it. 15. 27. Zahrgavg.2. Skilnk des Jirasrts" fttliuttMMoch. 1910.Hbofcordnetcnbaus»4. Sitzung, Dienstag, den 18. Januar IVIV,nachmittags 1 Uhr.Am Ministertische: Frhr. v. Rheinbaben, Beseler,v. Trott zu Solz, v. Breitenbach, v. Arnim-Züsedom,S y d ll w, v. M o r l k e.Präsident v. Kröcher dankt für die Wiederwahl und teilt mit,daß er den größten Teil der Session aus Gesundheitsrücksichten vor-aussichtlich den Sitzungen werde fernbleiben müssen.Dieerste Lesung des Etatswird fortgesetzt.Abg. Dr. Pachnickc sfrs. Vgg.s: Es scheint, daß wirauch heute ohne den Herrn Ministerpräsidentenwerden tagen müssen. Die Abwesenheit des leitenden Staatsmannesmuß um so mehr ausfallen, als damit eine besondere Rücksicht außerAcht gelassen wird: die Rücksicht auf die besondere Bedeutungder Etatsdebatte und die Rücksicht auf den Ministerwechsel.(Sehrrichtig I links.) In konstitutionellen Staaten ist es Sitte, die ersteEtatslesung zur Klärung der gegenseitigen Berhältnisse zu benutzen,damit man weiß, wie der Ministerpräsident zum Parlament stehtund das Parlament zum Minlsterpräsidentcn. An eine geflissentlicheMißachtung des Parlaments möchte ich bei der konzilianten Art desHerrn v. Bethmann Hollweg nicht glauben. So bleibt nur derGrund übrig: er will programinatischen Erklärungen aus-weichen. Aber eine solche Zurückhaltung ist nicht vereinbarmit dem Begriffe eines führenden Geistes und mit derSituation, die eines Staatsmannes bedarf, der Zieleweiß und Wege bis ans Ende geht, der nicht die Taktik desCuuctators(Zauderers) treibt und Reden sn tont oas(stiralle Fälle) hält; wir brauchen einen Staatsmann, der ein Systembedeutet.(Sehr richtig I links.) Vom Fürsten Bülow ist hier nichtdie Rede gewesen. Sonst besteht die Gewohnheit, daß der Nach-solger seinem Vorgänger anerkennende Worte widmet, schon um denschönen Schein der Kontinuität zu wahren. Das ist hier nicht ge-scheheu; auch von feiten der Konservativen ist des Rücktritts kaumErwähnung getan, und wenn davon die Rede war, sprach man nurvon Fehlern.(Sehr richtig! rechts.) Seien Sie(nach rechts) dochnicht undankbar; Fürst Bülow hat für Sie so viel getan, daß ihmzu tun fast nichts niehr übrig blieb I(Sehr richtig I lints) BeiPhilippi sehen wir uns wieder! sagte Fürst Bülow, als er Berlinverließ.(Unruhe rechts.) Warten wir ab. welche Früchte Ihre Politikzeitigt, ob die rote Welle bei den nächsten Wahlen nicht nochhöher geht.Den Versuch des Herrn Hirsch, uns die Lehrer zu entfremden,indem er auf lokale Streitigkeiten hinwies, muß ich zurückweisen.Wir stehen hinter der Lehrerschaft und vertreten ihre Forderungen;der Liberalismus ist der Bruder der Schule, diese Geschwister wirdauch Herr Kollege Hirsch nicht trennen.(Sehr richtig! bei denFreisinnigen.)Nunzum Wahlrecht.Die abwartende Haltung des Herrn v. Pappenheim und desHerrn Dr. Friedberg scheint mir der Wichtigkeit der Sache nicht zuentsprechen. Ich will nur zwei Gesichtspunkte hervorheben: diejetzige Stimmenverteilnng ist nicht ausrecht zu erhalten, und jedeReform ist wertlos, die nicht die geheime Wahl enthält.(Lebh.Zustimmung links.) Die Ungerechtigkeit der jetzigen Stimmen-Verteilung ivird durch die amtliche Wahlstatistik klar bewiesen. Wasdie öffentliche Wahl betrifft, so prallen alle hohen Worte von„Mamiesmur und.Ueberzeugung", die zu ihrer Verteidigung vor-gebracht werden, an der Wirklichkeit ab.