Die lllxdorfer AahilechtZ-verichlechterulsg für ungeiekllcherklärt!Gestern hat daS Oberverwaltungsgericht in dem ProzeßbeS durch Rechtsanwalt Wolfgang Heine der-tretenen Genossen Conrad gegen die Aufstellung der aufGrund der Wahlrechtsverschlechterung aufgestellten RixdorferWählerlisten das zugunsten des Klägers ergangene Urteildes Bezirksausschusses bestätigt. Damit ist die vonden Rixdorfer Wahlrcchtsräubern vorgenomrnene Wahlentrechtung der Arbeiter für gesetzwidrig erklärt. UnsereLeser entsinnen sich, daß Genosse Conrad beantragt hatte:die Gemeinde>v ählerli st e der Stadt R i x d o r fz u k a s s i e r e n u n d e i n e s o l ch e erneut nachdemPrinzip der Steuerdrittelung vorzunehmen.Dieser Klage hatte der Bezirksansschuß stattgegeben unddahin erkannt:„die im August 1908 aufgestellte Lifte derstimmfähigen Bürger in Nixdorf ist anderweit in der Weiseaufzustellen, daß jeder Wählerabteilung ein Stcuerbetragvon 889880,60 Mark zu Grunde gelegt wird."Dieses Urteil griff die Stadtverordnetenversammlung an.Der erste Senat des Oberverwaltungsgerichts fällteunter Vorsitz des Präsidenten v. Bitter nach mehr als drei-stündiger Verhandlung folgendes Urteil: Die Entscheidungdes Bezirksausschusses wird dahin b e st ä t i g t, daß die am13. August 1908 ausgelegte Liste der Stinimfähigen für un-gültig erklärt wird. Gründe: Wenn man daS Gesetz von1900 unbefangenen Auges ansehe, so gehezweifellos daraus hervor, daß nach§ 2 in denjenigenGemeinden, wo nach der letzten Volkszählung mehr als zehn-tausend Einwohner seien, die D r i t t e l u n g f e st-g e st e l l t werden solle nach den: Prinzip des§ 1. aber miteiner gewissen Modifikation namentlich hinsichtlich der söge-nannten Ueberdurchschnittswähler. Aber an dem Systemselbst in bezug auf die drei Klassen sei nichts geändert.Eine Aendermig sei insofern eingetreten, als die, die über denDurchschnitt der gesamten Stenern zahlen, aufsteigen sollen indie höhere Klasse, aber nicht, daß die. die nicht denDurchschnitt zahlen, zurückversetzt werden sollen indie niedere Klasse. Es würde mit der Absichtdes Gesetzes in Widerspruch stehen, wenn man so,wie der Vertreter der Stadtverordneten-Versammlung eswünsche, das Gesetz auslegen wollte. Der Vertreter der Stadthabe zweierlei für seine Auffassung geltend gemacht. Einmalsage er, die Tendenz sei dahingegangen, den Mittelstand zuschützen, und dies würde nicht erreicht durch die Auslegung desKlägers und des Bezirksausschusses. Darauf möge zugegebenwerden, daß in bestimmten Orten das Gesetz nicht so zurAusführung gelange, wie es ursprünglich beabsichtigt war.DerRichter könne aber nicht über das Gesetzh i n.a u s g e h e n. Wenn Schädigungen eintreten, dannmüßte es der weiteren Gesetzgebung überlassen bleiben.sie zu heilen. Zweitens verweise der Vertreter der Stadt aufdie Worte...„oder verringert sich" im Z 2 des Gesetzes von 1900.Das sei ebenfalls verfehlt. Denn das Wort„verringert" seinicht anders aufzufassen als im Schlußsatz des tz 1, habealso eine ganz andere Bedeutung, als der Vertreterder Stadt meine, und komme für den Streitfallgar nicht in Betracht. Jeder Zweifel daran sei durch eineErklärung des Vertreters der Staatsregicrung des Gesetzesbehoben. Somit sei jene Wählerliste ungültig.Nach dieser Entscheidung dürfte auch das vielumstritteneRixdorfer Ortsstatut, das mit dem anderthalbfachen Durch-schnitt rechnet, einen Schlag ins Wasser darstellen.Darin liegt die hohe Bedeutung des vorliegenden wichtigenUrteils._Der zweite Aahltag In Cngland.