meinte, man könne sich nicht festlegen. Bezüglich der sechsten Frage aber wollte Herr Marx von Fall zu Fall entschieden wissen. Auf Anweisung des Vorsitzenden der Versammlung, deS Grafen Wolff-Melternich, bestieg dann Herr Äloft die Redner- bühne, um das Verlangen der Arbeiter als sozialistisch hinzustellen. Seine Ausführungen wirkten äusterst deprimierend auf die Arbeiter. Viele verliefzcn den Saal, andere zeigten große Erregung. Um die Leute abzulenken, schwenkte Herr Kloft den roten Lappen. Er zog über die Sozialdemokratie her, ohne aber den gewünschten Erfolg zu erzielen.— In der weiteren Diskussion trat dann noch- mals ein christlicher Arbeiter auf, um das freie Wahlrecht und die Neueinteilung der Wahlkreise zu fordern. Ihm wurde über- baupt nicht geantwortet. Bon den Steuerhinterzieheru. ES ist in letzter Zeit namentlich von der Sozialdemokratie oft darauf hingewiesen worden, daß die Einnahmen des Staates an biraVm Steuern bedeutend höher sein würden, wenn die reichen Leute richtige EinkommenSdeklarationen abgeben würden. Wie aber die Steuererklärungen aussehen, zeigen die folgenden Zahlen: In ganz Preußen wurden im Steuerjahr 1903 738 363 Steuer- erklärungen abgegeben. Das sind zirka 40 000 mehr als im Jahre 1907. Von den Steuererklärungen des Jahres 1908 mußten nicht weniger als L36 063, also ungefähr der dritte Teil, wegen Fehlern und Unrichtigkeiten beanstandet werden. Daß die Beanstandungen auch mit Reckt erhoben wurden, geht daraus hervor, daß in 75 Proz. der Fälle der Steuersatz entsprechend richtiggestellt werden mußte. Infolge der Beanstandungen sind gegen- über den Angaben der Steuererklärungen an steuerpflichtigem Einkommen rund drei« hundertdreißig Millionen Mark, und an Staats- einkommen steuern rund elf Millionen Mark mehr festgestellt bezw. veranlagt worden. Im Verhältnis zur Steuersumme ergibt sich, daß schließlich 35 Proz. mehr veranlagt, als von den Steuerzahlern angegeben worden ist. Wäre entsprechend den Junkerwünschen nichts beanstandet worden, so wären die Steuerpflichtigen um mehr als ein Drittel zu niedrig veranlagt worden. Dabei ist bekannt. wie wenig gründlich die Beanstandungen noch find und fein »können"_ Deutsch -amerikanische Zoltvvrhandlunge«. Zu einem Kampf mit den Agrariern dürften sich die VerHand- lungen über den deutsch -amerikanischen Handelsvertrag zuspitzen. Dem „Berliner Lolal-Anzeiger' meldet nämlich ein Kabeltelegramm, daß die einzigen strittigen Punkte die Einfuhr von Fleisch und von Früchten sind. Wie man hört, sind die parlamentarischen Geschäftsführer des Bundes der Landwirte, die Abgg. Dr. Hahn und Rösicke. eifrig bei der Arbeit, jedeS Zugeständnis Deutschlands auf diesen Gebieten zu hintertreiben. Soviel steht beute bereits fest, daß diese Verhandlungen zu scharfen Zusammenstößen mit den Anhängern der agrarischen Wirtschaftspolitik führen werden. In Amerika erheben sich gegenüber den kapitalistischen Hetzern, die es gern im eigenen Interesse zu einem Zollkrieg treiben möchten, ebenfalls nianche Stimmen, die zur Nachgiebigkeit raten. Wie der Telegraph meldet, schreibt die angesehene„Evening Post": „Jedermann mutz hoffen, daß die Ausschließung Deutschlands und Frankreichs aus der Liste der Länder, die mit Amerika in Tariffrieden leben, nur temporär fein wird. Ein Tarifkrieg mit Deutschland oder Frankreich würde nur die verheerenden Folgen haben, die seinerzeit der französisch -schweizerische Tarifkrieg hatte. Auf beiden Seiten ist nur