gu Verlverken. tcit Rentenankrag hineiuSschiebett, so nehmen in Zeiten wirtschaftlichen Rückganges solche Versicherte bei mangelnder Arbeitsgelegenheit begreiflicherweise ihre Zuflucht zur Invalidem Versicherung und suche-, eine Rente zu erlangen." Der Berichi erstatter glaubt diese Behauptung unterstützen zu müssen durch den Hinweis, das; eö fast ausschliesslich Versicherte sind» die das 50. Lebensjahr überschritten haben. Insgesamt wurden im Jahre ItWS auf Invalidenrente 704 9, auf Altersrente 343 Anträge gestellt. Dazu kommen 824 aus dem Vorjahr slSOT) unerledigt übernommene Invalidenrenten- und 34 Altersrentenanträge. Die Zahl der Be willigungcn der Rente hat relativ zugenommen. Die Ablehnung der Rcntcnanträgc hat indessen den höchsten Stand seit Bestehen des Gesetzes erreicht. Die Bewilligungen und Ablehnungen zu den gestellten Anträgen sseigten folgendes Bild: Es wurden Anträge gestellt in den Jahren: Das Jahr 1003 weist demnach die höchste Ziffer der Bewillü guugen und die niedrigste der Rentenablehnungen auf. Wenn gleich auch die darauf folgenden Jahre eine Steigerung der Rentenablehnungen zeigen, so ist die Zunahme der Rentenableh- nungen im Jahre 1908 geradezu erschreckend hoch. In Prozenten gerechnet wurden im Jahre 1903 von den gesamten Renten- antragen 8 4,93 Proz. bewilligt und 7.24 Proz. abgelehnt; 1908 dagegen wurden nur 84,90 Proz. aller Rentenanträge be- willigt und 25,3 Proz. abgelehnt. Dies fortgesetzte Steigen der Ablehnungen findet unzweifelhaft seinen Grund in den„Bereisungen" des Bezirks der Anstalt durch die Kommissare des Reichsversicherungsamtes. Indessen neben diesen»Bereisungen" steht das System der Vertrauensärzte der Anstalt. Der Rentenbewcrber wird, trotzdem die Erlverbsfähigkeit um 6 0 Proz. behindert ist, von den Aerzten noch nicht erwerbs- rm fähig bezeichnet. Trotz der erheblichen Erwerbsunfähigkeit des RentenbewcrberS kann er noch immer das gesetzliche Drittel der Verdien st grenze durch Lohnarbeit erwerben. Der Bericht sagt denn auch, dass allein 8 8,2 Proz. aller Renten- ablehnungen erfolgte:»weil noch nicht völlige Erwerbsunfähigkeit vorlag". Die soziale Fürsorg« der Anstalt Verlin erscheint in recht merk- würdiger Beleuchtung. Im Bericht heisst eS:„Besonders im Be- richtSjahre hat die Anstalt Berlin „umfangreiche" und„zeit- raubende" Ermittelungen über die Arbeitsver- hältnisse und„erschöpfende" Feststellungen der Gesundheitsverhältnisse der Rentenbewerber ausgeübt, ehe dem Rentenbewerber die Rente bewilligt wurde." Eine solche Methode kann man schliesslich verstehen, wenn es sich um Armenalmosen handelt, nicht wenn öffentlich. rechtlich« Fürsorge, zu welcher der Versicherte seine Bei- träge steuert, in Frage steht. Beschämend ist es, dass die Anstalt Berlin in bczug auf die Rentenbewilligungen weit unter dem Durchschnitt des Reiches zurückbleibt. Im Jahre 1908 ent- fielen von 100 erledigten Renten: in verlin auf Festsetzungen 72 auf Atlchiumgeii 28 im Deutschen Reich auf Festsetzungen »2 auf Lblehmmgen IS ES scheint, als fei der soziale Geist bei der Versicherungsanstalt Verlin in Fahrrichtung„Talwärts" begriffen. Bezüglich der An- Weisung des preussischc» Ministers für Handel und Gewerbe vom 15. November 1908 über das Verfahren vor den untere» Verwal- tuiigsbehörden bezüglich der Rentenanträge sagt der Bericht:„Durch diese Bestimmungen wird in noch höherem Maße(?) als bisher bei der unteren Verwaltungsbehörde eine sachgemäße