(Sehr richtig I links.) Beiunserem Eintreten für die geheime Wahl werden wir hoffentlich auchdas Zentrum auf unserer Seite haben.Mit dem Herrn Finanzminister wollen auch wir vorwärtsschauen in dem Sinne, daß jetzt moderne Entwickclungstendenzen zuihrem Rechte kommen. Darin sahen wir die Aufgabe des Blocks,der für uns keine Wahnidee war. Herr Hirsch schüttelt das Haupt,aber wollen Sie(zu den Sozialdemokraten) denn die Rückständigkeit inunserem Vaterlande absolut aufrecht erhalten? Wir allein hatten dochnicht die Mehrheit, und auch mit der Sozialdemokratie zusammen nicht,Kleines feuilleton.Der Parseval-Ballon. Herr v. Parseval hielt am letzten Montagim Siyungssaale der Allgemeinen Ekektrizitäts-Gesellschast einen Vortrag über den von ihm konstruierten Ballon. Die charakteristischenEigenschaften dieses.unstarren Systems" mit seinen Luftsäcke», derpendelnden Aufhängung der Gondel, wie der leichten Transport-fähigkeit sind zur Genüge bekannt. Eine Neuerung am Parseval-ballon ist die Halbstarre Schraube, die im Gegensatz zur früherenunstarren auch im Ruhezustand die Flügel nicht hängen läßt. Siesoll vorzügliche Resultate ergeben haben. An Parsevalballonswurden bisher ausgeführt: 1. ein kleiner Sportballon von 1200 Kubik-metern, das kleinste bisher gebaute Luftschiff. 2. DreiSchiffe mit je einem Motor und einer Lustschraube. Eines davondient als österreichisches(2300 Kubikmeter), das zweite alsdeutsches Militärschiff(4000 Kubikmeter) und das dritte von 3200Kubikmeter gehört dem Kaiserl. Aeroklub. Am erfolgreichsten sowohlan Geschwindigkeit als an Betriebssicherheit erwies sich das auf derinternationalen Ausstellung in Frankfurt vorgeführte Schiff, das6700 Kubikmeter groß ist und zwei Motoren der A. E.-G. zu je100 Pferdestärken besitzt, mit denen eS in der Sekunde eine Ge-fchwindigkeit von 14,2Meter erzielen kann. Mit diesem Schiff wurden imSommer 67 Fahrten von zusammen 145 Stunden Luftaufenthalt unter-nommen. ca. 5200 Kilometer zurückgelegt und 597 Personen befördert.Mit diesem Schiff wurde die Dauerfahrt Frankfurt a. M.— Rüni-berg— Augsburg— München— Stuttgart— Frankfurt a. M. vom 12. bis16/Oktober unternommen, wobei der Ballon die ganze Zeit imFreien blieb und trotz des schlechten Wetters wenig au GaSdichtigkeiteinbüßte. Dieses Modell, das in militärischen Besitz übergeht, sollenergisch weiterentwickelt werden, da es bewiesen ha:, daß das un-starre System auch bei diesem großen Volumen betriebssicher bleibt.Zum Schluß seines Vortrags verglich Herr v. Parseval seinSystem mit den allein konkurrierenden Systemm Zeppelins und desdeutschen MilitärluftschiffS. Er findet, daß Zeppelin für kürzereFahrtdauer wegen seiner geringeren Geschwindigkeit nicht konkurrenz-fähig ist und daß auch dem Militärluftschiff wegen seiner Schwereder Wettbewerb erschwert ist.Die„Apachen" unter dem �ncien regime. Ans Paris wirduns geschrieben: Die reaktionäre Presse liebt eS, das Verbrechertumder modernen Großstädte der GlaubenSlosigkeit unserer Zeit unddem sinkenden Respekt vor den Autoritäten zur Last zu schreiben.Ohne von der aus dem kapitalistischen Prozeß stammenden Pro-duktion von Paupers und Lumpenprolctaricrn und von denDegenerationsfakloren der moderne» Gesellschaft zu sprechen, kannman ruhig behaupten, daß es in der.guten alten Zeit" um dieAchtung vor Leben und Gut der Nebenmenschen durchaus nicht besserbestellt war. Man denke nnr an das Räuberunwesen in Deutsch-land im 17. und 18. Jahrhundert. Doch auch unter der glanzvolle»französischen Monarchie herrschten dieselben Zustände. Es war diegeit der berühmten Räuberhauptleute CartoucheundMandrin,ganz