der Geist vernünftiger Nach- giebigkeit notwendig, um ein gutes Einvernehmen herbeizuführen. Die Washingtoner Behörden sollten bedenken, daß der Paynetarif schon genug Odium hervorgerufen hat. „Globe" hebt die Bedeutung des Handelsverkehrs mit Deutsch - land und die durch einen eventuellen deutsch -amerikanischen Zoll- krieg hervorgerufene Kalamität hervor. ES sei ein! Glück für beide Länder, daß Taft kein Tariffrömmler sei; es könne nicht stark genug wiederholt werden, daß kein antideutsches Gefühl in Amerika und keine Neigung vorhanden sei, Deutschland unterschiedlich zu behandeln. « Der„Franks. Ztg." wird auS New gorl gekabelt: New Uork, 20. Januar. Halbamtlich wird erklärt, Amerika verlange nur die volle Meistbegünstigung. Falls die» Deutschland gewähre, erhalte eS den Minimaltarif. Graf Bernstorff hatte eine längere Unterredung mit dem Staatssekretär Knox. Ersterer bot Deutschland Zugeständnisse im Handelsprovisorium an, jedoch dürfe Amerika die seinigen zurückziehen, indeffen Minimalraten ge- währen. Knox besteht auf Fleischkonzessionen. Die bayerische Bierftener. München , 18. Januar. Der Landtagsausschuß zur Vor- beratung des Entwurfs eines Malzaufschlaggesetzes hat (eine Arbeit in erster Lesung beendet. In allernächster Zeit wird ich das Plenum mit der Sache zu beschäftigen haben. Die bedeutende Erhöhung des Malzaufschlages ist ein sehr sauerer Apfel, in den das bayerische Zentrum beißen mutz. Und das Unangenehmste für diese Partei ist, daß die unausbleibliche Er- höhung des Bierpreises und der vielleicht ausbrechende Bierkrieg die so wie so noch nicht vergessene Reichsfinanzreform noch recht lange im Gedächtnis des bayerischen Volkes lebendig erhalten wird. Bayern besitzt bekanntlich ein Sonderrecht auf dem Gebiete der Bierbesteuerung und muß daher einen Ausgleichsbetrag an das Reich zahlen. Dieser belief sich 1906 auf rund 4�4 Millionen Mark. Infolge der Aenderung des Reichs-Brausteuergesetzes in den Jahren 1906 und 1909 muß Bayern jetzt für sein Bierreservatrecht pro Jahr nicht weniger als 18sL Millionen Mark zahlen. Wie Bayern diesen Ausgleichsbeitrag aufbringt, ist feine Sache. Es könnte ihn so gut wie durch eine Erhöhung deS Rdalzaufschlags auch aufbringen durch Erhöhung der direkten Steuern. Die Re- gierung wählt natürlich den ersten Weg, nimmt aber die Sätze gleich so hoch, daß nicht nur das Mehr der notwendigen Ausgleichs- summe, sondern darüber hinaus noch ein Betrag von 2 Vi Millionen Mark zum Vorteil des bayerischen Staatssäckels sich ergibt. Zu- gleich empfiehlt sie den Brauern, den Preis des Bieres pro Liter um 2 Pf. zu erhohen. Für Brauereien, die nach dem 1. März 1910 in Betrieb genommen werden, erhöhen sich die obigen Sätze allgemein um 25 Prozent. Damit wird nach dem glorreichen Muster der Reichs- gesetzgebung den Braukapitalisben die Möglichkeit gegeben, ihre Kar- tellorganisation straff auszubauen und sie damit in die Lage v:r- setzt, die Preiserhöhung und womöglich noch mehr ganz auf die Konsumenten zu überwälzen. Die erhöhte Steuer für neu: Braue- reien hält ihnen die Konkurrenz ab und sperrt das Gewerbe Zunft» artig ab. Nicht ohne Bedeutung und eine Neuerung auf dem Gebiete der Bierbesteuerung ist ein Antrag, der eine Dellarationspflicht für da? Bier festlegt. Der Antrag lautet: „Die Steuerbehörde ist befugt, das Ergebnis der Unter- suchung von Bierproben unter namentlicher Bezeichnung der Brauer, von welchen das untersuchte Bier stammt, und der Aus- fchank, bei