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schon diese Unterschrift dem Herrn Krieg-Zmmister genügt, um eine Depesche nicht zn becintworten. so ist das einfach eine Mißachtung. sSchr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Was halten Sie den» eigentlich für Ihre Pflicht oder für die Pflicht der Offiziere? sSehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Jeder anständige Bürgersmann iviirde eine anständige Antwort erteilen, der KriegSminister aber ver­teidigt es noch, wenn Militärbehörden auf eine in anständigem Ton gehaltene Depesche keine Antwort geben. Jeder Arbeiter«nd Bürgersmann, der sich beschwert, hat das Recht, von Zivil- uiid Militärbehörden eine Antwort zu bekommen. Das ist einfach Pflicht und Schuldigkeit. fLeb hafte Zustiniinung bei den Sozialdemokraten.) Ich bitte den Kriegsminister, darauf zu achten, das; in Zukunft die Bürger von Mlitärbehörden eine a u st ä n d i g e Behandlung er- fahren. �Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Kriegsminister v. Hreringen: Der Abg. Sachse scheint eine Neuauflage der doch erledigten Mansfelder Interpellation veranstalten zu wollen.(Unruhe bei den Sozialdemokraten. Sehr richtig! rechts.) Es bleibt bestehen, das; es in Hetlstedt um Haaresbreite zu einem Zusammenstoß zwischen der Volksmasse und dem Militär gekommen wäre. Ob die Volksmasse aus Streikenden bestand, weiß ich nickt. Streiter tragen doch kein besonderes Abzeichen. Jedenfalls synipathisierte die Menge mit den Streikenden.   Es bleibt bestehen, das; keine weibliche Person der- haftet worden ist. Jedenfalls ist keine solche Verhaftung zur Anmeldung gekommeit. Es kann ja sein, dag ein- mal ein Unteroffizier ein weibliches Wesen auf fünf Minuten in seine Obhut genommen hat.(Schallende Heiterkeit.) Die Sache mit dem Jungen, den man hat laufen lassen, verhält sich so. wie ich sie neulich dargestellt habe. Abg. Sachse erzählte von einem Bürger, der mit.Kerl" angeredet worden ist.Kerl" ist ja kein schöner Aiisdrnck, aber aUS dem Garten bei dem Hause ist auf die Truppen mit Steinen geworfen worden l(Hört! hört I rechts, be- tvegte Zurufe bei den Sozialdemokraten, Rufe rechts: Ruhet Ruhe! Unruhe im ganzen Hanse.).,.5... Was die Ordnungsmänner betrifft, so ,st nach den mir gewordenen Mitteilungen die Ordnung immer dann eingekehrt, wenn die Ordnungsmänner ihre weixe Binde ablegten und verschwanden.(Heiterk. rechts, stürmische Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Der Abg. Sachse hat mich weiter auf meinePflicht" aufmerksam gemacht. Meine Pflicht ist, Ordnung zu schaffe».(Lautes Bravo! rechts: große Unruhe bei den Sozialdemokraten. Ruherufe rechtS: Zurufe von den Sozialdemokraten nach rechts: Halten Sie nur den Mund! Lärm im ganzen Hause.) Das Telegramm war unterzeichnet: Sachse. Weif) ich denn, wer das istSachse"?(Heiterkeit rechts, erregte Zurufe bei den Sozialdemokraten: Aber Bogclsang kennen Siel) Redner polemisiert sodann in längeren Ausführungen gegen den Abg. Müller- Meiningen und geht namentlich auf den Zall des Bonner Unteroffiziers Beith ein: Es kann keine Rede davon sein, daß das katholische Bekenntnis des Veith oder der Umstand, dafl er keine Satisfaktion geben wollte, be- stimmend bei den bekannten Vorgängen war. Die jungen Leute haben sich ja unartig benommen.