Einzelbild herunterladen
 
Drohung" geworden, natürlich unter obligater Erhöhung des Strafrahmens. Selbst der vorgeschlagene 8 134, dessen Ge­fährlichkeit bereits in diesen Aufsätzen charakterisiert ist (vgl. 9ir. 210 und 291 desVorwärts"), verlangt, daß die Drohung gemeingefährlich sei, und daß dadurch der öffentliche Friede gestört werde. Hier soll es ge- uügcn, daß die Drohung für irgendeine Person, z. B. den mit einem Streik oder Boykottbedrohten" Unternehmer, gefährlich ist, und daß dadurch ein Bourgeois in feinem Mittagsschläfchen, PardonFrieden" gestört wird. Es ist auch bekannt, daß dem Bourgeois keine Drohung so gefährlich dünkt, wie die an die Adresse seines Portemonnaies gerichtete. Daß der Z 241 den Schutz der Portcmonnaieinteressen unserer herrschenden Klassen zur Aufgabe hat, wird in derBegrün- dung" schamhaft angedeutet, wenn es dort heißt(S. 675): Dabei ist der Begriffgefährliclie Drohung" keineswegs auf die Gefahr gegen die Person beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf Drohungen, die sich gegen andere Rechtsgüter richten." Die Arbeitsteilung zwischen tz 134 und§ 241 wird sich Wohl in der Weise vollziehen, daß sich§ 134 den großzügigen politischen und gewerkschaftlichen Kampf, ß 241 jedoch den politischen und gewerkschaftlichen Tageskampf als Objekte er- kürt. Ter ß 241 würde auf dem Gebiete der Verbrechen und Vergehen mit politischen: oder gewerkschaftlichem Einschlage das werden, was auf dem Gebiete der Uebertretungen der Grobeunfugparagraph bereits ist: das Mädchen für alles. Noch immer ist der Reichtum an reaktionären Vor- fchlägen, der sich in dem Entwürfe findet, nicht erschöpft. Der Rest soll im folgenden Schlußartikel eine kurze Erörterung finde». Der Zar kommt!... Aus Moskau   wird uns geschrieben: Moskau   rüstet sich zum Empfange des Zaren.... Man weiß, welche heillose Aufregung ein solcher Besuch des Selbstherrschers aller Reußen bei den Behörden der betreffenden Stadt verursacht. Polizeibeamte von verschiedenstem Grade und verschiedenster Kleidung, Gendarmen in Uniform und in Zivil, Spitzel mit und ohne Orden, Mitglieder der Schutzabteilung mit und ohne Titel brechen in Rudeln über die Stadt herein. An den Straßenkreuzungen postieren sich fragwürdig aussehende Individuen mit raschem Blick und flinken Bewegungen; in der Umgebung derverdächtigen" Häuser wimmelt es von geschäftig hin- und hereilenden Kundschaftern; un- ausgesetzt werden Haussuchungen und Verhaftungen vorgenommen und eine Haussuchung folgt der anderen. Die«Unantastbarkeit der Person", über die, wie bekannt, zurzeit der Duma ein Entwurf vorliegt und die sich ohnehin schon im Lande keiner besonderen Achtung er- freut, wird in solchen Momenten endgültig zu den Akten gelegt. Daß Unantastbarkeit der Wohnung, Briefgeheimnis nsw. ebenso schlecht wegkommen, braucht nicht erst besonders erwähnt zu werden. Auch diesmal haben Polizei und Gendarmerie angesichts der bevorstehenden Reise des Zaren nach Moskau   ihr übliches Bacchanal in Szene gesetzt. Noch nie hat die Stadt Haussuchungen im ähn- lichen Umfange erlebt. Da wird wahllos jeder verhaftet, der von irgendeinem Spitzel allernnterster Dienststufe denunziert wird. Sehr vielen Ivird bei der Festnahme geradezu erklärt, daß ihre Freilassung nicht lange auf sich warten lassen werde. Recht übel daran sind diejenigen, die in ihrer Vergangenheit an irgend einem politischen Prozeß beteiligt gewesen sind, auch wenn dieser Prozeß mit einer glatten Freisprechung endete sie