welchem die Probe entnommen worden ist. öffentlich bekannt zu geben. Schankberechtigte Brauer, Bierwirte und Bierhändler haben das Ergebnis der Untersuchung von Bierproben, die in ihren Be- trieben von der Steuerbehörde entnommen worden sind, in den Ausschank- oder Berkaufsräumlichkeiten durch Anschlag ersichtlich zu machen." Man ivill durch diese Maßregel der Bieriontrolle die söge- nannte Hektoliterjagd einschränken uird den guten Ruf des baye- rischen Bieres erhalten. Die kleinen Brauer find Gegner, die großen Brauer Freunde einer solchen Deklarationspflicht. Es bedarf keiner besonderen Beteuerung, daß die sozialdemo- kvatischc Partei gegen die Erhöhung des Mälzaufschlages stimmen Ivird. Sie überläßt cS den bürgerlichen Parteien, die im Reichs- tage für eine Biersteuererhöhung eingetreten sind, dieses Werk in Bayern zu vollenden._ Herr Harden auf Gastspielreisen. Während in England die TorieS das Volk vor dein Gespenst der deutschen Invasion graulich zu machen suchen, betreibt in Deutschland dasselbe Gewerbe der bekannte Herr Harden. Dieser Tage hat er auch in Posen eine Gastrolle gegeben, und zwar, wie er es überall tut.„in eleganicr Gesellschaftstoilette, mit hochfrisiertem Haar", Blume im Knopfloch usw. Mit welchen Mitteln er seinen Vortrag interessant zu machen versuchte, zeigt die Tat- fache, daß er von dem Fürsten Eulenburg nur immer als von dem großen„Verbrecher" sprach. Sein ganzer Bortrag klang zuletzt aus in dem Ruf nach starken Ministern, die den Mut hätten mit England anzubinden. Das deutsche Volk möge im Augenblick von allen inneren Fragen absehen und seine ganze Kraft gegen England richten. Wörtlich sagte er:„Wir sind ja nicht ein armes, schwaches Volk. Wir brauchen uns gar nicht so ängstigen und brauchen uns nicht zu scheuen, uns mit einer so großen Macht wie England auseinanderzusetzen." Herr Harden hat sich vortrefflich entwickelt; schade nur, daß ihn fast niemand mehr ernst nimnit. Eines Feldwebels„Nvtwehr"! Vor dem Kriegsgericht der 38. Division in Erfurt stand am Mittwoch der B i z e f e l d w e b e l Wilhelm Wagner von der 8. Kompagnie deS 71. Jnfanterie-RegimentS in Erfurt . Er befand sich am 10. Oktober v. I. in seinem Heimatdorfe Kühndorf lKreis Schleusingen) auf Urlaub, um das Kirchweihfest mitzufeiern. Dabei hat er de» Schlosser H. aus Dietzhausen derart mit dem Säbel auf den Kopf geschlagen, daß dieser eine klaffende Wunde davontrug. Der Angeklagte stellte eine Mißhandlung des H. entschieden in Abrede, er habe nur in der„Notwehr" von der Waffe Gebrauch gemacht. An einer Schießbude stehend, sei er von einem Manne gestoßen worden. Er sei darauf drei Männern nach- gelaufen, die Fersengeld gegeben hätten; al« er dabei gestürzt sei. wäre einer der Männer mit einem Stock auf ihn zugesprungen und nun habe er blank gezogen und dem Gegner einen Schlag auf den Oberarm versetzt. So die harmlos klingende Schilderung des Feldwebel». Ganz anders lauten die eidlichen Aussagen der drei Männer aus Dietz- hausen. Danach hat der Feldwebel jene drei, die an dem Vorfall an der Schießbude gar nicht beteilig: waren, mit gezogenem Säbel verfolgt und ohne weiteres den H. auf den Kopf ge- schlagen, daß sofort das Blut hervorquoll. MS der Feldwebel später gefragt wurde, warum er einen Unschuldigen mißhandelt habe, gab er zur Antwort:„Und wenn ich ihm den Schädel gespalten hätte, wäre eS mir auch egal I' Nebenbei hat der Feldwebel die drei Dietzhäufer auch noch durch Schimpf» Worte