Einzelbild herunterladen
 
Ocflemicb. Nach Ueberwindnng der Obstrnktion. Wien  , 21. Dezember. Mit dein heutigen Tage trat im Ab- geordnetenhause die neue Geschäftsordnung in Kraft. Das Haus konnte infolgedessen unter Umgehung der noch vorliegenden Dringlichkeitsanträge sofort zur Tagesordnung, der ersten Lesung deS ErmSchtiguugsgesetzes. übergehen. Handelsminister Dr. Weiszkirchner verwies darauf, das; Von allen Seiten, auch aus agrarischen Wahlbezirken, an die Negierung die Aufforderung gelangt sei. den Handelsvertrag mit Rumänien  baldigst abzuschließen. ES sei Aussicht vorhanden. mit Serbien  in absehbarer Zeit zu einem Meistbegiinstigungövertrag zu gelangen Das Ministerium des Acußern sei nicht in der Lage gewesen, die Vertragöverhandlnngen init M o n t e ir e g r o zu beginnen, da eine Zustimmung der ungarischen Regierung bisher nicht zu erlangen war. Mit Bulgarien   fänden zurzeit keine Vertragsverhandlungen statt. Der Minister stehe nach wie vor auf dem Standpunkte, daß im Interesse der Veterinären Verhälmisse Oesterreichs  eine Einsuhr lebenden Viehes auö den Balkanländern nicht'zuzulassen sei. Der Minister schloß: Fühlen wir uns alle als Mitglieder eines großen Staates, welcher berufen ist, ein Bollwerk des Ostens zu fein und ein Emporium des Handels gegen- über der Levante  . Schließen wir uns nicht ab vom Weltinarkr und vom Weltverkehr und sorgen wir dafür, daß mit diesen Maßnahmen die Teuerung und Arbeitslosigkeit bekäinpft werden. (Lebhafter Beifall.) Aus dem österreichischen Abgeordnetenhaus. Wien  , 21. Dezember.  (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus be- endete heute die erste Lesung des handelspolitischen Ermächti- gungsgeseties sowie die Borlage über die Vielivcrwertuugszrntrale, worauf beide Vorlagen den Ausschüssen überwiesen wurden. Die Agrarier bekämpften die erstgenannte Vorlage unter Hinweis aus die Schädigung der Landwirtschaft und Viehzucht, während die Vertreter der Industrie wärmstenS für enge Handelsbeziehusgen mit den Balkanstaaten eintraten, die auch im Interesse guter politischer Beziehungen ge- legen seien. Das Haus erledigte sodann eine Reihe kleinerer Vorlagen sozialpolitischer Natur. Ein Schandurteil. Aus Bosnien   tvird uns geschrieben: Vor einigen Tagen wurde vom Militärgericht in Most a r ein Hochverratsprozeß zu Ende ge- führt, in dem 31 herzegowinische Serben zu schwerem Kerker von K'/, bis �1|<s Jahren verurteilt worden sind. Insgesamt mehr alS zweihundert Jahre Kerker verhängte das Kriegsgerichts im geheimen Verfahren nach monatelanger Untersuchungshaft über 81 Familienväter, deren Frauen und Kinder nuu auf Jahre hinaus ihres Ernährers beraubt und dadurch vielfach bitterster Rot preis- gegeben find, wenn dieses drakonische Urteil nicht durch einen Gnaden- alt eine entsprechende Milderung erfährt. Und das Verbrechen? Aus dem hart an der montenegrinischen Grenze gelegenen, militärisch stark befestigten Städtchen' G a c k o gingen in den kritischen Märztägen des heurigen Jahres 31 Herze« gowiner serbischer Nationalität nach Montenegro,»m dort, wie in der Anklage behauptet wird, bei einem eventuell ausbrechenden Kriege gegen Oesterreich   zu kämpfen. Alle 31 Gackocr hatten ihrer Präsenz- dienstpsticht bei den bosnisch-herzegowinischen Truppen Genüge ge- leistet und standen zur Zeit