Aber abgesehen von diesem Umstand, der gewiß sehr Ic* achtenswert ist, kann es nicht Aufgabe der Stadt sein, die durch die Heilsarmoe betriebene Agitation, die in weiten Kreisen der Berliner Bevölkerung als grober Unfug empfunden wird, durch Hergabe von städtischen Geldern zu unterstützen. Will der Magistrat sich an der»Rettung gesunkener Elemente", wie er sich ausdrückt, beteiligen, so hat er dazu genug Ge- legenheit. Für die Unterbringung Obdachloser ist er ohnehin gesetzlich verpflichtet, obwohl ihm diese Aufgabe durch den Asylverein für Obdachlose erheblich erleichtert wird. Und dem Alkoholmißbrauch entgegenzuarbeiten, dazu braucht er nicht die Heilsarmee. Das kann er in dem Ressort der Armen» Verwaltung, wenn er genügend Mittel zur Verfügung stellt, sowie durch Unterstützung von Vereinigungen, die auf diesem Gebiete lediglich humanitäre Zwecke verfolgen. „Von todbringender Kugel dahingerafft." Der kürzlich in Leipzig vom dortigen Schwurgericht zu der ungeheuerlichen Strafe von zehn Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust verurteilte Berliner Kaufmann Grosser hat bekanntlich in einem schweren Anfall geistiger Unzurechnungsfähigkeit den Kanzleirat Straßburg vom Reichsgericht erschossen. Zum Andenken an den Getöteten ist jetzt an seiner Ruhe- stätte ein Grabdenknial aufgestellt worden mit folgender Inschrift: „Dein Andenken des Obersekretärs, Rechnungsrals Rudolf Straßburg, geboren am 30. Januar 1862 in Lüneburg , von todbringender Kugel dahingerafft in einer Sitzung des Reichsgerichts am 16. November 1308. Gewidmet vom Reichsgericht." Wir möchten fragen, ob das, was hier das Reichsgericht tat. etwas anderes ist, als was deutsche Arbeiter getan haben, um einen von dem Gendarm Jude in nicht unzurcchnungsfählgein Zustande erschossenen Genossen zu ehren. Auf dem Grabhügel dieses Er- schossenen wurde ein Gedenkstein errichtet, der die Inschrift trägt: „Erschossen von dem Gendarm Jude". Die zuständige Gemeindebehörde hat eS aber für angebracht gehalten, diese Inschrift amtSseitig zu beanstanden, sie mit einem Holzkasten zu umhüllen und auf ihre Entfernung zu dringen. Da« gerichtliche Verfahren wegen dieser Anordnungen schwebt noch, muß aber nun nach dem Borgange des höchsten deutschen Gerichtshofes selbstverständlich zu- gunsteil der Hinterbliebenen Witwe, der der Gedenkstein gehört, auS- fallen. Oder es ist in Preußen-Deutfchland wieder mal nicht das- felbe. wenn zwei dasselbe tun. DaS Opfer einer Gasvergiftung ist am Freitagabend der 68 Jahre alte Eifenbahnbeamte Leihn geworden, her im Ruhestand lebte und bei seinem Schwiegersohn in der Knieprodestraße 1o wohnte. Der Schwiegersohn und die Tochter gingen um 6 Uhr aus und ließen den alten Vater allein zurück. Als sie um 11 Uhr heimkehrten, fanden sie ihn in der Küche tot im Bette liegen. Er hatte sich Kakao zurechtgemacht und hierbei muß die Kochvorrich- tung in Unordnung geraten sein, so daß GaS ausströmte. Weder- bclebungSverfuche blieben erfolglos. Beim Spielen mit einem Revolver erschossen. Ein trauriger Unglücksfall hat sich vorgestern abend in der großen Frankfurter Straße 2 zugetragen. In der dort befindlichen Tapetenhandlung von E. T r a d t spielte der 17jährige Sohn des Inhabers in Gegen- wart des Illjährigen Schlächtermeisterssohnes Hermann Caspar mit einem geladenen Revolver. Plötzlich entlud sich die Waffe und die Kugel drang dem kleinen Caspar in den Kopf. Schtver- verletzt brach der Knabe zusammen. Obgleich ärztliche Hilfe bald zur Stelle war. starb der Unglückliche doch nach kurzer Zeit. „Arbeitslose scheint eS in Berlin nicht z« geben." Diesen Schluß könnte«in Unkundiger ziehen aus dem Umstand, daß immer wieder zur Ausführung von Gelege...