beleidigt. Diese Darstellung der drei vereidigten Zeugen leugnete der Feldwebel durchweg ab und sein Verteidiger, ein Haupt- mann, bezeichnete sie als ein M ä r ch e n. Es müsie dem A n- geklagten, der ein vorzüglicher Soldat fei, Glauben geschenkt werden. Wohin soll es führen, so meinte der Verteidiger, wenn im Falle der Notwehr der Soldat nicht von seiner Waffe Gebrauch machen dürfe? Es bestehe unter den Unteroffizieren leider das Gefühl, daß sie die Waffe nicht ziehen dürfen; somit ließen sie sich öfters mehr ge- fallen, als sie nötig hätten. Der Angeklagte sei in allen Punkten freizusprechen. Das ging nun angesichts der einwandfreien belastenden Zeugen- aussagen doch nicht an. Das Gericht verurteilte den Feld? webel zu der immerhin milden Strafe von sechs Wochen zwei Tagen Gefängnis. Wenn die Ansicht des Verteidigers, daß die Unteroffiziere viel zu wenig von ihrer Waffe Gebrauch machen, allgemeine Geltung erlangen sollte, so gehen wir recht netten Zuständen entgegen. fpanhrdefo. Die Schuldebatte. Paris , 20. Januar. Die Deputiertenkammer setzte heute die Beratung der Interpellation über die Laienschulen fort. Abbü Gayraud führte aus. die Bischöfe seien in ihrem Rechte, wenn sie die Schulbücher verurteilten, und die Eltern täten ibre Pflicht, indem sie den Bischösen gehorchten. Die Priester ständen unter keinerlei politischer Geeinflusfung.(Beifall rechts.) Gayraud protestierte dann gegen die Absichten des Untercichts- ministerS und verlangte aufrichtige Anwendung der Unterrichts» frcibeit. RoUand. Für das allgemeine Wahlrecht und den Zehnstundentag. Amsterdam , 18. Januar. (Gig. Bcr.) Am Freitag voriger Woche fand eine gemeinschaftliche Versammlung des Parteivor- standes und des Vorstandes der Gewerkschaftszentrale zur Beratung der Aktion für das allgemein« Wahlrecht und den Zehnstundentag statt. Beschlossen wurde, in diesem Jahre wieder die gebräuchliche nationale Wahlrechtsdemonstration an einem Sonntage vor der Parlamentseröffnung zu veranstalten. Auf kräftige Mitwirkung der Gewerkschaften, die auch zugesagt wurde, wird gerechnet. Dann wurden die Mittel besprochen, um den Wahlrechtskampf auch mehr in jene Gegenden zu tragen, die bisher noch außerhalb der Be- wegung standen. Der Parteivorstand soll auf dem bevorstehenden Parteitage beantragen, eine Volkspetition in die Wege zu leiten. Im Jahre 1911 sollen im ganzen Lande Versammlungen abgehalten werden im Verein mit der Unterzeichnung der Pctitionslisten. Auch in den Gewerkschaftsversammlungen soll daS allgemeine Wahlrecht auf die Tagesordnung gesetzt werden. Am Eröffnungstage der Kammer soll die Petition durch Dele- gierte der Organisationen des ganzen Landes der Regierung über- reicht werden. Die Teilnahme von Tausenden von Wahlrechts- kämpfern. Richtdelegierten, an der Ueberreichung, kann, so hoffen beide Vorstände, eine großartigeDemonstration für das allgemeine Wahlrecht werden. Bezüglich des ZehnstundentageS wurde beschlossen, die zentralen Arbeiterorganisationen anderer Richtung einzuladen, um gemeinschaftlich am nächsten Himmelfahrtstag im Anschluß an das Votum der Zweiten Kammer für den Zehnstundentag zu demonstrieren. Japan . Die Mandschureibahnen. New Jork , 20. Januar. Nach einer Meldung auS Peking hat die j a p a n i s ch e Regierung der chinesischen in nicht formeller Weise mitgeteilt, fl» beabsichtige in gemeinsamem Vorgehen mit Rußland den Borschlag deS Staatssekretärs Knox abzn« lehnen. China trage für diesen Vorschlag die Verantwortung und habe sich bannt eines unfreundlichen Aktes gegen Japan schuldig gemacht. Hus der Partei. Parteiliteratur. Im Verlage der Wiener Volksbuchhandlung(J. Brand u. Co.) erschien soeben: Der deutsche Arbeiter und der Nationalismus. Untersuchungen über Größe und Macht der deutschen Nation in Oesterreich und das nationale Programm der Sozialdemolratie von NeichsratZ- abgeordnelen Dr. Karl Nenner. 