gegcullber gestellt mit bcm Erfolg, daß unser Oeuosse mit der gewaltigen Mehrheit von 71-10 Stinunen gewählt wurde. Wie bei den Hottentottenwahlen von 19O7 iil Deutsch- land, so hat eS fkch jetzt auch in England gezeigt, daß die Arbeiterklasse allein dein chauvinistischen Sturnr standgehalten hat. Das erkennt auch die radikale Presse un- umwunden an, die die großen Verdienste hervorhebt, die sich das industrielle Proletariat um die Freiheit erworben hat. Das führende liberale Wochenblatt„Die Nation" schreibt heute: Die Rewnng unserer Verfassung werden wir der o»rg an isi erben Arbeiterklasse zu verdanken haben. In i-hr liegt die Stärke der britischen Demokratie; sie steht felsenfest gegen die Reaktion. Es braucht nicht erst gesagt zu werden, daß die Lage der liberalen Regjeru»g eine sehr prekäre geworden ist. Selbst die Unterstützung der Arbeiterpartei sichert ihr nicht die Majorität,, sie ist btö jetzt wenigstens ganz auf die Hilfe der Iren angeiviesen. In den wichtigsten Fragen aber, die zur Entscheidung kommen werden, sind die Iren unzuverlässig. In der Frage des Freihandels ist aus diese Partei, in der die agrarischen Interessen stark Vertretern find, durchaus nicht unbedingt zu zählen; noch weniger aber in der Budgetsrage. Haben doch die Iren, vornehmlich wegen der Erhöhung der GetrSnkbfteuein, in der zweiten Lesung gegen das Budget gestimmt, in der dritten sich der Abstimmung enthalten. Ihre ausschlaggebende Stellung werden sie jedenfalls rücksichtslos gebrauchen, um ftstr die irische Selbstverwaltuirq so viel als möglich zu erreichen. Die Abhängigkeit von den Iren aber hat noch immer die liberale Negieruua in Mißkredit gebracht und den Konservativen eine günstige Wahlparole gegeben. Dazu kommt, daß die große Einbuße, die die Liberalen an Mandaten und Stimmen erlitten haben, auch moralisch stark in die Wagcschale fällt und es ihnen außerordentlich schwer machen wird, den Kampf um das Budget uilü den Kamps gegen die Lords erfolgreich zu - Ende zu führen. Konservative Wahlknreinffussnngen. London , 2l. Januar. (Eig. Ber.j Bei diesen Wahlen macht sich ein TerroriSmuS geltend, der bisher in England noch nicht üblich war. Namentlich die Landarbeiter stehen unter dem Druck der wirtschaftlichen Ucbermucht. So berichtet ein Reisender, der viel in den Grafschaften herumkommt:„Die Landarbeiter müßten wahre Helden sein, wenn sie unter diesen Umstanden gegen den konservattiven Kandidaten stimmten." Ganze Trupps von Landarbeitern si»d entlasten worden. Ueberall hat man ihnen ihre Entlassung angedroht, falls der Kandidat der Liberalen oder der Arbeiterpartei geivählt werden sollte. Neben dem Einfluß der Gutsbesitzer wirkt auch die ungemein gehässige Agitation der anglikanischen Pfaffen, die durch die Kirche, die kirchliche Presse und als Vorsteher der zahlreichen Wohltätigkeitseinrichtungen einen großen Druck auf die Arbeitermassen ländlicher Wahlkreise ausüben. Nie zuvor ist die wirtschaftliche Uebermacht der Aristokratie und Plutokratie in England so mißbraucht worden. Auch aus den Städten laufen schon laute Klagen über die Vergewaltigung der Wähler ein. Die Maßregelungen politisch der- dächtiger Arbeiter steht an der Tagesordnung. In einzelnen Städten ist von den Konservativen eine planmäßige Äesimmngs- schnüffele! eingeleitet worden. Welcher Art die Stimmung ist, die sich der' konservativen Kreise Englands bemächtigt hat, ist aus einem Briefe zu ersehen, den der Pfarrer von PlmnStead an die Mitglieder seiner Kirche gerichtet hat. Plumstead gehört zu Woolwich, wo der Arbeiterparteiler CrookS durchgefallen ist. In dem besagten Briefe kündet der Pfarrer an, daß nächsten Sonntag in seiner Kirche ein Tedeum gesungen und dem Allmächtigen dafür ge- dankt werden soll, daß er Woolwich und Plumstead aus den Händen der Sozialisten und Sabbatschänder errettet habe.