aker schon in Zürich Hove er mit Sozialdemokraten uiib sogar mit Nihilisten verkehrt, unr deren Bestrebungen kennen zu lernen. Auch in München habe er mit Sozialdcnmkraicn verkehrt, insbesondere mit V o l l ni a r und den Redakteuren der sozialdenr akratische n „Münchener Post". Er habe keineswegs Mitarbeiter der „Münchener Post" werden Ivollen, sondern wollte nur daraus hinwirken, die„Münchener Post" in das revisionistische Fahrwasser zu bringen. Bon der Gründung einer„antiagrarischen Liga" sei keine Rede gewesen. Das Tivoliprogramm habe er nicht gebilligt. Er habe sich mit mehreren führenden Männern darüber unterhalten und da seien sie zu der Ansicht gekommen, das, es wichtig sei, wenn zu den Praktikern, die ihre Wünsche und Beschwerden vorgebracht, nun die Männer oer Wissenschaft treten müßten, die die Wünsche der Praktiker vertiefen sollten. Dazu sollten öffentliche Versammlungen dienen und die Presse veranlaßt«Verden , von diesen Notiz zu nehmen. Der Privatkläger läßt sich dann noch gegen den Vorwurf aus, daß er in Zürich nur die Professur angenommen habe lediglich zu dem Ztveck, um ein Relief für seine agitatorische Tätigkeit zu erhalten. Er habe ein Semester Vorlesungen gehalten und diese dann auf- gegeben, eS sei aber nicht richtig, daß ihm die venia legendi sEr- laubnis zu Vorlesungen) entzogen worden sei, vielmehr habe er die venia legendi selbst zurückgegeben. Durch lieber- nähme einer Professur an der katholischen Universität zu Freiburg habe er seinem protestantischen Glauben durchaus keinen Zwang angetan. Er fei Protestant, aber sei in katholischer Umgebung groß geworden. In dem Buche„Die Wirtschaftspolitik des Vaterunser" habe er seine wirffchaftspolitische Anschauung unter einer volkstüm- lichen Flagge in möglichst weite Kreise tragen wollen. Wenn ihm vorgeworfen werde, daß er in diesem Buche als ein Protestant dem Papste in wirtschaftlichen Fragen die oberste Entscheiduug habe zuspreche» wollen, so bemerke er hierzu: Die Nationalökonomie sehe er für etwas Ethisches an und wolle nicht den Profit, das Geld und die Sucht nach Reichtum, sondern den Menschen in den Mittelpunkt der Nationalökonomie stellen. Das Unfehlbarkeitsdogma des Papstes werde von ihm so aufgefaßt, daß der Papst in allen geistigen und sittlichen Fragen die höchste Entscheidung habe und die Nationalökonomie sei eine sittliche Frage. Er habe das Buch durchaus nicht geschrieben, um sich bei dem Zentrum lieb Kind zu machen, er habe auch nicht durch da? Zentrum die Er- langung einer Professur erstrebt, sondern fei schon seit 1879 bei allen Wahlen für das Zentrum eingetreten. Alle in der Biemerschen Broschüre gegen ihn erhobenen Borwürfe und Verdächtigungen feien völlig unberechtigt und die gegen ihn erhobenen Beleidigungen sehr schwere. In der Beweisaufnahme wird zunächst Reichstagsabgeordneter Köhler-LangSdorf als Zeuge vernommen. ES handelt sich bei ihm um den Antrag, den der Zeuge seinerzeit in der Zweiten Hessischen Kammer gestellt hatte. Dieser Antrag ging dahin, daß eine zweite Profcssur der Nationalökonomie in phhsiokratischem Sinne geschassen werden sollte. Gleichzeitig war in diesem Antrage auf Prof. Ruhland hingewiesen worden, dessen Schrift„DaS System der politischen Oekonomie" seinen eigenen Ansichten entsprach. Der Zeiige erklärt ans verschiedene Fragen, daß dieser Antrag seiner eigenen