�itSarbeiten, die so mancher Arbeit«. lose so gern übernähme, Feuerwehrleute oder Soldaten geholt weiden. Auch im Hause UniversisätSstraße 3d, dessen Be- sitzer ein Bankier Abrahamsohn ist, werden seit Sonnabend Sol- baten zu solchen Arbeiten mißbraucht. Soldaten vom Alexander- regiment führen dort Reiniaungsarbeiten aus, ein weih- nachtliches Großreinmachen auf Fluren und Treppen: sie bohnern die Treppen, sie klopfen die Läufer, und so weiter. Wenn Geschäfts- inhabcr ihren Geschäftsumzug mit Hilfe von Soldaten oder Feuer- Wehrleuten bewerkstelligen, so entschuldigen sie sich gewöhnlich damit, daß ihnen nicht jeder beliebige Arbeitslose ausreichend Gewähr für Ehrlichkeit biete. Für die Reinigungsarbeiten im Hause Univer. sitätsstraße Sb kann man uns nicht mit dieser faulen Ausrede kommen: denn schwerlich wird ein Arbeitsloser einen abgetretenen Läufer einstecken wollen, und im übrigen werden die Arbeiten voy? Hauswart überwacht.'Diese Arbeiten sind noch nicht beendet, die Soldaten sollen am Montag wiederkommen, um sie fortzusetzen. Aus der Taiche des schwerreichen Hausbesitzers wird den Soldaten der nicht fürstliche Lohn von 3 M. pro Tag gewährt. Die Abnutzung der Drtllichanzüge, die bei den Arbeiten sich mit Schmutz be- decken, wird aus dem Säckel des deutschen Reiches bezahlt. Panik bei einem Fabrikbrande. In der Oranienstraße 108, gegenüber der ReilbSdruckerei, kam gestern mittag ein gefährlicher Fabrikbrand auS, bei dem 18 Personen in Lebensgefahr schwebten. Auf dem zweiten Hofe befindet sich ein einstöckiger massiver Bau von sechs Fenster Front. In dem Erdgeschoß hat die Firma Ernst Bauer eine Lackiererwerkstatt eingerichtet und darüber sind die Arbeit«, und Lagerräume der Rohrmöbelsabrik von G. Wronler belegen. DaS Feuer entstand angeblich durch Selbstentzündung im Lackiererraum und verbreitete sich so rapid, daß in wenigen Sekunden dem ArbeitSperionale der einzig« nach der Jakobstraße führende Ausgang versperrt wurde. ES entstand eine Panik, die sich unter den bedrohten Arbeitern mit jeder Sekunde vergrößerte, Da zertrümmerten schließlich einige Männer vom Hofe aus die Fabrtkfenster und zogen die Arbeiter ins Freie, noch bevor die Feuerwehr von der Hauptwache mit zwei Zügen ankam. Brandmeister Grabow ließ sofort mit sechs Rohren vorgehen und brachte das Feuer auch bald zum Stehen. Die Lackiererei brannte total aus und auch die Rohrmöbelfabrik wurde in Mitleidenschaft gezogen. Der Schaden ist erheblich. In dem- selben Fabrikraum hat vor fünf Jahren schon einmal eine heftige Explosion stattgefunden. Der Berliner JugendanSschuß veranstaltet am heutigen Sonntag, 7 Uhr abends, in den Armin-Hallen, Kommandantenstr. 