ihrer Flucht nach Montenegro i m R e- serveverhältniS, weshalb sich baS Militärgericht zur Urteil« sprechung für beftlgt erklärte. Von den Behörden tvird nämlich behauptet, daß die 31 Serben nach ihrer Einberufung zur Präsenz« dienstleistung indamals notorisches Feindesland" geflohen seien, sie also dem Einberufungsbefehl keine Folge geleistet und sich damit eines Militärverbrechens schuldig gemacht hätten. Dies ist aber völlig unzutreffend, da die Entscheidung über Krieg oder Frieden erwietenermaßen am 28. März fiel, die Einberufung der nichtaltiven Mannschaft der boSnisch-herzegowinischen Truppen merkwürdigerweise jedoch erst am 30. März erfolgte. Und eS ist gewiß kein bloßer Zufall, daß der Maueranschlag dieses Einberufungsbefehls zwei Tage nach gefallener Entscheidung nur im Mostarer Kreise, zp-dem auch Gacko   gehört, geschehen ist. Durch das Bekanntwerden dieser Umstände muß man fast den Eindruck ge- wiimen, als wollte man die Kompetenz des Militärgerichts mit seinem geheimen, prompt funktionierenden Verfahren von vorn- herein sicherstellen, um bei der seinerzeitigen, sicher zu ge- wärtigenden Rückkehr derFlüchtlinge" von Gacko   und andere» Orten des Kreises Mostar   ein. Abschreckungsurteil fällen zu können. Bei diesemFall von Gacko" arbeiteten Zivil- und Militärbehörden eintrachtig Hand in Hand, um den Hochverrat" der 81 Ueberlaufer der gebührenden Sühne zuzuführen. Bei den bosnischen Serben besteht bekanntlich noch die kommunistische Familiengemeinschast(eackruxa), in der die Familten- ältesten daS Oberhaupt bilden. Als nun die Behörden von der Slucht der einunddreißig Kenntnis erhielten, wurden die amilienältesten, weil sie die Flucht nicht v e r- hindert hätten, also wegen Vorschubleistung mit hohen Geld« strafen belegt. Die Strafen übersteigen zusammen die Summe von 10 000 Kronen. Um der Pfändung zu entgehen, liehen viele der Bestraften Geld zu hohen Prozenten aus, während andere wieder einen Teil ihrer Habe um jeden Preis verschleudern mußten, so daß sie heute am Hungertuche nagen. Rekurse und Bitten bei der Landesregierung in Sarajevo   hatten wenig oder gar keinen Erfolg. Als dann im Somnier die 31 Flüchtlinge zu ihren Familien zurückkehrten und in gewisser Erwartung einer nnlden Verurteilung ihrer unüberlegten Tat vielleicht bat man in ihnen diese Hoff- nung auch wachgerufen-sich freiwillig den Behörden stellten, griff das Mlitärgericht brutal zu und etliche zwei- hundert Jahre Freiheitsentziehung bildeten den Schlußakt. Statt der versprochenen Verfassung ward den bosnischen Serben das Drama eines Hochverratsprozesses mit darauffolgendem Bluturteil. Cnglanä. Eine wichtige Entscheidung. London  , 21. Dezember.  (Privatdepesche desVorwärts") Man weiß, daß der englischen Arbeiterpartei die GeWerk- schaften als solche unmittelbar angehören. Sie haben auch ihren Anteil zu den Agitattonskosten getragen. Auf Ein- spruch einiger Mitglieder der Getverkschasten kam es zur gerichtlichen Entscheidung über die Frage, ob die Gewerkschaften berechttgt wären. Geldmittel für politische Zwecke zu verwenden und die Gerichte erklärten die polittschen Aufwendungen der Gewerkschaften für unstatthaft. Die Ge- werkschaft der Eisenbahner appellierte und Dienstag hatte nun das Haus der Lords als oberster Ge- richtshof in der Sache zu sprechen. Die