die Polizei herzufallen und Stimmung gegen sie zu machen.Leisten diese Leute damit der Allgemeinheit einen Dienst? Keines-Wegs, denn dadurch, daß sie das Publikum der Polizei entfremden,verhindern sie ein gedeihliches Zusammenwirken, was nament-lich bei Kapitalverbrechen von größter Bedeutung ist. DieKriminalpolizei kann nun einmal nicht hexen, und deswegen istsie, hauptsächlich in den Großstädten, auf die Mitwirkung desPublikums angewiesen."Man merkt die Absicht und wird darob durchaus nicht der-stimmt. An der„Entfremdung" ist nur die Polizei selbst schuld.Seit Jahr und Tag hat sie auch in Berlin die Wühlarbeit derReaktion besorgt und redlich dazu beigetragen, daß auch in bürger-lichen Kreisen eine tiefe Mißstimmung gegen sie Platz griff. Mankönnte einwenden: Was gehen die Fehler der politischen Polizei dieder Oeffentlichkeit dienenden Kriminalpolizei an? Aber die Kriminal-Polizei ist ein dürrer Ast am faulen Baum. Und da« Publikum,das von der rechten Hand des Polizeiorganismus mit der denk-barsten Rücksichtslosigkeit angepackt wird, fühlt kein Verlangen, sichvon der linken Hand gelegentlich streicheln zu lassen. So schlägt sichdie Polizei nur mit ihren eigenen Waffen.Im Interesse der öffentlichen Sicherheit ist das gewiß bedauer-lich. Eine erhöhte Beteiligung der Allgemeinheit an der Aufdeckungvon Kapitalverbrechen halten auch wir für wünschenswert. EinePolizei, die das Volk ohne begründeten Anlaß, nicht selten erst durchdie Beihilfe der Lockspitzelei. mit ihren Säbeln blutig schlägt undjede freiere politische oder auch unpolitische Regung, sobald mirorganisierte Arbeiter dabei im Spiele sind, mit aller ihr zu Gebotestehenden reichen Macht zur unterdrücken sucht, darf nicht erwarten,daß dieses selbe Volk ihm die.Pflichterfüllung leichter macht. Weißdoch niemand, ob er sich nicht auch mit der uneigennützigsten Mit-Hilfe in die Polizeinesseln setzt und alles andere eher als Dankerntet. Vieles, was Herr Wehn sonst schreibt, ist gewiß beachten?-wert. Die Manier, bei Kapitalverbrechen die Polizei absichtlich irre-zuführen und aus Rachsucht ganz Unschuldige anonym zu verdächtigen,verurteilen auch wir auf das schärfste. Wie kommt eS dem: aber, daß manin anderen Ländern, beispielsweise in England, auf solche anonymen An-zeigen überhaupt nicht eingeht und trotzdem größere Erfolge erzielt?Das liegt am preußischen BureaukratiSmus, der auS jedem Papier-wisch eine Staatsaktion macht und daneben da? Wichtigere aus demAuge läßt. Sehr richtig meint Kommiffar Vorberg, daß unserePolizei unter dem Wust von Kleinarbeit erstickt. DaS heißt— Klein-arbeit, die die Polizei sich erst selbst schafft. Sie könnte da. wo eSihre Aufgabe ist, bedeutend mehr leisten, wenn sie nicht die freiheit-atmende Politik in jeder Weise schikanieren und knebeln wollte.Mit Bedauern nimmt der Kriminalinspektor Wehn am Schlußseines Aussatzes davon Notiz, daß das Publikum so oft gegenPolizeibeamte, die auf öffentlicher Straße Verhaftungen vornehmen,Partei ergreift und ihnen den ohnehin nicht leichten Dienst erschwert.Diese Parteinahme erklärt sich auch aus dem Vorhergesagten. Siewird nicht aufhören, so lange sich die Kriminalbeamten mit derBrowningpistole in der Tasche als Herren der Straße betrachtenund sich berechtigt glauben, von ihrem Schießeisen alle Augenblickeeinen Gebrauch zu machen, der eine Gefährdung