„Studiert daZ vierte Gebot I" fügt dieser würdige Nachfolger Jesu Christi hinzu. Dem Pfarrer selber wäre das Studium der Bergpredigt zu empfehlen. stlebrigenS ist dem Pfarrer bereits von seinem Bischöfe bedeutet worden, daß er zu weit gegongen ist.) Die Forderung der Ire». London , 22. Januar. Der Führer der irischen Partei Red» m o n d sagte gestern in einer Rede in Dublin , das irische Home R u l e sei das einzige Ergebnis der gegenwärtigen Wahl. Die Behauptung, daß A s q u i t h seine Zusage geändert habe, sei nicht ernst zu nehmen. Das wichtigste Moment der Lage feien feine Erklärungen, daß er die Homerule- Bill nicht einbringen werde, che er mit den LordS fertig sei, und daß er sein Amt erst dann wieder übernehmen werde, wenn das Vetorecht des Oberhauses abgeschafft sei. Sobald dieses Hindernis aus tftrn Wege geräumt sei, meinte Redmond, habe er wegen der Zukunft der irischen Frage keine Sorge mehr. Keine liberale Partei, wie stark sie auch sein möge, werde cS wagen, den Jrländcrn das Recht auf Homerule abzusprechen. Einzelresultate. London , 22. Januar. Die Liberalen haben den Wahl- kreis Ayrshire Nord mit 6180 gegen 6921 unionistische und 1891 Stimmen der Arbeiterpartei, für die der Bergarbeiter � J.Brown mit geringen Aussichten kandidiert hatte, gewonnen. Der ehemalige Minister AkerS-Donglas(Unionist) ist in Kent mit 6386 und der bekannte Protektionist Chaplin mit 6616 Stimmen Mehrheit wiedergewählt worden. Der Finanzsekretär im Kriegsamt A c l a n d ist in Richmond (Dork- shire) bei der Wahl unterlegen. Der Gegenkandidat erhielt 108» Stimmen mehr. Preßstimmeu. London , 22. Januar. Die koiiservative„Morning Post' schreibt:„In allen ländlichen Bezirken und sogar in einer ganzen Reihe städtischer Bezirke hat sich dir Bevölkerung in ihrem Urteil in entschiedener Weise gegen die Liberale» und ihre Verbündeten ge- wandt und führt eine Serie von vernichtenden Schlägen gegen die zerstörende Politik der Regierung. Das Schicksal deZ liberalen Programms, welches in der Alberthalle angekündigt wurde, ist be- siegelt; eS müßte denn fein, daß in den noch ausstehenden Wahlen die Resultate ganz verschiede» von den bisherigen Wahlergebnissen ausfielen." Die liberalen Blätter tun aber noch recht zuversichtlich. So die „Daily News":„Es ist wahr, die Liberalen haben in den beiden letzten Tagen Verluste erlitten, Verluste, die hier und da recht empfindlich sind. Trotzdem verzagen sie nicht. Es sind viele und große Gründe vorhanden, daß die Liberalen durch die in den beiden letzten Wahltagen erlittenen Verluste sich nicht niederschlagen lasten. Trotz der Siege der Uinonisten wird die Regierung nach be- endeten Wahlen mit einer fast ebenso großen Majorität als irgend ein anderes liberales Parlament in das linterhaus ein- ziehen."