Entscheidung konnte bei der reakttonären Gesinnung der Richter nicht zweifelhaft sein. Die Lords erklärten die Ver- Wendung von Geldern aus den Kassen der Gewerkschaften zur Unterstützung der Arbeitervertreter im Parlament für unstatthaft. Die Entscheidung wird weittragende polittsche Folgen zeitigen. Vor allem wird sie den Kampf zur Abschaffung des Hauses der Lords sowohl in seiner Eigenschaft als gesetz- gebende wie als richtende.Körperschaft außerordentlich fördern. Dann aber werden die Arbeiter Englands die neue Heraus- forderung der englischen Junker und Großkapitaltsten damit beantlvortcn, daß sie sich nur um so enger um die Arbeiter- Partei scharen und für die notwendige finanzielle Selbständig- kcit der Partei die nötigen Opfer bringen werden. Eine Wahlrede AsqnithS. London  , 21. Dezember. In einer Rede, die er in Liverpool  hielt, sagte Preniierminister A S q u i t h. der Himmel sei voll guter Vorzeichen für die Liberalen. Die Sprache der Peers und ihrer Parteigänger ließe ihn die Weisheit ihrer Taktik in Frage ziehen, mit ihren Legenden über die Flotte verfolgte» sie vergeblich das Ziel, die Aufmerksamkeit von der Budgetfrage und der Ober- hauSfrage abzulenken. Nach gewissenhafter Prüfung erklärte er ein für allemal, daß die Flotte gegenwärtig und noch für Jahre hinaus in der Lage sei, die englische Oberherrschast zur See aufrecht zu er- halten und die Integrität der Küsten, des Handels und des Reiches zu wahren. Grieckenlsnä. ParlamentSzSnkereicn. Athen  , 21. Dezember. In der gestrige» Sitzung der D e p u- tiertenkammer unterbreitete der K r i c g s in i n i st e r den neue» Gesetzentwurf über die Organisation der Armee, der die Schaffung von zwei neuen Divisionen vorsieht, und beschuldigte dabei seine Vorgänger, zu denen auch T h e o t o k i s gehört, dem Heere nur jämmerliche Trümmer hinterlassen zu haben. Deshalb verließen die Anhänger des TheotokiS unter Protest den Saal. Dies Vorgehen rief st ü r in i s ch e Aufregung hervor. Die Sitzung mußte geschlossen tverdcn. Eine Abordnung der Militärliga hat TheotokiS in der Nacht einen Besuch abgestattet, um den Zwischen- fall beizulegen. Wie ein Telegramm aus Athen   besagt, hat der Kriegs- minister infolge der Vorgänge in der Deputiertenkammcr sein E n t l a s s u n g S g c s u ch eingereicht. Rurnämcn. Ei« Attentat aus den Ministerpräsidenten. Bnkarest, 21. Dezember. Als heute abend der Minister- Präsident B r a t i a n o nach Hause fuhr, gab ein Arbeiter drei Schüsse auf ihn ab in dem Augenblick,»vo der Ministerpräsident den Wagen verließ, um sein Haus zu be- treten. Bratiano wurde leicht verletzt, der T ä t e r ist verhaftet._ Bojarenbarbarei. Schon wieder plant die rumänische Regierung neue Schandtat». Der Minister für Industrie und Handel schlägt ein Gesetz vor zur Unterstützung der nationalen Industrie", daS die Fabrikanten ver­pflichten will, nur r u m ä n i s ch e B ü r g e r alS Arbeiter zu be­schäftigen. Um sich die Folgen eines solchen Gesetzes klarzumachen, muß man wissen, daß es in der Moldau   Städte gibt, Ivo die Fabrik- arbeiter bis zu 30 ja sogar 70 Proz. Juden sind. Auf Grund des neuen Gesetzes könnte es nun passieren, daß eineS schönen TageS alle jüdischen Proletarier auf das Straßenpflaster geworfen werden, weil nach Art. 7. unserer Verfassung die Juden keine