abgesehen davon, daß die Sozialdemokratie politisch unfruchtbarist und selbst berechtigte Forderungen durch ihre Maßlosigkeit bis-kreditiert. Die Sozialdemokratie will noch immer mehr für dieAgitation als für die praktische Arbeit leisten. Daher mußtenwir uns an die Konservativen halten, und daß diese versagten, warnicht unsere Schuld. Die Zeit deS Blocks ist nun vorüber, und wirwerden unsere Grundanschauungen weiter außerhalb des Blocksvertreten. Wenn wir jetzt eine taktische Wendung vornehmen, so be-deutet das aber keineswegs den Großblock. Der ist für jetzt e i nPhantasiegebilde, eine Utopie, niemand will ihn. Ichsage mit Herrn Friedberg: Wir bleiben die alten, wir rücken nichtnach rechts und nicht nach lints, wir gehen unseren geraden Wegauf der Linie unseres Programnis.(Bravo l links.)Abg. Arnim-Züsedom(k.): Herr v. Zedlitz hat gesagt:„Mankönnte annehmen, daß dem Zentrum jetzt die Rechnung präsentiertwird für die Unterstützung, die nian ihm geliehen hat, um seinepolitischen Machtziele im Reich zu erreichen. Ich bin nicht ganzunzweifelhaft, ob wir nicht die Quittung auf diese Rechnung bei derWahlrechtsvorlage erleben werden. Es ist mindestens möglich, daßdas Zentrum dafür sorgen wird, daß keine Aenderung des Wahl-rechts zustande kommt, der die Konservativen nicht zustimmenkönnen." Sollten mit denjenigen, die die Rechnung prüfen-tieren würden, die Konservativen gemeint sein, so müßtenich diese Behauptung auf das nachdrücklichste zurückweisen. Es be-stehen irgend welche Abmachungen in dieser'Beziehung nicht.(Bravo!rechts.) Herr Pachnicke, der das Ende des Blocks betrauerte, konntevon den Konservativen wirklich nicht verlangen, daß sie auf dieDauer, nachdem sie beim Vereinsgesetz usw. mitgemacht hatten, sichder kleinen freisinnigen Partei unterwerfen sollten.(Sehr gut!rechts.) Zum Kultusetat möchte ich bemerken, daß wir gegen einezu weit gehende Beseitigung der geistlichen Schulaufsicht ernste Be-denken haben.(Hört! hört! links.) Wir sind nach wie vor der An-ficht, daß der Einfluß der Kirche auf die Schule, insbesondere aufdie Volksschule, ausrecht erhalten werden muß.(Bravo I im Zentrumund rechts.)Herr Hirsch warf dem Hern: Eisenbahnminister vor. daß er dieEisenbahnbeamten und-Arbeiter hindere, sich zu freien Vereinigungenzusammenzuschließen. Ich halte es für ein großes Verdienst desHerrn Eisenbahnministers, daß er die ihm untergebenen Beamtenvon dem Anschluß an die Sozialdemokratie fernzuhalten wünscht.(Bravo! rechts.) Selbstverständlich kann jeder denken, was er will,auch jeder Eisenbahnbeamte und-Arbeiter. Aber sobald er seineGesinnung äußert und sie irgendwo öffentlich vorträgt, muß derVorgesetzte ihn daran zu hindern suchen, sonst würden wir sehr baldin französische Zustände hineinkommen. Ich hoffe, daß diesepreußische Disziplin und Straffheit uns noch sehr lange vor demGifte der Sozialdemokratie bewahren werden.(Bravo! rechts.)Abg. Schmieding(natl.): Daß Sie(zum Zenttum) keine kon-fessionelle Partei sind, glauben Ihnen ja Ihre eigenen Anhängernicht.(Sehr richtig I links.) Wenn Sie nur noch politisch seinwollen, dann ist die einzig richtige Konsequenz, Sie lösen sich auf.(Große Heiterkeit und Sehr richtig I links.) Was hält denn die ganzverschiedenen Elemente im Zentrum zusammen, wenn eS nicht dasBand der Konfession ist?(Sehr richtig! links.) Wie groß die Er-bitterung in den Reihen des Zenttums über seine Haltung bei derReichsfinanzreform ist, beweisen die Niederlagen des Zentrums beiverschiedenen Stadtverordnetenwahle» in Rheinland- Westfalen.Dort kam der Zentrumsturm ins Wackeln und begrubsämtliche Zentrumsabgeordneten unter sich.