der öffentlichenSicherheit durch Polizeibeamte bedeutet.Nicht zu vergessen ist die Stellung der Polizei zur Presse.Was die Polizei dem Publikum durch die Presse mitzuteilen hat,läßt sie erst verhökern und zwar gegen Geld. Das ist der schlimmsteMißstand, der bei der Kriminalpolizei besteht. Zwar wird erklärt.eS stehe der Presse frei, sich durch Vertreter auf dem AlexanderplatzInformationen holen zu lasten, allein, wer die VerhSltniffe nureinigermaßen kennt, weiß, in welcher Art diese Geschäfte abgewickeltwerden. Zudem braucht die Kriminalpolizei die Preffe und nichtdie Preffe die Kriminalpolizei und deshalb ist«S Pflicht der Kriminal«Polizei, bei Inanspruchnahme der Presse dieser selbst auf direklemWege die Mitteilungen zugehen zu lassen. Das sollte eine Selbst-Verständlichkeit sein, wenn die Kriminalpolizei auf die Mitwirkungder Presse bei Kapitalverbrechen rechnet. Es wird die höchste Zeit,daß endlich auf diesem Gebiete eine Reform eintritt, auch auf dieGefahr hin, dag nicht bei jeder x-beliebigen Gelegenheit mit demNamen bestimmter Kommissare Reklame getrieben wird.Die Deputation für die städtischen Krankenanstalten und dieöffentliche Gesundheitspflege genehmigte in ihrer gestrigen Sitzungu. a. die Bauprogramme für ein Wohngrbände für Kranken-schweslern und Wärter in den Krankenhäusern Friedrichshain undUrban und die Herstellung einer FernwarmloaffcrhcizungS- undeiner WasierbereitungSanlage unter Ausnutzung des Abdampfes ausden DynamoantriebSmascknnen im Rudolf-Virchow-Krantenhause.Die Bescdlüsse gehen zur Genehmigung an den Magistrat.Die Fürsorgestelle für Krebskranke und KrebSverdächtlge in derKöniglichen Charite zu Berlin. S-luimanustr. 21, ist im vergangenenJahre so zahlreich besucht worden, daß sich eine Erweiterung dieserEinrichtung als nötig erwiesen hat. Das Publikum, welchem früherder bloße Gedanke an die Krebskrankheit ctivas Schreckliches war,fängt an einzusehen, daß auch dem Krebskranken noch geholfenwerden kann und sein Leiden heilbar ist. wenn es nur rechtzeitiger-kannt wird. So ist es auch in diesem Jahre in noch erhöhtercmMaße als früher der Fürsorgestelle möglich gewesen, eine Anzahlim Anfangsstadium befindlicher Fälle zur Operation zu veranlassenund der Genesung zuzuführen. Im neuen Jahre wird daher nebender am Mo n t a g n a ch m i tt a g von 3— 4 Uhr in der köuigl.Charitö stattfindenden Fürsorgestelle noch eine zweite in derPalisadenstr. 25 eröffnet werden, deren ärztliche SprechstundeDonnerstag von 3—4 Uhr nachmittags ist. Auch dieFürsorgestelle in der Palisadenstr LS wird ebenso wie in der Eharitöder Direktion des Geheimen RegierungSrats Pütter und der ärzt-lichen Leitung des Prof. Dr. Blumenthal unterstehen. Die Unter-suchnng in beiden Fürsorgestellen ist für Unbemitleite unentgeltlich.Eine Behandlung der Kranken. findet dort nicht statt, so daß dieKranken ihrem Arzte verbleiben oder zur Behandlung in eine Spezial-klinik«der Poliklinik gehen.Bon einem Schlaganfall getroffen und gestorben ist der Land.gerichwrat Levinsohn, der der fünften Strafkammer des Land-gerichlS I angehörte.Ein Notschrei auS dem Norden. Uns geht folgende Klage zu:.Die Anwohner der See-, Hennigsdorfer und Ondenarder Straßehaben das zweifelhafte Vergnügen, in ihre» Wohnungen periodischausgeräuchert zu werden. Auf dem Friedhofe der Philippiis-Apostel-Gemeinde wurden bereits