(Lachen links.> aber militärische Vergehen liegen eigentlich nicht vor. Der einzige Nichtunter- Offizier hat sich an der nächtlichen Affäre nur mit S i n g e n beteiligt. (Lachen links.) Dah frühere Borussen im Standgericht über diesen Fall urteilten, war nicht Schuld dcS Gcrichtshcrrn!-- Es ist nicht wahr, daß die Militärgerichte gegen Offiziere milder vorgehen als gegen Soldaten!(Heiterkeit und Widerspruch links). Die Ernennung der Offiziere ist Sache des Monarchen. Die Kommandogewalt steht ausschließlich dem Monarchen zu. Wollen Sie das ändern, dann niiifien Sie die Verfassung ändern. Ich frei- lich kann eine solche Verfassungsänderung nicht besürworten.(Bravo  ! rechts.) Der Offizier steht anders zum König als der Beamte. Er schwört nur zum König, nicht auf die Verfassung. Und ich halte das für einen Segen.(Lebhastes Bravo I rechts.) Redner bestreitet in weiteren längeren Ausführungen, von der Littken mit ungläubigen Zwischenrufen unterbrochen, die Bevorzugung des Adels in der Armee.(Beifall rechts.) Abg. v. Oldenburg-Januschau(k.) (von der Linken mit Aha!°Rufen empfangen): Wenn die Mansfelder Streikenden solche Lebensformen an den Tag gelegt baben wie der sozialdemokratische Abgeordnete, der eben der Reckten zugerufen hat:.Halten Sie das Maul!" dann ist man mit ihnen viel zu milde umgegangen.(Lathen   bei den Sozial- demokraten, lebhafter Beifall rechts.) Die Paraden. Tritt- fassen, Frontmachen erfreuen das alte Prcußenheer. Schade, daß sie en, geschränkt werden.(Lachen links.) Wenn frühere Offiziere kritische Sachen schreiben, so muß man an Bismarck   denken, der, als ini Herrenhaus ein früherer Finanzminister Opposition machte, sagte: .Ach, lassen Sie ihn doch reden; wenn er'was verstanden hätte, so wäre er heute noch Finanzminister l'(Stürmische Heiterkeit.) Es ist ja bedauerlich, daß frühere Offiziere in Blättern schreiben, die selbst wir im Reichstag, die wir an starken Tobak gewöhnt find (Heiterkeit), mit Widerwillen in die Hand nehmen. Ebenso bedauer- lich ist es, daß Offiziere sich an Abgeordnete mit Gehalts- wünschen wenden. An mich hat sich bloß einmal ein Leutnant gewandt.(Große Heiterkeit.) Die frühere Militärjustiz war viel besser als die jetzige.(Lachen links.) Der Bonner   Fall ist mir nicht ganz klar. Ich habe nicht studiert(Sehr richtig l links, Heiter- I Kleines feuilleton. Theater. Neues Theater:Der Philosoph von Sans- S 0 u c i", Zeitbild in vier Akten von F. Hol m. Friedrich II.  scheint eine Art Spezialität des Neuen Theaters. Zu Zeiten, da hier noch Reinhardt dirigierte, verirrte sich eine öde Dramatisierung der alten Paradeaneidote von dem wackeren Sans-Soucier Müller auf die Bretter. Dann gab es unter Schmieden Fräulein von Momberts schreckensvolle patriotische Enilgleisung: dasMeißner Porzellan", und nun marschiert der Vicljitierte in dem Holmschen Stücke unter der schmeichelhaften Bezeichnung eines Philosophen gar als Titelheld einher. Die Verfasserin, irgendeine Gräfin von so- undso, die ihr Pseudonym keineswegs davon abhielt, bei dem üb- lichen Applaus sich den Verehrern ihrer Muse zu zeigen, trieb eS nicht ganz so schlimm wie die Vorgängerin, doch immer schlimm