und eingehende Vorbereitung des RcntenantraaeS gesichert." Wie die„sachgemässe" Vorbereitung aussieht, dafür liefern die ungeheuer hohe Zahl der Rentenablehnungen einen unwiderleglichen Bewe-S. Den Berichterstatter scheint es schmerzlich zu berühren, dass Personen, die„hart" an der Grenze der Invalidität stehen— es handelt sich meist um alte oder ältere Frauen— noch einen leicht«, Dienst annehmen, dann Marken kleben und wie die Wartezeit er- füllt ist. dann die Invalidenrente begehren. Denn der Bericht- erstatter sagt:„Je mehr die Kenntnis des Gesetzes in diese Kreise dringt, desto grösseren Zuwachs von Rentenbewerberinnen wird man au erwarten haben." Ursachen der Invalidität. An erster Stelle steht die Lungenschwindsucht. Die absolute Ziffer weist bei beiden Geschlechtern eine erhebliche Zunahme der Fälle auf. Prozentual gestaltet sich die Sachlage etwas günstiger. Danach ist der Anteil der Lunge»schwindsüchtigen bei den Männern von 204 auf 183, bei den Frauen vo» 147 auf 135 pro Mille, gefallen. Der Pro- gentsatz der gesamten Krankheiten der RespirationSorgane ist eben- falls gegen das Vorjahr von 28,1 auf 28,9 Proz. bei den Männern und von 21.1 auf 19,5 Proz. bei den Frauen zurückgegangen. An zweiter Stelle folgen dann die Erkranlungen des Nerven- 1 y sie m s mit 18.8 Proz. bei den Männern; an dritter Stelle folgen die Erkrankungen des Gefäßsystems mit 17 Proz., die KranK>siten der Knochen und MuSkcln(meist Gelenkrheumatismus) mit 145; dann folgen die Krankheiten der EntWickelung und Ernährung einschliesslich AlroholismuS(meist Altersschwäche) mit 132; hinzukommen noch die Erkrankungen des Verdauungs- apparateS mit 30, der Harn, und Geschlechtsorgane LI; Bleiver- giftungen 5 und endlich Syphilis mit 7 Fällen pro Mille. Bei den Frauen treten stark in den Vordergrund die Krankheiten der E n t- Wickelung und Ernährung— besonders Altersschwäche— mit 17 1, welche indessen noch von den Nervenkrankheiten mit 2 1 0 Fällen übertroffen werden; dann folgen die Herz- und Gefässkrank- beiten mit 181; die Haut-, Knochen- und Gelenkkrankheitcn mit 15 6; die Harn- und Geschlcchtsorganerkrankungen mit 15 6; die Magenkrankheiten mit 31 und endlich Syphilis mit 8 Fällen pro Tausend. Ein recht trauriges Bild des Gesundheitszustandes der Berliner Arbeiter zeigt der Bericht über die Ursachen der Inda- lidität nach Alterstlassen. Danach wurden von 100 Invaliden der nachstehenden Altersklassen für invalide erklärt: Alter in Jahren 20/24 25/29 30/34 35/39 40/44 45/49 50/54 55/59 60/64 85/69 70 U. mehr Durch Lungenkrankheiten und chronischer Bronchialkatarrh: männlich: - 31 25 21 23 53 66 61 44 36 weiblich: 43 80 29 18 18 10 16 14 13 10 10 13 12 17 15 Durch Nervenkrankheiten: 9 26� 24 18 11 männlich: 18 29 28 weiblich: 24 38 38 28 23-29 20 11 7 3 Mithin wurde die Invalidität bei den jungen Männern von 20— 24 Jahren zu 5 2, bei den jungen Frauen derselben Altersilasse zu 8 8 Proz. durch eine Lunge nkrantheit herbeigeführt. Bei den Nervenkrankheiten nehmen die mittleren Jahrgänge die höchste Ziffer ein. l Ordnet man die Reniuer nach Berufen, dann stehen auch jetzt wieder die Metallarbeiter mit 2 03 pro Mille an e r st e r Stelle. Ihnen folgen die Bauarbeiter mit 182 (darunter hauptsächlich Maurer, Zimmerer und Maler), dann die Arbeiter der Holz- und Schnitz st offindu st rie mit 116, die des Handelsgewerbes mit 91. des Verkehrsgewerbes mit 8 0 die Dienstboten mit 4 8 und Arbeiter ohne