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5. 27. mm i. Ktilllge des Dmiirts" Kerliller PslksdlM 7?«-»» Stadtverordneten»verlammlung. !. Sitzung vom Donnerstag, den 6. Januar 1910 nachmittags 5 Uhr. In der heutigen ersten Sitzung des Kalenderjahres hat sich die Versammlung neu zu konstituieren. Zuvor erfolgt die E i n f ü h r u n g der im November v. I. wieder- bezw. neu gewählten Mitglieder. Der Vorsteher Viichelet eröffnet die Sitzung nach 5l/a Uhr und cutbietet der Versammlung einen Neujahrsgrust. Darauf'veranlaßt er zunächst den Eintritt der Neu- oder Wiedergewählten, die vom Oberbürgermeister K i r s ch n e r mit einer Ansprache begrüßt und iodann auf die Städteordnung verpflichtet werden. Von insgesamt 49 Eingeführten sind 41 wiedergewählt, darunter die sozial demokratischen Sladtvv. Borgmann, Bruns, Dupont Ewald. Ritter, Schneider, Singer, Stadthage n 8 sind neue Mitglieder der Versammlung, darunter die sozialdemokratischen Stadtverordneten Zigarrenhändler Börner Nechtsanwalt Dr. Oskar Cohn, Restaurateur K e r f i n Maurer Metzle, Rechtsanwalt Dr Kurt R o s e n s e l d, Zeitungs spediteur Zucht. Zu den Neugewählten gehören ferner der Rats Maurermeister Bäsell und der Töpfermeister Hildebrand. Unter den wiedergewählten bürgerlichen Stadtverordneten befinden sich u. a. die Sozial-Fortschrittler Marggraff, Dr. Nathan, Dr. Prcufr Dr. Friedemann. In seiner Ansprache verweist der Oberbürgermeister auf die bedeutungsvollen Aufgaben, die für das Gemeinwesen in den nächsten sechs Jahren zu lösen sein werden, vor allem auf die Organisation von Groß-Berlin, ohne deren Schaffunc die gedeihliche Entwickelung der Verwaltung auf allen Gebieten äußerst erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht werde(Zustimmung), ohne welche nicht nur die wirtschaftliche Entwickelung der beteiligten Gemeindewesen leide, sondern auch die Selbstverwaltung bedroht sei. Nachdem die Regierung den früher von ihr selbst gewiesenen Weg für ungangbar erklärt habe, dürfe man von ihr erwarten, daß sie einen gangbaren Weg zeige, um ein gedeihliches Ziel zu erreichen. Ebenso bedeutungsvoll sei die Aufgabe der dauernden Rege- lung der Berlehrsverhältnisse, die hoffentlich in einer Weise erfolgen werde, daß die Stadtgemeinde den Einfluß auf die VerlehrSverhältniffe neu erwerbe, ohne den eine zielbewußte Verwaltung unmöglich sei.(Erneute Zu slimmung.) Daneben gehe die Arbeit an der Ausgestaltung des Volks schulwesens und des Schulwesens im allgemeinen, an der EntWicke- lang der Krankenpflege, an der Förderung aller Hilfsbedürftigen; auch die weitere Entwickelung der Erwerbsverhälwisse, die immer zahlreicher und wichtiger herantretenden Aufgaben auf sozialem Gebiete und nicht zuletzt die Ausgestaltung des Städtebildes stelle die Stadt vor neue bedeutsame Probleme. Mögen sie gelöst werden im Geiste der Städteordnung, der nicht auf das Trennende, auf Konfession, Partei, Stand und Berus   blicke, sondern auf das Verbindende, der den Blick über den Bezirk hinweg auf das Ganze, über die Gegenwart hinweg auch in die Zukunft richte.  (Beifall.) Die Eingeführten werden hierauf auch vom Vorsteher Michelet   warm begrüßt und nehmen sodann ihre Plätze ein. Hierauf schreitet die Versammlung zur Wahl des Vorstehers. Den Vorsitz übernimmt der bisherige Stellvertreter Cassel. Stadtv. Bracke(N. L.) spricht als Alterspräsident im Namen der Versammlung dem bisherigen Bureau, den Vorstehern Michelet   und Cassel und den Beisitzern Gericke, Frick und Liebenow für die um- fichtige und gewissenhafte Führung der Geschäfte den besten Dank aus und knüpft den Wunsch an, daß die Genannten noch recht oft wiedergewählt werden mögen. Auf seine Aufforderung- erhebt sich die Versammlung zum Zeichen der Anerkennung von den Plätzen. Der Vorsteher- S t e llv e r t r et er spricht der Versammlung namens des Bureaus den Dank für diese Anerkennung aus. Ein Vorschlag, die Wahl durch Zuruf vorzunehmen, wird nicht gemacht, die Wahl erfolgt also durch Namensaufruf und Abgabe von Stimmzetteln. Der bisherige Vorsteher Michelet   wird mit 12ö gültigen Stimmen einstimmig wiedergewählt.