Jilitiative entsprungen sei und der Privatkläger ,hn nicht als Mittelsmann benutzt habe, um eine Professur in Gießen zu erlangen. Als Bauer sei er(Zeuge) an der Erhaltung des Bauern- standes interessiert und von diesem Gesichtspunkte aus scheine ihm eine Professur Ruhlands durchaus wünschenswert. Rittmeister a. D. V. Kiesewetter, Generalsekretär des Bundes der Landwirte bekundet auf Befragen, daß den, Privatkläger bei seinen Beziehungen zum Bund der Landwirte als Experte die Aufgabe seiner wlssenschastlichen Ueberzcuguug nicht zugemutet worden sei. In der Frage des Bimetallismiis habe Prof. Ruhland eine vorn Bunde der Landwirte abweichende Meinung gehabt und auch behalten. Der Zeuge schildert dann auf Wunsch deS PrwatklägerS die Reise des letzteren nach xÜesterreich-Ungarii, um mit maßgebenden agrarischen Kreisen Fühlung zu erhalten. Prof. Ruhland habe den Standpunkt vertreten, daß die Landwirte der verschiedenen Länder nicht Konkurrenten seien, sondern alle denselben Feind in dem internationalen Großkapital haben. Auf dem internationalen landwirtschaftlichen Kongreß in Budapest habe Pros. Ruhland eine hervorragende Tätigkeit entwickelt und an der Bildung de« internationalen landwirtschaftlichen Komitees zur Führung einer Statistik über Stand und Bildung der Getreidepreise hervorragenden Anteil gehabt. Zur Verlesung kommt sodann die kommissarische Aussage de» Großgrundbesitzers Schmidt mann- Grubhof und Pinz- gau über die Tätigkeit, die Ruhland seinerzeit als bei ihm angestellter GutSdjrektor bei dem Ankauf von Bauerngüter entwickelt Hai. Um eine„ G ji t e r s ch l ä ch t e r e i" habe es sich überhaupt nicht ge- handelt, diese Bezeichnung sei ganz unzutreffend, eS habe nur eine Maßnahn, e in Frage gestanden, die durchaus im Interesse der ver- schuldeten Bauern gelegen habe, und al» Ruhland seine Tätigkeit antrat, sei der Ankauf der Güter schon zum allergrößten Teil voll- zogen gewesen. Der Zeuge hat in zwei späteren Aufsätzen des Prihatstägers Indiskretionen erblickt, bestreitet aber, daß der Privatkläger Knall und Fall von ihm entlassen worden sei. Ab- gesehen von jenen Fällen der vermeintlichen Indiskretion könne er ühxr die Glaubwürdigkeit und den Charakter des Privatklägers Ungünstiges nicht bekunden. Die Verhandlung wird hierauf vertagt und soll heute g'/z Uhr fortgesetzt werden.__ Huö der frauenbewegung. Die proletarische Frauenbewegung marschiert. War im vergangenen Geschäftsjahr der Partei eine Zunahme der weiblichen Parteimitglieder von SSM» auf 62 000 erwachsen, so verspricht allen, Anschein nach ws laufende Geschäftsjahr einen noch größeren Fortschritt. An» fast allen Gegenden Deutschlands , aus dem Osten so gut wie aus dem Westen, aus dem Süden toie aus dem Norden, kommen die Nachrichten von einer rührigen Agitation besonders unter de» Frauen. Nur wenige Bezirke sind hiervon auszunehmen: und von überall her wird gemeldet, daß'diese Agitation nicht nur der Ver- breitung sozialistischer Ideen diente, sondern auch gleichzeitig eine starke Mitgliederzunahme, eine prächtige Stärkung unseren Organi- fationen brachte. Im Monsseldcr Revier, allwo wir solange nicht recht eindringen konnten, da hat die Brutalität der Bergherren, die Entsendung des Militärs und der Maschinengewehre ebenso auf- rüttelnd gewirkt, wie in anderen Gegenden die nnerträglich drückende Steuerpolitik, Fm