genug. Ihr Friedrich strahlt natürlich in den hellsten Rosenfarben der Legende. Der loyale Zuschauer bekommt zu seiner Freude Schlag auf Schlag jene bekannten Epigramme: daß die Gazetten nicht genieret werden sollen, vom Rechte eines jeden, nach eigener Fasson selig zu werden usw., wie eine fulminante königliche Abkanze- lung des ungerechten Richters in dem Müll-rprozesse vorgesetzt. Alles was, losgerissen von dem Hintergründe des hart-despotischen friderizianischen Regiments des Herrschers, hübsch modern-humani- tär in Ohr klingt. Friedrichs Adlerblick durchschaut das Große wie das Kleine. Der hochmütige Mcnschenverächter fließt über von Geduld und Wohlwollen, der Verächter deutscher Literatur prophe- zeit als Moses, welcher das gelobte Land nur aus der Ferne schauen darf, deren künftige Größe. Die Konflikte zwischen ihm und seinem weltberühmten Gaste Voltaire   werden in einer Weise dargestellt, daß auf den König alles Licht, auf den Franzosen aller Schatten fällt. Der schnöde Gallier quittiert für Friedrichs lautere Herzensgute damit, daß er am preußischen Hofe für die Pompa» dour herumspioniert und einen jungen Landsmann den obligaten edelmütigen Licbhavcr zum Diebstahl für Friedrichs Briefschaften anzustiften sucht. Dieser gute Junge, der in dem ersten Akte als Anbeter der übrigens im Gegensatz zu Voltaire   recht gnädig be- handelten Pompadour dramatisch debütiert, avanciert dann in« weiteren Verlauf zum Bräutigam einer braven preußischen Komtesse und tritt in Friedrichs Dienste. Die Aufführung war sorgsam vorbereitet. Alma Renk er brillierte in der Rolle der Pompadour. S ch>n i d t h ä ß l c r spielte den Prcußenkönig, N c u ß den Voltaire.in sehr markanter Maske. du kert), aber man muß solche Dinge doch nicht so tragisch nehmen. Es ist doch besser, nnsere jungen Studenten hauen mal etwas über die Schnur, als daß sie gar nichts tun.(Heiterkeit.) Herr Müller-Meiningen lobte es, daß in der französischen  Armee ein Rittmeister vor versammelter Schwadron Abbitte leistet. Bei dieser Nachricht hat jeder Offizier bei uns Gott gedankt, daß er nicht in der französischen   Armee dient.(Sehr richtig I rechts.) Wir wollen ja sehen, wie weit die französische Armee damit kommt. 1 Bravo 1 rechcs.) Herr Müller-Meiningen hat wieder vom Militär« kaßinett gesprochen. Sie, mein verehrter BundeSbruder(Stürmische Hciierkeit). haben ja gar keine Ahnung von der preußischen Geschichte! Zur preußischen Geschichte gehört die Armee mit dem Militär- kabinett und ihren vielen adeligen Offizieren. Ist es denn ein Zufall, daß gerade der Adel so stark in der Armee vertreten ist?(Gewiß nicht! links; Heiterkeit.) Der alte Fritz hat den Adel geradezu gezwungen, seine Söhne in die Armee zu stecken. Einmal schrieb er einem Adligen, dessen Sohn Künstler werden ivollte:»Unsinn, er muß bei die Husaren I"(Schallende Heiterkeit.) Aber von einer Bevorzugung des Adels ist keine Rede. lLachen links.) In diesen langen Friedenszeiten geht eS mit dem Avancement nichts vorwärts. Wenn einer 15 Jahre Leutnant und 15 Jahre Schwadronschef war. dann ist die beste Bouillon abgeschöpft.