Staatsbürger, sondern nur geduldete Ausländer sind! Niemand gewährt diesen Proletariern Schutz, weil sie keinem Staate unterstehen, der für sie eintreten würde. Matt sieht, dieses Gesetz ist nicht nur reaktionär, sondern barbarisch. Ein anderer Gesetzesvorschlag richtet sich direkt gegen die Arbeiter- organisationen. Es soll einfach dekretiert werden:ES wird den in Staatsbetrieben beschäftigten Arbeitern verboten, den Organisationen beizutreten." Daß das Gesetz verfassungswidrig ist, geniert natürlich die Bojaren nicht im geringsten. Die Arbeiter haben allerdings die Regierung darauf aufmerksam gemacht, daß, wenn sie Wind säet, sie Sturm ernten wird. Das hindert aber die Regierung und das rumänische Klassenparlament nicht, ihre Polltik der UnterdrückungS- maßregeln fortzusetzen. Ein drittes Gesetz betrifft die Ausübung des ärztlichen Berufes: Jedem nichtrumänischen Bürger tvird die Ausübung des ärztlichen Berufes verboten." Im Hinblick auf den bereit« angeführten Art. 7 der rumänischen Verfassung stellt auch dieses Gesetz einen Schlag gegen die Juden dar. Wird es durchgeführt, dann ist nur mehr ein einziger Beruf dem Juden auszuüben erlaubt, und zwar der,Kapitalist zu sein". Denn die ärztliche Praxis war bisher der einzige freie, den Juden gestattete Beruf. Was bleibt übrig, wenn der Jude weder physisch arbeiten, noch sonst irgend eine öffentliche Tätigkeit ergreifen kann? Das erste Gesetz ist eine unerhörte Grausamkeit, dessen Kon« seguenz nur die sein kann, daß die jüdischen Arbeiter dem Hunger- tode preisgegeben werden sollen. Die Abficht der Regierung ist ja nur zu durchsichtig. Es gilt, die Arbeiterorganisationen zu ver- nichten, und da muß in erster Linie das jüdische Element bekämpft werden, das in der Moldau   den ausschlaggebenden Faktor bildet. Wir fragen aber, was die Garantiemächte des Berliner   Vertrages zu solchen Matznahmen derglorreichen" Regierung Rumäniens   sagen? Hmeriha. Ein edler Wettstreit. New Jork  , 20. Dezember. Da einige DanipfergeseUschaften sich weigern, für die Begleichung der Hospitalrechnungen kranker Einwanderer aufzukommen, hat die EinwanderungS- kommisfion den Gesellschaften mitgeteilt, daß die Regierung für die Bezahlung der KrankenhauSrechnungen nicht verant« wortlich fei, und daß das Vorgehen der Gesellschaften eine verstärkte Zurückweisung von Einwanderern zur Folge haben werde, die von heute ab erfolgen soll. Kranke Einwanderer, die an Land zu gehen versuchen, sollen zur Behandlung durch die Schiffsärzte an Bord zurückgesandt werden. Nicaragua  . Präsidentenwahl. New Jork  , 20. Dezember. Wie aus Managua   gemeldet wird, hat der Kongreß einstimmig den früheren Staatssekretär Madriz als Nachfolger Z e l a y a S zum Präsidenten von Nikaragua  gewählt. Hus der Partei« Fern aus der Kammerfraktion ausgeschlossen. Rom  , 2l. Dezember.