(6 Zettel sind unbeschrieben.) Er nimmt die Wahl mit Dankesworten und mit dem Versprechen kleines feiiilleton. Lucas oder Leonardo?" Unser LondonerKorrespondent schreibt uns: Mr. C o o k s e h, der meinen imVorwärts�-Feuilleton unter obigem Titel abgedruckten Bericht über das Interview mit ihm und mit Lucas in einer englischen Uebersetzung gelesen hat, schreibt mir aus Southampton  , er fei mit der Wiedergabe des Interviews zufrieden, nur seien einige kleine Unrichtigkeiten unterlaufen, die berichtigt werden müßten:Murray Marks kaufte die Büste nicht für einige Mark, sondern für 150 Pfund Sterling (9009 M.) von Sprinks. Ich(Cooksey) habe den Begleiter Dr. Passes nicht von der Tür des Hauses von Lucas jun. zurück gestoßen. Der genannte Begleiter lehnte sich an die Tür, die ich nicht ohne Kraftanwendung zumachen konnte, bis er ging. Beim zweiten Besuche in Southampton   war der Begleiter nicht mehr mit; seine Stelle swien vonMiß NcynoldS* eingenommen zu sein. Whilburn war wohl mir(Cooksey) unbekannt, aber nicht der Lucas- familie. Die Büste wurde in London   repariert, nachdem sie letzten Sommer Southampton   verlassen hatte." Wenn das Kaiser-Friedrich-BiuseuM deutsch   versteht, wird es ja wohl aus dieser Korrespondenz entnehmen können, daß Cooksey von seinen Bemerkungen über den fragwürdigen Herrn, mit demdas Museum sich nach wie vor in engster Verbindung hält'(wie es der Voss. Ztg.' schrieb) nichts zurückgenommen hat. ES wird Zeit, daß Herr Bode seinen Gewährsmann. oer von einem unbescholtenen englischen Bürger für einen Schwindler und Hochstapler erklärt wird, in anderer Weise rechtfertige oder sich rechtfertigen lasse als durch ein unverbindliches Verlrauensvotum. Herr Bode möge 1ich auch nicht länger hinter dem billigen Vorwand verkriechen, daß der Vorwärts' den oder die Namen des Herrn X nicht genannt hat. Wir lassen uns durch Herrn Bode keine Vorschriften machen. Für heute wollen wir dem Kaiser- Friedrich- Museum einige Fragen vorlegen, deren Beantwortung ihm die Rücksichten auf seineu Gewährsmann, Dolmetscher oder Einkäufer, hoffentlich nicht der- bieten. 1. Ist dem Kaiser-Friedrich-Museum bekannt, daß die ge- samte Lokalpresse von Southampton  , als Herr Poffe mit Herrn X dahin kam, gleichlautend meldete, daß der deutsche Botschafter mit Dr. Posse in Southampton   eingetroffen sei? 2. Will das Kaiser- Friedrich-Museum darüber Auskunft geben, wieviel und wofür in Southampton   Geld ausgegeben wurde? Das sittliche München  . Der Lebewelt, die nach hergebrachtem Brauch auf den Münchener   Faschingsredouten und Bal Paros zu liebeln und zu schnäbeln pflegt, hat die auf höheren Zentrumswink sittlich scharf gemachte Polizei ein hübsches Neujahrsgefchenk ge- macht. Sie hat nämlich eine im greulichsten Polizeideutsch verfaßte Verfügung erlassen, wonach bei Redouten die gefährlichen Orte, in denen sich Bacchus und Venns bisher zu umarmen pflegten, nam- lich die Separees, kleinen Wcinsalons und ähnliche abgeschlossene Räume in Zukunft dem Späherauge der öffentlichen Sittlichkeit ungehindert zugänglich zu niachen sind. Sie dürfen keine Vorhänge mehr haben, müssen hell beleuchtet sein,die lichte Weite des Eingangs muß sich mit der Breite des Abteils decken"; die Rück- an: wie bisher bestrebt sein zu wollen, die Geschäfte unparteiisch und gewissenhaft zu leiten.