72 Seiten. Preis 60 Pf. Das Buch ist eine kurze, populäre Darstellung der sozial« demokratischen Auffassung der nationalen Fragen, im besonderen an den Problemen des österreichischen Staatslebens entwickelt. Die Phrasen der deutschen und slawischen Nationalisten werden zerpflückt, ihre Ideen- und Programmlosigkeit wird ausgezeigt. Ziffern- mätzig wird dargetan. daß die Größe und Zulunft deS deutschen Volkes nicht in Amtssprache und Sprachentafeln liegt, sondern in der lebendigen, schaffenden Masse des arbeitenden Volkes. Die Schrift zeigt den Gegensatz zwischen dem bürgerlichen Radau« »ationalismus und der proletarischen Nationspolilik, den Gegensatz zwischen nationaler Fremdherrschaft und nationaler Selbsirkgierung, zwischen Staatsrecht und Nationalrecht, zwischen Gewaltpolitik und Rechtspolitik und erweist zum Schlüsse, wie mit der nationalen Selbftregierung die brüderliche Solidarität der Völker, der Jnter- Nationalismus vereinbar ist. O Im Berlage der Buchhandlung Vorwärts erschien: Erzvätergrschichten. Heft 3 der Biblischen Geschichten, Beiträge zum geschichtlichen Verständnis der Religion, von Max Maurenbrecher . Preis der VereinSauSgabe 40 Pf. Der Inhalt gliedert sich in die Kapitel: Abraham, Isaak, Jalob, Joseph, die zwölf Söhne Jalobs. Im Anhang folgen Texte. Jugendbewegung. Arbeiter» Jugend. Aus dem Inhalt der soeben erschienenen Nr. 2 heben wir hervor: Die Lehre. — Die politischen Parteien.— Was heißt liberal?— AuS meiner Kindheit. Von Olto Krille. (Fortsetzung.)— Der Dichter der Räuber(illustriert). Von Dr. Wil- beim Hauieilstein. Das Feudal- oder Lehnswesen.— Vom Zlgitaltonsfeld der evangelischen Jünglingsvereine.— Zur wirtschaftlichen Lage der Lehrlinge usw. Beilage: Der Geiß-Cbristelli. Erzählung von Ernst Zahm — Die Ubr. Von Maxim Gorti.— lieber die Pflege der Unter- Haltung und Geselligkeit(Schluß). Von R. Weimann.— Ein kühner Forscher(illustriert).— Neues von Pitt und Wilm. Von Thea Blistain.— Ein Feenmärchen.— Schneeschipper. Gedicht von Ludwig Lessen usw._ Soziales. Prämien für Kasscnbetrllgcr. Der Kapellmeister Johannes Schramm, früher in Berlin , Borsigstr. 23, später in Plauen (Vgtl.), Voßstr. 15 bei Fleischmann wohnhaft, zog von den bei ihm beschäftigten Musikern die Ein- trittsgeider und Krankenkasscnbeiträge durch Einbehaltung von 73,22 M. ab, lieferte sie aber nicht in die Krankenkasse(Allgemeine Qrtskranlenkasse) ab. Die Exekution wegen der Beiträge blieb fruchtlos. Er ist nun von der hiesigen 7. Strafkammer wegen dieser Unterschlagungen zu ganzen 3 M. Geldstrafe verurteilt. DaS Gesetz bedroht solche Unterschlagung mit Gefängnisstrafe bis zu 5 Jahren, neben der auf Geldstrafe bis zu 3000 M. und auf Ehr- Verlust erkannt werden kann. Bei Annahme mildernder Umstände kann ausschließlich auf Geldstrafe erkannt werden. Der Rein- gewinn des so mild behandelten Mannes beträgt 70,22 M. Und solche milden Urteile in Strafsachen, in denen es sich um Schädi- gung von Arbeitern handelt, sollten nicht zur Begehung ähnlicher Delikte anreizen? �_ Celluloidgefahr. Ein