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GcwerhfcbaftUcbe� Sin imßglüchtcr 8cbarfmacbcr-Cnck. Während der südwestdeutschen Holzarbeiteraussperrung, die ja bekanntlich zugunsten der Arbeiter endete, machte die Weltfirma" Schneider». Hanau in Frankfurt a. M. den Versuch, ihre Arbeiter durch Streikbrecher zu ersetzen. Zu diesem Zweck erließ sie in allen größeren Tagesblättern Deutschlands Inserate, in denen sie tüchtige, nicht organisierte Schreiner zu einem Tagesverdienst von 10 M. suchte. Die Firma fand auf diese Art zehn Streikbrecher die Zahl der bei ihr Streikenden und Ausgesperrten betrug allerdings 1 10. Durch diese Streikbrecher- ließ nun die Firma einen Teil der von den ausständigen Arbeitern noch nicht ganz fertig- gestellten Akkordarbeiten beenden. Nach Beendigung der Ans- sperrung resp. des Streiks verrechnete dann die Firi,.ä die Akkordarbellen mit den alten Arbeitern in der Weise, daß sie von dem Akkordüberschuß die 10 M. Tagesverdienst der Streikbrecher abzog, und zwar 5 M. für Lohn und 5 M. für Streikzulage. Dem Abzug der Streikzulage wider- sprachen die Arbeiter. Die Firma blieb aber trotz wiederholter Vorstellungen auf ihrem Standpunkt stehen. Ein Arbeiter be- schritt daher den Klageweg und verlangte die Herauszahlung der abgezogenen Streikzulage. Die beklagte Firma machte geltend,' daß sie sich zum Abzüge der Streikzulage berechtigt halte, da Kläger die Arbeit freiwillig niedergelegt habe; er hätte diese ja zuerst fertigstellen können. Kläger wendete dagegen ein: Wären die Streikenden der Firma gegenüber ersatzpflichtig, dann müßte die Firma auch für den durch die Aussperrung den Arbeitern zugefügten Schaden haftbar sein. Das Gericht verurteilte die Firma dem Klageantrage gemäß. Weitere Ab- züge als den reinen Lohn für die Fertigstellung der Arbeit seien mizulässig und daher die Streikzulage zu unrecht abge- zogen. Durch dieses Urteil ist die Firma gezwungen, sämt- lichen Streikenden, deren Akkorde während des Ausstandes fertiggestellt waren und denen doch Streikzulagen abgezogen wurden, die Zulage zurückzuzahlen. Die Gesamtsumme be- läuft sich auf ca. 300 M._ Berlin und Umgegend. Tie Geschäftsbuchfabrikanten und die neue Novelle zur Gewerbeordnung. Am Freitag fand im Gewerkschaftshause eine zahlreich be- suchte, vom Buchbinderverband einberufene Branchenversammlung der in Geschäftsbuchfabriken, Liniieranstalten und verwandten Be- trieben tätigen Arbeiter und Arbeiterinnen statt, um über die Durchführung der am 1. Januar in Kraft treten- den Novelle zur Gewerbeordnung zu beraten. Dies war notwendig, weil die Unternehmer bestrebt sind, die geringen Verbesserungen, die die Novelle der Arbeiterschaft oder vielmehr den Arbeiterinnen bietet, hinfällig zu machen. Namentlich ist es ihnen darum zu tun, trotz der Bestimmung, daß die Arbeiterinnen und jungen Leute vom 1. Januar 1910 ab an den Sonnabenden und am Tage vor Festtagen nur noch 8 Stunden beschäftigt werden dürfen, keine Verkürzung, sondern vielmehr eine Verlängerung der Arbeitszeit eintreten zu lassen. Durch den Tarifvertrag der Ge- schästsbuchbranche des Buchbindergewerbes ist die Arbeitszeit auf b4 Stunden die Woche festgesetzt und sie ist im allgemeinen so der- teilt, daß täglich 9 Stunden gearbeitet wird. Nun ist den Geschäfts- buchfabrikanten durch ein Rundschreiben ihrer Vereinigung emp- fohlen worden, um sich ohne irgendwelchen Schaden jener neuen Bestimmung anzupassen, die Arbeitszeit an vier Tagen der Woche um je eine Viertelstunde zu verlängern. In diesem Bestreben sind ihnen, zum Bedauern der in denselben Betrieben