Mansfelder Revier sind allein 1700 Frauen für die Partei AWonnen worden. Auf dem Parteitage für das westliche Westfalen wurde be- richtet, daß 1999 weibliche Mitglieder der Parteiorganisation des Bezirkes angehören. Eine Konferenz, die kürzlich im Bezirk Magdeburg tagte, meldete gleichfalls von großer Rührigkeit der Frauen bei der Agitation, wodurch die Mitgliederzahl erheblich ge- stiegen sei. Agitatjonstoure,,. die am Niederrhein , in Hannover , Oldeitburg, im Bremer Bezirk, in Pommern , Weftprsußen, Anhalt. Hessen , Niehcroarnim und anderswo stattfanden, waren von gutem. zum Teil sogar von glänzendem Erfolg begleitet. Ans dem mecklenburgischen Parteitage berichteten die Vertreter verschiedener Orte von der stetigen Zunahme weiblicher Mitglieder, und was besonders erfreulich ist. von einer fleißigen Mitarbeit der- selben bei allen vorkommenden Parteiarbeiten. Aus einem Ort« ward die fleißige und geschickte Mitarbeit der Frauen hei der Ka- lenderverbreftung besonders lobend hervorgehoben. Bei den letzten Lqntztagswahle» in Sachse» und den Nälh- tvahlen in Berlin zeigte» die Genossiiincii eine außerordentliche Rührigkeit. Desgleichen bei Pen Reichsiogstvahlen. So z. B. waren die Frauen in Halle und den zum Krris gehörenden Landocten Ms ermüdlich für die Wahl unseres Kandidaten tätig. Ueberall ein frisch pulsicrendeö Leben! Die wirtschaftliche» Verhältnisse und die Politischen Maßnahmen der Herrschenden machen es aber auch immer mehr zu einer Lebensfrage für die Arbeiterschaft, die Frauen und Mädchen des Proletariats für den Klassenkampf zu gewinnen und z» schulen. Steht doch die Arbeiterklasse gegen eine Welt von Feinden. Das Proletariat muß nicht nur jede kleinste Aufbesserung des Lohnes, jedes Quentchen Reform, die geringste Erlveiterung seiner Rechte in harten, mühsamen Kämpfen erringen, sondern auch das bereits gewonnene Terrain verteidigen und Front machen gegen beab- sichtigte Verböserungen sowohl auf dem Gebiete der Lohn- und Ar- bciisbedingungen, als auch auf dem Gebiete der Staatsbürgerrcchte, ves Arbeiterschutzes, der Arbeiterversicherung, der Steuergesetzgebung u. a. m. In einem solchen Ringen ist jeder neue Anhänger als Kämpfer nicht nur hoch willkommen, sondern auch unbedingt not- wendig. Bedingen somit die wirischaftlichen und politischen Verhältnisse die Gewinnung der proletarischen Frau für die Teilnahme an der Arbeiterbewegung, so erleichtern sie aber auch die Möglichkeit ihrer Gewinnung. Die Betätigung der Frau im Produktionsprozeß wird immer umfangreicher. Ihre Bedeutung für das Wirtschaftsleben der Völker wächst rapide. Und dieser Bedeutung wird sich die Frau in zunehmendem Maße bewußt. Die anders geartete Umwelt, die ander? Tätigkeit, alles wirkt ein auf sie, beeinflußt ihr Empfinden, ihr Denken und, sobald die Idee der Arbeiterbewegung ihr näher gebracht wird, auch ihr Wollen und ihr Tun. Durch das Hineinircien der Frau in die Erwerbsarbeit wird in ihrer Seele und in ihrem Geiste der Boden gelockert für den Samen der sozialistischen Idee. Aber auch jene Frauen, die nicht erwerbstätig, oft genug noch vermeinen, ihr Haus, ihre Familie sei„ihre Welt", werden täglich durch die verschiedensten Vorkommnisse daran erinnert, daß sie nicht unabhängig und unbeeinflußt von allen öffentlichen und politischen Einrichtungen und Maßnahmen sind, daß vielmehr tausend