Stoff, der eine große und scheinbar immer noch wachsende Verwendung in der Industrie findet, obgleich immer wieder auf seine bedenklichen Eigenschaften hingewiesen werden muß, ist das Celluloid. Seine Feucrgefährlichkeit ist allerdings durch den Ver- gleich dieses Körpers mit Schießbaumwolle stark übertrieben wordem Immerhin gehören Unfälle bei der Fabrikation oder der Verwen- dung nicht zu den Seltenheiten. Der Wiener Mitarbeiter des „Journals der Amerikanischen Medizinischen Vereinigung" meldet ein recht bösartiges Ereignis dieser Art, das jüngst in Oesterreich vorgekommen ist. In einer Celluloidfabrik brach ein Feuer aus, und durch die dabei entwickelten giftigen Gase wurden 18 Menschen erstickt, ehe sie auch nur einen Versuch machen konnten, sich zu retten. Wegen die Firma wurde nun ein Gerichtsverfahren ein» eleitet. bei dem auch ärztliche Sachverständige gehört wurden, und iese gaben ein höchst ungünstiges Gutachten über den Mangel an Vorsichtsmaßregeln ab. Insbesondere wurde das Fehlen von Vor- ricktungen für Lüftung und für Beseitigung des CelluloidstaubL gerügt. Ferner wurde empfohlen, die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in diesem Gewerbe zu verbieten, weil durch die natür» liche Fahrlässigkeit und die geringere Erfahrung der Jugend die Gefahr gesteigert werde. Da das Celluloid sich den Markt in so großem Umfang erobert hat, ist es dringend geboten, durch Schutz- einrichtungen die Gefäbrlichkeit der Fabrikation avk ein Mindest- maß herabzusetzen._ Bon der Umsatzsteuer. Die offene Handelsgesellschaft Catzmann und Lohn in Essen, deren Inhaber die Gebrüder C. waren, löste sich 1908 auf. Der eine der beiden Gesellschafter übernahm Aktiven und Passiven und führte das Geschäft weiter. Eine Umschreibung der beteiligten Grundstücke erfolgte erst 1908. Darauf wurde Kaufmann Catz- mann, der Inhaber des Geschäfts, zur Umsahsteuer mit 8900 M. herangezogen. Der Magistrat ging davon aus, daß er erst durch die Umschreibung das Eigentum an den Grundstücken erworben habe.— Auf die Klage Caßmanns wurde er in letzter Instanz vom Obcr-BcrwaltungSgericht freigestellt. Begründend wurde ausge- führt: Wenn aus einer, auö zwei Gesellschaftern bestehenden Offenen Handelsgesellschaft der eine Gesellschafter ausscheide und der andere das Geschäft mit der bisherigen Firma unter Ueber- nähme der Aktiven und Passiven der Gesellschaft weiter führe, so vollziehe sich der Eigentumserwerb am Gesellschaftsvermögen und körperlichen Sachen(auch Grundstücken) durch Akkreszenz(Zuwachs). Das sei kein Eigentumserwerb aus Grund freiwilliger Vcräuße- rung im Sinne der älterey Umsatzsteuerordnung der Stadt Essen. Diese würde darum die Heranziehung zur Umsatzsteuer nicht recht- fertigen, obwohl der Uebergang des EigeutumS an den Grund» stücken bereits 1898 durct' die Auslösung der Gesellschaft, also unter der Herrschaft der alten Städteordnung erfolgt sei. Ucbrigens wäre der eventuelle Anspruch auf Grund einer Veräußerung von 1898 auch verjährt.(8 87 K.A.G.) Die neue Umsatzsteuerordnung, die jeden Eigentumswechsel an Grundstücken der Steuer unterwerfe, scheide aus, weil der Eigentumswechsel unter der Herrschaft der alten durch Auflösung der Gesellschaft ohne weiteres erfolgt sei. Die 1908 erfolgte Umschreibung im Grundbuch habe unter diesen Umständen»licht die Bedeutung eines Eigentumswechsels, sondern nur die einer Berichtigung des Grundbuchs.
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