Angabe des Berufs 8 pro Mille. Bei den Frauen stehen die Dienstboten mit 535 an erster Stelle, dann folgen die Näherinnen und Schneide- rinnen mit 176, die Verkäuferinnen mit 77, Plätte- rinnen und Wäscherinnen mit 30 pro Mille. Jnvaliditätsursachen nach Gewerben. Nach einem statistischen Nachweis werden die Metall- und Holz arbeiter am meisten von der Lungenschwindsucht befallen. Während der Durchschnitt der durch Lungenschwindsud/t invalid gewordenen Rentenempfänger 18,3 beträgt, kommen auf die Metallarbeiter 21,8 und aus die Holzarbeiter 19.9 Prozent. Die anderen Berufe bleiben unter dem Durchschnitt. Ebenso stehen die Metall- und die Holzarbeiter bei den Lungen erkranlungen überhaupt mit 2 6,8 uiü> 2 9.9 über dem Durch- schnitt. � Aufftillend hoch ist die Zifer der Lungenerkrankungen bei den Näherinnen. Dieselben stehen mit 2 3,2 Proz. verzeichnet. Davon entfallen auf die Schwindsucht 19,1 Proz. Die Dienst- boten folgen bei den Lungenerkrankungen mit 14,3 Proz., davon entfallen auf die Schwindsucht 7,3 Proz. Die Näherinnen stehen demnach bei den Lungenerkrankungen überhaupt wie auch bei der Schwindsucht mit 2 3,2 bezw. 19,1 Proz. über der Durch- schnittsziffer bei dem weiblichen Geschlecht, die bei den Lungen erkranlungen 19,5 und bei der Schwindsucht 13,5 beträgt. Auch bei den Nervenkrankheiten stehen die Näherinnen mit 2 0,8 Proz. obenan. Das Zahlenverhältnis bei den Näherinnen bezüglich der Jnvaliditätsursachen, meint der Bericht,„kann mit ihrer Tätig- keit und ihrer Ernährung in Zusammenhang gebracht werden". Die auffallend hohe Zahl der wegen Lungentuberku> lose in den jüngeren Jahresklassen invalid gewordenen Rentem empfänger zeigt, dass die Ernährung der Arbeiterbevölkerung viel zu wünschen übrig läht. Die fortgesetzte Steigerung der Lebens- mittelprcise hat zur Folge, dass die Arbeiter ihre Arbeitskraft bei stetig steigender Unterernährung verschleißen müssen. Die ' olgen der fortgesetzten Unterernahrung bedingen auch die Zeugung von minder kräftigen Kindern. Die EntWickelung der jungen Generation muß natürlich besonders vom 15. bis 20. Lebens- ahre doppelt unter der Unterernährung leiden. Die Folg« ist dann auch die grauenhafte Volksseuche Lungen- schwind sucht in der Arbeiterbevölkerung in den Jahren, in Venen der Mensch in der besten Blüte des Lebens stehen sollte. Die Verhältnisse bei den Näherinnen liegen besonders ungünstig. Bei den elend niedrigen Löhnen kann von einer kräftigen Nahrung keine Rede sein. Der Hauptspeisezettel ist denn auch„Kaffee und Brot". Dazu kommt die einseitige Arbeitsmethode. Da ist es kein Wunder, wenn die Näherinnen mit 19,1 Proz. Opfer der Schwindsucht werden und— durch Entkräftung. Blutarmut und Bleichsucht--- den höchsten Prozentsatz der Nervenkranken stellen. Diese Opfer der heutigen Gesellschaftsordnung werden indessen noch durch„langwierige" und„zeitraubende" Er- Mittelungen und«erschöpfende Feststellungen der Gesundheitsverhältnisse zur Verzweiflung getrieben. ehe sie die Invalidenrente erhalten. Die TodeSzifter der Rentner ist am höchsten in den Alters klaffen der Jahre 25 bis 29; es starben von 100 Rentnern 45. Bei den Nientnerinnen stehen die Altersklassen 20 bis 24 Jahre, mit 2 6 vom Hundert, an erster Stelle. Heilverfahren. Für das Heilverfahren wurden im Jahre 1908 für die männlichen Kranken 894132,89 M. aufgewendet. Davon entfallen auf die Familienunterstützung 94328,43 M Von den Kosten wurden durch Dritte 