im vorigen Monat an zwölf aufeinander-folgenden Wochentagen ununterbrochen Kränze verbrannt, waseinen unbeschreiblichen Qualm verursachte, der bei anhaltend feuchterLuft und westlichen Winden direkt auf der Erdoberfläche zu denanliegenden obengenannten Straßen hinzog. Gestern begann aufdem bezeichneten Friedhofe eine neue Räucherungsperiode und dadie zulländigen Polizeibehörden auf wiederholt eingegangeneBeschwerden keine Abhilfe schafften, Ivendet Schreiber dieses sich andie Oeffentlichkeit, in der Hoffnung, daß diesem gefährlichen Unfug vonhöherer Stelle ein Ende gemacht wird."Hoffen tvir, daß den an sich ganz berechtigten Klagen ab-geholfen wird.Die Bbendbnrg, Chronika eines Goldsuchers. Von Dr. BrunoWille. Mit diesem Roman, für den der Verfasser von einemliterarischen Komitee einen Ehrenpreis von ZOOOVM. erhielt, beginntdie Zeitschrift„In Freien Stunden" den neuen Jahrgang. DerRonian ist bei seinen» Erscheinen lobend besprochen worden. Es istdaher anzunehmen, daß die Leser der„In Freicii Stunden" diesenRoman mit besonderem Jntereffe ausnehmen, und«» wärezu wünschen, wenn recht viele Parteigenossen und GenossinnendaS Streben des Verlags, nur die besten Romane zun, Abdruckzu bringen, unterstützten, indem sie für weiteste Verbreitung derWochenschrift„In Freien Stunden" agitieren.„In Freien Stunden"ist geschaffen worden, um die gemülvergiftende Schundliteratur ausden Wohnungen der Arbeiter zu entfernen. Jeder Arbeiter, der fürdie Verbreitung der Wochenschrift tätig ist, trägt mit bei zur Er-reichung des durchaus erstrebenswerten Zieles.„In Freien Stunden"erscheint wöchentlich und kostet pro Heft 10 Pf. Da Heft 1. in den,der Abdruck des Romans„Die Abendburg" beginnt, soeben zurAusgabe gelangt, ist jetzt der günstigste Termin zum Anfang einesAbonnements. Zu beziehen durch alle Zeitungsausträger, Kolporteure.Speditionen und Buchhandlungen oder direkt vom Verlag: Buch-Handlung Vorwärts, Berlin SW, 63.Zur Berichtigung der Nordöstlichen BaugewerkS-Berufsgeuoffen-schaft in der gestrigen Nummer des„Vorwärts" wird uns von dembeteiligten Dachdecker geschrieben:„1. Es ist doch wahr, daß die obere Balkenlage auf dem Neu-bau Ebersstraße 13 höchst ungenügend abgedeckt resp. auSgestaaktwar; 2. ist wahr, daß der technische Aufsichtsbeamte der NordöstlichenBaugewerks-Berufsgenossenschaft mich die Beschwerdeschrift im Bei-sein des Poliers lesen ließ; 3. ist wahr, daß der Aussichtsbeamtean mich die im„Vorwärts" vom 23. Dezember angegebenen Wortegerichtet hat. Die Richtigkeit dieser Angaben kann durch Zeugenjederzeit bestätigt werden."Flüchtig geworden sind die beiden Buchhalter Max Buchmann.Brunnenstraße, und Alexander Koch, in Spandau wohnhaft. Diebeiden waren seit fast drei Jahren bei dem Baumeister Borchard.Rankestr. 36. angestellt. Wie bis jetzt festgestellt wurde, haben sieetwa 3000 M. an sich genommen.Die Konsumgenossenschaft Berlin und Umgegend hatte in ihren32 Verkaufsstellen, von welchen aber drei erst Anfang resp. EndeDezember eröffnet wurden, im Dezember 409 683,92 M. Umsatzgegen 263 602,12 M. im gleichen Monat deS Vorjahres, daS find144 086,80 mehr. DaS erste Halbjahr 1908, Juli— Dezember, brachtel 130 009,33 M., während im Jahre 1909 im gleichen Zeitrauin1 747 149,94 umgesetzt wurden, also 397 040,30 M. mehr. Um einenBegriff über die Warenmengen zu geben, sei erwähnt, daß