58/B0, eine Jugendversammluna. Vortrag von Frl. Ida Altmann : „Warum frirrn wir Weihnachten?" Anschließend geselliger Teil, ve» stehend aus Rezitationen, Konzert und Gesang. Recht rege Beteiligung der Lehrlinge, jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen wird erwartet. Freie Jugendorganisation, Berlin , Süd-Ost. Montag, den 20. Dezember, abends 8 Uhr. Gruppenversammlung im Gewerkschaftshaus. Vortrag der Frau Louise Zietz . Vorort- JVadmcbtem W&otf. Stadtverordneteuversamnilung. Einen lebhaften Redekamps rief in der Donnerstagssitzung der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Erweiterung deSBureauS der Berfa mm- n n g durch einen Beisitzer hervor. Etadtv. T h u r o w(Soz.) be- gründete diesen, indem er eine Abänderung de« ß 1 der Geschäft»- ordnung vorschlug. Er beleuchtete die parlamentarische Ungerechtig- keit, die darin liegt, daß die Besetzung des Bureau» nicht nach der Starke der Fraktionen erfolgt und so die Arbeiterdertreter und damit der übergroße Teil der Bürgerschaft hierin rechtlos gemacht werden. Wie unhaltbar das ist, habe man in vielen anderen Parlamenten endlich eingesehen: es müsse endlich auch in Rixdorf der Gerechtigkeit entsprochen werden. — Stadtv. Abraham wußte über die bisherige Gewaltpolitik der Mehrheit bei der Bureaubesctzung nichts besseres zu sagen, als daß er behauptete, man habe im alten Sitzungssaal nur nicht die Not- wendigkeit einer Bureauerweilerung einsehen kö »nen. da die beiden Vorsteher dort die Versammlung übersehen konnten. Heiterkeit aus der äußersten Linken quittierte über diesen VerlegeuheitSpurzel- bäum. Jetzt will er aber anders: nicht„nur" ein'Beisitzer— so sagt er—, sondern„sogar" zwei sollen den Vorstehern bei der Abwickelung der Geschäftsordnung während der Sitzungen„behilflich" sein. Sonst aber— das sagte zwar der Redner nicht wörtlich, aber es kam ohnedies deutlich zum Ausdruck— sollen beide bezüglich der Geschäfte der Versammlung mij to{eggen haben. Diese Stellungnahme war ja von dem Einperlscher des reaktionären Flügels der Versammlung nicht besonders berwunderlich. Ein Charakieristiknin für diejenige Gruppe Stadtväter. welche sich gar z» gern als fort- geschritten geriert, war deren Zustimmung zum Antrage Abraham, die sich Stadtv, Dr. M a a ß trocken festzustellen beeilte. So ivar die Mehrheit wieder einmal zusanimengeichweißt und eS half die Kennzeichnung des VerichlechterungSantrageS durch die sozialdemo- kralischen Redner nichts, welche die Tätigkeit der Beisitzer in dem Falle als die von Hausdienern der Vorsteher bezeichnete. DaS deko- ralive Scböiiheitspflästerchen, genannt Antrag Abraham, wurde mit 35 gegen 23 Stimmen beschlossen. Ein Schauspiel ganz besonderer Art bot die nun folgende Be- rawng deö sozialdemokratischen Antrages, in dem der Magistrat um Auskunft darüber ersucht wird, wie er der A r b e t t S l o s i g ke i t in diesem Winter entgegenwirken will, Stadtv. P a g e l S iSoz,) behandelte das ganze Problem der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in ausgezeichneter sachkundiger Weise. Er stellte fest, daß die im vorigen Jahre eingesetzte Kommission, welche immer- hin einige Ansätze versucht hatte, sanft entschlafen ist, obwohl damals vom Magistratsvertreter versprochen worden war, die ganze Sache zu fördern. Nichts sei geschehen; und doch sei nicht an- zimehme», daß da« große Elend und der viele Jammer, den die Arbeitslosenzählung tm Februar dieses Jahres ergab, geioiß nicht milder in die Erscheinung treten würde. Die Statistik des städtischen