beschäftigten Ar- beiter und Arbeiterinnen anderer Kategorien, die Buchdrucker, für die ja die SSibstündige Arbeitszeit besteht, entgegengekommen. Das Tarifamt der Buchdrucker hat sich mit der Verteilung der nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen ausfallenden Ar- beitszeit auf die übrigen Wochentage einverstanden erklärt. Dem Buchbindereipersonal glauben die Fabrikanten offenbar die Veränderung der Arbeitszeit einfach aufzwingen zu können, näm- lich durch Aushängung einer neuen Arbeitsordnung. Daß die Ge- schäftSbucharbeiter und-Arbeiterinnen dies nicht ruhig hinnehmen werden, dafür zeugte der Verlauf ihrer Versammlung. Der Refe- rent Ernst Klar gab zunächst eine Uebersicht über die verschiedenen kleinen Verbesserungen, die die Gewerbeordnungsnovelle bringt, die ja dem angeblich in der Sozialpolitik voranmarschierenden Deut- schen Reich durch die internationale Konvention gewiflermaßen erst aufgenötigt worden sind, und ging dann besonders auf die schon erwähnte Angelegenheit ein. Er betonte, daß die Arbeiterschaft in den einzelnen Betrieben innerhalb dreier Tage ihre Bedenken gegen die Veränderung der Arbeitsordnung geltend machen muß. Er kritisirte scharf das Verhalten der Fabrikanten, die, ohne den anderen Tarifkontrahenten zu fragen, eine Verlängerung der täg- lichen Arbeitszeit durchsetzen wollen. Die Kontobucharbeiterschaft ist nicht gewillt, den schon seit 189S bestehenden neunstündigen Ar- beitstag aufzugeben. Der Redner erwähnte ferner, daß die Fabri- kanten auch darauf aus sind, sich die den S a i s o n g e w e r b e n durch ß 139 gebotenen Vorteile zur Ausdehnung der Ueberzeitarbeit zunutze zu machen. Es liegt jedoch durchaus kein irgendwie hin- reichender Grund vor. die Geschäftsbuchindustrie für ein Saison- gewcrbe zu erklären, und die Organisationen der graphischen Ge- werbe haben gegen dieses Verlangen der Unternehmer auch schon gemeinsam Protest eingelegt. In der regen Diskussion, die dem Referat folgte, zeigte es sich, daß die Versammelten durchaus mit dem Referenten einverstanden waren. Es wurde erwähnt, daß ein Fabrikant beiläufig den Vermittelungsvorschlag gemacht hatte, daß die Arbeitszeit im allgemeinen wie bisher bestehen bleiben, die Arbeiterinnen jedoch, um dem Gesetz zu genügen, Sonnabends eine Stunde später anfangen sollten Wenn man nun auch in der Ver- sammlung anerkannte, daß das eine bessere Regelung als die von der Fabrikantenvereinigung vorgeschlagene sei, so wurde demgegen- über doch betont, daß der Wille des Gesetzgebers offenbar der war. daß die Arbeiterinnen an den Vorabenden der Sonn» und Festtage früher Feierabend haben sollten, um Zeit zur Besorgung der häuslichen Pflichten zu gewinnen. In diesem Sinne müsse die Sache geregelt werden. Das«war vor allem auch die Ansicht der zahlreich anwesenden Arbeiterinnen. Das Verhalten des Tarifamts der Buchdrucker wurde allgemein scharf verurteilt. Die Versamm- lung nahm einstimmig folgende Resolution an: Die versammelten Kontobuckwrbeiter und Arbeiterinnen nehmen Kenntnis von der Absicht der Unternehmer, die Vorteile der am 1. Januar in Kraft tretenden Novelle zur Gewerbe- ordnung durch Einreihung der Kontobuchbranche unter die Saisongewerbe und durch Verteilung der Arbeitszeitverkürzung an den Vorabenden der Sonn- und Feiertage auf die übrigen Wochentage unwirksam zu machen. Sie sprechen ihre Mißbilli- gung über diese Absicht der Unternehmer aus. um so mehr, als sie von wenig sozialem Empfinden zeugt und eS doch unzweifel- Haft der Wille des Gesetzgebers gewesen ist, die Arbeitszeit der Arbeiterinnen zu verkürzen. Das