(Große Heiterkeit.) DaS ist es aber nicht allein. waS vielen die Lust am Osfiziersberuf verdirbt. Früher, da pfiss ein Leutnant darauf, was die ganze Presse, der ganze Reichstag zu seinem Tun sagte. Was scherte mich als junge» Leutnant, was der Reichstag sagte? Ich fragte nur: Ist mein SchwadronSchef mit mir zufrieden? Wie ist es.aber jetzt? Wenn ein Leutnant in einer Ecke laut hustet, bat er die Besorgnis, daß es im Reichstage zur Sprache kommt. lGroßs Heiterkeit.) Das ginge ja noch, aber wir wollen doch dafür sorgen, daß er nicht die Besorgnis haben muß. daß nun auf das Urteil des Reichstags ein Gewicht gelegt wird(Oho I und Zurufe links. Sehr richtig! rechts), was früher nickt der Fall war. Meine Herren, darunter leidet der Offizierssland und muß darunter leiden, ein Stand, der persönlich mit dem allerhöchsten Kriegsherrn zu- sammenhüngt und den im übrigech die Ocffentlichkeit nichts angeht. (Sehr richtig! rechts. Zurufe links.) Ja, das ist eine alte preußische Tradition, und daß Ihnen diese Tradition nicht paßt, das glaube ich sehr gern. Oer König von preuKen und der deutfebe Kaiser muß jeden JMoment imstande fein, zu einem Leutnant zu sagen:J�ebmen Sie zehn jVlann und schließen Sie den Keicbotig!" (Große Heiterkeit, Unruhe und Zurufe links. Sehr richtig ljemcht». Wiederholte Unruhe und Zurufe. Langandauernde Unnlh»i!ii:cko.t Meine Herren, wir haben uns ja über diesen Fall schon irfnmeA unterhalten." Ich will ihn nicht länger ausführen, ich'WWU  Ihnen aber die Freude machen.(Heiterkeit, Unruhe und Ztmufr links.) Alles in allem kann man nur den Wunsch bnbtti, daß die Tradition in unserem OffizicrkorpS. die das Offizier« korpS groß gemacht hat. die die Armee groß gemacht hat, erhalten bleibt.(Zurufe, wachsende Unruhe links.) Und wir von der Rechten hoffen, daß der preußische Herr KriegSminister diese Tradition aufrecht erholten wird, aucti in der Zusammensetzung des Osfizierkorps, in der Homogenität des Offizierkorps die alte, die königlicbc, die preußische Tradition. Adieu, ineine Herren!(Leb- haner Beifall rechts, stürmische Zurufe und Unruhe links; wieder- Holter Beifall rechts, große andauernde Unruhe und wiederholtes Zischen links.) Vizepräsident Erbprinz zu Hohenlohe: DaS Wort hat der Herr Abg. Dr. Osann. Zuruf deS Abg. Lcdcbour: Was sagt der Präsident dazu?" (Sehr richtig I und Zurusl links.) Vizepräsident Erbprinz zu Hohenlohe: Herr Abg. Ledebour, ich habe verstanden, daß Sie gesagt haben, was ich dazu sage! Abg. Ledebour: Jawohl! Was sagt der Präsident dazu?(Sehr richtig I und Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Vizepräsident Erbprinz zu Hohenlohe: Ich verbitte mir eine Kritik in dieser Form.(Große Unruhe und Zurufe links, Rufe rechts: Ruhe I) Ich rufe Sie zur Ordnung!(Stürmische Zurufe und Unruhe links, Bravo   rechts.) Ich bitte um Ruhe für den Herrn Redner.  (Andauernde Unruhe: Glocke des Präsidenten.) Ich bitte um Ruhe für den Herrn Redner. Abg. Osann(natl.)(bei der andauernde» Unruhe im Hause bleiben die Ausführungen unverständlich. Man hört nur einen Satz): In nationalen Fragen werden wir Nationalliberalen stets den Opfermut betätigen, den wir immer gezeigt haben.