(Hört! hört!links.) Bei der Ferrerbewegung kommt es uns nichtauf die Person Ferrers an, sondern auf die Tatsache, daß das kleri-kale Regiment in Spanien die Schuld daran trägt, daß solche ver-kommenen politischen Zustände dort herrschen.(Sehr richtig! links.)Abg. Herold(Z.): Die von mir zitierte Aeußerung des Frei-Herrn v. Heyl zu Herrnsheim:„Wenn Sie wüßten wie groß dieAufsichtsratspolitik in unseren Reihen ist." bezieht sich, wie Herrv. HerrnSheinr selbst erklärt hat, nicht speziell auf die Natioualliberalen,sondern auf den ganzen Reichstag. Auch ich habe nichts anderesgemeint.(Zuruf bei den Nationalliberalen.)Vizepräsident Dr. Porsch: Herr Dr. Friedberg, soviel mir mit-geteilt wird, haben Sie Herrn Herold„Heuchelei" zugerufen.<Abg. Dr. Friedberg: Jawohl!) Ich rufe Sie deshalb zurOrdnung!Abg. Herold(fortfahrend) verliest ein Flugblatt, in welchen,dem Zentrum wiederholt Volksbetrug vorgeworfen wird.(Ausden Reihen der Sozialdemokraten ertönt der Ruf: Sehr richtig!)Sie rufen: Sehr richtig! Dabei ist es ein Flugblatt des national-die sogar der regulären Armee förmliche Schlachten liefetten.Und wie eS in Paris selbst aussah, zeigt Dupont-Ferrierim„Journal des Debats" an einigen charakteristischen Details.Besonders arg ging es in den Jahren der Fronde zu. 1643 wurdeninnerhalb dreier Monate in den Pariser Straßen nicht weniger als372 Männer ermordet, 1643 am Dreikönigstag allein 1644. Unterdem„Sonnenkönig" Ludwig XIV. hob der Polizeiminister LaRehme organisierte Mörderschulen auf, die von ihren Schülernals Meisterstück die Tötung eines Menschen um 3 Sous verlangten.Ludwig XIV. glaubte eine Hauptursache der Unsicherheit in derGröße der Stadt zu entdecken— sie zählte damals etwa eine halbeMillion Einwohner— und erließ am 26. April 1672 ein Verbot, sieweiter zu vergrößern. Die Banditen waren damals so dreist,daß sie die aus der Oper komn, enden Herren und Damenanfielen und ihre Kleider in Brand steckten. Ludwig ver»ordnete alö weitere Sicherheitsvorkehrungen die Vermehrung derPolizei: die Zahl der Sergeanten zu Fuß wurde von 40 auf 160,die der Berittenen von 20 auf 120 gebracht— und die Anbringungvon Straßenlaternen befohlen. Wie sensationell diese auf die Zeit-genossen wirkte, geht auS der Klage des Abbö Terra sson hervor,der 1750 als Mitglied der Akademie gestorben ist:„Man fürchtetenicht mehr ermordet zu werden und die Wissenschaften littendarunter. Statt zur Zeit heimzugehen, blieb man lange aus und verlor die Lust zur Arbeit." Daß eS indes mit der Sicherheit vorMördern»i<N so weit her Ivar, zeigt sich darin, daß trotz derStraßenlaternen manche Leute Fackelträger aufnahmen und vondiesen ermordet wurde». Und unter Ludwig XVI. ereignete es sich,daß ein Spieler, um seine große Beute glücklich heimzubringen, einePolizeipatrouille herbeirief, um sich von ihr gegen Ueberfälleschützen zu lassen. Die Patrouille hielt in der Tat dritte Personensorgsam von ihm fern, aber zu dem Zweck, ihn s e l b st zu be-rauben.Humor und Satire.Hoeren- Strafen.Ja, wir Talg- und ZentnimSlichtersind des Volks erwählte Richter.Erst den Magen ausgebcutelt,nun die sünd'ge Brunst vereutelt.Mittelalterliche Strafenwerden Heinzeparagraphen:Jede Regung ritsch! kastriert,Heuchelei kanonisiert.Wer sich schweinsche Bilder sainmelt.sei nur leicht mal aufgebammelt,wer es nachzutun gedenkt,sei im Steinsack mild ertränkt.Wem ins Weibsbad durch die Plankenirren Blicke und Gedanken,sei der Schädel sanft gesplissenund die Augen auSgertffen.liberalen Wahlausschusses, und für dieselben Nationalliberalenhat Abg. Bassermann erklärt, sie ivären bereit, 400 Millionen indi-rektc Steuern zu bewilligen.