z. B. fürüber 15 000 M. Pfefferkuchen, etwa 3000 Gänse und etwa 1300Zentner Zucker sowie über 300 Zentner Butter in dem Dezember-Umsatz mit enthalten sind. Von den Hausanteilen find etwa 236000 M.abgesetzt. Die Mitgliederzahl dürfte 23 000 überschritten haben.Die Agitation deS Ardeiter- Sängerbundes auf Vereinigungkleinerer Gesangvereine zu größeren leistungsfähigen Chören hateinen neuen Erfolg zu verzeichnen, indem sich die Vereine„Lieder-lust I"..Sängervereinigung NV7.' und„Vereinte SangesbrüderMoabit' unter dem Namen.Männerchor Moabit" vereinigt haben.Der Bund bittet uns mitzuteilen, daß die erste UebungSfiunde amFreitag(also heute) bei Kirschkowski, Beuffelstr. S stattfindet, undersucht die noch fernstehenden Sänger Moabits, dem neuen Chor sichanzuschließen.Wegen eines gefährlichen BodendrandeS wurde am Donnerstag-mittag der 12. Löschzug nach der Potsdamer Gtt. 110 alarmiert.Dort war in einem Seitenflügel auf dem Hofe des großen Grund-ftücks auS noch nicht ennittelter Ursache Feuer ausgekommen. AlSdie Feuerwehr dort ankam, brannte hauptsächlich Papier undMakulatur des Berliner Bibliographischen Instituts von JuliuSMoser, bekannt unter dem Namen„Geaverlag". Die Feuerwehrmußte längere Zeit kräftig Wasser geben, um ein weiteres Ausdehnender Flamnrcn zu verhüten. Die AufräumungSarbeiten gestalteten sichsehr zeitraubend, weil die Makulatur vom Boden auf den Hof ge-worfen werden mußte, um einem neuen Ausbruch der Flammen vor-zubeugen. Der Betrieb deS Instituts ist nicht in Mtleidenschaft gezogen worden. Der Schaden ist nicht sehr erheblich und durch Ver-sicherung voll gedeckt.Auf der Trrptow-Sternwarte spricht Dir. Dr. Archenhold amSonntag, den 9. Januar, nachmittags 3 Uhr, über:„Weltunter-gangSstagen vom Erdinnern bis zu den Wellfernen". Abends 7 Uhrüber:„DaS Werden der Welten" und Montagabend 9 Uhr über:„Die Elemente der Astronomie". Mit dem große» Fernrohr wirdin der Dämmerung die VenuS, abends Saturn und der HalleyfcheKomet den Besuchern gezeigt.Fenerwehrnachrichten. In der letzten Nacht kam in einer Küchein der Steinmeystraße 39a Feuer aus. Küchenspinde, Kohlenkasten,Fußboden u. a. brannten dort. Etwas später wurde die Feuerwehrnach einem Umbau in der Fricdrichstraße 79a alarmiert. Dortbrannte aber nur ein Ofen, dessen Schein Straßenpaffanten ver«anlaßt hatten, den nächsten Feuermelder zu ziehen. Gestern frühum 7 Uhr brannten Betten, Wäsche u. a. in einer Wohnung in derHändelstraße 13. I» der Novalisstraße 16 war die Decke des Kellers inBrand geraten. Auf dem Boden des Hauses Leipziger Str. 113/116waren in einer Kammer alle Hausgeräte und Gerümpel in Brandgeraten. In einer Wohnung in der Friedrichstr. 105a wurden Möbelein Raub der Flammen. Auf dem Dache des Hanfes Gledilsch-straße 33 war Teer übergekocht und mit dem Dache in Brand ge-raten. Gardinen und anderes brannten Reinickendorfer Straße 23,Lumpen und anderes Alt-Moabit 13, ein Schornstein am Luisen«ufer 12. Außerdem hatte die Wehr noch Görlitzer Straße 67zu tun._Vorort- JVacbricbtern«kharlottendurg.Di« CharlottenSurger Stadtverordneten traten am Mittwoch zuihrer ersten Sitzung im neuen Jahre zusammen. In den Fraktionenist insofern eine Aenderung eingetreten, als die früheren„Un-politischen" sich mit de» Alt-Charlottenburgern zu einer gemeinsamenFraktion verschmolzen haben, die den Namen„Vereinigte