg und der Niederelbische �weigverband der Müller an Reichstag und Bundesrat eine Eingabe gerichtet, in der ausführlich die mißlichen Folgen des Färbens der Gerste mit Eosin dargelegt werden. Es heißt darin: „Die neuerdings angeordnete Färbung funktioniert durchaus nicht so, wie erwariet, sondern die in der Mitte des Fahrzeuges liegende Gerste wird viel stärker als nötig gelärbt, während die vorn und hinten liegende Ware teilweise verschont bleibt. Die Färbung ist also eine absolut ungleichmäßige und erfüllt ihren Zweck nicht. Es wird aber nicht nur die Gerste gefärbt, sondern die Fahrzeuge werden derartig rot, daß sie zum Transport von Weizen, Roggen, Mehl. Zucker, Salz oder sonstigen empfindlichen Gegen- ständen nicht wieder verwendet werden können. Eine Reinigung ist schwierig, da die Farbe schwer zu entfernen ist und diese Reini- gung außerdem viel Zeit und Geld kostet. Infolgedessen weigern sich die Eigentümer von Schiffe» und Schuten, ihre Fahrzeuge zu der gewöhnlichen Fracht zum Transport von Gerste herzugeben, ja. sie weigern sich und das mit Recht, sich eine Färbung der Gerste in ihrem Fahrzeug gefallen zu lassen.... Die Mahlgänge lassen sich nur ausschließlich für gefärbte Gerste benutzen, da man natürlich nicht gleich hinterher Weizen und Roggen auf denselben schroten kann. Die» bedeutet eine empfindliche Schädigung de» kleinen Müller», der nicht in der Lage ist, sich für jede Fruchtart einen anderen Mahlgang zu halten. Der Master kann nicht wie bisher an der weißen Farbe die Güte des Schrotes beurteilen, denn sobald da» Schrot im Trog verrührt ist, erscheint alles stark rot gefärbt. Sogar die Därme der Tiere färben sich rot, und man wird künftig nicht mit Sicherheit Wurst daraufhin untersuchen können, ob dieselbe künstlich gefärbt ist oder nicht; denn der Chemiker l.nm nicht beurteilen, ob der Farbstoff aus dem Darm der Tiere stammt oder später beigefügt ist. Die Folge wird sein, daß der Scklachter die mit eosinierter Gerste gefütterten Schweine entsprechend niedriger bewertet." Geistliche Agitatoren. In der bekannten Erklärung der Zentrumsparteileitung wurde behauptet: Das Zentrum sei keine konsessionelle, sondern eine poli« tische Partei. Wie eS in Wirklichkeit mit dieser Behauptung aussieht, zeigt das nachfolgende Zirkular eines badischen Zentrumsblattes, das sich ausschließlich an die katholische Geistlichkeit wendet: Hochwürdiger Herr: Die bedenkliche Zunahme der sozialdemokratischen Stimmen» zahl anläßlich der leyten LandtagSwahl, besonders auch aus dem Lande, gebietet es als eine Notwendigkeit, durch systematische Be- lehrung die Bevölkerung über das wahre Wesen und die verwerf- liehen Bestrebungen der Sozialdemokraiie auszuklären. Zu diesem Zwecke bieten wir Ihnen zwei geeignete Flug« schriften an. Die eine behandelt die den Sozialdemokraten in der badischen Kammer von den ZcntrumSabaeordneten zuteil gewordenen Er- widerungen; die andere Flugschrift wendet sich gegen die von den Sozialdemokraten noch immer betriebene Steuerhetze gegen das Zentrum. Letztere Schrift wurde uns von der Zentrale des VoltSvereinS unentgeltlich zwecks Verbreitung zur Verfügung gestellt. Das Flugblatt betreffend„Die falschen Freunde der Land« wittschaft" ist zu folgenden billigen Preisen von uns zu beziehen: Ivo Stück........ 4 M. 200.......... e„ 300......... 8„ 600„........ 10„ 1000„»..»»»