natürliche Bestreben der Ar- beiterschaft ist eS, eine Verkürzung der Arbeitszeit herbeizuführen. Dagegen würde die Verteilung der an den Sonnabenden aus- fallenden Stunde auf die übrigen Tage einen Rückschritt und eine Aufgabe des Neunstundentaaes bedeuten. Die Versammelten erklären, diesen Rückschritt auf keinen Fall mitmachen zu wollen. Die Tarifkommission wird beauftragt, bei Verhandlungen mit den Unternehmern in diesem Sinne zu wirken." Verantw. Redakt.: Richard Barth , Berlin . Inseratenteil verantw. Die Organisationsverhältnisse in den Branereibetrieben betrifft eine Zuschrift an uns, in der es heißt: Nack den Berichten über die Versammlungen des Zentral- Verbandes Deutscher Brauereiarbeiter vom 17. und 13. d. M. im Vorwärts" sind dem Referenten bezw. Berichterstatter bezüglich der Mitgliederzahl der in Frage kommenden Organisationen insofern Irrtümer unterlaufen, als die angegebenen Zahlen, soweit der Transportarbeiter-Vcrband in Frage kommt, nicht zu- treffend sind. Nach genauer Aufstellung hat der Transportarbeiter-Verband zurzeit in sämtlichen Brauereien und Niederlagen Groß-Berlins 2494 Mitglieder, und zwar 1917 beim Fahrpersonal und S47 Jnnenbetnebsarbeiter, organisiert. Deutscher Transportarbeiter-Verband Bezirk Groß-Berlin." Die Beendigung des Streiks der Isolierer Berlins , welcher am 1. November d. I. begann und nunmehr 7 Wochen dauert, wurde am 17. d. Mts. in einer Versammlung der Streikenden mit großer Majorität beschlossen. 14 Stimmen waren dagegen. Ei» Lohntarif von Organisation zu Organisation wurde nicht abgeschlossen. Die Unternehmer haben ihren Akkordtarif zurückgezogen. Dieser Tarif, welcher von den Unternehmern in einseitiger Weise ausgearbeitet war. gab neben der Verweigerung einer beslinimten Lohngaranlie die Veranlassung zu dem Streik. Es wird nunmehr wieder, sobald in Akkord gearbeitet wird, zu den alten Bedingungen der volle Lohn garantiert. Auck in bezug der Lohnerhöhung haben die Firmen noch Zngesländnisse gemacht und zwar von 65 bis 70 Pf. Nur jüngere Kräfte, welche erst kurze Zeit selbständig arbeiten, erhalten 65 Pf. pro Stunde. Für die Isolierer ist dies zwar kein Sieg, aber eine Niederlage ist es auch nicht, denn ihnen kam es von vornherein nicht so sehr aus die Durchdrückung ihrer Forderung als auf die Abwehr der Bedingungen der Unternehmer, die sie in bezug der Akkordarbeit gestellt hatten, an. Aber auch bei den Unternehmern waren es nicht die Forderungen der Arbeiter, sondern ihre eigenen Bedingungen. weshalb sie so hartnäckig auf ihren Standpunkt be- harrten. Die Herren hatten es sich nun einmal in den Kopf gesetzt, die Organisation der Isolierer in Berlin z» vernichten, um dann die Lohn- und Arbeitsbedingungen nach Willkür festzusetzen Das ist ihnen aber nicht gelungen und wird dem Arbeitgeberverband auch in Zukunft nicht gelinge», denn die Isolierer Berlins haben es in dem siebenwöchentlichen Kampfe bewiesen, daß sie die Organi- sation zu schätzen wissen. Nicht ein einziges Mitglied ist ab- trnnnig geworden. Ebenso geschlossen wie sie am"l. November die Arbeit niederlegten, haben sie jetzt dieselbe wieder aufgenommen. Und das berechtigt sie auch für die Zukunft zu den besten Hoffnungen. Nunmehr ist die Sperre über die sieben Firmen aufgehoben. Nur die Filiale der Firma A. Haake u. C., Brllckenallee 22. hält ihren Ukas aufrecht, nach welchen den bei ihr beschäftigten Isolierern ver- boten ist, irgend einer Organisation anzugehören und bleibt daher diese Firma für die Isolierer weiter gesperrt. Veutfesies Reich. Znsammenschlnh der Verbände im Transportgelverbe. Vom 