Altetraktion" führt und 13 Mann stark ist; die Liberalen zählen 47, dieozialdemokraten 10 Mitglieder; drei Stadtverordnete haben sichkeiner Fraktion angeschlossen.Nachdem die neu- bezw. wiedergewählten Stadtverordneten,darunter die Sozialdemokraten Lehmann, Gebert, Hirsch,Bogel, Will, in der üblichen Weise in ihr Amt eingeführt waren,konstituierte sich die Versammlung. Zum Vorsitzenden wurdeStadlv. Ka u fm a n n, zu seinem Slellvertreter StadtverordneterDr. H u b a t s ch. zu Beisitzern die Siadtvv. Dr. B o r ch a r d t sSoz.),Ruß, Dunck und Stein wiedergewählt. Auf die ständigenAusschüsse verteilen sich unsere Genossen jetzt folgendermaßm: demWahlausschuß gehören an Scharnberg und Will, dem Pe-tttionsausschnß Klick, dem NechnungsprüfungSausschuß Lehmannund Bartsch, dem Ausschuß zur Prüfung von Stadtverordneten-mahlen Hirsch. Weiter wurden gewählt in den Ausschuß zur Be»ratung der Vorlagen betr. Beitritt der Stadtgemeinde zu einemBertehrsverbande Borchardt und Hirsch, betr. die Zuständig-keit der Schuldeputation Borchardt und Z i e t s ch, betr. Er«richtung einer Ehrentafel Z i e t s ch, betr. Ortsstatut über die Zahlder Stadtverordneten Hirsch und gietsch, betr. Aushebung derGemeindebcschlüsse über den Bau einer Zenttalmarkthalle Klickund Z i e t s ch. betr. Abäudernng der Fluchtlinien am Reichskanzler-platz Scharnberg und Gebert, betr. Nachbewilligung vonMitteln für Schulbauten Lehmann und Bartsch betreffendErrichtung und Vermietung eines Schiedsgerichtsgebäudes auf demGrundstück Berliner Straße 11/12 Gebert und Wtlk.Als SitzungStage für das erste Halbjahr 1910 wurden bestimmtder 19. Januar, 2.. 16., 23. Februar, 9., 16., 23. März, 6., 20. April,11.. 23. Mai. S.. 22. und 29. Juni.Unter einer Maschine begrabe» und schwer verlebt wurde vor-gestern der Arbeiter Michlch auS der Cauerstraße 26, der in derAlten Charlottenburger Gasanstalt beschäftigt ist. Er bedienteeine elektrische Fördermaschine, welche Kohlen in den Retorten-räum schafft, als diese plötzlich aus einer Höhe von fünf Meternherabstürzte und den unten stehenden Arbeiter unter sich begrub.Michley wurde innerhalb weniger Minuten von herbeieilendenArbeitskollegen befreit und mittelst Krankenwagens nach demKrankenhause Westend geschafft, wo schwere innere Verletzungensowie ein komplizierter Knöchclbruch und Bruch des linken Unter-schenkels festgestellt wurde. Die Fördermaschine wurde vollständigzertrümmert. Der Unfall ist wahrscheinlich dadurch herbeigeführtworden, daß infolge unrichtigen Angehens die Maschine an einerausgebuchteten Stelle der Schienen aus den Gleisen gesprungen ist.In die Deputation für Arbeitslosenfürsorge ist, nachdem sie überNotstandSorbeiten und Arbeitslosenzählungen verhandelt hat, in einerReibe von Sitzungen die Frage erörtert worden, ob sich die Ver-Wendung städtischer Mittel für die Zwecke der Arbeitslosen-Versicherung empfiehlt. Stadtrat Profesior Dr. Jastrow undDr. Badtke, Direktor des städtiswen Statistischen Amts, haben derDeputation eine eingehende Denkschrift vorgelegt, welche die be-stehende» Einrichtungen auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherungdarstellt und grundsätzlich zu der Frage Stellung nimmt, ob sich diaVerwendung städtischer Mittel für die Zwecke der ArbeiiSlosenver-sicherung empfiehlt. Die Deputation ist bereits in die Beratung vonSatzungsentwürfen