., 16„ Das zweite, ebenfalls beiliegende Flugblatt„Die roten Falsch» münzer" wird von uns(so weit der Vorrat reicht) unentgeltlich (nur gegen Rückerstattung der Portokosten) versandt. Wir bitten Ew. Hochwürden, auf beigefügtem Bücherzettel Ihre Bestellung zu vollziehen. Hochachtungsvoll I Verlag der„Fretburger Tagespost"." Das vorstehende Schreiben gewinnt dadurch noch eine besondere Bedeutung, daß die„Freiburger Tagespost" den badischcn IentrumS- führer, den Geistlichen Rat Wacker in Zähringen , zum Gründer und Inspirator hat. Welche Rolle der katholische KleruS in der badilchen ZentrumSpattei spielt, zeigt ferner die Tatsache, daß die einfluß- reichsten ZentrnmSblätter von katholischen Geistlichen redigiert werden._ Gchiffahrtsabgaben. Der von der preußische» Regierung ausgearbeitete Tarif- c n t w u r f für die Erhebung von Scksiffahrtsabgaben auf dem Rhein , Main und Neckar sieht fünf Klaffen vor mit Sätzen von 0,10, 0,08, 0,0g, 0,04, 0,02 Pf. für den Tonnen-Kiwmeter. Neben der von der Schiffsladung erhobenen Abgabe soll eine weibere Ab- gäbe auf Personendampfer und Flösse entfallen. Ab- gabenfrei sollen bleiben leere Schiffe, Güter und Schiffe von höchstens 200 Tonnen, Güter, die dem Reich oder dem Haushalt eines Bundesstaates gehören, Güter und Schiffe, die den Zwecken einer dundesstaatlichen Strombauvcrwaltung dienen und zuletzt Güter, die im Durchgangsverkehr über oberrheinische oder andere süddeutsche Häfen von und nach Oesterreich , der Schweiz , Italien und Frankreich befördett werden. Eine„sozialdemokratische Agitationslüge". Die Führer der christlichen Arbeiterbewegung sind bekanntlich im Besitz der höchsten Weisheit, und alles, was sich außerhalb der christlichen Geleise bewegt, ist auf dem Holzwege. Sie allein haben den Sinn, die Mittel und daS Ziel der Arbeiterbewegung richtig erkannt, und so verkünden sie denn, daß der Sozialismus ein Un» ding, der Klassenkampf ein Unheil und die Verbindung der Sozial. demokratie mit der Gewerkschaftsbewegung ein Unsegen für die Arbeiterklasse fei. Der oberste dieser Schlaumeier, Herr General- fekretär Adam Stegerwald vom Gesamtverbande der christlichen Gewerkschaften, hat vor einigen Wochen in Aachen sich mit besonderem Eifer bemüht, seinen Zuhörern nachzuweisen, wie heillos die Sozialdemokratie in die Irre gehe mit ihrer Auf« fassung von der Natur des modernen Staates und der Wirtschaft- lichen, sozialen und politischen Verhältnisse überhaupt. Herr Stegerwald gab dort die Losung.aus, daß die Arbeiterschaft sich in viel stärkerem Maße als bisher emanzipieren müsse von der sozialdemokratischen Phrase, vor allem auch von der„großen A g i ta t i o n s l üg e", die Regierung sei nur der Verwaltungsausschuß der besitzenden Klasse. Männer wie Posadowsky, Delbrück . Wiedfeld, Caspar usw., so verkündete Herr Stegerwald, könnten nicht einfach als. Reaktionäre abgetan werden. Also Herr Delbrück gehört nicht zu den Reaktionären, sein Wirken beweist die Hinfälligkeit der„sozialdemokratischen Phrase", daß die Regierung allemal der Verwaltungsausschuß der herrschen- den Klasse ist. Unterdes hat Delbrück im Reichstage seine Erst- lingSrede als Staatssekretär des Innern gehalten, und zwar in einer Frage, die die deutsche Arbeiterschaft auf das tiefste erregt. Und nun höre man, wie die„Kölnische Volkszeitung", also ein Blatt der den christlichen Gewerkschaften nahestehenden ZentrumSpreffe, urteilt: „Selten haben die Arbeiter vom Minister ein so schroffes Nein auf ihre Sorgen und Wünsche ' gehört. In seiner geschäftsmäßigen Art klingt eS um so schroffer in einer Frage, bei der weder die Konkurrenz noch die Leistungsfähigkeit unserer