müssen jetzt von Minute zu Minute ihrer Ausweisung gewärtig sein. In der Mehrzahl der Fälle erstreckt sich die Ausweisung nur auf das Bereich des Gou- vernements, da man der ziemlich langwierigen Prozedur der Aus- Weisung nach dem Norde» des Reiches oder nach Sibirien   aus dem Wege zu gehen sucht. Eine ganz spezielle Novität aber zeitigte der Besuch, den der Zar demHerzen Rußlands  " abzustatten gedenkt, auf dem Gebiete des Paßwesens. Auch sonst schon existierte in Moskau   sebenso wie in Petersburg   und in mehreren anderen Städten) ein besonderes, aus Spitzeln bestehendes Bureau, dem die Prüfung der Pässe obliegt. Sobald ein Paß der Polizei zur Anmeldung eingereicht ist. werden von diesem Bureau an der Stelle, wo der Paß zur Ausgabe gelaugte, die peinlichsten Informationen ein- gezogen. Diesmal aber scheinen diese gewöhnlichen Maß- regeln den russischen Spitzeln nicht die gewünschte Sicherheit zu bieten. und die Beamten ziehen nun von Haus zu HauS, wo nur Studenten, Arbeiter und ähnlicheunsichere Elemente" zu finden sind, und vollziehen die Prüfung der Pässe an Ort und Stelle, lind zwar besteht diese Prüfung in folgendem: Man vergleicht das im Passe angegebene Signalement über Alter, Beruf usw. des Inhabers. und wird z. B. gefunden, daß dieser letztere jünger aussieht, als er nach den Angaben in seinen Dokumenten aussehen müßte, so läuft er Gefahr,bis zur Einholung näherer Auskünfte" festgesetzt zu werden. Außerdem lassen sich die Beamten die Namen der Ver- wandten, Bekannten usw. nennen: alles dieses, um die Personen berauSzubekommen, die sich fremder Päffe bedienen. Natürlich trifft dieses Durchsehen der Legitimationspapiere in der Regel nicht die Revolutionäre, sondern ganz friedliche Bürger. Denn diese ersteren brauchen sich nur 3 S Werst von Moskau   entfernt nieder- zulaffen, wo diese ganze Prozedur nicht geübt wird, um außer den Grenzen der Erreichbarkeit zu bleiben. So rüstet sich Moskau   zum Empfange seinesgeliebten" Monarchen, der die Stadt mit seiner Gegenwart beglücken will. Nun zirkuliert allenthalben das Gerücht, daß diesmal derbe­glückende" Besuch über das übliche Maß hinaus ausgedehnt werden soll. Wie man sagt, steht eine Vermehrung dererhabenen" Familie bevor und die Niederkunft soll in Moskau   abgewartet werden. Ist dies Gerücht kein Phantasicgefpinst der durch die Polizeirepressalien geängstigtcn Einwohner Moskaus  , so können sich diese tatsächlich auf eine Reihe sehr wenig erquicklicher Tage gefaßt machen. Welche Ironie aber wird in den Adressen liegen, in denen Kaufmannschaft, Stadtverwaltung und monarchistische Organisationen beteuern werden,ein wie hohes Glück der alten Hauptstadt Moskau  durch den Besuch des Kronenträgers widerfahren fei"! Und solche Adressen werden wir wohl nach Dutzenden zählen lönnen. Die Cfyronrede Merls i. Brüssel  , 24. Dezember.(Eig. Ber.) Belgien   hat eine Woche der Republik   hinter sich, denn nach der belgischen Verfassung tritt der Thronerbe die Regentschaft erst an, wenn er den Eid auf die Verfassung geleistet hat. Mit der gestern erfolgten Eidesleistung ist das Land wieder zum monarchischen Zu- stand zurückgekehrt, ohne daß ihm übrigens dies« kleine Abwechselung irgendwie geschadet hätte.,. Die Thronrede Werts I. weist alle typischen Merkmale auf, die den ersten oratorischen Leistungen der ihren Hcrrscherberuf an- tretenden Monarchen eigen zu sein pflegen. Immerhin macht sich wohltuend bemerkbar, daß sich hier der Herrscher auf dem Boden einer aus einer