eingetreten. Eine Umfrage bei den GemeindenGroß-BerlinS, ob die Absicht besteht, gemeinsame Einrichtungen aufdem Gebiet der Arbeitslosenversicherung zu treffen, ist leider er-gebniöloS gewesen.Eine„neue" Polizeiordnung über die Müllabfuhr ist erlassenworden. Wenn diese neue Verordnung auch keinen neuen Zustandschafft, so ist ihre Vorgeschichte nicht uninteressant.Seit dem 1. April 1907 besteht für Charlottenburg die Vor-schrift der Dreiteilung des Mülls, und ein Ortsstatut gibt derStadt das alleinige Recht, gegen eine feste, auf die einzelnenGrundstücke umgelegte Gebühr das Müll abzufahren. Dieses Ab-fuhrgeschäft ist von der Stadt einer Privatgesellschaft übertragenworden, die trotz ansehnlicher Zubußen durch die Stadt nicht rechtleben und sterben konnte und zurzeit durch die unbegreifliche Nach-ficht der städtischen Verwaltung und durch die DiSkontobank not«dürftig über Wasser gehalten wird.Im Laufe der Zeit aber sträubten sich einige Hausbesitzer, ihrMüll durch die Stadt abfahren zu lassen, sie glaubten, es ander»wärtS billiger haben zu können. Dann verkauften einige Nestau-rateure ihre Küchenabfälle, anstatt dieselben an die Schweinezucht-anstatt der Müllabfuhrgesellschaft abzuführen. Es gab polizeilicheStrafmandate, gegen welche die Betroffenen Einspruch erhoben.Tie Klage ging bis an das Kammergertcht. Dasselbe sprach dieBestraften frei und erklärte die Polizeiverordnung für ungültig.Nicht aus sachlichen Gründen, sondern aus rein formaler Veran-lassung. Der einfache Mann im Volke ahnt ja gar nicht, wie schwerdas Berordnungserlassen ist. Selbst der Charlottenburger Polizei-Präsident wußte das nicht. So schrieb eine höhere Verwaltungs-instanz, die Regierung in Potsdam, am 26. Juni 1886 vor, daßalle Polizeiverordnungen im Regierungsbezirk nicht nur die Ueber-schrift„Polizeiliche Verordnung" tragen müssen, sondern auch indem einleitenden Text ausdrücklich als„Polizeiverordnung" be-zeichnet werden müssen. Diese letzte Bedingung fehlte der erstenPolizeiverordnung über die Müllabfuhr. Weswegen denn auch daSKammergertcht die ganze Verordnung für ungültig erklärte.Nun aber kommt das Originellste. Kaum hatte das Kammev-gericht die Polizeiverordnung aus formalen Gründen für ungültigerklärt, als der Berliner Polizeipräsident, dem die Charlotten-burger Polizeifiliale inzwischen unterstellt worden war. verfügte,daß die Charlottenburger Polizeiverordnung über die Müllabfuhrjust in der Form rechtskräftig zu publizieren ist, in der sie vomKammergericht beanstandet worden ist. Und so geschah es. Des-wegen ist also eine Polizeiverordnung, die von dem höchsten preu-ßischen Gericht für ungültig erklärt worden ist, doch rechtskräftig!Die neue Polizeiverordnung ist also keine neue, sondern die alte.Vielleicht wird sie einmal geändert, insofern, als alle Haus-besitzer, auch die, welche keinen Müll abfahren lassen, zur Leistungfür die Müllabfuhr angehalten werden. Bisher hielten sich einige30 Hausbesitzer von dieser Verpflichtung frei. Das forderte denWiderspruch der anderen Hausbesitzer um so stärker heratt«, alsunter diesen 30 Hausbesitzern auch ein Stadtrat sich befindet.Da aber die Stadtverordnetenversammlung beschlossen hat, denMagistrat aufzufordern, die Abgabepflicht für die Müllabfuhr auf,alle Hausbesitzer auszudehnen, so darf man wohl erwarten,daß auch mit dem Ausnahmerecht des