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Nr. 62.

Gricheint täglich außer Montags Abonnements Preis für Berlin  : Bierteljahrlich 3,30 Mart, monats lich 1,10 Mart, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags Nummer mit dem ,, Sonntags- Blatt" 10 Bfg. Boft- Abonnement. 3.30 Mart pro Quartal unter Kreuzband für Deutschland   u.Defterretch- Ungarn 2 Mark, für das übrige Ausland 8 Mart pro Monat Eingetragen in der Bost: Zeitungs- Bretslifte fur 1891 unter Nr. 6469.

V 30j8. Jahrg.

Vorwürts

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petttzetle oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer muffen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Dte Expeditton ist an Wochentagen bts 1 Uhr Mittags und von 3 bts 7 Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtagen bis 9 Uhr Vormittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt 6, Nr. 4106.

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Sonnabend, den 14. März 1891.

Expedition: Beuth- Straße 3.

Bum Gedächtniß des 14. März.

Karl Marx  ' Todfenfeier im Cooper- Inffitut zu New- Dork

m Arbeitsfittel viele Taufend

JT

Ste siten, stehn zumal.d

Und ihr Gemurmel füllet brausend

Den Riesensaal.

In all den Sprachen, in den Zungen Der Weltnationen dort

Dem todten Kämpfer ist erflungen, Ein Abschiedswort.

Der Britte sprach:" Geliebt in Hütten, Gefürchtet im Palast,

Hat er gelebt, gewirkt, gestritten

Ohn' Hast und Raft.

"

den 19 März 1883.

,, Sein Name, wo Maschinen schwirren

Bei uns in Stadt und Land

Die Fenster der Fabrik erklirren, Wird heut genannt."

Der Russe: Wo Despoten thronen,

Bei uns durch Graus und Nacht. An ihrer Kette zerr'n Millionen, Wird sein gedacht."

Der Franke: Wie ein Weltbefreier Von Völkerhaß und Krieg Focht er, und diese Todtenfeier Bürgt uns den Sieg."

Er hat für unsern Kampf auf Erden Ein scharfes Schwert verliehn,

Daß eine neue Welt soll werden; D'rum ehret ihn.

Karl Marx  .

Der Deutsche sprach: In Liebe wollen Wir vor den Andern heut

Dem Denker wie dem Kämpfer zollen Ein Grabgeläut.

,, Denn wie einst neu die Himmelskunde Kopernikus   erschuf,

Dem Wissen scholl aus seinem Munde Ein Werderuf,

"

Dem Wissen von des Volkes Leiden

Und von der Arbeit Qual:

Der Göze schon liegt im Verscheiden: Das Kapital!

Noch gab uns ein Geschenk kein Spender, Dem Donnerworte gleich:

Ihr Proletarier aller Länder, Vereinigt euch!"

2. Jacoby.

Nicht fann es heute unsere Aufgabe sein, das Leben Kapital", dieser unübertroffenen Kritik der politischen und Wirken dieses Mannes, eines der größten Söhne Dekonomie, die Grundlagen für eine wissenschaftliche Heute jährt sich zum achten Male der Tag, an unseres Jahrhunderts, vorzuführen. Erinnert soll nur wer- Behandlung dieses wichtigen Geistesgebietes geschaffen. welchem dem klassenbewußten Proletariat beider Welten den, daß er sein ganzes Leben der Sache der Unterdrückten und Wenn wir zusammenfassen sollen, was uns Karl Marx  der hervorragendste Vorkämpfer des wissenschaftlichen Enterbten widmete. Die 39 Jahre, vom Jahre 1844 bis zu war und bleiben wird, so müssen wir sagen: Sozialismus entrissen wurde. Ist es für die Proletarier seinem Todestage, weihte er voll und ganz dem Gewappnet mit allen Waffen der Wissenschaft, zer­aller Länder Ehrenpflicht, das Andenken von Karl Mary Emanzipationstampfe der Arbeiterklasse; in Wort und störte er nicht nur den Aberglauben an die Vollkommen­hochzuhalten, so ist es dies für uns in erster Reihe, ent- Schrift, als Organisator des Kommunistenbundes und der heit unserer Wirthschaftsordnung, sondern baute auch in stammt er doch unserem Lande, gehört er doch unserer internationalen Arbeiter- Assoziation, als Politiker und als schöpferischer Kraft die wissenschaftlichen Grundlagen, die Partei an, sind doch die meisten seiner Werke zuerst in Gelehrter, stets war er dafür thätig, den Gedanken des alle Angriffe der Gegner nicht zu zerstören vermögen, unserer Sprache erschienen. Verdanken wir doch ihm in Klassenbewußtseins und der brüderlichen Solidarität in auf denen wir unverrückbar stehen können, von denen aus erster Linie mit, daß man uns als die theoretisch und der Proletarierwelt zu verbreiten, und gleichzeitig hat er wir alle Angriffe abschlagen und siegen werden in unserem politisch fortgeschrittenste Partei des Erdenrunds rühmt unwiderleglich die Unhaltbarkeit der Säße der bürger- Kampfe um eine gerechtere und die Menschheit beglückende lichen Nationalökonomie dargelegt und in seinem Gesellschaftsordnung.

und haßt.

Feuilleton.

Nachdruck verboten.]