„Daily C h r o n i c l e" schreibt:„Obgleich zwei weitere liberale Verluste zu den bereits gestern gemeldeten Verlusten der Liberalen heute morgen zu verzeichnen sind, berechtigen die Ergeb- niste, so wie sie bis jetzt von den verflostenen Wahltagen vorliegen, absolut noch nicht zu dein ausschweifenden Jubel der Uniomsten. Trotz aller numerischen Feststellungen sind die letzteren doch die Besiegte» und ti bleibt nur festzustelle», wie sehr sie geschlagen find."—_ vor der Mlofung des ungarischen Reichstages. Aus Wien wird uns vom 22. d. M. geschrieben: Nach neunmonatiger Dauer ist die ungarische Krise„gelöst" worden, aber die Lösung ist eine solche, die den Beginn neuer und schwerer Kämpfe bedeutet. Nachdem sich alle Versuche der Krone, mit der gegenwärtigen Mehrheit des Abgeordnetenhauses zu irgend einem brauchbaren Ein- vernehmen zu gelangen, als fruchtlos erwiesen hatten, und gefehlt hat es an Versuchen sicherlich nicht, hat sich die Krone entschloffen, oder richtiger, sie ist dazu gedrängt»oorden, den Kampf gegen die Parlamentsniehrhcit auszunehme». Sie hat zum Ministerpräsidenten den Grasen Khuen-Hcdervary ernannt, den ehemaligen Banns von Kroatien , der sich ei» Kabinett aus den sogenaimten Altliberale», durchaus NichtParlamentariern, zusammengestellt hat, und, da er bei der Reichstagsmehrheit auf keinen Pardon rechnen kann, miztveifelhast zur Auflösung des Abgeordnetenhauses schreiten wird. Und in diesen Neu- wählen will man den ernstlichen Versuch wagen, die gesamte Unabhängigkeitsbewegnng. sei sie ans Koffuths oder auf Jusths Namen gerauft, zu Boden zu schlagen und eine neue und kämpf- fähige Sicbenmidsechzigermehrheü zu begründen. Nachdem die Krone mit den Parteien, deren letztes Aiel die Auflösung des Dualismus, also die Auflösung des Habsburger Reiches ist, durch vier Jahre Kompromiß um Kompromiß geschlossen, ihre Tendenzen damit gleichsam anerkannt und mit ihren eigenen Lebensbedingungen als verträglich bekräftigt hat, will sie sich nun zur Wehre setzen und deu 'Bestrebungen auf Los- reißung Ungarns vom„Reiche" Halt gebieten. Hat das Unternehmen irgendwelche Aussichten? Daß die Bestellung Khuens zu diesem Kampf unaus- weichlich führen muß, leidet keinen Zweifel, obgleich sich im Augenblick vielleicht beide Teile, Khuen und die Mehrheits- Parteien, noch in Illusionen wiegen mögen. Zweifellos hoffe» die ParlamentSpartcien, die bis nun den Reichstag beherrscht haben, die neue Regierung noch beseitigen zu können: ent- weder in diesem Haufe durch ein solennes Mißtrauensvotum oder nach den Neuwahlen, in denen sie sich keine Mehrheit erstreiten med daher abzutreten genötigt sein wird. Und viel- leicht sind auch Khuens Pläne heute noch nicht weit gesteckt; vielleicht soll seine Ernennung nur eine Drohung sein, die das Parlament zum Einlenken bestimmt. Aber wie die Dinge liegen, wird der Kampf nicht zu vermeiden sein, und das Ministerium Khuen wird in jedem Betracht eine Wiederholung des Experiments Fcjervary werden, das sich für die Krone so gut bewährt hat. Der Graf Khuen-Hedervary ist ein skrupelloser Gewaltmensch, der sicher alle Minen springen lassen wird, um die„Unabhängigen" an die Wand zu drücken. Der Versuch ist gar nicht so aussichtslos, als er nach dem gegenwärtigen Kräfteverhältnis scheint; das ungarische Wahlsystem mit seiner geringen Zahl von Wählen:, die sich naturgemäß alle aus den besitzenden Klassen und den Beamten rekrutieren, mit seiner zentralisierten und öffentlichen Ab- stimmung, mit seinen Bestechungs- und Vergewaltigungspraktiken läßt ftir die nachdrückliche„Beeinflussung" und„Um- stimmmig.der Wähler