Revolution geborenen Monarchie fühlt, die sich keine Gottesgnadenphrasen leiste» kann. Man kann auch sagen, daß die Rede durch eine besondere Unter- streichung des konstitutionellen Moments einen Grundton erhielt, der schon deshalb ein sympathisches Echo fand, weil er auf Absichten weist, die einen Gegensatz zu dem Leopoldinischen Regime bedeuten würden. Den Eid auf die Verfassung hat freilich auch Leopold II.   geschworen und an edlen Versprechungen hat es auch in seiner Thronrede nicht gefehlt. Der gute Ruf, der Albert in diesem Punkte vorausgeeilt ist und der die Loyalen schon in die lyrische Begeisterung versetzt hat, wird sich erst zu bewähren habeix Unter diesem Vorbehalt muß auch die Stelle in der Thronrede. die sich auf den Kongo   bezieht, gewertet werden. Albert will in einem Aufflug über die Region deö von seinem Vorgänger so ge- schätzten schnöden Mammons die Kolonialpolitik Belgiens   nur vom Standpunkte der Humanität und Zivilisation betrieben sehen. Für ein von Gerechtigkeitsgefühl erfülltes Volk, heißt es in der Thronrede, kann die Kolonisation nur eine Mission im Sinne der Zivilisation sein. Bei dieser Stelle erhob sich d e m o n st r a t i v e r Beifall und auch Vandervelde   applaudierte. Nicht ohne politische Spitze war die auf die Verwirklichung des kolonialpolitischen Programms hinzielende Bemerkung, daß Belgien   seine Verpflichtungen halten»verde und niemand ein Recht habe, daran zu zweifeln. Hier erhob sich der König, der bis dahin mit ziemlicher Zurückhaltung des Tones gesprochen, gegen alles Zeremoniell, das dem Redner eine sitzende Haltung vorschreibt. auS dem Stuhle wie Wandervelde schreibt, gleich Walter Stolzing vor den Meistersingern. Die sozialistische Fraktion, die dem Beschluß des Generalrats gemäß der feierlichen Sitzung beiwohnte, begrüßte den König mit den: Ruf: Hoch das allgemeine Wahlrechtl, der auch sonst an den entscheidenden Stellen ertönte und in den lärmenden lohalistischen Applaussalven auch nicht unbemerkt blieb. Die bürgerliche Presse gibt dem neuen König auf seine Ver- sprechungen hin einen entsprechenden Vorschuß an obligaten Herrscher- tugenden, und die Bourgeoisie ergriff gerne die Gelegenheit, den etwas angegriffenen dynastischen Respekt wieder einzurenken. Im Grunde ist eS freilich niehr die alte Kermesfreude, die sich kundtat und die fröhlich aufersteht, wenn nur bunte Fahnen in den Straßen flattern und die Stadt im Lichterglanz strahlt. poUrtfcbc Qebcrlicbt. Berlin  , den 28. Dezember 1909. Wer hat den Vorteil von den Agrarzollerhöhungen? DieNotleidenden" mit schönen Fuchspelzen klagen über die geringe Ergiebigkeit des landwirtschaftlichen Betriebes. Wie es damit bestellt ist, zeigen folgende Mitteilungen der klerikal-konservativen Schles. Volkszeitung" über die Steigerung der Güterpreise im West- preußischen Kreise Rosenberg: Das Gut Ouirren, ettva 1000 Morgen groß, wurde im Jahre 1891 für den Preis von 70 009 M. an die Herren Schirr- mann und Gallenkamp verkauft. Diese veräußerten es 18S1 für 120 000 M. an einen Herrn Oelrich, der es ISO? schon für 160 000 M. an eilten Herrn Schroeder weitergab. IVO? erstanden zwei Herren aus Allenstein   genanntes Gut für 196 OOO M. und überließen es endlich 1909 an einen Herrn v. Rogowski für 240 000 M., der es vor wenigen Wochen mit einem weiteren Aufschlage von einigen Tausend Mark losgeschlagen haben soll. Innerhalb 17 Jahren hat also in diesem Falle eine Preissteigerung von mehr als 170000 M. stattgefunden oder um das Zweieinhalbfache. Das Gut Windeck, 10S0 Morgen groß, kaufte im Jahre 1891 ein Herr Marx für 76000 M.. gab eS aber schon nach einigen Jahren an einen Herrn Nchrina für 160 000 M. weiter. Dieser veräußerte eS kurze Zeit darauf an einen Herrn Krause, wobei es schon 200 000 M. einbrachte. Nach einem Zwischenbesttzer erstand es ein Herr Jahn für 260 000 M., der es 1907 für 310000 M. an einen Herrn v. Laschewski weitcrberkauste. Bei dem vor einigen Tagen erfolgten Verkauf erzielte der bisherige Inhaber 330 000 M. Das Gut ist also seit 1891 um nicht weniger als 254 000 M. gestiegen. Auch das Gut Stein, das 1891 erst 120 000 M. kostete bei einem Flächeninhalt von 1100 Morgen, brachte 1904 schon 90000 M. mehr, in 13 Jahren also eine erhebliche Steigernng. Das 1400 Morgen große Gut Wonno kostete 1897 114 300 M. Lei dem soeben zustande gekommenen Weiterverkauf lvurden nicht weniger als 370 000 M. dafür gezahlt. Die Kauf- summe ist demnach tu der kurzen Zeit um das Dreifache gestiegen. die Differenz zwischen dem Preise von 1897 und heule beträgt 2Sö 700 M. I DaS sind Preissteigerungen um mehr als das Zwei- und Drei- fache in ungefähr 20 Jahren. Trotzdem kann man sicher sein, daß auch die jetzigen Besitzer nach bekanntem Rezept über dieNot der Landwirtschaft" klagen und für weitere Erhöhungen der landwirtschaftlichen Zölle schwärmen. Und von ihrem Interessen- standpunkt auS haben sie recht; denn den Vorteil auS den früheren Zollerhöhungen haben nicht sie eingesteckt, sondern ihre Lorbesitzer. DaS ist eben die Eigenheit eines jeden AgrarzollS, das er nicht, ivie die agrarische Presse behauptet, der Landwirtschast als solcher nutzt, sondern lediglich dem. der zur Zeit der Einführmtg oder Erhöhung landwirtschaftlicher Schutzzölle Güter besitzt. Die Zölle bewirken eine Preissteigerung der Agrarprodukte, diese Preissteigerung bewirkt eine Steigerung der Rentabilität der Güter, und die steigende Rentabilität wieder eine Steigerung der Güter- preise. DaS ist für den Besitzer, in besten Zeit die Zollerhöhungen fallen, recht schön; er erhält auf Bolkskosten höhere Einkünfte und, wenn er seinen Besitz vcrkanft, höhere Bodenpreise. Aber schon der nächste Käufer hat keinen Vorteil mehr von der Zolleinführung oder -erhöhung. Er muß mm für das Gut desto mehr bezahlen, und fein hineingestecktes Kapital rentiert sich prozentuell um nichts höher als vor dem Zoll. Den ganzen Gewinn hat sein Vorbesitzer geschluckt. Gegen die Grohblockpolitik ivendet sich die natioiialliberaleMagdeburgische Zeitung" in schärfster Weise. DaS Blatt schreibt in Nr. 657 vom 28. Dezember unter der Ueberschrift:lieber Großblock und Mauserung": Unsere Stellung dazu ist folgende: DieMagdeb. Ztg." hat den badischen Großblock bekämpft und, als in der letzten Zeit von den angeblichen Absichten, diesen auf das Reich zu übertragen, die Rede war, den Plan auf das entschiedenste abgelehnt und lehnt ihn weiter ab. Indem sie das tut, treibt sie nicht konservative, sondern gut nation alliberale Politik. Der Großblock fürs Reich ist ein törichtes, höchst verwerfliches Wahn- g e b i l d e. Er ist für tut? völlig undiökutabel. Häusig oder meist treten nun Großblockgedanke und Mauserungstheorie zusammen auf.... Die Behauptung, daß sich die S o z i a l- demokratie bereits gemausert habe, ist schon sehr oft vorgetragen worden, hat sich aber bisher immer nur als Illusion herausgestellt, ähnlich wie die Hoffnung auf«Risse im ZentrumSturm."... Endlich beruhte unsere Versicherung, daß in der national- liberalen Reichstagsfraktion dem Großblotfaedaitkc.t der schärfste Widerstand entgegengesetzt würde, nicht auf Wünschen, sondern auf Tatsachen." DaS Blatt führt nun sämtliche nationalliberale Reichstags- abgeordnete unter Beifügung der vollen Titel und Würden auf und sagt zum Schluß: Mit diesen Männern Großblockpolitik zu treiben" unmöglich. Das ist, wir wiederholen es, nicht ein Wunsch, so eine Tatsache. Andere mögen die Unfähigkeit zum G: block als Schwäche betrachten, wir betrachten sie Ruhmestitel für jeden einzelnen der 50 Männe Bier Millionen Bajonette für eine Handvoll internationaler Kapitalisten. Ter M a n n o s m a n n- R u m m e l beginnt gemein- gefährlich zu werden. Die Gebrüder Mannesmann lassen sich den Schutz ihrer angeblichwohlerworbenen" marok- kanischen Rechte etwas kosten. Nicht nur, daß sie es ver- standen haben, die Unternehmerpresso für sich mobil zu machen, ist in den letzten Tagen in einem der breitesten Oeffentlichkeit unbekannten Verlag unter dem Pseudonym Osman" eine Broschüre erschienen, durch die versucht wird. eine Pression auf das Auswärtige Amt auszuüben. Es ist genieingefährlicher Größenwahn, der in dieser Schrift zum Ausdruck gelangt, wird doch mit dürren Worten auf die vier Millionen Bajonette hingewiesen, die d e m R e i ch z u r V e r f ü g u n g st e h e n. In einer Unter- redung mit einem Vertreter desPreß-Telegraph" erklärt Herr Neinhold Mannesmann, daß die von einer Korrespon- denz verbreitete Tarstellung des Sachverhalts nicht vom Auswärtigen Amt   inspiriert sein könne,dergleichen dürfe kein Deutscher seiner Regierung zu- trauen."(!) Der Herr erklärte weiter, daß diese Dar- stellung aus französischen   Oucllen stamme und fuhr dann fort: Das Berggesetz, auf Grund dessen die deutsche Gruppe Berg- werkskonzessioncn erhalten hat, äst von dem souveränen Sultan Mulay Hafid   ordnungsgemäß erlassen und widerspricht nicht der Algeciras  -Akte. Ich will an dieser Stelle nur kurz mitteilen, daß das Gesetz von der deutschen Regierung selbst ausgearbeitet worden ist. Ter deutsche Entwurf, der Abdul Asis zugestellt war. wurde dann von Mulay Hafid nahezu wörtlich angenommen." Es muß angesichts dieses geradezu unverschämten Ver- suchs, dem deutschen   Volke die Interessen des dcutsch-fran- zösischen Mannesmannsyndikats als eine Angelegenheit der deutschen Nation, als eine Sache der nationalen Ehre auf- zuschwindeln, aufs entschiedenste betont werden, daß die ganze Affäre nichts als das Geraufe zweier konkurrierenden internationalen Kapitalistengesellschaften um den größten Profit ist! Wenn die Herren Mannesmann meinen, daß ihnen in diesem Konkurrenzstreit die deutschen Bajonette zur Seite stehen müßten, so haben sie allerdings die Tradition siir sich, denn daß die Völker für die Interessen der Kapita- listen bluten, ist allerdings alter Brauch. Ein alter und nickt mehr zeitgemäßer Brauch, dem die Arbeiterklasse sich mit aller Kraft widersetzen wird. Die Ausnahme und dl." Regel. In den Ausstellungshallen des Berliner   Zoologischen Gartens findet zurzeit wieder ein Sechstageremten statt, an dem sich auch der deutsche Fahrer Walter R ü t t, der Sieger der letzten New Äorkcr Sechstageremten, beteiligt. Dieser Mann ist ein sogen,.unsicherer KantoniU", der sich lange Jahre der Militärpflicht entzogen hat, indem er sich im Auslände aufhielt. Die Militärbehörde hat nun diesem Fahrer nicht nur keinerlei Schwierigkeiten bereitet, sondern ihn sogar, wie es imB. T." heißt,ausnahmsweise gnädig freigegeben". Diese Haltung der Militärbehörden muß bei jedem, der ihre sonst so unerbittliche Strenge auf dem Gebiete der Disziplin kennt, zum mindesten Befremden erregen. Nicht etwa, daß wir's dem juiigen Sportsmann nicht gönnten, wenn der von den drakonischen Bestimmungen deS Militärgesetzes verschont bleibt. An sich wäre es sogar sehr zu begrüßen, wenn die mittelalterltchen Anschauungen im Heere endlich einmal der Neuzeit entsprechend modifiziert würden. Wer aber weiß, wie sonst in ähnlichen Fällen bei uns zu Laude vorgegangen wird, der kann sich schwerlich dieser Hoffnung hingeben. Besonders in den Grenzdistrikten tinsereS Reiches ist man es da ganz, ganz anders ge» wohnt. In Elsaß-Lothringen   z. B. kommt eS häufig genug vor, daß ein junger Mann, der sich nicht freiwillig in die Arme deS Militarismus begeben bat und der beim Tode eines Angehörigen, dem Gebote der Pietät folgend, in die Heimat eilt, dutch Gen- darmen vom Sterbebette oder vom Grabe weg ver« haftet wirdl Und dann noch eins: den Fahrradsport in allen Ehren! Wenn aber besondere Tüchtigkeit auf diesem Gebiete vor Unannehmlichkeit und Bestrafung schützt, so darf daran erinnert werden, daß sich unter den deutschenUnflchcren", die nicht das Glück haben, wie Herr Rütt mit Glacehandschuhen   angefaßt zu werden, viele junge Männer befinden. deren Tüchtigkeit und hervorragende Begabung aus anderen Gebieten (als Musiker, Teckmiker, hervorragend geschickte Handarbeiter usw.) mit demselben Rechte für sie ins Treffen geführt werden könnte. wie für Rütt die Ausdauer seines körperlichen Organismus und die starre Willenskraft, die ihn befähigt, eine Konkurrenz wie daS Sechs- tagerennen zu bestreiten. ES wäre recht erfreulich, wenn demnächst bekannt würde, daß die deutschen Militärbehörden angetviesen worden sind, unsereuu- sicheren Kantonisten" generell mit größerer Milde zu behandeln als bisher. Wenn sich aber wider Erwarten das Verhalten gegen- über Herrn Rütt als eine gnadenvolle, von irgend welchenhöhen Herren" erlvirkte A u s n a h m S- Behandlung erweisen sollte, so tvären wir doch begierig, die G r ü n d e zu hören, durch die sich die sonst so unbeugsame Militärbehörde bewegen ließ, gerade in diesem Falle von ihrem starren System abzuiveichcn. Die Lehrerseminare in Bade». AuS Baden wird uns geschrieben: Zu dem Bericht deSVor­wärts" in der DoniterstagSnumnter über die Sitzung der Budget- kommifston der Zweiten badischen Kammer ist na-hzmragen, daß der Antrag unserer Parteigenossen forderte, sämtliche Lehrer- scminare zu s i m u l t a n i s i e r e n. Bon den sechs Seminaren sind vier, und zwar die in Frei bürg. Karöruhe I und II und Heidelberg   tatsächlich längst simultan, während in Ett- l i n g e n und MeerSburg   nur katholische Zöglinge auf» genommen werden. In Karlsruhe I sind nach dem letzten hierüber vorliegenden Bericht neben evangelischen Zöglingen nur einige israelitische und ein altkatholischer Schüler vertreien. In Frei bürg ist die Zahl der Katholiken und in Heidelberg   die der evangelischen Besucher größer. Im letzteren Seminar befindet» sich übrigens auch ein Zögling der Sohn eines verstorbenen bc- kannten Parteigenossen, der freireligiös ist. In Laden befreit der Besuch deö freireligiöseii Religionsunterrichts den Schüler vom Besuch des Religionsunterrichts nner vom Staate anerkannten Re- ligionSgemeinschaft. Die freireligiösen Schullehrer erteilen diesen freireligiösen Unterricht genau wi» ihre katholischen, evangelischen