(Privatdepesche deSVorwärts".) Nachdem Ferri die Aufforderung, vor der ParlaineutSfraltion seine Haltung zu rechtfertigen, abgelehnt hat, beschloß die Fraktion seine« Ausschluß wegen Disziplinlosig« keit und wegen ministerieller Seußerungen. wofür die Fraktion die Verantwortung ablehnt. Der Ausschluß auS der Fraktion bedeutet nicht den AuS« schluß aus der Partei. Ferri erklärt, daß er seine Haltung vor seinen Wählern rechtfertigen werde. Zur Bizepräsidentenaffäre in Meiningen  . Im ThüringerBolkSfreund" zu Sonneberg  veröffentlicht der Genosse K. Knau er, Redakteur des Blattes und Mitglied des Mciniiigenscke» Landtages, eine Erkläning, der wir entnehmen, daß Genosse Knauer in der von uns neulich erwähnten Versammlung der Sonneberger   Genossen zu erkennen gegeben hat, daß er mindestens nicht entzückt ist von den Bedingungen, unter denen der Froltion der Vizepräsidentensitz eingeräumt ivurde. Weiter teilt die Erklärung mit, daß in der Fraktion eine Abstimmung über die Bedingiingen nicht stattgefunden hat. Genosse Wehder ging die Verpflichtung ein, mit Zustimmung derjenigen Genossen, die in dieser Erage die Unterhandlung geführt haben. Dann fährt die Erklärung nauers wörtlich fort: Ich hatte jedoch, bevor die Unterschrift gegeben wurde, erklärt. daß dies ein Rückzug sei. Ich habe dort wörtlich getagt: Bisher war es eine Fansare, das ist min eine Schamade.-- Auch noch andere Genossen in der Fraktion waren von unseremErfolg" unter den gegebenen Bedingung n keineswegs angenehm berührt. Ich gebe zu, daß unser Widerspruch schärfer zum Ausdruck kommen mutzte, doch die Karre ist so gelaufen. Ich stand also und stehe selbstverständlich auch heute noch auf dem Standpunkt, daß jene Verpflichtung nicht eingegangen werden durfte. Ich bin in der Versammlung des Sozialdemokratischen Vereins einesteils der übertriebenen Verurteilung des Falles entgegen ge- treten, anderenteils habe ich auS meinem Herzen durchaus lerne Mördergrube gemacht. Wenn mein Urteil dort nicht schärfer ausgefallen ist, so geschah dies mit Rücksicht auf ein gedeihliches Zusammenarbeiten m der Fraktion. Diese Rücksicht konnte ich jetzt nach der Vertagung des Land- taaes und nach den eingangs erwähnten Nenßmuigen fallen lassen."_ Eine freche Lüge. In unserem Essener Parteiblatt, derArbeiter» zeitung", lesen wir: Die Kaspareksche Korrespondenz(ein im ReichSverbandSstil gehaltenes Essener Unternehmerorgan) läßt sich schreiben: Die sozialdemokratische Partei hat eS anläßlich der Reichs- finanzresorm an Beschimpfungen der agrarischen und groß- kapitalistischenStenerhinterzieher" nicht fehlen lassen. Interessant ist nun die Tatsache, daß in den Räumen eines sozialdemo« Irattschen Blattes im Ruhrrevier beträchtliche Mengen von Tabak bezw. Rauchutensilien vor Inkrafttreten des TabakgesetzeS auf- gestapelt wurden, in der ausgesprochenen Absicht, den Staat um ie erhöhte Steuer zu bringen." Man weiß nicht, was soll man mehr bewundern, die Dumm« h e i t oder dieNoblesse" KasparekS und seiner Hintermänner. Gc- meint sein kann mit dem sozialdemokratische» Blatt nur unsere Arbeiterzeitung", da unsere HandclSgesellschast allein ein Zigarren- geschäft besitzt. DieS erwähnt die Notiz aber nicht, sondern sie wricht nur von denRäumen eines sozialdemolratischen Blattes". ES muß also(ob dies gewollt ist, sei dahingestellt) der Eindruck erweckt werden, als ob die Leitung des BlatteS ver« botcnerweise steuer- oder nachsteuerpflickffige Sachen aufgestapelt habe. Zunächst haut diese Denunziation völlig daneben. Schnüffel- Kasparek ist tvieder einmal ans irgend einen ihm zugetragenen Klatsch hereingefallen. ES ist gelogen, was sich Kasparek schreiben läßt. Unser Geschäft hat nicht einmal den Brauch der übrigen Geschäfte mit« gemacht, vor Inkrafttreten der Zündholzsteucr ein besonderes Gc- schäft