(Beifall.) Es folgt die Wahl des Borsteher-StellvertreterS. Stadtv. Borgmnnn(Soz.) schlägt für diesen Posten den Kollegen Singer, Stadtv. M o m m s e n(Fr. Fr.) dagegen den bisherigen Stellvertreter(Cassel) vor. Auf Cassel fallen 80. auf Singer 46 Stimmen; Cassel ist wiedergewählt und nimmt die Wahl dankend an. Hierauf wird die Wahl von drei Beisitzern vorgenommen. Die Wahl erfolgt in einem Wahlgange. Stadtv. Singer schlägt als einen der Beisitzer den Kollegen mann vor. Gewählt werden Gericke(Fr. Fr.), Frick(N. L.) und Liebenow(A. L.) mit 87, 80, 80 Stimmen; Borgmann erhält 43 Stimmen. Zu Beisitzer-Stellvertretern werden die bisherigen In haber dieser Posten, die Stadtvv. Bracke(N. L.), Alt(A. L.) Albert Schulze(A. L.) wiedergewählt; der von Singer vorgeschlagene Stadtv. Borgmann bleibt in der Minderheit. Der Vorstand ist hiermit konstituiert. Der Vorsteher bringt ein Dankschreiben des Kaisers als Antwort auf die Neujahrs grattilation der Versammlung zur Verlesung und bringt im An schlnß daran ein dreifaches Hoch auf den Kaiser aus. Die sozial demokratischen Mitglieder bleiben sitzen und stimmen in das Hoch nicht ein. Das Andenken des in diesen Tagen verstorbenen früheren Mit gliedes Drechslermeister Törmer wird in üblicher Weise geehrt. Die in Sachen der Anfechtung des Mandats des ausgeschiedenen Stadtv. Dr. M u g d a n ergangenen verwaltungsgerichtlichen Er� kenntniffe sollen gedruckt werden. Die Verlosung der Mitglieder in die fünf Abteilungen wird dem Bureau übertragen. Die ordentlichen Sitzungen der Versammlung finden auch im Jahre 1910 an den Donnerstagen von 6 Uhr ab statt Die Vorbereitung der Neuwahl der ständigen Aus s ch ü s s e, der Abordnung der Mitglieder in die Deputationen und Kuratorien und der Zuteilung der Stadtbezirke an die Mitglieder behufs der Ausführung von Recherchen wird einem besonderen Aus schusse von 15 Mitgliedern übertragen. DieHeilsarmee  " beabsichtigt in Berlin   ein Männerheim für Gesunkene Arbeits- und Obdachlose zu errichten und hat sich um Zu- Weisung eines Grundstücks oder um Gewährung einer finanziellen Beihilfe an den Oberpräsideuten gewandt. Dieser hat die Eingabe an den Magistrat zur Prüfung weitergegeben: ob nicht Berlin  ebenso wie Hamburg   und andere Großstädte sich zu einer Unter stützung des Unternehmens bereit finden lasten möchte.Auf Grund der von diesen Kommunen eingezogenen günstigen Auskünfte' be antragt der Magistrat, dem Hauptquartier der Heilsarmee zu Berlin  zunächst für 1910 eine Beihilfe von 3000 Mark zur Be. gründung eines derartigen Asyls zu gewähren. Stadw. Nelke(A. L.) beantragt Ausschußberatung. ES handle sich nicht um die 3000 M., sondern um die Konsequenzen auS einer Zuwendung an die Heilsarmee. Man wünsche noch nähere Aufklärung, vor allem über die Organisation der Heils- armee. Stadtv. Hoffmann(Soz.): Ein kurioses Weihnachtspräsent hat uns der Magistrat da unter den Weihnachtsbaum gelegt, allerdings nicht vom Magistrat ausgesucht, sondern vom Großpapa Oberpräsident.(Heiterkeit.) Was wird bei der Zuwendung heraus- kommen? ES wird vielleicht auf nichts anderes herauskommen als aus Socken ohne Fußende, die man höchstens als Pulswärmer ver- wenden kann.