(Hört! hört! im Zentrum.) Damitfällt der Vorwurf des Volksbetruges auf Sie(zu den National-liberalen) selbst zurück, Sie spotten Ihrer selbst und wissen nichtwie!(Sehr gut! im Zentrum.)Wir sollen die Erbschaftssteuer abgelehnt haben, um denFürsten Bülow zu stürzen! Glauben Sie wirklich, daß wir sotöricht sind, dem Volke dauernde Lasten aufzuerlegen, um derPerson eines Ministers wegen? Daß wir keine freundschaftlichenBeziehungen zum Fürsten Bülow hatten, war erklärlich, nachdem erunsere Fraktion in einer Weise beleidigt hat, wie es vielleicht nochniemals von einem Staatsmanne geschehen ist. Wir brauchtenden Fürsten Bülow wirklich nicht zu stürzen. Seit den November-tagen 1908 war es ein offenes Geheimnis, daß die Tage des FürstenBülow gezählt waren.(Sehr wahr! im Zentrum.) Herr Wiemerhat wieder gegen unsere Zollpolitik gesprochen. Tatsache ist aber,daß infolge dieser Zollpolitik für die Arbeiter Lohnerhöhungenmöglich wurden, die um ein Vielfaches etwaige Preissteigerungenübertreffen.(Lebhafter Widerspruch bei den Sozialdemokraten.)In Spanien ist die Freiheit größer als in Preußen,(Gelächterlinks), seine freien Privatschulen hätte Ferrer in Preußen nie er-richten können.(Sehr gut! im Zentrum). Die Behauptung desHerrn Schmieding, daß Spanien an den Jesuiten zugrunde ge-gangen sei, beweist die Engherzigkeit gewisser Kreise, die in fana-tischem Haß gegen alles, was katholisch heißt, erzogen werden undbei denen die Intelligenz nachher nicht soweit reicht,(Heiterkeitim Zentrum) daß sie sich ein eigenes vorurteilsloses Urteil bildenkönnen. Wir erkennen an, daß die Schule in Preußen Staats-schule ist, aber wir verlangen, daß die Kirche mitwirkt und darüberwacht, daß die Erziehung in dem Geiste der speziellen Konfessiongeleitet wird. Kirche und Schule müssen zusammengehen, das istchristlicher Grundsatz.(Bravo im Zentrum.) Tatsache ist, daß wiruns mitten im Kulturkampf befinden: im Kampfe um die Freiheitder katholischen Kirche.(Lebhaftes Bravo! im Zentrum.)Abg. Dr. Friedberg(natlib.): Ich möchte zunächst den HerrnPräsidenten und das Hohe Haus um Entschuldigung bitten, daßich die parlamentarisch« Ordnung durch einen Zwischenruf gestörthabe. Das Wort nehme ich zurück, aber zu der Entrüstung, zu derich mich hinreißen ließ, war ich'durch das Vorgehen des HerrnAbg. Herold vollauf berechtigt.(Sehr richtig! bei den National-liberalen.) Gegenüber den Ausführungen des Herrn Herold überunsere Haltung bei den letzten Reichstagswahlen genügt es Wohl.darauf hinzuweisen, daß das Zentrum oft genug mit der Sozial-demokratie koaliert hat. Gerade einer Partei, die sich immer alsVertreterin des Christentums aufspielt, müßte es besonders peinlichsein, sich nachsagen zu lassen, daß sie mit der Sozialdemokratie zu-sammengegangen ist, die in religiöser Beziehung auf dem entgegen.gesetzten Standpunkt steht.(Sehr gut! bei den Nationalliberalcn.)Daß das Zentrmn den Sturz des Fürsten Bülow getoollt hat, gehtaus der Zentrumsbroschüre„Zentrum und Finanzreform" hervor.Da wird als Erfolg der Zentrumspolitik auch derSturz des Fürsten Bülow bezeichnet!(Hört! hört!links.) Alles, was die Zentrumspartei in dieser Broschüre überdiesen großen Staatsmann zu sagen hat, ist: er sei der größteSchuldcnmacher gewesen.