ver- schiedener Fäden sie mit diesen verknüpfen. Arbeitslosigkeit oder Unfall des Mannes, seine Einziehung zur militärischen Uebung, vor allein aber unsere Zoll- und Steuergesctz- gcbung, all das und noch so vieles mehr greift brutal in ihr Leben ein und zwingt sie, den Blick auf diejenigen Mächte zu lenken, die von außen her in ihr Familienleben, in ihre Häuslichkeit störend und oft vernichtend eingreifen. Tritt alsdann unsere Agitation an diese Frauen heran, um ihnen zu zeigen, worin die Ursachen der Misere zu suchen sind, unter der wir leiden, ihnen ferner zu zeigen, wie einzig durch den Zusammenschluß der in gleicher Lage� Befindlichen Besserung und schließlich gänzliche Befreiung zu erringen ist, so findet man auch hier ein williges Ohr und alsbald Ver- ständnis. Die Vorbedingungen für eine rasche und sichere Fortentwicke- lung der proletarische» Frauenbewegung, für die Einreibung der Arbeiterfrauen und Töchter in unsere Parteiorganisationen, für ihre erfolgreiche Schulung zur Mitarbeit«ud zum Kampfe im Interesse unserer Klasse sind also gegeben» nutzen wir sie! Sericbts- Deining. Zur Verurteilung des Journalistc» Plcißncr. Zu der von unS bereits gemeldeten Verurteilung des Leipziger Journalisten vu. jur. Artur Plcißncr zu sechs Wochen Gefängnis wird uns noch berichtet: Die Beleidigungsklage hatte der Re- dakteur Max Halfter gegen den Herausgeber des„nationalen" und antisemitischen Sensationsblatt-ö„Deutscher Kampf", vr. jur. Pleißner aus folgendem Grunde angestrengt: In den ersten vier Nummern des Deutschen Kampfs vom vorigen Jahr beschuldigte Pleißner den Redakteur Halfter, daß er seinen Berus«IS Rezensent ausnutze, um Kabarettdamen unsittliche An- träge zu stellen und ihnen dafür günstige Kritiken zu versprechen; H. habe sich sogar mit Kabarettdamen„befaßt", die gar nicht auf- traten, er habe sich mit ihnen hinter Sektkübeln verhalftert, sie un- sittlich attackiert. Auch sei H. ein Nassauer, der gern bei Er- öffnungsseiern aus anderer Leute Kosten Zechen mache. Einige zwanzig Zeugen hatte der Beklagte aufmarschieren lassen. Das Ergebnis der langen Beweisaufnahme war. daß auch nicht ein Jota der aufgestellten Verdächtigungen bewiesen wurde. Sämtliche Zeugen bekundeten das Gegenteil der Pleißnerschen Anwürfe. Der Angeklagte gab zu, daß nicht ein Jota seiner ohne jeden Grund und ohne die geringsten Unterlagen aus Sensationsrücksichten ausge- stellten Behauptungen bewiesen sei, bat aber als„nationaler" Held um Geldstrafe. Dem Wunsch kam das Gericht nicht nach, weil die Perfidien lediglich un, einen Mann, der den Angeklagten nichts angeht, durch Verdächtigungen ins Unglück zu stürzen, verbreitet waren. Die FranziskanerpatrcS von Panewnik als Kläger . Vor der Beuthener Strafkammer fand gestern die erneute Verhandlung in dein BeleidignngSprozeß der FranzsSkanerpatre« von Panewnik gegen den veranttvortlichen Redakteur der«Katto- witzer Zeitung", Dehler, statt. Die Gründung einer Niederlassung der Franziskanerpatres in Panewnik wurde zunächst vor jetzt etwa drei Jahren in einer Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses zur Sprache gebracht. Die Patres hatten eine künstliche Nachbildung der Grotte von LourdeS angelegt, hie eine starke Anziehungskraft als Wallfahrtsort namentlich auf die polnische Bevölkerung Ober- schlestenS, Polen ? und Galiziens ausübte. Dieses starke