(Bravo l bei den Nationalliberalen.) Abg. Schräder(frs. Vg.): Wir können Herrn v. Oldenburg   dankbar sein, daß er uns in feiner Rede ein klares Bild seiner absolut rückständigen Nnfchaunngen Siotizen. Berliner   Kunstausstellungen. Die französische graphische Kunst des 18. Jahrhunderts ist auf der Ausstellung in der Akademie keineswegs genügend vertreten. DaS Kupferstich- kabinett beabsichtigt, zur Ergänzung Farbenstiche(besonders sittengeschichtliche) und Zeichnungen, darunter auch Studienblätter von Watteau uud Lancret, ferner buchgewerbliche Entwürfe u. a. von Gravelot und Porträtaufnahmen auszustellen. In der Sezession wird im Februar eine Ausstellung moderner ungarischer Maler eröffnet. Das München   er Tonkünstlerorchester, das seinerzeit sich aus dem Kaim-Orchester bildete und ein Beispiel solidarischen Zusammenhaltens gab. legte in zwei Konzerten in der Philharmonie Proben tüchtigen Könnens und guten Zusammenspiels ab. DaS Orchester steht auf eigenen Füße». Sein Leiter ist Kapell- meister Iwan Fröbe, der sowohl klaisische wie moderne Tonstücke mit bemerkenswerter Individualisierung dirigierte. Mozart-Oper. Zivischen dem Besitzer deS Gastspiel- TheaterS und der Direktion der Mozart-Oper wurde ein Pacht- Vertrag abgeschlossen. Die Opernvorftellungen werden am 5. Fe« brnar er. mit einem klassischen Werke bei niedrigen Eintrittspreisen eröffnet. Vorträge. Sven Hedin   wird am 8. Februar in der Singakademie einen Vortrag über seine Landreise von Rußland  über Persicn nach Indien   und Tibet   halten. Der Vortrag wird durch zahlreiche unveröffentlichte Lichtbilder und durch einen 700 Meter langen kinematographischen Film erläutert werden. Prof. O st w a l d hält am g. Februar einen von der»Freien Hoch- schule" veranstalteten Vortrag über Goethes»Faust", II Teil. im Bürgersaale des Berliner   Rathanses; am 10. Februar spricht er im Saale des Zoologischen GartenS über»Unentgeltlichkeit der Bildungsmittel". Von der Entdeckung des Löschblattes, das in kurzer Zeit den Streusand, dessen sich die Menschheit jahrhunderte- lang bedient hatte, verdrängte, plaudertT. P.'S Wcekly". Das erste Löschblatt wurde in einer englischen Papierfabrik in der t�raf- schaft Berkshire hergestellt. Der Nachlässigkeit eines Arbeiters vcr- dankt die schreibende Welt die Entdeckung: Der Arbeiter vergaß zu- fällig, der rohen Papiermnsse den nötigen Leimzusatz zu geben. Der Fabrikbesitzer war außer sich, und der unfreiwillige Entdecker des Löschblattes wurde zur Strafe für seine Nachlässigkeit entlassen. Später bemerkte der Fabrikant, daß das mißratene Papier die Eigen- schaft hatte. Tinte aufzusaugen, ohne die Schrift zu verwischen. Der kluge Gcschästsinann schlug die Rellamctrominel und fabrizierte von dieiem Tage an nur noch Löschpapier, das ihn in kurzer Zeit zum reichen Mann mochte. gegeben hat, die den heutigen Zuständen vollkommen verständnislos gegenüberstehen.(Lebhafte Zustimmung links.) Er hat in seiner Rede dem allerhöchsten Herrn Handlungen zugeschoben, die er absolut nicht begehen kann und nicht begehen wird. Ist das der Respekt gegen den Kaiser, daß er ihm zumutet, gegen Gesetz und Verfassung den Reichstag durch Soldaten aufzulösen?(Lebhafte Zustimmung links, wachsende Unruhe rechts.) Das sind Aeußerung, die aus der Armee gewiß nicht hervorgegangen sind! Unsere Armee kennt die Verfassung; sie kennt die Rechte des Kaisers, sie hat aber auch Respekt vor den Rechten des Reichstages! Dieser Respekt vor dem Reichstag ist durch die Aeußerunge» deS Herrn v. Oldcuiurg auf das schwerste verletzt worden.