(Heiterkeit.) Es handelt sich nicht um die 3000 M., sondern um Unterstützung einer Gesellschaft Kvie die Heilsarmee  , es handelt sich darum, welches Relief wir dieser Gesellschaft durch eine städtische Subvention geben. Der Magistrat, besonders der Kämmerer hat wohl das Präsent init gemischten Gefühlen uns vorgelegt, mir scheint, es ist nichts weiter als eine Verbeugung vor dem Oberpräsidenten. (Heiterkeit.) Wenn auf andere Städte und ihre guten Erfahrun- gen exemplifiziert wird, so stimmt das nicht ganz übcrcin mit dem, was aus den betr. Gründungen berichtet worden ist. Me jene Städte, London   einbegriffen, haben weder städtische Asyle noch Asyle wie unser Vereinsasyl. Da dort keine städtischen Obdache wände, Box genannt, dürfen nicht höher wie 1,40 Meter sein. Was sollen aber die armen Liebespörchen in solch hell erleuchteten cbsmbrss söparöes, deren lichte Weite so breit ist wie das ganze Abteil, über deren Rückwand jeder Münchener gucken kann, der höher ist wie 1,40 Meter, noch anfangen? Wird aber doch ein sehr lustiger Fasching werden, da alle Liebeleien und unehelichen Sentiments, die ja auch die schärfste Polizei nicht verbieten kann, sich im Lichte hellster Oeffentlickikeit abspielen werden. Also auf zum Fasching nach München  . Vielleicht erwischen wir den Abgeordneten Filser mit einer kanonischen Köchin auf dem Schoß hinter einer Box I Bom unsterblichen Embryo. Aus Paris   schreibt man unS: Chantesler", das famose zoologische Drama, womit Edmond R o st a ir d zur Erheiterung Frankreichs   seit einigen Jahren schwanger geht, ist knapp vor der Entbindung, die am 15. Januar endlich in, Theater der Porte Saint Marlin vonstatten gehen soll, einer neuen Reklame teilhaftig geworden. Der MailänderSecolo" hat nüm- lich eine Inhaltsangabe und einige Strophen des wie ein Staats- geheimnis gehüteten Theaterstückes veröffentlicht und zwei Pariser   Blätter,Eclair" undParis- Journal", hatten die Verrücktheit, daS entschleierte Bild in schnödem Nachdruck auch dem französischen   Publikum zu präsentieren. Der Verlag der Illustration" aber, der das Veröffentlichungsrecht vom Dichter um teures Geld erworben hat, ließ in den Kiosken von ganz Paris   die genannten Zeitungen von der Polizei konfiszieren und erhebt Klage. Die Indiskretion ist, wie es heißt, das Werl   eine? entlassenen Schauspielers und auch ein Deutscher soll dabei die Hand im Spiele haben, der schon vor einiger Zeit einem englischen Blatte solche Auszüge ausChantesler" an- geboten hat. Wie man sieht, handelt es sich förmlich um eine internationale Verschwörung. Dnber sind auch Polizei und Untersuchungsgericht in einer fieberhaften Tätigkeit, um die Uebel- täter zu entdecken, und die Pariser   Raubmörder genießen einstweilen erhöhte Sicherheit. Die ganze Familie Rostand   aber ist schrecklich aufgeregt. Denn Rostand junior hat die jetzt vorzeitig ge- druckten Strophen sogar noch vorher in einem Kabarett auf Montmartre   vortragen hören. Es wird nichts übrig bleiben, als den vorlauten Minien der Sicherheit wegen hinzurichten. Die Familie Rostand   versichert auch einstimmig,Chantesler" sei in der unerlaubten Veröffentlichung barbarisch entstellt und in Wirklich- keit unvergleichlich schöner. Man soll also die drei Zeitungen strafen, weil sie sich erstens des unerlaubten Abdrucks des epochalen Werkes 'chuldig gemacht haben und zweitens, weil das, was sie gedruckt haben, gär nicht das epochale Werk ist. Ein dritter Ncandertalincusch. Nachdem daS Jahr 1908 unsere Kenntnis von den ältesten Diluvialbewohnern Europas   durch die Funde der beiden Skeletirefte und Schädel von Mouftier und Chapelle-aux-Saiuts auf das glücklichste bereichert hat, kommt. wiederum aus Südfraukreich, die Kunde von der Entdeckung eines neuen Urmenschen, dessen Skelett, fast vollständig und mit größter Sorgfalt geborgen, ein Dokument ersten Ranges zu werden ver- pricht. Es stammt ans Ferrassie, uiuveit Bugne in der Dordogne  , wo cS unter einem ehemals als Höhlenwohnung dienenden Fels- dach lagerte. Hier befand eS sich, umgeben von zahlreichen Tier- vorhanden sind, mag es ja eine Gcwissensberuhigung sein, daß man sich durch eine Gabe an die Heilsarmee der sozialen Ver- pflichtung