(Hört! hört! links.) Also ich kann HerrnHerold nur zurufen: Lesen Sie die Schriften Ihrer eigenenPartei!(Heiterkeit links.) Darin bin ich mit Herrn Herold einig,daß keine Konfession bei der Besetzung von Staatsämtern bevor-zugt werden soll. Begünstigt wird bei uns in der Tat nur der Adel.(Widerspruch rechts.) Es entspricht daS den Traditionen despreußischen Staates, und auch unter Herrn v. Moltke scheint esnicht anders zu werden. Die Rede des Herrn Herold hat dem Volkeklar gezeigt, wohin wir kommen würden, wenn die Ansprüche desZentrums erfüllt würden. Nicht Freiheit der katholischen Kirchewürde die Folge sein, sondern Unterdrückung unserer Schulen durchdie Kirche.(Sehr richtig! links.)Hierauf wird ein Schlußantrag gegen die Stimmen der Sozial-demokraten und Freisinnigen angenommen. Ein größerer Teildes Etats geht an die Budgetkommission. Damit ist die Tages-ordnung erschöpft.Nächste Sitzung: Mittwoch 12 Uhr:(InterpellationendeS Zentrums und der Polen wegen der Kattowitzer Bcamtenmaß.rcgelungen.)Schluß 5% Uhr.Wer da? Zölibat gelobteund'S doch auf der Köchin probte,sei gevierteilt, auch gerädertund am Wanste abgeledert.Wer durch leichtbeflissene Schürzenfasset mit Liguoris Würzen.dem sei'n Zunge und Testikelnbloß mit Pechglut zu umwickeln.Also büße christlich jeder Sünder,bloß nicht unsere frommen Zentrum»»linder!_ Flez.Notizen.— Ein Theatermuseum in München. KlaraZiegker.die kürzlich verstorbene Tragödin, hat der Deutschen Bühnen-genossenschaft(der Organisation der Bühnenkünstler) ihr Haus inMünchen und dazu ein Kapital von 150 000 M. mit der Bestimmungvermacht, damit ein Theatermuseum zu begründen. Ob die Schau-spielcrin ihren Kollegen damit einen besonderen Gefallen getan hat,scheint uns sehr fraglich. Privathäuser sind für Museumszweckcwenig brauchbar, und ein deutsches Theaterinuseum, dessen besondereNotwendigkeit nicht ersichtlich ist, wird der Bühnengenossenschast nurKosten verursachen.— Das KönigSdenkmal des Pianisten. Diepreußische Polenpolitik hat den bekannten Pianisten I. Paderewskigereizt, der Stadt Krakau ein Denkmal deS polmschen KönigsJagicllo, der am 15. Juli 1410 bei Tannenberg das Heer desDeutschen Ordens besiegte, zu stiften. Das Denkmal soll zum500. Jahrestage dieser blutigen Schlacht enthüllt werden. So ver-ständlich eS ist, daß ein Chauvinismus den anderen züchtet, so zeugteS doch von wenig Kulturgeschmack, daß ein Künstler sein Volk nichtander« zu ehren weiß als durch eine Verherrlichung eines Schwert-trägerS.— Kinder auf der Flugmaschine. Welche törichtenund gefährlichen Auswüchse der Luftsport zeitigt, beweist eine Mel-dung aus Rheims(Frankreich). Dort hat der Flngmaschinen-techniker Henriot seinen zwölfjährigen Jungen mit seinem Apparateallein fliegen lassen. Natürlich erregte dieses leichtfertige Unternehmen„die Bewunderung aller Zeugen".— Nene Dinosaurierfunde in Amerika. In denVereinigten Staaten sind in der letzten Zeit zahlreiche Funde vonResten jener gewaltigen Tiere aus der Saurierzeit gemacht worden,die längst ausgestorben sind und heute unser Erstaunen in denMuseen wachrufen. Der Diplodocus, den Carnegie unserem natur-historischen Museum im Abguß gestiftet hat, galt bisher als dasgrößte Urvieh. Jetzt sind nach einer Mitteilung von dein Direktordes Carnegie-MuseumS in PittSburg wieder drei Niesenskeletta vonDinosauriern in Utah gefunden worden. Eins davon ist noch länzerund mofstver als der DiplodocuS.