Zu- sammenströmen von Polen aus den Nachbarreichen bezeichnete der nationalliberale Abgeordnete Boltz als eine Gefahr für daS Deutschtum: er forderte die Regierung aus, ein wachsames Auge auf die Niederlassung zu haben. Diesen Ausführungen trat der Vizepräsident des Hauses. Justizrat Dr. Porich, scharf enwege». der erklärte, daß die Patres lediglich den kirchlichen Bedürfnissen der polnischen Bevölkerung dienten, für die der preußische Staat nicht ausreichend sorge. Der Streit über die Niederlassung setzte sich auch in der Presse fort. Redakteur Dehler veröffentlichte drei Artikel in der„Kaitowitzer Zeitung", die sich mit dem von den Patres eingerichteten deutschen Gottesdienste beschäftigten. In den Arikeln wurde gesagt, daß der deutsche Gottesdienst nicht häufig genug abgehalten werde, daß er aus ungünstige Stunden gelegt sei, und daß die deutsche Predigt durch Gejohle von feiten der Polen gestört werde. Durch diese Auslassungen fühlten sich die Patres beleidigt und stellten Strafantrag gegen Dehler, der aber vom Schöffengericht Kattowjtz freigesprochen tvurhe. Aus Berufung der Patres gelangte die Sache vor der Beuthener Strafkammer erneut zur Verhandlung, die aber ebenfalls mit der Freisprechung Dehlers endete. Dehler wurde, wie schon in der schöffengericht- lichen Verhandlung der Schutz des s 199 zugebilligt. Das Ober- lan�sg-richt in Breslau hat nun das zweitinstanzliche Urteil auf- gehor.v.: u»d die Sache an die Beuthener Strafkammer zurück- verwiesen, so daß die Affäre also zum dritten Male die Gerichte ebschäftigen muß. Wir werden über das Ergebnis der VerHand- lungen berichten.__ Der verhängnisvolle Schneeball. Unter Aufficht des städtischen Ghmnasial-Obcrlehrers Knill in Neumünster hatten Schüler aus ihren Wunsch tvährend der Turn- Spielstunde eine Schneeballschlacht ausgefochten. Dabei wurde der Sohn des Fischhändlers Behning in Wcumünfter durch einen Schnee- ball am Ange erheblich verletzt. Später erließ das Provinzial» Schulkollegium der Provinz Schleswig-Holstein ein Verbot des Schneeballcns an den Lehranstalten. Der Fischhändler klagte für seinen minderjährigen Sohn gegen den Oberlehrer Krull. den Gyn,- nasialdirektor Schmidt und gegen die Stadtgemeinde Neumünster aus Schadenersatz. Das Provinzial-Schulkollcgium erhob zugunsten der beiden Schulmänner den Konflikt und beantragte Einstellung des Verfahrens, Begründend wurde ausgeführt, daß bis zn de», Unfall das. Schneeballwerfe» auf den Schulhöfen in Schleswig- Holstein amtlich nicht verbeten gewesen sei. Das Verbot sei erst unier dem Eindrucke des Unfalles ergangen. An sich fet ja das Schneebällen auch harmlos. Also eine Vorschrift habe der Lehrer Krull damals, als er das Schneebällen zuließ, nicht übertreten. Es frage sich darum nur, ob der Lehrer und der Direktor sich einer Außerachtlassung der amtlichen Aufsichtspflicht schuldig gemach. hätten. Das sei hier zu verneinen. 5.-.