148885,28 M. ersetzt. Für das Heilverfahren bei den weiblichen Personen wurden 218922,83 M. ausgegeben, davon entfallen 3 7 00,94 M. auf Familienunterstützung. Von den gesamten Kosten wurden durch Dritte 28575, 49 M. zurückerstattet. Insgesamt wurden für das Heliverfahren 911055,02 M. aufgewendet. Hiervon sind 175480,77 M. durch Dritte ersetzt, dass die Anstalt 735894,25 M. ausgegeben hat. Für die Heilbehandlung der Lungentuberkulose wurden 1 199 094,46 M. bei den männlichen Erkrankten aufgewendet. Davon entfallen 153898,39 M. aus Familienunterstützung. Bon den Kosten wurden durch Dritte 283530,07 M. erstattet. Für das Heilverfahren der weiblichen Lungentuberkulosen sind 763497,63 M. ausgegeben, wovon 12 12 8.09 M. auf die Familienunterstützung entfallen. Insgesamt sind für die Heil» behandlung der Lungentuberkulose 1962592,11 M. aufgewendet, wovon der Anstalt 3 8 9 51 4.82 M. von anderer Seite gedeckt wurden, so dass die Anstalt Berlin 1593077,29 M. aus ecgenen Mitteln für die Behandlung der Lungentuberkulose aufgewendet hat,— Ausser dieser Summe wurden ferner für Krankenfürsorge noch 725 5 8,45 M. ausgegeben. Finanzlage. Die Anstalt Berlin vereinnahmte im Jahre 1908 für Beitragsmarken 9891891,14 M.. für Zinsen 2013995,28 M., für Strafgelder 13244,48 M. usw.; inkl. eines Bestandes von 971 389.78 M. aus dem Vorjahre betrug die Gesamteinnahme 14949304,83 M. Die Ausgaben betrugen 13718858.01 M. Darunter an Renten 5078179,75 M., an Beitragserstattungen 6 5 4 1 4 4.88 M., Jnvalidenhauspflege 132 3 4,2 9 M.. ausserordentliche Leistungen(§ 46 d. Ges.) 909 7 3,86 M., für„Erhebungen" bei Gewährungen oder Ent- ziehungen der Renten usw. 83516,73 M. Etwa die Hälfte der Markeneinnahmen wurde für Renten ausgegeben. Das Vermögen der Anstalt Berlin betrug am Jahresschluss 1903 6 0117 8 5 5,70 Mark. Hervorgehoben soll werden, dass die Anstalt Berlin für das Heilverfahren im Interesse der Versickerten recht bedeutende Summen verausgabt hat. Auch bezüglich der ausserordentlichen Leistungen und der Jnvalidenhauspflege ist ein erfreulicher Fort- schritt zum Besseren unverkennbar. Indessen bezüglich der Renten- bcwilligungen hat die Anstalt einen Standpunkt eingenommen, der mit der sozialen Fürsowe nichts mehr gemein hat. Die hohe Zahl der Ablehnungen der Rcntcnbewerber zeigt, daß man die Ver« sicherten wie Almosenempfänger einschätzt. Die Anstalt Berlin hätte allen Grund und alle Ursache, Lei den Rentenbewilligungen etwas loyaler zu verfahren. Die Arbeiter sind es, welch« die Millionen an Einnahmen durch ihre Arbeit aufgebracht haben. Daher haben sie ein Recht, wenn sie durch die jahrelange» schweren und ein- sättigen Arbeitsmethoden im privatkapitalistischen ProduktionS- Prozesse aufgebraucht sind, Rente zu verlangen. Nicht Millionen anhäufen, um Almosenbettelei zu treiben, sondern soziale Fürsorge in des Wortes wahrster Bedeutung zu üben, das muß Aufgabe der Anstalt Berlin sein! Huq der Partei. Eine ausierorbcntliche Landeskonferenz der hessischen Sozial- demokratie (indet am 16. Januar 1910 in Offen dach(Main ) statt. Zur ZerHandlung für die Tagung steh-n:»Der Entwurf eines Landes- organisationsstatuts" und„D i e W a h l r e ch t» r e f o r in". Zum preußischen Parteitag, In Randow-Greifenbagen wurde Genosse R. Schulz zum Delegierten gewählt. Jugendbewegung. 