entledigt. Wir haben ein städtisches Obdach; es mag Fehler haben, aber es kann ausgebaut werden. Wir haben ein Vereinsashl, für dos sich Männer aller Stände interessieren. Aus Mainz   wird uns das Gegenteil von dem berichtet, was in der Vorlage steht. Da wird direkt davor gewarnt, sich bezüglich der Obdachlosenversorgung mit der Heilsarmee einzulassen! Die dortige Heilsarmee läßt sich die Quote von der Stadt zahlen, spannt dann aber die Leute.von morgens bis abends ins Arbeitsjoch(Hört! hört!) und gibt ihnen wöchentlich 59190 Pfennig Lohn! Das ist nackte Ausbeutung der Armen! Die Behandlung unter- scheidet sich nicht von der im Zuchthaus; Offiziere und Beamte schnauzen die Leute an, als ob sie Verbrecher wären. Die Sen- düngen mitleidiger Meirschen an Schuhen, Kleidern usw. werden einfach an den Althändler verkauft, wie ja überhaupt die ganze Einrichtung aui Geldmachen hinausläuft. Das Geld aber Wandert nach London   in die Kasse desGenerals", der keine Rechen- schaft schuldig ist!(Zuruf:Woher stammen die Berichte?") Aus dem Mainzer sozialdemokratischen Blatt(Rufe:Aha!) und aus den übrigen Mainzer   Blättern. Ich werde Ihnen übrigens auch noch andere Beweise bringen, ich habe sämtliche Organisations- und Agitationsbücher der Heilsarmee hier.(Große Heiterkeit.) Wir brauchen dringend ein Obdach für Groß-Berlin. wir brauchen den Umbau unseres Asyls in der Fröbelstraße. Glaubt der Magistrat, es ist ein größeres Opfer notwendig, so muß diel K o m m u n e eintreten. Die 3000 M. aber geben Sie lieber dem Oberinspektor i« Obdach; der wird dadurch in die Lage kommen, viele Tränen zu trocknen und manchem auf die Beine zu helfen; geben Sie sie eventuell dem Vereinsashl oder dem Komitee für Jugendliche. Unbedingt muß es uns zur Heiterkeit stimmen, wenn der Magistrat sagt, es sei die Zusage gegeben, daß bei der Aufnahme in das projektierte Berliner   Heim Unterschiede des Religions» bekenntnisses nicht gemacht werden und daß eine Agitation für Zwecke der Heilsarmee ausgeschlossen ist. Lebt denn der Magistrat auf dem Mond?(Stürmische Heiterkeit.) Kennt er die Heils- armee so wenig, daß er solche Behauptungen und Versicherungen im Ernst glauben, sie als wahr hinnehmen kann? Die Ziele der Heilsarmee   gehen ja ganz aus in religiösem Allotria; einer solchen Gesellschaft zuzumuten, daß sie keine religiöse Agitation treibe da will ich Ihnen ein Lied aus ihrem Liederbuch zum Besten geben.(Zahlreiche Zurufe:Singen!" und große Heiterkeit.) Das würde ja vielleicht noch wirkungsvoller sein, aber ich habe als gewissenhafter Sozialdemokrat meine Stimme bei der letzten Wahl abgegeben.(Stürmische Heiterkeit.) Das Lied beginnt: Wir ziehen hin nach Kanaan  , Was zieh'n wir da für Kleider an? Ja, jal(Heiterkeit.) Weiße Kleider, goldne Schuhe, Ja. ja, ja, ja!(Erneute Heiterkeit.) Auf alle Melodien werden diese Lieder gesungen, vonHeil Dir im Siegerkranz  " bis:Wir woll u nach Pankow   zehn".( Stür» mische Heiterkeit.) Wer diese Gesellschaft jemals näher beobachtet und betrachtet hat, wird zugeben müssen, daß es unmöglich ist, daß die Stadt Berlin   zu ihr jemals in nähere Beziehungen tritt. Pflege des religiösen Fanatismus, Erziehung zum religiösen Wahnsinn in Reinkultur dazu darf Berlin   auch nicht 5 Pf. beitragen, weil es damit der Gesellschaft ein besonderes Ansehen gäbe. Schon heute rückt jeder Gebildete mit Scham von der Heils- armee ab. In erster Linie möchte ich bitten, daß der Oberbürger- meister oder der Kämmerer sich einmal in diese Vorträge hinein- begäbe, vielleicht auf der Bußbank Platz nimmt.