(Privatdepeschen des„Vorwärts".)London, 18. Januar. Von den 670 Sitzen, die das Unter-Haus zählt, sind bis jetzt 208 besetzt. Gewählt sind 94 Kon-servativc, 8t Liberale, 15 Kandidaten der Arbeiter-Partei und 18 Iren. Die Konservativen haben bishereinen Reingewinn von 30 Mandaten. Die Arbeiterpartei hatzwei Sitze neu gewonnen, dagegen vier verloren. Die sozial-demokratische Partei vermochte bisher kein Mandat zu erringen.Ihre Kandidaten konnten auch nirgends eine nennenswerteStimmenzahl aufbringen mit Ausnahme HyndmanS,der in Burnley rund 5000 Stimmen erhielt.Von der Arbeiterpartei sind bisher folgende Genossen ge-wählt: W. T h o r n e(West Ham), Macdonald, PhilippS n o w d e n(Blackburn), W. Hudson(Newcastle),I. P o i n t e r(Attercliff), I. R. C l y n e s(Manchester. Nord-ost), I- A. S e d d o n(Newton), A. H. Gill(Bolton),E. W. Jowett(Bradford), I. O'Grady(Leeds),I. Parker(Halifax), G. H. Roberts(Norwich), Twist(Wigan), I. H. T h o m a s(Derby) und G. I. W a r d l e(Stockport).Die Ergebnisse der ersten zwei Wahltage gestatten dieVoraussage, daß die Konservativen im ganzen h ö ch st e n s100 Mandate gewinnen werden, so daß die liberaleMehrheit immer noch 100 Stimmen betragentvürde. ES unterliegt aber keinem Zweifel, daß der Schutzzoll-gedanke stark an Anhang gewonnen hat, wenn auch die Schutz-Zöllner noch nicht stark genug sind, um die Freihändler zuschlagen. Der reiche, schlemmende Süden und SüdwestenEnglands mit seinen zahlreichen Herrensitzen und Lakaien-Horden wählte größtenteils torystisch, der industrielle Nordenliberal und sozialistisch.Heute wird in Northampton gewählt, wo die GenossenQueich und G r i b b l e für die sozialdemokratische Parteikandidieren.Weitere Wahlresultate.London, 18. Januar. In der City von London erhieltendie Unionisten Balfour und Banbury 17907 resp. 17302Stimmen, der Liberale Bell 4623 Stimmen: Balfonr undBanbury sind mithin gewählt. In Woolwich siegte der UnionistAdam mit 8715 Stimmen über den Arbeiterführer Crooks,der 8420 Stimmen erhielt. Auch in Gateshead wurde derKandidat der Arbeiterpartei und der Bergarbeiter, I. I 0 h n s 0 n.und zwar von einem Liberalen geschlagen. Bei dieser Wahl: kam es zu einem Zwischenfall. Mehrere 1000 Grubenarbeiter' der Grasschaft Durham hatten sich gestern nach Gateshead be-| geben, um gegen die Wahl Johnsons zu protestieren, dem sie1 vorwarfen, daß er ihre Interessen bei der Frage des Achtstunden-i tages nicht genügend vertreten habe. Da man den Arbeiterinassennicht bereitwillig genug entgegenkam, drangen sie in das Bureaueiner Grube ein, schlugen die Fenster entzwei, zertrümmertendie Türen, Stühle, Tische, Bänke und warfen die Möbelstückezum Fenster hinaus in den Schacht hinein. Die Gruben-Verwaltung requirierte sofort Polizei, die einen Ordnungsdiensteinrichten mußte.Auch in Finsbury Central unterlag der Führer derArbeiterpartei S t e a d m a n mit 3187 Stimmen dem UnionistenArcher-Shee.Bemerkenswert ist die Wahl in Portsmouth, wo der be-kannte Flottenagitator und Panikmacher Admiral Lord CharlesBereSsord und Lord Falle mit 16 777 resp. 15 592Stimmen gewählt wurden: der Liberale Bramsdon erhielt12 397 Stimmen, der Liberale Lambert 9965, das Mitgliedder Arbeiterpartei Sanders 3329.Im allgemeinen haben die konservativen Stimmen auchan diesem Tage st a r k zugenommen, während die liberalen abnahmen. So wurde der Minister Burns zwar inBattcrsea wiedergewählt, aber seine Mehrheit verringerte sichvon 1400 auf 645 Stimmen.Preßstimmen.London, 18. Januar. Die Haltung der englischen Presse istdieselbe wie am ersten Wahltag. Die„TimeI" sck, reiben:„DieResultate des gestrigen Tages kommen denen vom Sonnabend sehrnahe. Der Kampf war überall sehr lebhaft, hier und da sogar er-bittert und die Zahl der Besiegten hat sich vergrößert. Man mußzugeben, daß die Unionisten nicht den von ihnen er«warteten Erfolg zu verzeichnen hatten, den Erfolg, den sienach den Wahlen vom Sonnabend hatten annehmen können! Derallgemeine Charakter der Wahlen ist aber der gleiche geblieben. Diegroßen Industriezentren trennen sich sehr scharf von den übrigenTeilen Englands."Recht zuversichtlich meint der konservative„Standard":„Der Erfolg der Unionisten. obgleich ermutigend, erscheint doch nochnicht vollständig. Obgleich Siege mit Niederlagen bunt gemischtwaren, ist das Resultat des Tages als entschieden gut zu betrachten,ja sogar als besser als das Ergebnis des Sonnabend. Nach derjetzigen Sachloge glauben wir nicht, daß die Liberalen noch längerauf Sieg rechnen werden."