[ 12

Die Falkner von St. Vigil. Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol

von Robert S, weichel.

dem

er

Vater, die Brüder, die Wirthschaft, so daß sie für nichts sie. Er war so kräftig gebaut, wie es ein tüchtiger Schmied Anderes Siun gehabt hatte. Ihre Freundinnen hatten sein muß, und selbst Ambros würde Bedenken getragen eine nach der an eien ihren eigenen Herd gegründet; für haben, mit ihm in einen Ringkampf sich einzulassen. sie waren die Männer nicht auf der Welt gewesen. Wäre mächtigen Gestalt, mit einer Brust, die breit und boo mie sie hübsch gewesen, so würden die jungen Bursche sie ein Panzer gewölbt war, entsprach der Kopf m wohl gezwungen haben, sich mit ihnen zu beschäftigen. Da Walde von röthlich blondem Haar. Röthlich ach war sie es nicht war und zudem ein über ihre Jahre verständiges der krause Vollbart, in dessen Schatten die Lip wie eine und ernjies Wesen hatte, so schenkten ihr nur diejenigen Granatblüthe glühten. Das Schönste aber feine Augen, einige Beachtung, welche die einzige Tochter des Kloster  - die unter der breiten Stirn in blauem seuer strahlten. bauers für eine gute Partie hielten. Der Klosterbauer ent- Es war schwer, ihren Blick au ecagen, wann Vielleicht hatte sich in Lisei's Kinderherzen die Hoff- täuschte sie. Als er den Bewerbern mittheilte, daß Lisei in Born gerieth; allein er gerieth hehst selten in Born. babei von männlich nung geregt, durch ihre Liebe zu Ambros den Weg zum nur ein sehr kleines Heirathsgut erhalten würde, überhaupt Denn er war friedfertigen Gemüthe Herzen des Vaters zu finden. Gewiß ist, daß sie ihn um aber an ihre Verheirathung nicht eher zu denken wäre, als schlichtem Wesen und bedächtigem serstande. seiner Bevorzugung willen nicht beneidete, sondern fortfuhr, bis Ambros sich beweibt hätte, zogen sie sich zurück und Der Klosterbauer stellte av ihm die Bedingung, daß ihn von Herzen lieb zu haben und nach dem Tode der Lisei sah sie ohne Bedauern sich entfernen. die Hochzeit hinausgeschoben würde, bis Ambros sich ver­Mutter es sich angelegen sein ließ, ihn zum Guten zu lenken. Wolf Lechner war mit Liſei auf der Hochzeit des heirathet hätte. Auch darauf war Wolf, obgleich mit Welchen Erfolg konnten jedoch ihre Bemühungen haben, da Sägemüllerz mit der schönen fra bekannt geworden. schwerem Herzen eingegangen. Sab er doch, wie schlecht der Vater ihn in jeder Weise verzog und Jeder, der bei Der alte Arigaya, der große Stücke auf den Schmied Lisei ihre wertthätige, opferbereite Liebe von den Ihrigen dem Klosterbauer etwas durchsetzen, oder sich bei ihm beliebt hielt, hatte gemeint, die Tochter des Klosterbauers gelohnt wurde und das ber Vater sie nur aus Eigennuz im Hauſe machen wollte, dem Buben schmeichelte? Lisei schmeichelte wäre eine geeignete Frau für ihn und Lechner war bei sich festhieit. Seitdem paren zwei Jahre verflossen und die Zeit dem Bruder nie, aber alle ihre Bitten und Vorstellungen, bald derselben Ansicht geworden. Lisei hatte aufänglich gar hatte nicht wenig sazu beigetragen, die Neigung zwiſchen Wolf die sie ihm wegen seiner Thorheiten und Tollheiten machte, nicht darauf geachtet, daß der Schmied um ihre Gunst warb; und Lisei zu festigen. Ihre Liebe war keine gährende wurden durch den Vater lahm gelegt, der sein Wohlgefallen denn der Gedanke an einen eigenen Hausstand lag ihr ferner Leidenschaft, sondern ein ruhiger, tiefer Strom. Eins ruhte an ihnen nicht verbarg. als je, und sie betrachtete sich selbst bereits als eine alte in dem Aberen voll Zuversicht und Treue. Inzwischen

" Ja, ja, das wird ein echter Falkner", pflegte er zu Jungfer. Das sagte sie auch dem Schmied, als sie seine war ein umftand eingetreten, der es Wolf immer lebhafter sagen, und Lisei war von solcher Seelengüte, daß Ambros Absicht merkte, und Geld hätte sie auch nicht. Dem Schmied wünschen ließ, seine Braut aus den häuslichen Ver­sich kein Gewissen daraus machte, darauf hin zu war es aber nicht um das Geld zu thun, denn er wußte bereits hälfen zu befreien und unter sein eigenes Dach zu einen wahrhaft guten Menschen zu mißbrauchen, zu kränken, nicht begreifen, daß Jemand sie um ihrer selbst willen zum schlagen worden, hatte Tirol noch zn Desterreich gehört. sündigen. Wer macht sich überhaupt ein Gewissen daraus, von dem Sägemüller, wie es um ihre Mitgift stand. Lisei wollte füoren. Als er auf seiner Wanderschaft nach St. Vigil   ver selbst zu mißhandeln? Schwache Menschen rächen sich dafür, Weibe begehren könnte und etwas Liebenswerthes an ihr fände wenn sich die Gelegenheit bietet, gute Menschen ermüden nie Wolf kannte aber ihren Werth besser als sie selbst, nd Was ihn dorthin verschlagen hatte, war der Wunsch ge­ließ sich nicht abweisen. Dun, er war ein Mann, der mem wesen, die Menschen nicht blos an den großen Heerstraßen, Lisei mochte jetzt sechsundzwanzig Jahre alt sein. Die Mädchen wohl gefallen konnte und zu jung für Lifei war wo die ewig rollende Lebenssluth ihre Eigenthümlichkeiten Zeit war ihr vergangen in den Sorgen und Mühen um den er auch nicht; er mochte wohl sechs Jahre mehr sablen als verschleist, kennen zu lernen. Er war ein geschickter und

in ihrer Liebe.

ST