13. bis 16. Dezember tagte in Hamburg eine Konferenz von Vertretern der Zentralverbände der Hafenarbeiter, Seeleute und Transportarbeiter, uin die Grundsätze für den Aufbau und die Ein- richtungen der bereits von allen drei Verbänden im Prinzip be- schlossenen Eiuheitsorganisation der Transport- und Verkehrsarbeiter zu Wasser und zu Lande festzusetzen. Nack einer umfassenden, fach- lichen Aussprache über die Grundlagen und die Form der neuen Organisation wurde, unter Berücksichtigung aller ein- schlägigen beruflichen und organisatorischen Interessen, eine völlige Verständigung über die statutarischen Grundlagen des zukünftigen Verbandes, sowie über die zu erlassenden Uebergangsbestimmungen erzielt. In Verfolg der Beschlüsse und Vorschlage dieser Konferenz werden die genannten Verbände im Mai 1910 außerordentliche Verbandstage abhalten, wo die von der Konferenz geschaffene Grund- läge zu sanktionieren ist. Daran anschließend, findet ein gemein- samer Verbandstag statt, dessen Aufgabe es ist, den Zusammenschluß der Verbände endgültig zu vollziehen und alle für die neue Organi- sationsform notwendigen Formalitäten zu erledigen. Nach den Vorschlägen der Konferenz wird die EinheitSorgant- sation am 1. Juli 1910 in Wirkung treten. Lohnznlagen für die städtischen Arbeiter in Bresla«. Der Breslauer Magistrat beschloß auf die gemeinsame Eingabe der städtischen Arbeiter hin eine Aufbesserung der Löhne aller städtischen Arbeiter. Die Lohnzulage soll bis zum 1. Dezember d. I. rückwirkend ausgezahlt werden. Zur Tarifbewegung im Bangewerbe. Mit den örtlich zu treffenden Vereinbarungen für den Bereich der rheinisch-westfälischen Unternehmer für daS Baugewerbe be- schästigte sich eine Konferenz, die am 17. Dezember in Düffel- d o r f stattfand. Eine Vereinbarung kam nicht zustande, weil die Untemehmerverbände örtliche Verhandlungen nicht wollen. Dem Zentralarbeitsnachweis des ZechenverbandeS. der in 16 Orten des Industriegebietes Zweigstellen errichtete, find 226 Zechen angeschlossen und zwar: in Essen 43, Dortmund 33, Gelsenkirchen 26, Bochum 24, Oberhausen 18, Herne 16, Reckling- hausen 13, Lütgendortmund 11, Buer 7, Witten 7, Kamenz 5, Hamm 5, MörS 6, Bottrop 6, Sprockhövel 4 und Gladbeck 4. Streikbrechertaten und ihre..Sühne". DerVorwärts" berichtete in seiner Nr. 256 über die Blut- tat eines Arbeitswilligen, der aus Anlaß des Streiks der Former und Gießereiarbeiter auf dem Eisen- und Stahlwerk in Ohligs bei Solingen emen streifiwsten» stehenden Arbeiter übel zurichtete. Der Uebeltäter wurde mit noch zwei Helfershelfern unter Anklage gestellt. Die Verhandlung gegen die dreinützlichen Elemente" fand am Donnerstag vor der Straf- kammer rn Elberfeld statt. Es handelte sich um die drei aus dem Königreiche Stumm " in Saarbrücken zugereisten Former Friedrich Majeck senior, Friedrich Maj eck junior und Karl Schwal- b a ch. Elfterer war angeklagt, den Former Wilhelm Becker. welcher Streikposten stand, mit dem Verbrechen des Totschlags be- droht zu haben, während fein Sohn und Sch. wegen gemeinfchaft- licher Körperverletzung mittels gefährlichen Werkzeuges unter An- klage standen. Die Verhandlung ergab folgenden Sachverhalt: Am Sonntag, den 17. Oktober, traf M. senior den streikpostenstehenden Former Becker sdi« Streikbrecher waren im Betriebe unter- gebracht) vor der Liederfchen Wirtschaft und pöbelte diesen mit den Worten an:Heute abend stehen wir Streikposten". Becker gab Widerworte, worauf M. senior ihm drohte,ihn niedermetzeln und auf die Bahnschienrn werfen zu wollen." Kurz vor diesem Vorgang hatte M. senior zwei Frauen gegenüber die Drohung ausgestoßen:Heute gibt's noch waS; heute schneiden wir noch verschiedenen Leuten die Hälse ab." Der Angeklagte Schwalbach, der die Auseinandersetzung zwischen M. senior und Becker in unmittelbarer Nähe mit angehört hatte, schlich sich hinterlistig heran und schlug mit seinem Spazierstock solange auf Becker ein, bis der Stock in Stücke ging. Als Becker sich zur Utz. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr.«. VerlagSanstall Wehr setzen wollte, sprang M. junior hinzu und versetzt« ihm mit einer Maurerkelle� die er in der Tasche hatte, einen mit aller Kraft geführten Stich in den Rücken, so daß der Verletzte eine mehrere Zentimeter lange, bis auf den Schulterknochen gehende Wunde davontrug; außerdem war ihm der Zeigefinger der rechten Hand durch einen Stockschlag erheblich verletzt worden. Becker war infolge der Mißhandlungen längere Zeit arbeitsunfähig. Er trat als Nebenkläger auf und sein Rechtsbeistand beantragte für ihn, die Angeklagten neben der über sie zu verhängenden Strafe zu einer Geldbuße von 390 M. an Becker zu verurteilen. Die An- geklagten waren geständig, wollten aber von den Streikenden ge- reizt worden sein, was sich als unwahr herausstellte. Der Staats- anwaft beantragte gegen M. senior 20 M., gegen Sch Walbach 30 M. Geldstrafe und gegen M. junior 2 Monate Gefängnis. Das Gericht verurteilte M. senior zu 20 M. und Sch. zu 50 M. Geld- strafe, während M. junior 3 Wochen Gefängnis erhielt. Auf eine Geldbuße an den Nebenkläger Becker zu erkennen, lehnte das Ge- richt ab und verwies ihn auf den Weg der Zivilklage. Das Urteil gegen die drei Rowdys ist außerordentlich milde ausgefallen. Man male sich einmal aus, welche Strafe es wohl für Streikende abgesetzt haben würde, wenn sie in der geschilderten Weise gegen die arbeitswilligen Elemente vorgegangen wären. Für Monate wäre ihnen die Gefängniszelle sicher gewesen. Gelbe " Arbeiter im Streik. In der Weberei und Spinnerei von Semmlinger in Gau- st a d t bei Bamberg haben 600 Arbeiter, meist Weber, wegen Lohnredukiion die Arbeit eingestellt. Es handelt sich um einen>o« genanntenwilden" Streik. Von den 2400 im Betriebe beschäftigten Arbeitern und Arbeiterinnen sind nur sechs im Textilarbeiterverbande organisiert, eine größere Anzahl ist im christlichen Verbände und zirka 1800 sind dem Chef, dem Kommerzienrat Semmlinger. zu Gefallengelb" organisiert. Unter den Ausständigen sollen sich auchgelbe" Arbeiter befinden. Wie ersichtlich, ist selbst aus die gelb organisierten Arbeiter kein Verlaß, wie das schon in letzter Zeit mehrere Male offensichtlich wurde. Bedauerlich ist es nur, daß in diesem Falle die ausständigen Weber nichts erreichen werden, denn unorganisiert und ohne jede Unterstützung wird der Ausstand, der schon wegen der Verhältnis- mätzig geringen Beteiligung aussichtslos erscheint, nach wenigen Tagen zusammenbrechen. Hustend« Aussperrung. Die Direktion der Ungarischen Waffen- und Munitionsfabrik in Budapest hat 1300 Arbeiter ausgesperrt. Der Betrieb dcS EtablisseinentS ist für drei Monate eingestellt worden, obwohl die Fabrik mit großen Aufträgen genügend versehen ist. Die Maß- regelung bedeutet den Ruin ganzer Quartiere der Hauptstadt. Die geringfügige Ursache zu dieser Aussperrung ist die Haltung einer kleinen Gruppe von Arbeitern, von 64 Eisendrehern nämlich. Um diese zurBotmäßigkeit" zu zwingen, wirst die Regierung die mehr als tausend aus die Straße. _ Keine Einigung in Schwede«. Die Vertreter der Landesorganisation der schwedischen Gewer?