„Morning Post" sagt:„Im großen und ganzen werden dieUnionisten mit dem gestrigen Resultat zufrieden sein können. DieAnzahl der Siege ist vielleicht nicht so groß, wie man gehofft hat.Eö unterliegt indessen keinem Zweifel, daß der Boden, auf dem wirgestern arbeiteten, oft sehr ungünstig war. Kein« Erfolge konnten inNordengland erwartet werden, und die Resultate waren dort deshalbauch nicht überraschend. Natürlich ist der Kampf erst im Beginn be-griffen, und die Erwarttingen der Liberalen werden wahrscheinlichnoch mehr enttäuscht werden."Von den liberalen Blättern sei zunächst da«„Daily Chronicle"zitiert:„Die Resultate des zweiten Wahltages scheinen noch besserzu sein, als die des ersten. Die Unionisten jubeln. Die Jubelrufeder Unionisten siitd ebenso lächerlich wie vorzeitig gewesen. DieLiberalen hatten eben eine größere Front dem Angriffe derUnionisten auszusetzen, wie eS bei ihrer enormen Majorität auchder Fall fein mutzte und wir haben natürlich einige Verluste erlitten.Die Liberalen und die Arbeiterpartei haben indeS auch mehrereSiege errungen. Ihre Sache steht nicht schlecht und das Gesamt»resultat ist sehr zufriedenstellend."Und die„Daily NewS" meinen:„Die Schlüsse, die wir au?den Wahlen vom Sonnabend gezogen haben, haben nicht gezögert,sich zu bestätigen. Der grotze Kampf hat gezeigt, dah dieIndustrie für den Freihandel und für daS Recht desVolkes ist, während der Reichtum und der Mütziggang nur für denProtektionismus und feine Privilegien kämpfen."Der heutige Wahltag.London, 18. Januar. Am heutigen Wahltage werden in43 Wahlbezirken 48 Abgeordnete gewühlt werden. In denLondoner Wahlbezirken waren bisher 11 Liberale und3 Unionisten vertreten, während von den 34 Provinzbezirken18 Liberale, 7 Konservative, 6 Abgeordnete der Arbeiter-Partei und 3 den Minffterien angehört haben, von denenMinister Buxtcn in Bopla und Minister Churchill in Devdews-bury waren.Ohne Gegenkandidaten.London, 18. Januar. In Antrim(Zentral) wurde einU n i 0 n i st. in Mayo lOst) ein N a t i 0 n a l i st, in Burton einU n i 0 n i st, in Westmeath(Süd) ein N a t i 0 n a l i st, in London»derry(Nord) ein U n i 0 n i st und in Leitrim lNord) einNationali st gewählt. Gegenkandidaten waren in allendiesen Orten nicht aufgestellt. In Swansea wurde derliberale Abgeordnete wiedergewählt.Wahlen in Irland.London, 18. Januar. In den irischen Wahlbezirken WIcklow(West), Louth(Süd), KingS county, Sligo(Nord). Donegal(Süd).Waterford(Ost), Menth(Süd), Tipperary(Ost), Cavan(West),Simerick(West), Lare(Ost) wurden überall Nationalisten, inArmagh(Nord) ein U n i 0 n i st gewählt, ohne datz Gegenkandidatenaufgestellt waren. Im Londoner Bezirke Wandswort wurdeder bisherige u n i 0 n i st i f ch e Vertreter wiedergewählt. BisV Uhr nachmittags waren»9 Unionisten, 73 Liberale, 17 Arbeits»p a r t e i l e r und 27 Nationalisten gewählt. Die Unionistengewinnen bisher öS, die Liberalen v Mandate.Politische deberlicht.Berlin, den 18. Januar 1910Das böse Gewissen.Der Bülow-Block ist tot, die Reichsfinanzreform ist uiüerDach und Fach gebracht, aber weder die alten noch die neuenBlockbrüder können sich ihres Werkes freuen. Zwar hatteder preußische Finanzminister an die Parteien die dringendeBitte gerichtet, die Vergangenheit vergessen sein zu lassen undden Blick in die Zukunft zu richten, aber was nutzt eine solcheAufforderung, wenn daS böse