'Die Jugendbewegung In Finnland . Die Jugendbewegung nahm ihren Ausgang von der 1904 er- folgten Gründung einer Organisation in TammerforS . Ms zum Generalstreik(Ende 1905), seit dem sich die Arbeiterbewegung erst mächtig entwickelt hat, gab es nur wenige Jugendvereine, die überdies miteinander in keinem Zusammenhang standen. Am 10. Dezember 1906 fand der erste Kongreß der Jugendorganisationen in Tammerfors statt. Es wurde beschlossen, einen Verband zu gründen, dessen. Tätigkeit in der Erziehung zum Klassenbewußtsein bestehen sollte. In der Frage des Militarismus wurde eine scharfe antimiliiaristische Resolution beschlossen, die vom Standpunkte der Partei abwich. Vom 6. bis zum 8. Juni 1908 tagte wieder ein Kongreß, der diese antimilitaristische Resolution verwarf. Seither verfolgt der Verband nur Bildungszwecke. Am Anfang 1907 begann ein eigenes DcrbandSorgan, Die Fackel ", zu erscheinen. Im ersten Jahre kamen nur sechs Nummern heraus. Seit Januar 1909 erscheint das Blatt monatlich in einer Auflage von 1800 Exemplaren. Der Verband zählt jetzt 8 0 Gruppen, deren Mtgliederzah! zirka 3 000 beträgt. Innerhalb des letzten Jahres allein sind 40 Gruppen gegründet worden. Die Jugendorganisation stößt häufig auch noch in Parieikreisen auf Widerstand; es ist Aussicht vorhanden, dass sie sich fortan kräftig entwickeln wird. Es wurde beschlossen, der internationalen Verbindung beizu- treten._ Die englische Jugendorganisation hielt vor kurzem in London ihre Generalversammlung ab. Die Mitgliederzahl hat sich im Laufe des Jahres ver- doppelt. Die Gründung eines Blattes mußte wegen Geld- mangels unterbleiben. ES wurde die Herausgabe eigener Abzeichen beschlossen. Eine Resolution gelangte zur Annahme, die gegen die Verwendung des Militärs gegen das Volk Stellung nimmt. Soziales. (Sieh? auch Hauptblatt.) Bon der Not der Landwirtschaft erzählen ein paar Gutsverkäufe, die kürzlich in Hinterpommern stattfanden. Das Rittergut Baarkotzen, das vor zirka drei Jahren für den Preis von 200000 M. gekauft wurde, erzielte bei dem Verkauf jetzt 250000 M. Ein noch besseres Geschäft wurde mit dem Verkauf des Gutes See- h o f gemacht. Vor etwa vier Jahren kaufte es der Besitzer für 65 000 M. und verkaufte es nun für 124000 M. Solch mühseliger Verdienst zwingt beinahe zum Verhungern. Der bekannte Agrarier und Reichspatteiter v. G a m p, Besitzer mehrerer Güter, kaufte ftir den Preis von 1080 000 M. das Gut R o m S d o r f', das etiva 60 Hufen groß ist und 15 Hufen Wald hat. Der Landwirt Johannes Vogler ettvarb daS Rittergut Kösternitz. daS etwa 11000 Morgen gross und auf dem eine Glashütte tn Betrieb ist, für den Preis von 2 100000 M. Arme notleidende Agrarier! Wie lange noch werden sich die deutschen Landarbeiter ihre jammervolle Bezahlung von den Leuten gefallen lassen, die mühelos Gewinne einsacken. über die„Not der Landwittschaft" und die„Leutenot" lamen- tieren und als Oberreichsbettler das Reich anschnorren. vnziiläsfiger Lohnabzug. Der Fensterputzer F. klagte gestern beim Gewerbegericht gegen die Firma Staehr u. Co., die ihm die gestellte Kaution von 5 M. einbehalten und 1 M. vom Lohn für eine beim Putzen zert»>:m- werte Fensterscheibe abgezogen hat. Der Kläger legte einen von der Besitzerin der zertrümmerten Scheibe ausgefertigten Ausweis vor, aus dem hervorgeht, dass lediglich durch einen Unfall der Schaden entstanden ist. Der Vertreter der Beklagten behauptete, dass dieser die Scheibe von der Besitzerin in Rechnung gestellt worden ist und beruft sich auf die Arbeitsordnung, die die Putzer für jeden Schaden verantwortlich mache. Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung der 6 M., da der Kläger als Gewerbegehilfe nur für vorsätzlich oder fahr- lässig herbeigeführten Schaden verantwortlich gemacht werden kann. Der Sinn, den Beklagte den Vorschriften der Arbeitsordnung geben will, konnte das Gericht nicht darin finden; solch« Vorschriften würden auch wider die guten Sitten verstoßen und deshalb rechts- ungültig seien._ Anfechtung der Schiedssprüche der Tarifinstanzen. Die Firma Jhring u. Fahrenholz, Buchdruckerei, forderte von dem Maschinenmeister B. eine Schadenersatzleistung von 64,05 M., die die Firma für die Reparatur einer vom Kläger bedienten Schnellpresse hat aufwenden müssen. Dem wollte der Maschinenmeister aber nicht entsprechen, da ihm nach seiner Meinung an dem Schaden kein Verschulden treffe. Er ging des- halb das Tarifschiedsgericht der Buchdrucker um Entscheidung in der Angelegenheit an. Dieses entschied einstimmig, daß die Schadenersatzforderung unberechtigt sei. da der Maschinenmeister nicht in grobfahrlässiger Weise den Schaden herbeigeführt hat. Bei diesem Entscheide beruhigte sich aber die Firma nicht. Da die höheren Tarifinstanzen als Berufungsgerichte bei einstimmig gefaßten Beschlüssen der Tarifschiedsgerichte nicht mehr in Frage lammen, klagte die Firma beim Gewerbegericht. Die Beisitzer (Buchdrucker) wiesen in dem dieser Tag« stattgehabten Termin den Vertreter der Klägerin darauf hin, dass die Firma, solange ie der Tarifgemeinschaft angehöre, auch die Schiedssprüche des Tattfgerichts anerkennen müsse. Wolle sie dennoch auf dem ordentlichen Rechtsweg« klagen, so habe sie damit zu rechnen, dass ie aus dem Verzeichnis der tariftreuen Firmen gestrichen wird. Daraufhin empfahl das Gericht dem Vertreter, die Klage zurück- zuziehen. Dieser befolgte den Rat. Die Entscheidung des GcwerbegerichtS hätte, falls da? Tarif- chiedSgericht nicht gesprochen hätte, auch nicht anders als dies mtscbeiden können, da ein Gehilfe, der Maschinenmeister, nur ür den Schaden haftet, der nachweislich auf sein Verschulden zurückzufiihren ist._ Konsumvcrcinsbegeifernng. Der Konsumverein Nürnberg hat vor einigen Wochen eine eigene große Betriebsanlage eröffnet, in der sich auch eine mit allen modernen Einrichtungen versehene Bäckerei befindet. DaS Unter- nehmen, das dem Konsumverein sofort eine beträchtliche Mitglieder- zunähme gebracht hat, wird von einigen kurzsichtigen Spiessburgeru mit erbittertem Hass betrachtet. Alles, waS dem Verein schaden könnte, wird gierig aufgegriffen. Die freisinnige Presse und die reisinnigen Agitatoren in Nürnberg , die mehr zünftlerisch als stcisinnig sind, leisten dabei eifrig Beihilfe. Kürzlich ging durch >ie Presse eine Mitteilung von unsauberen Zuständen, die in der Bäckerei deS Konsumvereins bestehen sollten. Infolge Ueberlaufens der Sammelgruben— daS Anwesen ist noch nicht an das Kanal- unu«u.»."-................ gu-uv»---------- eingedrungen, wo Lebensmittel und dergleichen lagerten. Der Polizeisenat hatte ich mit der Cache befaßt, wobei die Freisinnigen unter aehässigen Ausfällen auf die„Missstände" im Konsumverein eine Reihe von Auflagen beschlossen, die vollständig unnötig waren, da die ganze Geschichte Humbug ist. Die Leitung des Konsumvereins hatte Oberbüigermeister v. Schuh veranlasst, der Sache nachzugehen, und dieser hat sich den Betrieb selbst vollständig angesehen. Der
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten