Einzelbild herunterladen
 
Zwischen den Verbandsvorständen ivar vereinbart, daß in allen Städten sofort nach dem Kündigungstermin die VerHand- lungen aufgenommen werden sollten. Die beiderseitigen Vorstände verpflichteten sich, die Ortsparteien anzuhalten, eine Einigung am Orte unter allen Umständen zu versuchen. Aus diesem Grunde wurde auch vereinbart, nichts darüber verlauten zu lasten, daß, falls in einigen Fällen eine Einigung unmöglich, ein Schiedsgericht endgültig entscheiden solle. Diese Vereinbarung wurde getroffen, dauiit die Ortsparteien um so eifriger tätig wären, um zu einer Einigung zu kommen, und damit sie sich nicht von vornherein auf das Schiedsgericht verliehen. Was tat nun der Schutzverband? Er gab Anweisung nach den einzelnen Orten, die Arbeitgeber sollten die Forderungen der Arbeiter ein- fordern und diese dann sofort nach Berlin   ein- senden, aber den Arbeitern keinerlei Zugeständnisse machen, sondern die weiteren Anweisungen des Vorstandes des Schutz- Verbandes abwarten. Entgegen der getroffenen Vereinbarung wurde dann bekanntgegeben,daß Herr v. Berlepsch sich zur Uebernahme des Schiedsrichterpostens bereit erklärt" habe. Diesen Anweisungen gemäß sind denn auch die Arbeitgeber der einzelnen Städte vorgegangen. Fast überall sind die Arbeiter- Vertreter brüskiert worden. In diesem Sinne wird auch gegen- wärtig noch fortgefahren. DieKaiser-Keller-Resolution" wird auf Anweisung des Schutzverbandes mit entsprechenden Bcgleit- schreiben den Zahlstellen des Holzarbeiterverbandes zugestellt. Wie die Begleitschreiben aussehen, dafür eine Probe aus Q u e d l i n- bürg. Der dortige Vorsitzende des Schutzverbandes schreibt: Nachdem die in Berlin   getagte Vertreterversammlung bei- gefügte Resolution einstimmig beschlossen hat, ersuchen wir Sie nunmehr, uns mit Ihren herabgesetzten Forderungen näher zu treten." Dem wird noch erläuternd hinzugefügt, daß der Vertrag bis zum 10. Januar fertig sein muß, da man ohne Vertrag nach dem 12. Februar nicht weiterarbeiten lasten will! In derKaiser- Keller-Resolution" war beschlossen, daß die Zentralvorstände der Arbeiterorganisationen nochmals zu Verhandlungen eingeladen werden sollten. Diese Verhandlungen haben bereits am Z.Januar stattgefunden. DieHolzarbeiter-Zeitung" berichtet darüber in ihrer neuesten Nummer: Der Arbeitgebcr-Schutzverband hat die Sitzung der Zentralvorstände schon auf den 3. Januar einberufen. Die Vertreter der drei Arbeiterorganisationen, die der Einladung Folge leisteten, waren einigermaßen gespannt, was der Schutz- verband mit dieser Sitzung bezweckte, nachdem er durch die ent- schiedene Ablehnung des Schieosgerichtes und durch die übrigen von ihm beschlossenen Maßnahmen so deutlich zum Ausdruck gebracht hatte, daß er auf den offenen Konflikt lossteuert. Tat- sächlich war es auch ein recht naiver Vorschlag, der den Arbeiter- Vertretern unterbreitet wurde. Ihnen wurde zugemutet, auf ihre Mitglieder im Reich nach der Richtung einzuwirken, daß sie ihre Forderungen ermäßigen. Natürlich konnte von einem Entgegenkommen nach dieser Richtung, zumal angesichts der Fanfaren, welche der Vorstand des Scfmtzverbandes hatte er­tönen lassen, keine Rede sein. Von den Vertretern des Deutschen  Holzarbeiterverbandes sowohl als auch vom Christlichen   Verband und vom Hirsch-D-unckerschen Gewerkverein wurde diese Zu- mutung einmütig mit aller Entschiedenheit abgelehnt. Der Vorstand des Arbeitgeber-Schutzverbandes teilte in dieser Kon- ferenz noch mit, daß auf seiner Städtekonferenz beschlossen Ivorden sei, in allen Städten die Verhandlungen so zu fördern, daß auf der für den 20. Januar in Aussicht genommenen nächsten Konferenz der Arbeitgebervertreter ein Resultat vorgelegt werden kann. Auch die Arbeitgeber in den Städten, die bisher den Eintritt in die Verhandlungen abgelehnt haben, seien von der Konferenz verpflichtet worden, ihren Widerstand nunmehr aufzugeben. Tie Vertreter der drei Arbeiterorganisationen haben diese Mitteilung entgegengenommen. Die Konferenz der Zentral- vorstände ist im übrigen, wie das nach Lage der Dinge nicht anders zu erwarten war, ergebnislos verlaufen." Die Holzarbeiter rüsten auf der ganzen Linie. Eine ganze Anzahl Orte haben weitere Beitragserhöhungen beschlosten. Der Vorstand des Holzarbeiterverbamdes hat in einer Extrasitzung folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Vom 1. Januar d. I. ab bis auf weiteres haben die Zahlstellen einen Extrabeitrag zu leisten, und zwar bis 1. Februar zunächst in der Weise, daß der Verbandsbeitrag von öv Pf. pro Woche in voller Höhe, also ohne Abzug der lokalen Prozente, an die Hauptkasse abzuführen ist. Für den entstehenden Ausfall in den Lokalkasten haben die Zahlstellen sich eventuell durch Er- höhung der Lokalbeiträge schadlos zu halten. 2. Vom 1. Februar d. I. ab sind von jedem Wochenbeitrag 00 Pf. an die Hauptkasse abzuführen, so daß der Extrabeitrag alsdann 20 Pf. pro Mitglied und Woche beträgt. 3. Das Beispiel derjenigen Zahlstellen, welche in den letzten Wochen bereits freiwillig ihre Beiträge teilweise beträchtlich erhöhten, um die Hauptkasse zu stärken, empfiehlt der Vorstand zur Nachahmung in der Weise, daß den leistungsfähigen Zahl- stellen nahegelegt wird, mit dem Extrabeitrag für ihre Mit- glieder über den Satz von 20 Pf. hinauszugehen. 4. Sofort nach Erscheinen dieser Bekanntmachung haben sämtliche Zahlstellen in außerordentlichen Mitgliederversamm- lungen über die Höhe des Gesamtbeitrages, den sie vom 1. Fe- bruar ab erheben wollen, unter Berücksichtigung vorstehender Bekanntmachung Beschlutz zu fassen und an den Vorstand zu berichten, damit bis dahin rechtzeitig die neuen Beitragsmarken von der Hauptkaste geliefert werden können. 5. Die Bestänoe der Lokalkaste sollen, soweit sie angelegt sind, sämtlich sofort gekündigt werden, damit sie gemäߧ 77 des Statuts im Notfall als Reserve der Hauptkaste zur Verfügung stehen. Diese Beschlüste werden in der neuesten Nummer derHolz- arbeiter-Zeitung" gleichfalls bekanntgegeben. Der Vorstand des Holzarbeiterverbandes richtet an die Mitglieder einen Aufruf, in welchem unter anderem gesagt wird: ..... Der Kampf wird entscheiden müssen. Wir ersuchen unsere Kollegen in den Vertragsstädten, die örtlichen Verhand- lungen mit Ernst und Ruhe fortzusetzen, solange das Verhalten der Arbeitgeber dies nur irgend ermöglicht. Wohl sind die Kassen unseres Verbandes intakt, unsere Kampfmittel größer denn je und der Zustrom neuer Mitglieder zählt nach taufenden..., der Kampf wird ein langer und schwerer sein und außerordent- liche Mittel erfordern. In dieser Erwartung hat der Vorstand vorstehende Beschlüsse gefaßt. Von den Mitgliedern in allen Zahlstellen sind wir überzeugt, daß sie sich dessen voll bewußt find, was für unseren Verband im ganzen bei der diesmaligen Bewegung-.uf dem Spiel sieht. Wir vertrauen darauf, daß sie die Lokalverwaltungcn bei der Durchführung vorstehender Be- schlüsse mit ernstem Eifer unterstützen." Die Holzarbeiter stehen ihren Mannt neunter Zioniften-Kongrcß in ynwburg. (2 6, bis 3 0. Dezember 1909.) Es ist das erstemal, daß der alle zwei Jahre stattfindende Zionistenkongreß in einer deutschen Stadt tagte. Von den früheren Kongressen fanden sechs in Basel  » einer in London  und einer im Haag statt. Der Bericht aus der zionistischen   Organisation liegt gedruckt bor; er behandelt mit besonderer Ausführlichkeit die politische Um- wälzung in der Türkei  , die auch von den ersten Rednern(Wolfs- söhn und Dr. N o r d a u) eingehend gewürdigt wurde. Weiter be- handelt der Bericht die einzelnen Institutionen der Bewegung. Ucberall ist ein Fortschritt zu verzeichnen. Die Finanzen haben sich sehr gebessert. Die verschiedenen Banken und Fonds haben Ueberschüsse zu verzeichnen. Der Jahresabschluß des A k t i o n s- k o m i t e e s weist zum ersten Male kein Defizit auf. Die Gesamt- einnahmen der Organisation und der verschiedenen ihr gehörigen Institutionen usw. betragen 2M> Millionen. Zu dem gedruckten Bericht geben die einzelnen Redner Er- läuterungen, an die sich äußerst lebhafte Debatten schließen. Nach dem Bericht des Aktionskomitees wenden sich die Debatteredner mit schweren Vorwürfen gegen dieses, besonders gegen den Präsidenten des Komitees, Wolffsohn-Köln. Sie beschuldigen das Komitee, nicht genug gearbeitet zu haben, besonders bei der politischen Um- wälzung in der Türkei   untätig geblieben zu sein. Die Delegierten aus Rußland  , Galizicn und Palästina klagen übereinstimmend, daß in ihren Ländern von der Leitung der zionistischen   Partei wenig zu spüren sei. Im Mittelpunkt des Kongresses steht die Palästina- frage. Aus dem gedruckten und dem mündlichen Berichte des Pro- festor Marburg   geht hervor, daß in Palästina in landwirtschaft- licher und kultureller Beziehung sehr stark gearbeitet wird. Die Debatte zur Palästinafrage nahm denn auch einen breiten Raum in den Verhandlungen ein und förderte zahlreiche Anträge zutage, deren wichtigster wohl der einstimmig gefaßte, von Dr. Oppen- h e i m e r- Berlin vorgeschlagene Beschlutz ist: Siedelungs- Genossenschaften in Palästina zu gründen, wozu ein Kapital von 200 000 M. erforderlich ist und garantiert wird. Auch wurde be- schloffen, die europäischen   Geschäfte der jüdischen Kolonialbank einzuschränken und die Gelder nach Palästina zu führen. Die Einheit der verschiedenen zionistischen   Parteien wurde wiederholt betont. Von besonderer Bedeutung ist die Rückkehr derT e r r i t o r i a l i st e n" zur zionistischen   Organisation. Dieser Zweig, die sozialistischen   Zionisten Amerikas  , hatte sich auf dem VIl. Zionistenkongreß von der zionistischen  Partei getrennt; sie erklären jetzt, daß sie sich wieder an der Arbeit der zionistischen   Partei beteiligen wollen. Der Kongreß schloß mit einem Mißkkang. Die russischen Delegierten obstruierten gegen die bisherige Leitung und deren Führer: Wolffsohn. Da aber das vom Permanenzausschuß vor- geschlagene engere Aktionskomitee bezw. dessen deutsche Mitglieder die Annahme der Posten ablehnten, so blieb dem Kongreß nichts übrig, als die alte Leitung in sämtlichen Komitees wieder zu be- stätigen, sie aber als Provisorium zu bezeichnen und einen baldigen X. Z i o n i st e n ko n g r e tz in Aussicht zu stellen, auf dem eine neue Leitung gewählt werden soll. Hm da Partei. Die dritte Konferenz der sozialdemokratischen Landtags- abgeordneten in den Thüringer   Kleinstaaten fand am 2. Januar in Gotha   statt. Aus den sieben Thüringer  Staaten, wo zusammen 33 sozialdemokratische(gegen das Vorjahr eine Zunahme von 3) Landtagsabgeordnete tätig sind, waren 26 Landtagsabgeordncte anwesend. Außerdem war als Vertreter des Parteivorstandes Genosse Molkenbuhr und der Reichs- tagsabgeordnete für K o b u r g, Genosse Z i e t s ch, erschienen. Den Situationsbericht erstattete Abgeordneter Leber-Jena. In der sich daran anschließenden Debatte nahm einen weiten Raum die Meininger Hofgängerfrage ein. Nach eingehender Aussprache und Aufklärungen durch die anwesenden Meininger Ab- geordneten betrachtet: die Konferenz diese Angelegenheit für er- ledigt. da sich herausstellte, daß irrige und übertriebene Dar- stellungen die Kritik veranlaßt hatten.(?) Ueber die Einwirkung einer erhöhten Reichserbschaftssteuer und einer Erbansallsteuer auf die Finanzlage der Thüringer   Kleinstaaten referierte Abgeordneter Bock- Gotha. Nach einer Aussprache, in der unter Bezugnahme auf die Finanzverhältnisse in den einzelnen Staaten der Nachweis erbracht wurde, daß gerade die Kleinstaaten empfindlich unter der Finanzreform" des Reiches zu leiden haben, wurde einstimmig folgende Resolution angenommen: Die traurigen Finanzverhältnisse der Bundesstaaten haben ihre Ursache in der unvernünftigen Finanzwirtjchaft des Reiches, das durch seine wahnsinnigen Rüstungen zu Wasser und zu Lande die Steuerkraft des Volkes vergeudet und erschöpft. Die kleinen Bundesstaaten sind durch die Auspowerung vom Reichs siskus kaum noch in der Lage, auch nur die dringendsten Ausgaben für kulturelle Zwecke zu bestreiten, und das Volk leidet sichtlich Mangel unter dieser Mißwirtschaft. Die Konferenz der Thü- ringer sozialdemokratischen Abgeordneten protestiert deshalb mit aller Entschiedenheit gegen den wähnwitzigen Rüstungskoller der herrschenden Kreise, welcher die Finanzen der kleinen Staaten dem Ruin und das Reich dem Bankerott entgegenführt. Die beste Finanzreform ist die Beschränkung der Flottenrüstung und Ein- führung der allgemeinen einjährigen Dienstzeit im Heere. Zur Amortisation der Reichsschulden und Durchführung wichtiger Kulturaufgaben ist die besitzende Klasse mit einer 400 200 Mil- lionen betragenden Erbschaftssteuer zu belegen." Abgeordneter B a u d e r t- Weimar sprach sodann über: Naturalisation und Staatsangehörigkei t". Er betonte, daß diese Frage gerade für die minderbemittelten Bevölke- rungsschichten in den Thüringer   Kleinstaaten insofern von größter Bedeutung sei, da es vorkomme, daß eine Familie bald in dem einen, bald»n dem anderen Vaterlande wohne, schon wenn sie auch nur einen OrtSteil wechsle. Die Schwierigkeit der Beschaffung der Papiere zur Erwerbung dieser Rechte wurde in der Debatte an Beispielen hervorgehoben. Einstimmig gelangte dazu folgende Re- solution zur Annahme: Angesichts der erschwerenden Umstände, unter denen es bisher ReichSauSländern und Angehörigen deutscher Bundes» staaten möglich ist, daS Bürgerrecht in den meisten deutschen Bundesstaaten zu erwerben, sofern durch Abstammung oder durch besondere landesgesetzliche Bestimmungen Erleichterungen nicht vorgesehen sind, erachtet cS die 3. Konferenz der sozialdemo- kratischen Landtagsabgeordneten der Thüringer   Kleinstaaten für dringend notwendig, daß im Reichstag bei der Abänderung des Gesetzes über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1370 weitgehende Erleichte- rungen geschaffen werden. Solange eine einheitliche Regelung dieser Frage noch nicht erfolgt ist, muß versucht werden, vermittels der Landesgesetz- gebung die Erwerbung der StaatLbürgerrechte in den einzelnen Bundesstaaten so zu erleichtern, daß die Zurückweisung von Naturalisationsgesuchen nur in gesetzlich bestimmten Ausnahme- fällen stattfinden kann; die Erwerbung des Staatsbürgerrechts von Angehörigen eines anderen deutschen Bundesstaates aber ohne jedwede Formalität mit der Ansässigkeit in dem betreffenden Bundesstaate sich vollzieht." Die Domänenfrage wurde unter Bezug auf die Meininger Verhältnisse vom Abgeordneten K n a u e r- Sonneberg erörtert. Da diese Frage in einer Anzahl der Thüringer   Kleinstaaten noch keine Regelung erfahren hat. aber von sehr großer Bedeutung für jeden einzelnen Staat ist. so wurde nach kurzer Aussprache be- schlössen, das Thema unter Berücksichtigung der Verhältnisse in den einzelnen Thüringer Vaterländern vom Abgeordneten Hof- mann- Saalfeld auf der nächsten Konferenz eingehend behandeln zu lassen. Ueber Grund- oder Vermögens st euer referierte W- geordneter V e t t c r l c i n- Gera. Er stellte sich auf den Stand- Punkt, daß eine Klärung darüber, ob die Aushebung der Grund- steuer unter allen Umständen zu erstreben sei. nicht erreicht sei. Jedenfalls dürfe einer Aufhebung der Grundsteuer ohne Ersatz nicht zugestimmt werden. In der sich daran schließenden Aussprache stellte sich heraus, daß man sich in zwei Staaten gegen die Aus- Hebung der Grundsteuer erklärt habe, während unsere Genossen in den übrigen Ländern für eine Aufhebung eingetreten sind, da die Steuer nicht den tatsächlichen Besitz, sonder» den bewirtschafteten, oft stark verschuldeten nur nominellen Besitz belaste. Schließlich einigte man sich dahin, daß für die Aushebung der Grundsteuer zu stimmen sei, sofern der Einnahmeausfall durch Steuern, die nur die besitzende Klasse belasten, gedeckt wird. Der weiter zur Beratung vorpesthene Punkt: Nebernahms der Kammergüter in Staatsregie, soll in Verbindung mit der Domänenfrage aus der im Jahre 1911 in Gera   stattfindenden Konferenz behandelt werdeip Der Zeitpunkt der Einberufung, mög- lichst in den Sommermonaten, wurde den beiden Sekrnäven Zaudert und Leber überlassen. Ein eigenes Heim hat die Remsckieider Arbeiterschaft erworben. Die Volks- hauSgeuossenschaft hat das HotelReichshos", Bisinarckstraße SS 61, eine Minute vom Hauptbahnhof entfernt, für den Preis von 250 000 Mark angekauft. Die EiiiweihmigSseier fand am Silvester- abend statt. Der Reichstagskandidat des Kreises, Redakteur Wilh. D i t t in a n n aus Solingen   hielt im Laufe deS Abends eine mit Begeisterung aufgenommene Ansprache. Soziales. Abderiten in Guben  . DaS Gubener   Stadtparlament sucht den Sieg unserer Ge» nassen durch eine ebenso horrible wie lächerliche Entscheidung zu korrigieren. Von den neu gewählten vier Genossen wurde nur das Mandat deS Genossen Schüler für gültig erklärt, der in einer Ersatzwahl mit 1568 Stimmen über den bürgerlichen Gegen- kandidaten siegte, der 1402 Stimmen erhalten hatte. Hingegen er- klärte die Stadtverordnetenversammlung die Wahl unserer Ge- nassen Hänchen, Galke und Thiele aus folgender jeder vernünftigen Gesetzesauslegung geradezu ins Gesicht schlagenden Begründung für ungültig. Di« am 24. November vollzogene Hauptwahl führte zu keinem definitiven Resultat. Es wurde zwischen den vier bürgerlichen und den vier sozialdemokratischen Kandidaten eine Stichwahl erforderlich. Sie wurde vom Wahlvorstand auf den 11. Dezember anberaumt. Bei dieser wurde«in Bürgerlicher mit 1925 und unsere drei Genossen mit 1793, 1736 und 1727 Stimmen gewählt. Am letzten Tage des abgeschlossenen Jahres erklärte nun die Stadtverordnetenversammlung diese vier Mandate für>m» gültig, weil dem Gesetz(Z 26 der Städtcordnung) entsprechend die Ausschreibung zur Stichwahl nicht vom Magistrat, sondern vom Wahlvorstand erfolgt war! Der Stadtrat Zabel erklärte, er habe in der Bekanntmachung des Wahlvorstandes die UnterschriftWahl- vorstand" durchMagistrat" ersetzt, versehentlich sei jedoch die mit Wahlvorstand" unterschriebene Bekanntmachung veröffentlicht. Er halte diesen Irrtum für keinen wesentlichen, die Gültigkeit der Wahl tangierenden. Die Mehrheit der Stadtverordnetenvcrsamm- lung meinte jedoch: Da Gruppenwahl stattgefunden habe, so set Z 26 der Städteordnung durch 8 11 des Zuständigkeitsgesetzes außer Kraft gesetzt. Es hätte der Magistrat, nicht der Wahlvorstand, die Stichwahl anordnen müssen. Das sei ein wesentlicher Formfehler, wie Senatsentscheidungen wiederholt anerkannt hätten. Soviel Behauptungen die Mehrheit aussprach, soviel geradezu lächerliche Irrtümer!§ 11 des Zuständigkeitsgesctzes hat auch nicht das geringste mit 8 26 der Städteordnung zu tun. Gemeint scheint die Mehrheit nicht daS Zuständigkeitsgesetz, sondern die Novelle von 1990 zu haben, die die Abstimmung nach Gruppen in den einzelnen Wahlbezirken zuläßt. Allerdings ist die Ansicht aufgetaucht, daß diese Novelle den 8 26 der Städteordnung insofern geändert habe, als der Magistrat an Stelle des Wahlvorstandes treten dürfe. Diese Ansicht ist aber lediglich mit Rücksicht auf den Wunsch in die Er- scheinung getreten, die durchgefallene Blockfreisinnsgröße Dr. Mugdan   in die Stichwahl zu bringen. Der Berliner Magistrat war es bekanntlich im Verein mit dem Berliner   Kommunalfreisinn, der diesen Gallimathias vertrat und auf Grund desselben die un- gältige Wahl Mugdans für gültig erklärte. Das Oberverwaltungs- gericht hat eine solche Auslegung des 8 26 der Städteordnung für jeglicher verständiger Auffassung des Gesetzes widersprechend er- klärt und demgemäß Mugdans Wahl kassiert, weil bei dieser, ent- gegen dem 8 26 der Städteordnung, der Magistrat sich an Stelle des Wahlvorstandes setzte. Und da kommen nun Gubener Stadtverord- nete und behaupten: Senate hätten gerade umgekehrt entschieden! Abdera ist von Guben   übertroffen. Hoffentlich lassen unsere Genossen sich die Mühe nicht vre- d riehen  , Gubens Magistrat und Stadtverordnete eine Lektion über den Sinn des 8 26 der Städteordnung durch die Berwaltungs- gerichte erteilen zu lassen._ Krankengeld und Walderholungsstiitten. Nach den Bestimmungen des 8 18 des Jnvalidenversicheruugs- Gesetzes ist den Angehörigen eines Versicherten, bei dem das Heil- verfahren durchgeführt wird und der zu diesem Zweck in einem Krankenhaus untergebracht ist, die sogenannt« Angehörigenunter- stützung zu bezahlen, die in der Regel die Hälfte des Krankengeldes beträgt. Ein gesetzlicher Anspruch auf das Heilverfahren bestcht nicht, hat eine Versicherungsanstalt das Heilverfahren übernommtn» so besteht ein gesetzlicher Anspruch auf die Angehörigeurente. Seit einiger Zeit nehmen die Versicherungsanstalt-en zur Durch- führung des Heilverfahrens auch die Walderholungsstiitten in An- spruch uno glauben, dadurch die Tlngehörigenuntcrstützung er- sparen zu können, weil Walderholnngsstätten keine Krankenhäuser sind, die Angehörigenunterstützung aber nur dann gewährt werden muß, wenn der Versicherte in einem Krankenhaus verpflegt wird. Die Versicherungsanstalten berufen sich dabei auf eine Entscheidung des ReichsversichcrungSamtes vom 30. Sepien, der 1905(A. 1906, S. 460), in der festgelegt ist, daß Walderholungsstätten nicht alz Krankenhäuser zu betrachten sind. Der Entscheidung des ReichsversicherungsamteS lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eins Versicherungsanstalt hatte für ein erkranktes OrtZkrankenkassen- Mitglied vor Ablauf der 26. Woche das Heilverfahren übernommen und das Mitglied in eine Waldcrholungsstättc eingewic ken, die nur Tagesbetrieb hatte. Die Versicherte, eine Arbeiterin, vqxlangte für die Dauer des Aufenthaltes in der Walderholungsstätte das ihr auf Grund des Statuts der Ortskrantenkasse zustehende Kranken» geld von der Versicherungsanstalt, weil diese das Heilversahren übernommen hatte und auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen die Ansprüche des Kassenmitgliedes auf die Versicherungsanstalt übergehen. Die Versicherungsanstalt verweigerte das Krankengeld. obwohl sie es von der Krankenkasse   erhalten hat, weil die Wald» erholungsstätt« als Krankenanstalt im Sinne des Krankenversiche» rungsgesctzes zu betrachten sei. Der Beschwerde der Arbeiterin gast das Reichsversicherungsamt statt. Aus den Gründen ist zu ent- nehmen, daß Versicherte nur dann keinen Anspruch auf Kranken» geld haben, wenn sie in einem Krankenhaus behandelt tverden. Unter einemKrankenhaus" ist ein zu Heilzwecke» dienender Ort zu verstehen, in dem nicht nur die geeigneten Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gesundheit getroffen werde,., sondern zu- gleich für die gesamten persönlichen Lebensbedürfnisse des Kranken gesorgt ist. Krankenhauspflege und Kur umfassen daher die Gewäh- rung ärztlicher Behandlung, Arznei, Kost und Unterkunst und,