Industrie, sondern der b r u t a l e Herren st andp unkt einiger wenigen Kohlen- Magnaten in Frage steht. War der erste Teil der Rede ein glattes Nein, so redete der zweite Teil der Tclbrückschcn Aus- führungen, vielleicht um das schroffe Nein des ersten Teiles der Rede abzuschwächen, an dem Thema mit Gcslissenheit vorbei. Die Enttäuschung unter den Arbeitern wird um so größer sein, als Delbrück in seinem neuen Amt von ihnen mit großen Hoffnungen und viel Vertrauen begrüßt worden ist. ... Wer aber auf die wenigen, am Bundesratstische besetzten Plätze sah, der fand das Nein dieser'?lrt erklärlich; nur die Herren auS der Abteilung für Bergbau und Hüttenwesen aus dem preußischen Handels- Ministerium bieten Delbrück Hilfstruppen an. Von dieser Behörde ist noch nie et w a s Gutes für die Arbeiter oder die gedeihliche Fortentwickelung der deutschen Sozialpolitik gekommen." Herr Delbrück , den die Christlichen als Zeuge wider die Sozial- demokratie anführen zu können glaubten, hat zu unseren Gunsten gezeugt; er hat bewiesen, wie recht die Sozialdemokratie hat. wenn sie behauptet, daß die Negierung im kapitalistischen Klassenstaate nichts ist als der Verwaltungsausschuß der besitzenden Klasse I Es hat also— die„Kölnische Volkszeitung" bestätigt eS— seine Richtigkeit mit der«sozialdemokratischen Agitationslüge". Verschärfung der Grenzsperre. AuS Anlaß des Auklretens der Maul- und Klauenseuche in K o n st a n z(Baden) und Ansbach (Mitlelfranken) verlangt der Bund der Landwirte eine Veischärfnng der Grenzsperre. Das Ver- langen an den Reichskanzler schließt mil dem Säße: „Nachdem der unbestrittene Beweis geliefert ist, daß in den beiden genannten Fällen die Seuche aus der Schweiz eingeschleppt worden ist. wird man nicht umhin können, die in Betracht kommenden Staaten zu veranlassen, daß die Erleichterungen wieder aufgehoben werde» und die Grenze, wie es früher der Fall war, von neuem gesperrt wird." Daß die beiden Fälle aus der Schweiz eingeschleppt sind, ist keineswegs erwiesen, denn die vehaupnma der Agrarier ist kein Beweis. Die süddeutschen Staaten dürften eS ablehnen, ohne weiteres den Besehlen deS Bundes der Landwirte zu gehorchen. Kommunaltvahle«. Wahle» in Württemberg . In Hellbronn gelang es der Sozialdemokratie, zu ihren zwei seitherigen GemeinderatSmandarcn noch ein drittes zu erobern. In Göppingen , wo sieben Mandate zu besetzen waren, erhielten Sozialdemokratie zwei, BollSpattei drei, National- liberale zwei Mandate. In Heidenheim entfielen auf die Sozialdemokratie zwei, auf die vereinigten bürgerlichen Parteien ebenfalls zwei Mandate. In O c t l i n g e n und M ö f f i n g e n gelang e» j e e i n e n sozialdemokratischen Kandidaten bei den Gemeinde- ratSwahlen durchzubringen. « Einen glänzenden Sieg errangen die Sozialdemokraten in H e t t e n l e i d e l h e i m in der P f a l z. Bon 18 zu wählenden Kandidaten entfielen auf ihre Liste neun. Bisher hatten sie keine Vertretung im Gemeindeparlament. Die Bürger- meisterwahl ist ergebnislos verlaufen, denn die Sozialdemo- demokraten beanspruchten den ersten Adjunkten, den ihm jedoch die Grubenbesitzerpartei nicht zuerkennen wollte. Darau'hi stimmten unsere Genossen auch gegen den von den Grubenbesitzern präsentietten Bürgermeister, so daß dreiWahlgünge vollständig ergebnislos verliefen. Die Wahl ist bis auf weiteres verschoben worden. In Wulsdorf (Kreis Geestemünde) eroberten die Sozial- demokraten in der dritten Klasse ein neues Mandat und nahmen in der ersten und zweiten