des Spielraums genug, und Graf Khuen hat in solchen Methoden, auf die sein zwanzigjähriges Regieren in Kroatien aufgebaut war. auch Erfahrung. Ja selbst, wenn die Regierung nur die landesüblichen Vergewaltigungen gegen- über den nichtmagyarischen Wählern verhindert, so kann schon das genügen, daß es den magyarischen Chauvinisten übel er« geht. Denn die politische Situation ist heute von Grund aus anders als sie war, da die Unabhängigkeitspartei den„natio- nalen Widerstand" gegen Tisza und Fejervary organisiert hatte. Damals war das magyarische Ungarn wirklich in ihrem Lager, damals verkörperte sie die Ideologie der aufstrebenden Klassen, erschien schon da- durch, daß sie gegen den Wiener H o f kämpfte. als Trägerin der demokratischen Gedanken, als die Befreierin des Landes. Das hat sich seither gründlich geändert, vor allem darum geändert, daß sich die Krone zu der Notwendigkeit der Wahlreform bekannte, wogegen diese gerade von der Unab- hängigkeitspartei, die einstmal die energischeste Befiirworterin des allgemeinen und gleichen Wahlrechts gewesen war, nun wenigstens soweit sich der Unabhängigkeitsgedankc in der Person und Partei KossuthS kristallisiert. schmählich verraten ward. Die Koalitionsparteien sind durch die schändliche Wirtschaft während ihrens Regierens biS auf die Knochen kompromittiert worden, während die Krone anscheinend noch immer für die Wahlreform eintritt: daS ändert ihr Verhältnis vor den Wählern auch moralisch. Jener utopistisch staatsrechtlich-chauvinistischen Politik, die der Urgrund der zehnjährigen Krise dcS Dualismus ist. kann un- schwer eine Niederlage bereitet iverdcn. Fragt sich nur, ob es der Krone mit der Wahlrcform ehrlich und ernst ist, und auf welches Ziel die Gewalttätigkeiten KhuenS gerichtet sein werden. Denn erstens bietet die Partei, die Khuen galvani- siercn will, die einstigen Liberalen, die mit Tisza ruhmlos untergegangen sind. für die Erfüllung der Notwendig- keit der Wahlreform nur geringe Bürgschaften; und zweitens war und ist der Krone die Wahlreform nur Mittel zum Zweck: dafür das Mittel, die dualistischen Erfordernisse prompt und komplett geliefert zu erhalten. Aber wird sie bei der Wahlreform dann beharren. ivenn der eigentliche Zweck auch anders, etwa durch Erzielung einer Siebenundsechzigermchrheit oder durch ein neues Kom- pronliß mit den„Unabhängigen" erreichbar ist? Das ist die Frage, von der das Urteil über das Experiment Khuen vom demokratischen Siaudpunki abhängt. Wenn Khuens Wahlkünste dazu verwendet werden sollen, die feudale Oligarchie, die wie ein Schlinggewächs die organische EntWickelung des Landes ein- schnürt, aus ihrer angeniaßten Herrschaft zu vertreiben. könnte man über KhuenS Vergangenheit nämlich ebenso wegsehen wie über seine Zukunft. Jedenfalls hat daS Pro- letariat die Segnungen der Koalitionsherrschaft zu kennen und zu verabscheuen nun Gelegenheit gehabt; die angeschminkten Phrasen ihrer„volkstümlichen" Programme, die nur immer Programme bleiben, werden miemandcn mehr täuschen. Aber es wird auch scharfe Wacht halten müssen, damit Khuen und dem Hose kein doppelzüngiges Spiel mehr möglich sei. politifcke(leberliebt. Berlin , den 22. Januar IÖ10 Sydows Debüt. Der preußische Handelsminister Sydow, der bekanntlich auS dem Reichsschatzamt in das preußische Ministerium ab- geschoben ist, gab am Sonnabend seine erste BorsteNung im Dreiklassenparlament. Er beantwortete