Arbeitsnachweises zeigt, daß im Oktober von 862 Arbeltslosen nur 498 in Arbeit gebracht werden konnten: im November sei gar ein lleberschnß von 666 Arbeitsuchenden zu verzeichnen gewesen. Einen Beweis für den Umfang der anhaltenden Arbeitslosigkeit seien auch die nach Millionen zählenden Unterstützungssuinmen der Geioerl- schasten, die sich redlich mühen, dem Uebel ivenigstenS in etwas zu steuern. ES könne diesen aber nicht allein die Sorge da- für überlassen bleiben, sondern die Kommunen hätten die Pflicht, hier energisch helfend einzugreifen. Nur dauernde Institutionen könnten da nützen, wie Schaffung von kommunaler Arbeitslosen- Unterstützung. In diesem Sinne müsse die Kommission unbedingt weiterarbeiten.— Während dieser Ausführungen hatten fast die gesamten bürgerlichen Stadtverordneten den Sitzungssaal verlassen.— Stadtrat D r. Mann gab sich hierauf mit schlechtem Gelingen weidlich Mühe, die Anklagen wegen der Untätigkeit des Magistrats sowohl als auch den behaupteten Umfang der Arbeitslosigkeit zu bekritteln. Er erwartet alles von dem im Berliner Nathause angeregten Glädtetag, der speziell die ArbeitSlosenfrage behandeln soll. Bon NotstandSarbetten will der Magistrat in diesem Winter ebenfalls absehen. Stadtv. Kl o th(Soz,) wies eingangs seiner Ausführungen auf die gähnende Leere auf den Bänken der Mehrheit hin und geißelte das mangelnde Interesse der Mitglieder von jener Seite, dte eS fertig bringen, angesichts der Debatten über da« Ardeiterelend tm Er- frischungSraum auf ihre Art die soziale Frage zu studieren. Er wies dann nach, daß die Arbeitslosigkeit eine Begleit- «rscheinung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung ist, deren Bekämpfung daher unbedingt als eine Pflicht der Ber- teidigcr derselben, der bürgerlichen Parteien, bezeichnet werden muß. Geredet würde genug von Versöhnung der Klaffen, wenn eS aber ans Handeln gehe, dann versagte der Tatendrang, so daß die Sozialreform einroste,— Nochmals sprach Stadtv. P a g e l S(Soz.) wirkungsvoll gegen die Haltung des Magistrats, der nach den Worten des Stadtrats Dr, Mann jetzt auf dem rückständigen Niveau des Ber» liner Stadtrats Fischbeck angelangt zu sein scheint. Der geplante Städttag würde sicher nichts weiter zuwege bringen, als eine Petition an die preußische Regielung, Was von dieser Seite zu erwarten sei, das zeigt die Talsache, daß dieselbe Regierung dte Arbeitslosigkeit noch fördere, indem sie gegen„Maßregelungswerkstätten", wie es zum Beispiel der berüchtigte ZentralarveitSnnchweiS der Bergbauunternehmer ist, nichts einzuwenden habe; auch das Auffahre» von Maschinen- gewehren gegen Arbeiter, die um ihr gesetzlich verbrieftes Recht lämpten, fei bezeichnend für diese Regierung, Von der Seite, wie auch von einem Slädtetage wird kein Arbeitsloser etwas erwarten. In Groß-Berlin müsse endlich an einer Stelle die Initiative ergriffen werden, um dem Elend der Arbeitslosigkeit zu steuern,— Ohne daß ein einziger bürgerlicher Vertreter ein Wort gesagt hätte, schloß die Debatte, Der Versuch des Stadtv. Scholz(Soz.), die in der geheimen Sitzung auf der Tagesordnung stehende Verpachtung des Eltsabeth- Ktnderbospitals in der Hasenheide öffentlich zu verhandeln, scheiterte. Dte Oeffentlichkeit wurde für den Rest der Verhandlungen aus- geschloffen. Die Buchhandlung