in diesem Artikel zu machen, und es hat auch Zigarren und Tabake noch lange nach dem Jnkrafttretcu der Stcuergcieye zw alten Preisen verkauft. Aber was schadet'S? Alles, was anscheinend gegen die Sozial- demokratie auszunützen ist,, kann Kasparek brauchen, wenn's auch von Schwindler» uno Lügnern geliefert tvird." Reichstagskandidatur. Die ReichStagSkandidatur für Schwarzbura-Sonder» Hausen wurde am 19. Dezember in einer außerordentlichen Landeskonferenz in Arnstadt   einstimmig dem Genossen L. K e s s e l r i n g- A r n st a d t übertragen. Soziales. Hofgänger fallen nicht unter das AuSnahinegesesi gegen Gesinde und ländliche Arbeiter. Das preußische Gesetz vom 24. April 18Z4 bedroht Gesinde und ländliche Arbeiter, die ohne gesetzlichen Grund die Arbeit ver- weigern(das Dienstverhältnis lösen) oder sich eines beharrlichen Ungehorsams gegen die Herrschaft schuldig inachen, für den Fall mit Strafe, daß die Herrschast dies beantragt. Gegen dies Gesetz sollte der ländliche Arbeiter Sopke verstoßen haben. Sein Vater ist als Deputatknecht auf einem Gute der pommcrschcn Familie Bismarck tätig. Der Vater hatte in seinem Dienstvertrage sich zur Stellung eines sogenannten Hofgängers zur Ausführung länd- licher Arbeiten verpflichten müssen. Er stellte den Sohn alsHof- gänaer". Sopke junior stand im Verdacht, eine Karre ruiniert zu haben. Er hatte sich nun mehrfach geweigert, mit dem Ober- Inspektor zu dem Denunzianten zu gehen, und schließlich crllärt: Sie haben mir überhaupt nichts zu sagen." Die Strafkammer in Rnngard verurteilte ihn wegen hartnäckigen Ungehorsams zu einer Geldstrafe, indem sie ihn als ländlichen Arbeiter im Sinne des Gesetzes von 1854 ansah, zumal er von der Herrschaft selbst den auSbcdüngencn Lohn erhielt. Angeklagter legte Revision ein und machte geltend: Da er von dem Vater als Hofgänger gestellt sei. so stehe er nur in einem Verhältnis zum Vater. Ein Hofgänger sei weder ein Gesinde, noch stehe er zur Herrschaft in einem Dienstver- hältnis als ländlicher Arbeiter gemäß Z 2b oder c öeS genannten Gesetzes. Sowohl der Staatsanwalt als auch das Kammergericht schloß sich dieser von unS stets vertretenen Auffassung an. Das Kammergericht sprach ihn demgemäß dieser Tage frei, weil er als Hofgänger nicht unter das Gesetz von 18S4 falle. Frist für Klagen gegen die Gültigkeit von Wahlen. In Jels war seitens deS dänisch   gesinnten Jörensen gegen die Wahl des Herrn Hennigsen zum Gemeindevcrtreter Einspruch erhoben worden. Die Gemeindevertretung beschloß jedoch am 1. April 1908 die Gültigkeit der Wahl. Jörensen klagte darauf nicht gleich im Verwaltungsstreit, sondern erst, nachdem er zwei Monate später auf seinen Wunsch einen schriftlichen Bescheid er« halten hatte. Der Kreisausschuß und der Bezirksausschuß er- klärten die Wahl aus materiellen Gründen für gültig. Das ObrrverwaltungSgericht wies gestern die Revision J.s zurück, in« dem es aus einem formellen Grunde zu demselben Ergebnis wie der Bezirksausschuß gelangte. Die Klage sei verspätet. Jyrxnsen sei als Gemeindcvertreter selber in der Sitzung gewesen, die über die Gültigkeit der Wahl entschied. Demzufolge hätte für ihn die Klagefrift von jenem Tage ab zu laufen begonnen und sei somit nicht gewahrt, da er ja erst zwei Monats später nach Erteilung des schriftlichen Bescheides gellagt habe.