die Interpellation das Zentrums über den Zwangsarbeitsnachweis der Zechen im Ruhrrevier, und wenn er auch den Anschein zu erwecken bemüht war, als stehe er den wirtschaftlichen Kämpfen neutral gegenüber, so ging doch aus so mancher seiner Rede wendimgen nur allzudeutlich hervor, daß er im Grunde seines Herzens Sachwalter der einseitigen Unternehmer- interessen ist, ja daß er sich noch weit mehr zu den Arbeit- gebern hingezogen fühlt als sein diesen Kreisen entstammender Amtsvorgänger v. Möller. Kühlen Blutes erklärte er, daß der Zechenarbeitsnachweis keine Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeiter oder gar eine Erschwerung der Verwertung ihrer Arbeitskrast bedeute; unbekümmert um die tatsächlichen Verhältnisse, stellte er die Behauptung auf, der Boden für einen paritätischen Arbeitsnachweis sei im Ruhrrevier noch nicht vorbereitet. Und wenn er auch nachdrücklichst betonte, daß sich die Regierung dem Zwangsarbeitsnachweis nicht anschließen werde, so war doch der Schluß seiner Rede, wo er die Verantwortung für einen etwaigen Streik den Arbeitern in die Schuhe zu schieben suchte, den Scharfmachern so aus dem Herzen ge- fprochen, daß sie ihm lebhaften Beifall zollten. Der Minister fand denn auch die unbedingte Anerkennung der konservativen, freikonservativen und nationalliberalen Ver- treter des Grubentapitals, deren Sprecher, die Abgeordneten v. Geschcr, Krause- Waldenburg und Hirsch- Essen, weidlich auf die Arbeiterorganisationen, vor allem auf den „sozialdemokratischen" Bergarbeiterverband, schinipften und den paritätischen Arbeitsnachweis, für den sich die Abgg. G y ß I i n g(frs. Vp.) und K o r f a n t y(Pole) ins Zeug legten, grundsätzlich bekämpften. Die ihm gebührende Antwort wurde dem Minister erst in später Stunde durch unseren Genossen L e i n e r t zu teil, der in groß angelegter, mit Aufmerksamkeit angehörter Rede die Verhältnisse im Ruhrrevier, die fortgesetzte Nichtachtung der Wünsche der Arbeiter durch die Unternehmer schilderte und das brutale Vergewaltigungssystem der Grnbenbaronc einer vernichtenden Kritik unterzog. Nicht genug damit ging unserer Redner auch mit den, System Sydow unerbittlich ins Gericht, indem er den schlüssigen Nachweis führte, daß das Handelsministerium heute tatsächlich nur ein Ministeriuni zur Wahrung der Unternehmerinteressen auf allen Gebieten ist. Wie die Abfuhr durch Leinert gesessen hatte, bewies der Umstand, daß sich der Minister sofort zu einer Erwiderung erhob, in der sich seine ganze Verlegenheit widerspiegelte. Herr Sydow irrt aber, wenn er glaubt, er könne sich mit ein paar Phrasen aus der Affäre ziehen. So leichten Kanfes kommt er nicht davon; bei der zweiten Beratung des Etats des Handelsministeriums werden wir von ihm Antwort fordern auf die Fragen, deren Beantwortung er heute aus dem Wege gegangen ist. Weniger unzufrieden mit dem Minister ist der Vertreter der christlichen Arbeiter, Abg. I m b u s ch(Z.), dem vieles von dem, was Herr Sydow sagte, beherzigenswert erschien. Es fragt sich nur, ob auch seine Wähler dieser Ansicht sind; einstweilen möchten wir es bezweifeln. Mit einer Verlegenheitsrede des Abg. B e u m e r(natl.), der sich darüber geärgert hatte, daß Leinert ihm aktenmäßig eine Unwahrheit nachzuweisen in der Lage war, schloß die Besprechung, die freilich ein positives Ergebnis nicht gezeitigt hat, aber doch Tausenden von Arbeitern wieder die Augen