Stadtrats aufgeräumt wird.Im übrigen wird die Müllabfuhr noch manchmal die Bürger»schaft und Verwaltung„beunruhigen".Wilmersdorf.Aus der Stadtverordnetenversammlung. Am Mittwoch hieltdie Stadtverordnetenversammlung die erste Sitzung im neuenJahre ab; wie üblich, wurde die Tagesordnung zumeist durchWahlen ausgefüllt. Das Amt des Vorsitzenden wurde dem Pro-fessor Dr. Leidig, das des Stellvertreters dem DirektorDr. Heinitz wieder übertragen. Nachdem der Oberbürger»meister hierauf den neuen Kämmerer Roh de aus Merseburgin sein Amt«ingeführt hatte, beschloß die Versammlung eine er-forderlich gewordene Abänderung der Besoldungsordnung für dieLehrerinnen an den höheren Schulen. Bei dieser Gelegenheitäußerte Stadtverordneter P u m p l u n Bedenken darübet, daßWilmersdorf über die staatlichen Gehälter hinausgehe. Ihm er-widerte Stadtrat B r o h m, daß es untunlich sei, hinter den Gehalts-sähen der Nachbarorte zurückzubleiben. Den Schluß der Tages-ordnung bildete eine Magistratsvorlage, wonach für das Fenn»g e l ä n d e östlich des Wilmersdorfer SeeS die Fluchtlinien zumTeil geändert werden sollen. Im Anschluß an den von Schöncberggeplanten Stadtpark will bekanntlich auch Wilmersdorf auf demfür Bauzwecke nicht verwendbaren Moorboden, der sich bis in denGrunewald hinein erstreckt, ausgedehnte Anlagen herstellen.Ein schwerer Straßenbahnunfall ereignete sich vorgestern gegen7 Uhr abends in der Augustastraße. Dort fuhr der 17jährige. inder Kaiferin-Augusta-Allee 1c wohnhafte Ernst Lademann aufeinem Zweirad vor dem Straßenbahnwagen 244 der Linie V her.Vor dem Haufe Augustastraße 63 stürzte er plötzlich mit seinerMaschine unmittelbar vor dem Bahnwagcn und geriet unter denVorderperron desselben. L. erlitt eine Fleischwunde am Rückenund eine schwere Quetschung deS Rückgrats. Der Verunglückteerhielt auf der Unfallstation die erste Hilf« und wurde dann nachdem Krankenhause Westend übergeführt.Bezugnehmend auf den Generalversammlungsbericht desWahlvereinS ersucht uns der Genosse Gastwirt A. Rat Usch,Uhlandstraße 71, um Aufnahme folgender Zuschrift:Nach dem in Nr. 2 deS„Vorwärts" abgedruckten Bericht überdt« Generalversammlung des Wahlvereins ist hier beschlossenworden, die Kandidatur Natusch für die bevorstehenden Er-gänzungSwahlen zur Stadtverordnetenversammlung abzulehnen.Da diese Fassung deS Berichtes zu Mißdeutungen Anlaß gebenkann, muß ich bemerken, daß ich weder dem zunächst in Betrachtkommenden Vorstand des WahlvereinS. noch sonst einer Person Xoder Körpersckioft Anregung gegeben habe, mich als Kandidatenin Vorschlag zu bringen, wie ich überhaupt in Rücksicht auf meineschwer geschädigte Gesundheit gar nicht imstande bin, ein Stadt»verordnetenmandat auszuüben.Rixdorf.Eine sonderbare Praxis scheint vom hiesigen Amtsgericht bei Vorladungen zum kirchenauStritt geübt zu werden. Wie au« zählreichenuns übersandten Zuschriften hervorgeht, werden die den Austrittaus der Landeskirche anmeldenden Personen auf eine bestimmte Zeitnach einem bestimmten Zimmer geladen. Am 3. Januar, vormittag»10 Uhr, sollen weit über 20 Vorladungen ergangen sein. Obivohlzu dem angegebenen Zeitpunkt noch niemand der Geladenen ver«nommen worden war, wurden später Kommende zurückgewiesen.Doch damit noch nicht genug; nachdem bereits längere Zeit überden festgesetzten Zeitpunkt verstrichen war. wurde sämtlichen Er«