Klasse an Stimmen zu. In der vierten Klasse wurde mit großer Stimmenmehrheit ein altes Mandat behauptet. Hier hatten die Gegner überhaupt nicht mehr gewagt, einen Kandidaten aufzustellen. Sozialdemokratische Mandate sind ungültig. Es scheint, daß diese famose Maxime jetzt von einigen schlc- sischen Gemeinden aufgestellt worden ist. Gestern hatten wir zu berichten, daß die Bürgerlichen in Hagenau die Wahl von sechs sozialdemokratischen Stadtverordneten für ungültig erklären wollen, weil angeblich die Wählerliste von Fehlern strotzen soll— dieselbe Wählerliste, die während der Zeit der amtlichen Auslegung nicht angefochten wurde. Und heute wird aus B r i e g gemeldet, daß dort die drei Stadtverord- netenmandate, die von den Sozialdemokraten erobert wurden, für ungültig erklärt wurden, weil---- das Wahllokal angeblich zu klein war. Ob die Bürgerlichen hoffen, mit solchen Mitteln unsere Ge- nassen aus den Stadtparlamenten fernzuhalten? MilchinterpeNatio» im bayerischen Landtage. München , 14. Dezember. In München war ein Milchkrieg ausgebrochen. Die Großhändler erHöhlen ohne jeden Anlaß den Verkaufspreis des Liters Milch von 20 auf 22 Pf. Sie suchten sogar die Milchproduzenten zu be- stimmen, einen höheren Preis zu verlangen, damit kein Händler mehr für 20 Pfi verkaufen könnte. Auch in anderen Teilen Bayerns suckle man dieses nneiubehrliche und für die VolkSgesundheit so wichtige Nahrungsmittel zu verteuern. Das veranlaßt« die sozialdemokratische Partei, gegen dieses Treiben mobil zu machen und zur Verstärkung der Abwehraktion sowohl auf dem Münchener Aathanse als auch im Landtage eine Interpellation einzureichen. Trotz Protestes von unserer Seite hat man eS verstanden, die Besprechung von Tag zu Tag hinaus- zuschieben. Endlich kam die Jnterpellaiion am Sonnabend und heute zur Verhandlung. Der Milchkrieg war unterdessen zugunsten der Konsninenten emschieden worden. Genosse Ed. Schmidt begründete die Interpellation in längerer Rede und stützte seine AuSführnnge» auf ein reiches Tat- sackenmaterial. Durch eine Verteuerung der Milch würden alle bisherigen Errungenschaften auf dem Gebiete der Bekämpfung der Sänglingssterblichteit in Frage gestellt. Weder die Verhältnisse der Landwirtschast noch der Händler rechtfertigen eine Milchverteuerung. Eine Futternot bestehe nicht, denn sonst müßten die Fleischpreise gesunken sein. ES gäbe noch Orte, wo die Bauern froh wären, ihre Milch um 10 bis 12 Pf. das Liter loszuwerden. Die Händler hätten schon mehrmals versucht, den Preis aus 22 Ps. hinauszu- treiben. Jetzt probierten sie das Manöver wieder mit der Be- gründung, daß eine Milchnot bestände. Diese Milchnot wäre nichts anderes als ein großer Schwindel. Eine Preissteigerung von 2 Ps. würde für die Münchener Bevölkerung eine Mehrausgabe von 1,00 bis 2,40 M. bedeuten. Die VerlehrSverWaltung müsse Maßnahmen treffen für rascheren und billigeren Transport. Der M i n i st e r des Innern empfiehlt die genossenschast- liche Organisaiton der Prozenten und Konsumenten. Der Minister deS Verkehrs ist bereit, dein Eisenbahnrat Borschläge zur Ver- billigung der Milchtarife zu unterbreiten. ES äußern sich dann eine Reihe von Zentrums- und Banern- bundSabgeordneten. die alle darzutun verlachen, daß die Milch- wittschaft bei den heutigen Preisen für Futtermittel und Arbeit?- löhne unmöglich rentieren könne. Nach ihrer Ueberzengung müsse in absehbarer Zeit eine Erhöhung deS MilchpreiseS eintreten; aber
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