- Das Obervcrwaltungsgcricht hörte das Mcteorologilchc Institut in Berlin über die Witterungsverhältnisse, die am ftaglichen Tage in Neumünster herrschten, und hat nunmehr den Kimflikt_für begründet erklärt und entschieden, daß das Verfahren aus Schaden- crsatz endgültig einzustellen sei. Die Begründung des Urteils geht dahin: Die Frage sei. ob den Lehrern eine Ueberschreltung ihrer Amtsbefugnisse oder die Unterlassung einer Amtshandlung zur Last falle. Der Konflikt würde dann fiir unbegründet erklärt werden müssen, wem, das Schneebällen der Schuler schon damals ourch eine Verfügung der vorgesetzten Behörde oder infolge Konferenzbcschlusses verboten gewesen wäre. Kein? von beiden sei der Fall gewesen. Das spätere Verbot müsse ausscheiden. Es frage sich �dann, ob Lehrer oder Direktor sonst etwas außer acht gelassen hätten, was ihnen als Pflicht oblag. Selbst wenn der Direktor, wie behauptet werde, das Spielen angeordnet hatte, so wäre ihm daraus allein unter den obwaltenden Umständen kein Vorwurf zu machen. Selbst- verständlich müsse das Spiel überwacht und dafür Sorge getragen werden, daß das Spiel sich nicht so gestalte, daß nach menschlichem Ermessen von vornherein mit einer Gefahr gerechnet werden müsse. In dieser Beziehung könne gegen den Aufsicht führenden Lehrer ebenfalls nichts vorgebracht werden. Erstens sei die Zahl der Schüler keine große gewesen, so daß sie der Lehrer sehr gut über- wachen konnte, was er auch getan habe. Nun könnte m»rage kommen, ob es geboten gewesen wäre, wegen der Temperaiurver- hältnisse und der dadurch bedingten Härte des Schnees das Schnee- ballen nicht zu gestatten. Nach der Auskunft des Meteorologischen Instituts seien aber zu der Zeit die Temperaturverhältnisse der- artige gewesen, daß die Schneebälle keine besondere Härte gehabt haben können. Es bleibe nur übrig die Annahme eines Unglück- lichen Zufalls, der auch bei anderen Spielen möglich sei. Zum Schweibnitzer Thcaterkonflikt. Aus Schweidnitz wird uns geschrieben: Der hier auSgcbrochene Konflikt zwischen Theater und Presse, der darauf zurückzuführen ist. daß der Theaicrdircktor Fritz in unzulässiger Weise dem Theater- referenten des„Schlesischen Tageblatts" das Recht der Kritik bc- schneiden wollte, nimmt immer größere Dimensionen und wirst ein eigenartiges Licht aus die hiesigen Theaterverhältnisse. Mau erinnert sich, daß bereits einmal der jetzige Theaterdirektor in einer für ihn nicht gerade rühmlichen Weise die Oeffeiitlichkeit bc- schäftigte. Im Februar 1997 hatte er, der damals noch als Mit- glied des Schweidnitzer Stadttheaters tätig war. zu seinem Benefiz ein militärisches Lustspiel zur„allerersten Aufführung" gebracht. das er als sein eigenes Werk herausgab und..Jugendfieber" bc- titelte. Der Dichter und sein Werk erregten natürlich allgemeines Interesse, nicht zum mindesten in der Redaktion des„Schlesischen Tageblatts", dessen Kritiker, der Redakteur Lange, sich das funkel- nagelneue Stück einmal genauer ansah. Der Kritiker machte dabei die freudige Entdeckung, daß der Dichter„der Einfachheit halber' das Lustspiel„Der Prinzessinnentänzer" des bekannten Roman- schriftstellers Heinrich Lee abgeschrieben hatte. Lange wandte sich darauf sofort an ein Mitglied der städtischen Theaterkommlssion, um eine Aufführung des Plagiats zu verhindern. Die Schweid- nitzer dachten aber über den Fall recht'milde. Dem„Dichter" würde nicht nur die Aufführung des Stückes gestattet, sondern ihm duch bald darauf die Leitung des Stadttheaters übertragen. Lange veröffentlichte nun über die ganze Angelegenheit einen scharfen Artikel, in dem er sich über die unerhörte Dreistigkeit des Plagia- tors ausließ und von de», erschreckenden Leichtsinn eines eitlen Mimen sprach. Im weiteren Verfolg der Angelegenheit geriet Lange in Differenzen mit