Gewissen die Verbreckier nichtschlafen läßt! Allzu gern möchten sie sich reinwaschen, dieHerren aus den verschiedensten bürgerlichen Lagern, allzugern möchte die eine Partei immer der anderen die Schuldin die Schuhe schieben, aber dy sie allzumal Sünder sind, sotreten durch diese gegenseitigen Vorwürfe ihre Sünden nurum so deutlicher in die Erscheinung.Dies ist in kurzen Zügen das Bild, das der dritte Tagder Etatsberatung im Abgeordnetenhause bot. Ueber denEtat selbst wurde so gut wie nichts mehr gesprochen. An sichist das natürlich kein Fehler, denn Etatsdebatten, die sichlediglich auf finanztechnischem Gebiete bewegen, sind lang-weilig zum Einschlafen. Wenn wir trotzdem über die sonstrecht interessante und stellenweise äußerst lebhafte Debattsnicht sonderlich befriedigt sind, so deshalb, weil dabei diewichtigste innerpolitische Frage Deutschlands, die Frage derWahlreform, zu kurz gekommen ist!Eigentlich verbreitete sich am Dienstag nur noch der frei»sinnige Redner Abg. Dr. P ach nicke über die Wahlrechts«krage. Herr Pachnicke gehört zu den Unverbesserlichen, diesich auch jetzt noch nicht davon, überzeugen lassen können, daßder Block ein unsinniges reaktionäres Gebilde war: i»iInnersten seines Herzens schwärmt er noch immer für denBlock, er sehnt förmlich die Stunde herbei, in der aufs neuedie Blockära inauguriert wird. Er konnte sich denn airninicht zu der Erklärung aufschwingen, daßdie Freisinnigen Schulter au Schulter mitder Sozialdemokratie den Kampf für dasallgemeine, gleiche, direkte und geheimeWahlrecht aufnehmen werden. Ja, fast scheintCS, als ob die Freisinnigen a la Pachnicke sich mit jeder, auchnoch geringen Reform begnüge» werde»!Nach dem Freisinnigen Pachnicke ergriff der konservativeScharfmacher v. A r n i m das Wort, der diesmal ausnähme-weise nicht mit gefälschten Zitaten operierte, sondern sich be-gnügte, vor dem Gift der Sozialdemokratie zu»varnen unddie Regierung zu noch niederträchtigerem Terrorismus gegendie Staatsarbcitcr aufzufordern, als wie sie ihn bisher schongeübt hat.Den Schluß der Sitzung bildete eine stürmische Aus-cinandersetzung zwischen den Nationallibcralcn und demZentrum, Auseinandersetzunge», die an die Zeiten desschlimmsten Kulturkampfes erinnerten. Einen breitenRaum nahmen in dieser Auseinandersetzung die angeblichenWahlbündnisse ein. Die Nationalliberalen warfen demZentrum ein Zusammengehen mit der Sozialdemokratie vor,das Zentrum wieder suchte die Nationalliberalen als Ver-Kündete der Sozialdemokratie hinzustellen. In Wirklichkeitliegt es so, daß b e i d e sich gern die Uitterstützung der Sozialdemokraten gefallen lassen, daß sie auch um sozialoemokratisckieWahlhilfe betteln, aber hinterher alles leugnen möchten, ausFurcht, sie könnten sich kompromittieren. Für uns hat dieganze Debatte mehr einen humoristischen Beigeschmack, dernoch dadurch pikanter wird, daß ab und zu dem einen oderdem anderen Redner ein wertvolles Geständnis entschlüpft.So erzählte z. B. der Abg. Herold, daß bei der letztenReichstastswahl das Zentrum bereit war, in 7 oder8 rheinischen Wahlkreisen für die Nationalliberalen zustimmen, falls diese in Köln das Zentrum unterstützenwürden, und daß kein anderer als der Oberpräsident derRheinprovinz sich die größte Mühe gegeben hat, dies Kom-promisi zu schmieden. Und da wagt man es, davon zu reden.daß die Behörden sich objektiv verhalten, daß sie über denParteien stehen und keine Wahlbceinflussungen treiben?Der Etat wurde schließlich der Pudgetkommission über-wiesen, in der die Sozialdemokratie nicht vertreten ist.Am Mittwoch steht die Besprechung der beiden Jntcr-pellationen des Zentrums und der Polen über die K a t t 0-witzer Maßregelungen auf der Tagesordnung.Die Geschäftslage im Reichstag.Im Seniorenkonvent wurde am DienLtag aber-mals über die