der Borwärtsspedition ist am heutigen Sonn- tag. nachmittags von 3—7 Uhr geöffnet. Reichhaltige Auswahl von Partei- und Jugendschriften. Charlyttendurg. Bom Anto erfaßt und tödlich verletzt wurde vorgestern abend; gegen 8 Uhr an der Joachimsthaler- und Hardenbergstraße eine etwa 30 Jahre alte Frau. In schwer verletztem Zustande wurde die Verunglückte unter vem Gefährt hervorgezogen und zunächst nach der Unfallstation am Zoologischen Garten gebracht. Die dortigen Aerzie, so teilt man uns mit, hielten die Verletzungen für so schwer. daß die Verunglückte nicht am Leben zu erhallen wäre. Ermilte- lungcn sollen ergeben haben, daß eS sich in der Verunglückten um eine Plätterin aus Spandau handelt, die nach Berlin gekommen war, um Weihnachtseinkänfe zu machen. Die städtische Schulzahnklinik kann mit ihrer gegenwärtigen Besetzung die Fülle der ihr zugewiesenen Arbeit nicht bewältigen. DaS ist ein durchschlagender Beweis für ihre Notwendigkeit. Der Magistrat beschloß deshalb«inen zweiten Assistenten oder eine Asststenzärztin anzustellen. Schöneberg . Die Stadtverordneten -Ersatzwahlen im 3. und 7. Kommunal« bezirk finden am Dienstag, den 21. d. M, vormittags S Uhr bis abends S Uhr statt. Der 3, Bezirk wählt in dem Restaurant Linden- park, Hauptstr. 16. Als Kandidat ist der Genosse Gastwirt W , Fintel ausgestellt. Im 7. Bezirk kandidiert Genoffe Rott« weiler, der als Ersatzmann für den Genossen Obst auf zwei Jahre gewählt werden muß. Obwohl in diesem Bezirk zwei HauS- besttzer zu wählen sind, ist eö trotz aller Bemühungen nicht möglich gewesen einen wetteren geeigneten Kandidaten, der gleichzeitig das Hausbesitzerprivileg sein eigen nennt, aufstellen zu können. Daher mußte von einer Besetzung deS sechsjährigen Mandats für dieses Mal Abstand genommen werden. Es sei daher darauf hingewiesen, daß al« Ersatz der Genosse R o t t w e i l e r für die Wähler in Be« tracht kommt. Die Arbeiterschaft muß durch starke Wahlbeteiligung eine machtvolle Demonstration gegen das Besitzerprivileg entfalten. Nütze daher noch jeder die kurze Zeit, die bis zur Wahl zur Wer- fügung steht, zur regen Agitation für unsere Kandidaten au». Di» Jugendschriften-AuSstellung ist nur noch heute Sonntag. nachmittags von 4 Uhr bis abends 8 Uhr im Tunnel der Neuen RathauSiäle, Meininger Str. 8, geöffnet. Käufe sowie Bestellungen auf Jugendschriften. Klassiker, Schulartikel nimmt dann nur die Spedition Martin-Lutherstr. 51 entgegen. Mariendorf -Südende. In der am Mittwoch stattgefundenen Mitgliederversammlung des Wahlvereinö referierte der Reichstagsabgeordnete Genosse Eich- Horn über„Schiller und seine Zeit". DaS l'/zstündige Referat wurde mit reichem Beifall entgegengenommen. Betreffs der Märchen- Vorlesungen im Gewertschaftsbauie war man allgemein der Ansicht. daß diese in künftigen Jahren in mehreren kleinen Sälen ohne Eintrittsgeld stattfinden sollten. Alsdann gab Genosse Huhn bekannt, daß am dritten Weihnachtsfeiertage der Eltern- abend des Wahlvereins für die Kinder stattfindet, die am Elternabende der schule nicht teilgenommen haben. Da von de« Kindern Reigen aufgeführt, Vorträge und Geiänge zu Geoör gebracht werden, so ist eS Pflicht jede« Pariergenossen, diele« Fest zu unterstützen. Am Schluß wurde darauf aufmerksam gemacht, daß im Lokal von Löwenhagen, Chausseestraße 