(Lebhafte Zustimmung links. Lärm rechts.) Herr v. Oldenburg   sagt, daß der Offizier von niemand abhängig sei als vom König, daß ihn der Staat nichts angehe. Aber dieser Staat bezahlt ihn(Sehr richtig l links), und er gehorcht dem König nicht als P e r s 0 n, sondeni als Chef des Staates! Er hat dem Staat mit derselben Treue wie jeder andere Beamte zu dienen, und der König wird und darf ihm nicht zumuten, WaS mit der Verfassung nicht im Einklang steht.(Lebhafte Zustimmung links.) Ihnen(nach rechts) kommt alles darauf an, Ihre privilegierte Stellung zu behaupten, und Sie meinen, daß Ihnen am besten dazu die Armee dient. Aber auch in der Armee weiß man, daß die alten Zustände nicht mehr bestehen, und ich vermute, daß selbst Ihnen die Armee reckt schlecht gefallen würde, wenn sie noch nach altem Muster eingerichtet wäre. Da wurden die Truppen gewaltsam zusammengebracht und der Offizier mußte eine Stellung haben, die ihm heute nicht mehr gebührt. Er soll auch heute noch der Vorgesetzte sein, aber er braucht nicht besondere Privilegien. Glauben Sie wirklich, daß die Disziplin verletzt wird, wenn jemand für eine öffentlich begangene und zu verurteilende Handlung öffentlich Genug- tnung gibt?(Sehr richtig! links.) Es gibt Zeiten, wo die Offiziere die Kameradschaftlichkeit der Soldaten brauchen, das find die Zeiten des Krieges. Heute ist die Trennung des Offiziers vom ge> meinen Soldaten viel zu scharf. Der Reichskanzler, den wir heute wieder hier vermissen müssen, sollte deni Kaiser die verantwortlich- keit für daS Militärkabinett abnehmen.(Lebhafter Beifall links.) Abg. Singer(Soz.)(zur Geschäftsordnung): M. H.. ich muß aus den Vorfall, der fich vorhin hier abgespielt hat, zurückkommen. Ich stelle fest, daß der Herr Abg. v. Oldenburg  in seiner Rede die Worte gebraucht hat. der Kaiser müsse zu jeder Zeit in der Lage sei», einem Leutnant zu sagen:Gehen Sie mit , 12 Mann(Zuruf: zehn Mann!) mit 10 Mann und schließe» Sie den Reichstag! Ich enthalte mich, an dieser Stelle, im Rahmen einer geschäftsordnungSmäßigen Bemerkung über die Niedrigkeit der Auffassung zu sprechen, die dein Reichstag mit diesen Worten zugemutet wird. (Sehr gut! links.) Ich rede auch in diesem Augenblick nicht davon, daß diese Redewendung als eine direkte Aufforderung zum Verfassungsbruch zu bezeichnen ist.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. Oh! oh I recht«.) Ich frage den Herrn Pröfidentcn, der während der Rede nicht eingegriffen hat, ob er die Aeußerung gehört hat? Hat er sie gehört, dann würde tS eine Beleidigung für ihn sein, wenn ich annehmen würde, daß er sich mit drm Inhalt dieser Rrde identifiziert uud de» Redner nicht darauf verwiesen hat, daß er eS der Achtung und der Würde des Reichstags schuldig ist. folche Redensarten zu unterlassen.(Sehr richtig! links.) Hat dtt.'Herr Präsident diese Redewendung nicht gehört, so nehme ich an, daß er nunmehr seines Amtes, den Reichstag vor Beschimpfungen zu schützen, walte» wird.