« schaften und die der Schwedischen Arbeitgebervereinigung waren am Donnerstag vor dem Schlichtungsbeamten Stadtnotar Cederborg erschienen, um das Protokoll der gescheiterten Einigungsverhandlungen vom 4. bis 12. November zu unterzeichnen. Bei der Gelegenheit fragte Cederborg die Vertreter der Parteien, inwieweit sie an ihrem bisherigen Standpunkt in der Bermittelungsftage festhielten. Der Vorsitzende der Landesorganisation, Hermann Lindquist, erklärte, daß das Landessekretariat nach wie vor als Bedingung für neue Verhandlungen verlange, daß die Arbeitgebervereinigung die Aussperrungen aufhebe. Der Direktor der Arbeitgebervereinigung. von Sydow, antwortete, daß man auf Arbeitgeberseite nicht geneigt sei, diesem Verlangen des Landessekretaria» entgegen« zukommen. Unter diesen Umständen erklärte der Schlichtungsbeamte, gegen« wärtig nichts weiter in der Angelegenheit tun zu können. Versammlungen. Zentralverband der Töpfer Deutschlands . Die Filiale Berkin hielt am Freitag eine Mitgliederversammlung ab, in der Verbands- angestellter S e g a w e über das Thema:Wie gestalten stch die Wirt« schastlichen Verhältnisse der Töpfer Berlins durch den neuen Tarif?" referierte. Der Referent legte dar. daß der neue Tarif keine Nach- teile, sondern Vorteile enthalt, wie er an der Hand von aufgestellten Berechnungen nachweisen konnte. Die Lokalisten wollten nun auch in eine Lohnbewegung eintreten, da sie nicht nach diesem Tarif zu arbeiten, sondern die altdeutsche Arbeit um Iv Proz. unter dem fest« gesetzten Preis zu machen gedachten. Die Absicht kam nicht zustande; nian erklärte dann auf lokalistischer Seite, nach dem Tarif des Zentralverbandes zu arbeiten. Ein TeU der Lokalisten hat nun er« klärt, in den Zentralverband übertreten zu wollen, aber nur mit vollen Rechten. Redner erklärte, daß die Lokalisten, die kommen wollen, kein Eintrittsgeld zu erlegen brauchen, doch müffen sie die Karenzzeit einhalten. In Streiksällen werden fie wie alle anderen unterstützt; weiter könne man nicht gehen. Wollen sie übertreten, so sind sie willkommen. Ausnahmen könnten nicht gemacht werden. Um jedem Irrtum vorzubeugen, sei hervorgehoben, daß die Uebertretenden keine 13 Wochen nachzuzahlen brauchen. Da die Lokalisten den Tarif mit Unterpreijen nicht an« genommen haben, kann der Zentralverband über diese Angelegenheit hinweggehen. In der Diskussion stellte ein Redner, um den Konfliktsstoff z» beseitigen, den Antrag, die Lokalisten mit vollen Rechten aufzunehmen, stieß aber bei der Versammlung aus starken Widerspruch. Bei der nachfolgenden Abstimmung wurde der Antrag einstimmig ab» gelehnt. Letzte Nachrichten und Depcfchen. Das Urteil im Prozest Grabowski. In später Abendstunde fandder Totschlag im Scheunen« viertel" und gleichzeitig die diesjährige Schwur- gerichtsperiode ihren Abschluß. Die Geschworenen b»> jahten die Schuldfrage nach Totschlag unter Zu- billigung mildernder Umstände. Die Rechtsanwälte Morris und Bahn stellten einen Antrag, der dahin ging. daß der Gerichtshof in Erwägung ziehen möge, ob sich nicht die Geschworenen zu Ungunsten des Angeklagten bei Fällung ihres Spruches geirrt haben. Bevor sich das Gericht zur Beratung zurückzog, beantragte Staatsanwaltschaftsrat Merschberger gegen den Angeklagten eine Gefängnis» strafe von vier Jahren. Das Gericht lehnte die Anträge der Verteidigung ab und verkündete folgendes Urteil: Grabowski wird wegen Totschlags zu drei Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust, unter An- rechnung von 7 Monaten der erlittenen Untersuchungshaft. verurteilt. Der Angeklagte trat die Strafe soso r t a n. §caxl Singer& Co.. Berlin LIV,' Hierzu 7 Beilagen.