Vereinfachung der Geschäfte gesprochen. Dabeiwurde der Vorschlag gemacht, daß man vor allen Dingen be-ginnen müsse mit der weiteren Kontingentierung der Debattenzum Reichsamt des Innern. Es wurde der Vorschlag ge-macht, eine Spezialisierung der Themata bei der General-dtskussion eintreten zu lassen. Allein man kam dahin.daß für diesmal die Angelegenheit verfrüht sei; manmüsse darüber in den Fraktionen beraten, um spätervielleicht zu einer anderen Regelung der Debatten zu kommen.Für diesmal wird die Angelegenheit also wie sonst behandelt.Dann kam man überein. daß, wenn Jnter-pellationen zur Verhandlung kommen, von der P/»xtei.die die Interpellation eingebracht hat und beattinden ließ.außer dem begründenden Redner noch ein Redner dieserPartei zu Worte kommen soll. Eher soll eine Vertagung derDebatte nicht eintreten. ES wurde auch noch über dieInitiativanträge gesprochen, die eventuell als Resolutionzum Etat des Innern eingebracht werden könnten. Die An-sichten darüber waren sehr geteilt. Man kann die Reso-lutionen nicht ganz entbehren, und man kann auch dieInitiativanträge nicht fallen lassen, weil sie die Stellung dereinzelnen Parteien zu den verschiedensten Fragen markieren.Außerdem wurde gewünscht, daß die S ch w e r t n s t a g einnegehalten werden. Da nun die Zeit bis Fertigstellung desEtats eine sehr kurze ist, so wurde der Wunsch geäußert, daßmindestens alle 14 Tage ein SchwerinStag biszur Fertigstellung des Etats stattfindet.Klerikale Staatstheorettk.Der Konflikt zwischen den Bischöfen von Metz und Straß-bürg und der Regierung Elsatz-Lothringens scheint tatsäch-lich den von uns vorausgesagten Ausgang zu nehmen. Nach-dem der Statthalter Graf v. Wedel nochmals eine halbe Ver-Wahrung eingelegt hat, hält er es für das beste, zu schweigenund dem Klerikalismus das Terrain zu überlassen. Unddieser nutzt im Bewußtsein seiner stärkeren Position die gün-stige Gelegenheit nach Kräften aus. So veröffentlicht z. B.die„Germania" einen längeren Artikel zu dem Kompetenz-konflikt, in welchem sie offen im Anschluß an Thomas vonAquino und dessen neueren jesuitischen Interpreten die An-ficht vertritt, daß. da die katholische Kirche Gottes Stell-Vertreterin auf Erden ist und der Mensch Gott mehr gehorchenmuß als den Menschen, auch jeder Staatsbeamte die kirch-liche Autorität über die staatliche zu stellen hat. Wörtlichheißt es in dem für die Ansprüche des Klerus recht charak-teristischen Artikel:„Will nun die„Kreuzzeitung" jetzt, im Gegensatz« zu ihrenfrüheren Ausführungen, etwa leugnen, datz die„Kirche daserste Anrecht an das Gewissen ihrer Gläubigen hat, datz alsoauch Staatsbeamte der Kirche(als Gottes Stellver-Vertreterin) mehr gehorchen müssen, als demStaate?" Ober will die.Kreuzzeitung" dem Staate, das heißtder jeweiligen Regierung, auch alle Gewalt über die Gewissender Staatsbürger, wenigstens über die der Beamten, zuweisen.Wir können nicht annehmen, dah die„Kreuzzeitung" überdie aus ihrer vorstehend abgedruckten, geradezu ungeheuerlichenAuslassung sich ergebenden Konsequenzen sich klar gewesen ist;denn wer die Theorie aufstellt, datz in erster Linie der Staatgleichviel ob heidnisch oder christlich Herr über die Ge-wissen sei, spricht damit aus, datz zum Beispiel die erstenChristen Unrecht taten, als sie dem Staatsgebot: den Götzen zuopfern, nicht Folge leisteten, und datz sie somit den Martertod,den sie erlitten, verdient hatten. Und datz weiter die Chouans,die während der ersten französischen Revolution gegen die Ja-kobiner kämpften und der Revolution sich nicht anschließenwollten, mit Recht die Guillotine besteigen mutzten. Und zneiner solchen Theorie sollte ein christlich sich nennendes Blatt sichbekennen wollen?Wir glauben aber kaum, datz das evangelisch-konservativeKlgtt«in solche heidnische StaatsoMnipotenz,