(Stürmischer Beifall links.) itSF*!., Vizepräsident Erbprinz zu Hohenlohe: Ich habe die Aeußerung des Abg. v. Oldenburg   gehört und habe sie so verstanden: Er sprach von der Disziplin, als er seine Aeußennig tat, und ich hatte die Auffagtm�tzaß er damit nur sagen wollte, daß der preußische Soldat bis aufö äußerste dem Rufe seines obersten Kriegsherrn folgen müA., zBiwbol recht«. Stürmische Unruhe linls. Zwischenrufe.) Ich glaube nicht, daß der Herr Redner etwas anderes gemeint hat. Hütte ich angenommen, daß er im Ernst geglaubt habe oder aussprechen wollte, daß die preußische Armee dazu da sei, einen Leutnant mit zehn Mann in den Reichstag zn schicken und ihn auseinander zu sprenge», so würde ich diese Aeußerung ohne Zweifel auf daL schärfste gerügt haben. Abg. v. Oldcnbnrg-Januschau<k.)(zur Geschäftsordnung): Der Herr Präsident hat vollständig verstanden, was tch sagen wollte. Ich habe die Aeußerung nur als äußerstes Beispiel der Disziplin angeführt,(Unruhe links.) einer Disziplin, die nicht zu fragen hat nach der Verfassung.(Erneute Unruhe links.) Abg. vassermann(natl.)(zur Geschäftsordnung): Nachdem der Abg. Singer nochmal» auf den Borfall zu sprechen gekommen ist. möchte ich auch namens meiner politischen Freunde erklären, daß wir die Aeußerung des Herrn v. Oldenburg  , in der auch wir eine Mißachtung des Reichstages und seiner verfassungsmäßigen Siechte erkennen, ebenso scharf zurückweisen wie auch den Beifall, den diese Aeußerung auf einigen Bänken des HauseS gefunden. hat.(Lebhafter Beifall links.) Abg. Gröber(Z.)(zur GeschäftSordnungjdf rsftsti Die Worte des Herrn v. Oldenburg   sind nach»neiner Auf- faffung nicht gerade so harmlos aufzufassen aewne» und namens meiner politische» Freunde habe ich das tiefste Bedauern darüber auszusprechen, daß ein Mitglied deö hohe» HanseS sich zu einer solche» Aeußerung hat hinreißen lassen.(Lebhafter Beifall link« und im Zentrum.) Abg. Dr. Müller-Meiningen  (fteis. Vp.)(zur Geschäftsordnung): Auch wir protestieren gegen die �isw offenbare Aufreizung zum BerfassungSbruch und zum Hochverrats. die in der Aeußerung des Herrn v. Oldenburg   gelegen hat.(Leb- hafte Zustimmung links.) Herr v. Oldenburg   hat unS wiederholt in demonstrativer Weise als»die deutschen   BundeSbrüder" angeredet. Eine größere Gefährdung des föderativen Charakters deS Reiches als durch das Auftreten des Herrn v. Oldenburg   ist kaum denkbar. Das föderalistische Prinzip wird dadurch auf' das allerticfste ge­schädigt. Auch wir beklagen diese Aeußerung des Abg. v. Olden- bürg»ind protestieren sowohl gegen diese Aeußerung als gegen die Untätigkeit des Präsidenten ihr gegenüber.(Lebhafter Beifall links.) Abg. Sachse(Soz.): ruft: runter vom Präsidentenstnhl! Vizepräsident Prinz zn Hohenlohe: Herr Abg. Sachse, einen solchen Ausdruck kann ich nicht zulassen; so lange ich als gewählter Präsident de? Hanseö fungiere, verbitte ich mir einen derartigen Ausdruck und rufe Sie zur Ordnung!(Lebhafte? Bravo! recht«. Zurufe bei den Sozialdemokraten: Erfüllen Sie Ihre Pflicht! Oldenburg   muß zur Ordnung gerufen werde»!) Abg. v. Oldenburg  - Janufchan(k. fzur GeschäftSordmmgf): Ich kann nur gegen die Auffassimg, die mir iinputiert wird, protestieren, und ich protestiere auch dagegen, daß Herr Dr. Müller-Meiningen in dem Ausdruck»BundeSbrüder" citoaS Beleidigendes sieht. (Lachen links.)