über die Arbeiterseindlichkeit der Regierung und deS Jflnker- Parlaments geöffnet haben dürfte. Montag: Kleinere Vorlagen und Etat der landwirtschaft- lichen Verwaltung._ Der Kölner Fastenhirtenbrief. Der Kölner Erzbischof Kardinal Fischer hat seinen üblichen Fastenhirienbrief erlassen, der diesmal besonders des- halb interessant ist, weil Herr Fischer darin zu der Frage Stellung nimmt, ob daS Zentrum sich eine interkonfessionelle Partei nennen darf, und in diesem Streit zwischen der Richtung der„Köln . Volksztg." und der Boonekamp- Richtung der Roeren und Bitter sich auf die Seite der letztgenannten Richtung schlägt, also das Haupt- blatt des des rheinischen Zentrums in schärfster Weise desavouiert. In dem Fastenbirtenbrief heißt es nämlich: „Die Forderung(der Jnterkonfessionalität) hängt zusammen mit dem leider immer mehr in unserem Vater- lande sich einbürgernden Unglauben, mit der Abneigung gegen Christentum und Kirche, die in weiten Kreisen Platz gegriffen hat. Darum geht sie vorzugsweise von solchen Leuten aus, die selber keine Religion mehr haben, geschweige eine Kenntnis oder auch nur eine Ahnung besitzen von der Bedeutung, der Macht und Wirkungskraft des katholischen Glaubens- Mit ihrer„Jnterkonfessionalität" wollen sie dem religiösen JndifferentiSmus, das ist der Gleichgültigkeit in bczug auf jede Religion, den Weg ebnen und dem deutschen Volke an Stelle eines positiv- gläubigen, lebenskräftigen Christentums den Absud einer sogenannten Bennmstreligion— wenn man solche? noch Religion nennen kann---- bieten, die keine Kraft und keinen Gast hat." Der Erzbischof führt dann weiter aus, daß zwar unter gewissen Verhältnissen und zu gewissen Zwecken die Katholiken mit andersgläubigen, aber auf„positiv- christlichem Stand- punkte" stehenden Parteien Hand in Hand gehen dürften, zum Beispiel um den Kanipf für die christliche Schule durchzuführen und dieser ihren konfessionellen Charakter zu erhalten, daß aber von einer Ausschaltung des konfessionellen Einflusses auf das politische Gebiet keine Rede sein könne. Wörtlich heißt es in dem Hirtenbrief: „Allein wenn von gemeinsamem Wirken gegen die Geister der Vemeinuiig die Rede ist, so bedingt solches wahrlich nicht die be- liebte Religio nS mengerei, die Ausschaltung des konfessionellenEinflusses auf denGebieten, wo er berechtigt und gefordert ist. DaS Gegenteil ist der Fall- Tritt die Konfession überall im öffentlichen Leben zurück«nd wird in den Hintergrund gedrängt, so ist dem religiösen In- differentiSmuS Tür und Tor geöffnet und die christliche Grundlage unseres öffentlichen Lebens in Frage gestellt. Leider scheinen auch einzelne der Unsrigen sich darüber nicht so ganz klar zu sein und erstreben, unter dem Einfluß deS Zeitgeistes, eine Jnterkonfesstonalierung oder vielmehr KonfessionSlosigkeit auch dort, wo sie bisher aus guten Gründen als ausgeschlossen galt. Geht man doch hier und da so weit, daß man möglichst schon den Namen„katholisch" vermieden wissen möchte und statt deS manu- und herzhaften BekenntniffeS zu unserem heiligen katholischen Glauben lieber von der sogenannten„christlichen Welt» ans ch au ung" spricht: als hätten wir uuS unseres heiligen Glaubens zu schämen l Ich hebe dabei noch besonders den heute gang und gäben Ausdruck„Weltanschauung" hervor, dessen sich manche zaghafte Katholiken mit einer gewiffen Bor -
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