27, ein Verzeichnis empfehlenswerter Jugendschristen und Wandschmuck auSliegt. Be- stellungen werden dortselbst entgegengenommen und jedem Besteller frei ins HauS geschickt. Die Parteigenosse« werden ersucht, recht rege davon Gebrauch zu machen. Lichtenberg . Haß gegen alles, was nach Aufklärung dürstet, leitet bis MagistratSmitglieder der Arbeiterstadt Lichtenberg bei einer ganzen Reihe von AmtShairdlungen. Arbeiterturner finden kein Obdach in den städtischen Turnhallen, weil sie in dem Verdacht stehen, daß sie das Turnen als eine Vorbereitung zum gewaltsamen Umsturz von Staat und Gesellschaft betreiben. Die Stadtverordnetenver. sammlung hat durch Majoritätsbeschluß die gleichmäßige BeHand. lung der Bürger und Aufnahme der Arbeiterturner in die stadtv scheu Turnhallen verlangt. Aber zu was wären denn die fanatisch. stcn Haffer der Arbeiter nicht auch neben ihrer Magistratsmitglied» schaft Mitglieder der Schuldeputation? Nicht der Magistrat, son. dern die MagistratSmitglieder der sozialistenreinen Schuldeputation lehnen es ab, Lrbeiterturner in städtischen Gebäuden turnen zu lassen. Arbeitersamariter halten Unterrichtskurse über die erste Hilfe bei Unglücksfällen ab. Eine der leerstehenden städtischen Turnhallen zu den praktischen Uebungen herzugeben, lehnen dte Mitglieder der Schuldeputation ab. Aber nur den Arbeitersama- ritern, nicht den Sanitätskolonnen vom Roten Kreuz! Doch nicht genug damit, daß die Schuldeputation diesen eben erwähnten Korporationen die städtischen Turnhallen verweigert, sie hat neuer- dings sogar die Hergabe der Räume zum Abhalten hygienischer Vorträge abgelehnt. Die Zentralkommission der Krankenkassen Berlins und der Vororte hat sich seit langer Zeit bemüht, die Bevölkerung durch Abhalten hygienischer Vorträge aufzuklären. Sie hielt es daher für selbstverständlich, daß ihr die Räume zu diesem Zwecke genau so wie in den anderen Vororten in diesem Jahre auch in Lichten- berg wieder zur Verfügung gestellt würden. Die genannte Kam» misston richtete am 15. November an den Magistrat folgendes Schreiben: Die Unterzeichnete beabsichtigt, wie in den Vorjahren, auch im kommenden Winter einen Zyklus hygienischer Borträge für die Bevölkerung Berlins und der Vororte, welche dem Versiehe- rungSzwange unterliegen, durch die Aerzte der Krankenkassen halten zu lassen. Die Vorträge sollen in der Zeit vom 15. Januar bis 15. März 1916. abends von 8—10 Uhr, in der dortigen Schulaula stattfinden. Allwöchentlich soll möglichst ein Vortrag gehalten werden. In Berlin , Charlottenburg , Pankow , Rixdorf, Schöneberg » Weißensee usw. erhalten wir die Schulaulen nebst Heizung und Beleuchtung für diesen Zweck unentgeltlich. Wir geben UNS der Hoffnung hin, daß auch der dortige Magistrat sich der gc- meinnützigen Sache nicht verschließen wird und gestatten uns daher die ergebene Anfrage, ob wir für die obengenannte Zeit eine derartige Schulaula zur kostenlosen Benutzung für diesen Zweck erhalten können. Einer geneigten zustimmenden Er- klärung sehen wir gern entgegen und bitten gleichzeitig um gütig« Mitteilung, welche Schulaula und an welchen Abenden wir die- selbe erhalten können. Einem geneigten Bescheide hierüber sehen wir gern entgegen, Ergebenst Die Zentralkommisston der Krankenkassen Berlin » und der Vororte. gez. E. SimanowSki. Vorsitzender. Arn 