(Große Heiter- keit.) Ein Bericht derFrankfurter Zeitung  " über die Vorhand» lungen des Trade-Unions-Kongresses von 1907 ergibt, daß das Parlamentsmitglied O'Grady nachwies, daß bei der Heilsarmee  das Truck- und Schwitzsystem im Schwange ist. Die Tischler- arbeiten aus den Werkstätten der Heilsarmee   würden zu Schund- preisen vertrieben, die Löhne betrügen in manchen Fällen nur Vs der Londoner   Löhne für Tischlergesellen. Auch in London   wird nach derselben Quelle aus der Wohltätigkeit ein Geschäft gemacht, indem man den Arbeitern noch Abzüge für Kleidung, Stiefel usw. macht, obwohl diese vielfach Gaben von mitleidigen Spendern sind! Nicht nur die Arbeiter, sondern auch besonders gebeinen, ganz in ungestörter Lage, völlig erhalten bis auf die Knochen des rechte» Fußes und der rechten Hand, die vermutlich schon von einem Tiere verschleppt sind, bevor die Bedeckung des Leichnams erfolgt war. Es handelte sich auch hier, wie in den beiden oben genannten Fällen, um ein förmliches Begräbnis, wie sich aus der sorgfältigen Lagerung ergibt. Jedoch war kein Grab angelegt, sondern die Leiche wurde im Schutze des Felsdaches niedergelegt und dann wahrscheinlich mit Erde und anderem Material überschüttet. Kllcheniiberreste und andere Abfälle bildeten in der auch weiterhin bewohnten Grotte eine regelmäßige Schicht von mehr als 3 Meter Dicke, die das Skelett bis auf unsere Zeit geschützt hat. Zahlreiche Steinlverkzeuge aus den Perioden des Aurignacien, Moustörien und Acheulsen lassen eine Zeitbestimmung zu; das Skelett lag auf dem Grunde der Moustörienschicht._ Notizen. Kunstchronik. Im S a l o n Schulte ist zurzeit eine ehr umfassende Ausstellung von Werner Anton Grafss zu sehen, die einen sehr gute» Begriff von diesem vielbeschäftigten uud tüchtigen deutschen Porträtisten des 18. Jahrhunderts gibt. Cooks Papiere im Kriminal museum? Die Kopenhagener Professoren wollen die Cookschen Papiere weder in der Universität noch in der königl. Bibliothek aufbewahren, sondern wollen sie(wenn daS englische SensationsblattDaily Mail" recht hat) der Polizei übergeben, damit diese sie im kriminalistischen Museum unterbringe. Der Beschluß wäre ja verständlich, aber haben die gelehrten Herren amb die Konsequenzen bedacht? Ge- hören nicht die Papiere des verfloffenen dänischen Ministers, der ein viel größerer Betrüger als Cook war und vieler anderer großer Diebe und Schwindler, die niemand entlarvt, auch dahin? Die bürgerliche Gesellschaft kann ohne Schwindel und Gaunerei nicht leben, es muß nur honett und im großen getrieben werden, und man darf sich dabei nicht fassen lassen. Radiumgewinnung in Oesterreich  . Aus Joachimsthal   wurde nach derWiener N. Fr. Presse" vor kurzem ein Gramm Radium an die Wiener   staatliche Berkehrsstelle gesandt. Mit dem Verkauf konnte indes erst nach längeren Versuchen über die beste Verpackung smethode begonnen werden. Ein Milligramm(ein Tausendstel Gramm) kostet 325 M. In Joachimsthal  , wo inzwischen wieder ein neues Gramm hergestellt ist, werden auch noch andere radioaktive Produkte gewonnen, wie Polonium und Aktinium, deren Strahlungsvermögen rn einer Richtung stärker ist als Radium. Eine Bronzebüste eines alten Germanen ist in Ungarn   aufgetaucht. Wie die neue ZeitschriftMannuS" berichtet, befindet sich die Büste in einer Privatsammlimg in Komorn und tellt einen bärtigen Mann mit länglichem Gesicht dar und läßt die Brustpartie und die beiden Schultern aus einem breiten Blattkelch emporwachsen. Sie zeigt die charakteristische Haartracht der Ger- manen: hinten kurz geschnitten, vorn lang gewachsen, nach der rechten Seite hinübergelämmt und über der Schläfe zu einem dicken. wulstigen Knoten geschlungen. Die Aehnlichkeit des Kopfes mit den Germancndarstellungen am Tropaion von Adamklissi macht eine Datierung der Büste ins erste Jahrhundert n. Chr. wahrscheinlich.