der Schweidnitzer Stadtverordneten- Versammlung und mit seinem Verleger, so daß er seine Redakteur- stell« aufgeben mußte. Vorher hatte er aber>wch bei der Staats- anwaltschaft den Antrag gestellt, gegen Fritz die öffentliche Anklage wegen Vergehens gegen das Urheberrecht anzustrengen. Auf Grund eines Gutachtens der königlichen Literarischen Sachverständigen- kammer wurde Fritz denn auch zu einer Geldstrafe von 39 Mark und zu einer Buße von ö9 Mark an den geschädigten Schriftsteller Heinrich Lee verurteilt. Andererseits strengte Fritz gegen den«n- bequemen Kritiker Privatklage wegen Beleidigung an und erreichte es auch, daß Lange wegen öffentlicher Beleidigung zu 25 Mark Geldstrafe verurteilt wurde._ Wegen schwerer Tierquälerei hatte sich gestern der Kutscher August Bluhm vor der 2. Strafkammer des Landgerichts II unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Liep- rnonn zu verantworten. Der Angeklagte war als Kutscher bei dem Fuhrherrn Bade in Rixdorf beschäftigt gewesen. Als der Ange- klagte eines Tages mit seinem Steinwagen auf den Hof zurückkam, war Bade über das Aussehen deS vor den Wagen gespannten Pferdes ganz entsetzt. Das Tier war über und über mit dicken blutigen Striemen bedeckt und blutete fast an jedem Körperteil. Wie sich sofort ergab, hatte der Angeklagte das Ticr mit einem Spaten geschlagen und zwar derartig, daß es längere Zeit im Stall stehen mußte und erst nach Wochen wieder eingespannt werden konnte. Der Dienstherr wie? den brutalen Tierquäler sofort von seinem GrunRtück. Ter Angeklagte entfernte sich jedoch nicht trotz wiederholter Aufforderung und mußte schließlich mit Gewalt ent- kernt werden. Das Schöffengericht erkannte auf eine Gefänguis- strafe von 4 Monaten. Hiergegen legt« der Angeklagte Berufung ei», Die Strafkammer verwarf jedoch die Berufung mit der Be- gründung. daß gegen derartig rabiate Menschen, die sich nicht scheuen, wehrlose Tiere zu peinigen, mit aller Schärfe des Gesetzes vorgegangen werden müsse. Denselben Grundsatz sollte das Gericht aber auch gegen Po- lizeibeamte, Lehrer und Fürsorgevätcr anwenden, die Wehrlose mißhandeln....... eingegangene Druck fcdrifren. Die soeben erschienen» Nummer 2 Ves„Poftillon"«ntbält an Boll- bilden» und Jllultrattonen: Schmarzblau ist Trumps.— Aus den Gi- heininissen eines Unternehinn-Urbeitsnachweiie».— Prometheus.— Be- trochlunn— Zu den englischen Wahlen.— Aus dem Texte erwähnen wir: Zur Eröffnung der preusischen Duma.-- Aus der Reichshauptstadt. V.— Die Antlagebank,— Familienglilck.— gabrikpascha. Leopold f.— Bauer Pröhl und sein Schwein.— Ehre da» Aller und set Höllich gegen die Greise- Rheinselden usw. Der Breis der Nummer ist 10 Ps. Probenummem find jederzeit durch den Perlag Paul Singer in Stuttgart sowie durch alle Buchhandlungen und Kolporteure zu beziehen. Die Berechnung des Mietöitempcls„ach dem neuen Stempel» steuergesetz von Trettin und F. Wege. 25 Pj. C. 3». F. SalzmaiN», Berlin NO. 05. <SasserktandS>Nochri<te« der Landesanjialt für Gewäiseriunde, mitgeteilt vorn Berliner Wetterburea«. Kasserstand M e m« I. Tllstt Pregei, Jnlterbing Ä« i ch i c l. Thor» Oder, Ratibor , Krassen , Frantiurt Wa r t h e, Schrimm , Landsberg Netz«, Pordamm Elbe, Lcjnncrih , Dresden , Barbh , Magdeburg ')+ bedeutet Wuchs.— Falk.*) Unlerpegei.•) Eisstand.
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