9. Dezember wurde dem Anfragenden folgender Bescheid: Auf das gefällige Schreiben vom 15. November dieses Jahre» teilen wir Ihnen ergebenst mit, daß wir eS zu unserem Bedauern ablehnen müssen, Ihnen in diesem Winter eine Schulaula zwecks Abhaltung von hygienischen Vorträgen zur verfugung zu stellen, Schuldeputation, gez. Ziethen. Da Grunde für die Ablehnung deS Gesuchs nicht angeführt sind, bleibt nur die Vermutung übrig, daß der Schuldeputation die hygienische Aufklärung der Bevölkerung nicht angenehm ist. Und dabei wäre diese Aufklärung in einer Stadt wie Lichtenberg , in der die Deputation für das Gesundheitswesen in den zwei Jahren. ihres Bestehens nicht einmal zusammengetreten ist, besonders not- wendig. Welche Stellung die Emporkömmlinge, die ihre sozial« Position mit wenig Ausnahmen der werktätigen Bevölkerung zU verdanken haben, aber auch gegen die Aufklärung immer ein- nehmen mögen: sie werden diese Aufklärung nicht hintanhalten können. Der hier geschilderte Vorgang zeigt uns, daß der Lichten, berger Magistrat sowie die Schuldeputation in reaktionärer und rückschrittlicher Hinsicht nicht zu übertreffen sind. Treptow -Bauinschulenweg. Der Arbeiterschaft wird nochmals in Erinnerung gebracht, baß für das bevorstehende Weihnachtsfest täglich(auch am heutigen Sonntag) abend» bis 9 Uhr beim Genossen Hornig in Baum» ichulcnweg. Marienthaler Str. 13 1 eine reiche Auswahl von Jugend» schristen usw. ausgestellt ist. Ober-Schöneweide. Gemeindevertretersitzung. Der Vertretmig lag die Abnahme der JahreSrechnung für 196« vor. Dieselbe schließt ab mit einem buchmäßigen Fehlbetrag von 97 666 M., welcher in der Hauptsache auS vorzeitiger Anleiheverzinsung und-Tilgung entstanden ist. Bei defi direkten Gemeindesteuern, als Einkommen-, Grundwert, und Gewerbesteuern ist eine Mindereinnahme von 16 666 M. zu ver- zeichnen. Die Titel Armenwesen und Volksschule find mit je 7066 Mark überschritten. Die Umsatzsteuer brachte gegen den EtatSan- satz ein Mehr von 16 060 M. Da» Defizit ist einstweilig au? Vorschüssen gedeckt; eine Beschlußfassung über endgültige Deckung wird noch vorbehalten. eS soll in Erwägung gezogen werden, hier- für die Reservefonds in Anspruch zu nehmen. Von der RechnungS- kommission wurde hierbei mitgeteilt, daß für 1969 bei der Grund« wertsteucr eine Mehreinnahme von 26 666 M. zu erwarten ist. Die Biersteucr wird 16 660 M. weniger bringen. Für Markt- standgelder auf dem Wochenmarkt sind bisher 8666 M. eingegangen. Ter Markt befindet sich seit 1. April in Gemeinderegie und hat früher jährlich nur 3066 M. Pacht eingebracht. Die Vorlage betr. Abschluß eine? Vertrages mit der Gasanstalt Oberspree wurde an die Baukommission zurückverwiesen. Um den Fort. bildungSschülern Gelegenheit zu geben, die Bücher der Volks- bibliothek benutzen zu können, sollen entsprechende Einrichtungen getroffen werden. Für die durch die Armenkommission veran. staltete WeihnachtSbescherung armer Kinder wurden 266 M> be- willigt. Gegen die Stimmen unserer Genossen wurde die Er» richtung von zwei neuen Lehrerstellen an der katholischen Schule beschlossen. In geheimer Sitzung stimmte die Versammlung der Pensionierung de» StraßenmeijterS zu. ebenso der Anstellung mehrerer Gemeindebeamten.
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