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Beim Aufruf der einzelnen Paragraphen ergreift daZ Wort Abg. Prinz zu Schonaich-Carolath(nntl.): Der Vertrag ist ab- geschlossen mit dem VertreterSr. allerchristlichstcn Majestät"! Dieser Titel ist 1830 dem König von-- Frankreich   ver­liehen Heiterkeit), also ist der Vertrag mit dem Vertreter eines Königs abgeschlossen, der nicht existiert, wenn es nicht der Vertreter des Herzogs von Orleans war.(Große Heiterkeit.) Der spanische König hat den Titel erhalte»:Allerkarholisch st erKönig" (Heiterkeit) und der portugiesiche:rsx ki d s 1 1 s l i m u e/: Seine allgetreueste Majestät.(Heiterkeit.) Ich erwähne das, um zu zeigen. wie notwendig eine genaue Uebersegung ist, und auch um zu be­weisen, daß es im Deutschen   Reichstage Leute gibt, die diese Unter« schiede kennen und würdigen.(Stürmische Heiterkeit.) Staatssekretär v. Schoeu: Dastibs fidele" des fran­ zösischen   Textes sollte nichtallergetreuester" bedeuten, sondern glaubenstreue st er(Heiterkeit), was wohl durch«Aller- christlichster" getroffen wird.(Heiterer Widerspruch.) Hierauf wird der Vertrag mit knapper Mehrheit angenommen. Es folgt die Fortsehung der zweite» Beratung des Etats für die Schuttgebiete. Abg. Licbert(Rp.): Herr Noske behauptete gestern, mit Maschinengewehren seien die Eingeborenen geradezu niedergemäht. Gegen Maschinengewehre scheinen die Herren Sozialdenivkraten eine besondere Abneigung zu haben. Aber die afrikanischen Zustände dar man mit den heimischen nicht vergleichen. Jeder Deul,che mutz sich über die Entwickelung der Kolonien freuen, die wir dem Ausbau des Bahnsystems verdanken. Abg. Ledebour   hat einem Kollegen die Teilnahme an einer koloniale» Akliengesellschaft vorgeworfen. Auch ich bin Aktionär einer solchen Gesellschaft.(Hört l hört I bei den Sozialdemokraten. Es ist aber ein großer Unterschied, ob man Aktionär einer kolonialen oder einer sonstigen Akliengesellschaft ist. Die Teilhaberschaft an einem kolonialen Unternehmen ist eine gemeinnützige, patriotische Tätigkeit.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Auch die christlichen Neger trennen sich schwer von der all- gewohnten Vielweiberei. Man mutz da etwas nachsichtig sein. Alt eingewurzelte Sitten lassen sich nicht auf einen Schlag beseitigen. Es ist wahr, datz der Islam größere Fortschritte macht als das Christentum. ES kommt oft vor, datz ganze Stämme mit ihren Häuptlingen zum Islam übertreten; von einem solchen Massen- übertritt zum C h r, st e n t u m habe ich nie etwas gehört. Sehr zu warnen ist davor, die Mischlinge von Weißen und Schwarzen als Weiße zu behandeln; sie müssen als Farbige behandelt werden. denn sonst geht der Respekt vor der weißen Rasse verloren! Abg. Dr. Goller(frs. Bp.): Harmonisch arbeiten Reichstag   und Kolonialverwaltung zum Wohle unserer Schutzgebiete zusammen. Der Kampf gegen den Islam. wie ihn das Zentrum von seinem religiösen Standpunkt aus mit Recht verlangt, kann von uns nicht gebilligt werden. Bei aller Anerkennung der Verdienste der Missionen, speziell auch der katholischen, müssen wir es ablehnen. Kolonialpolitik vom Missionarsstandpunkte zu treiben. Wollen die Missionare ihre Hände nach der Schule ausstrecken, so muß es heißen: Bis hierher und nicht weiter l(Lebhafte Zustimmung links). In Südwestafrika waren die christlichen Eingeborenen im Aufstande gerade solche Scheusale wie die anderen. England hütet sich auf Grund böser Erfahrungen sehr wohl, in die religiösen Ver- Hältnisse Indiens   einzugreifen. Ich kann den Staatssekretär nur dringend bitten, auf strenge religiöse Neutralität bedacht zu fein.(Lebhaftes Sehr richtig I links.) Der Bahnpolitik des Staatssekretärs stimmen wir zu. Das Tschadscegebiet mutz erschlossen werden. Hier hat beim Militäretat ein temperamentvoller Herr einen kräftigen Schrei nach dem Tierarzt ausgestoßen.(Große Heiterkeit.) Der Herr erwirbt sich große Verdienste, wenn er diesen Ruf in den Kolonien ausstößt..Dort fehlt cS nämlich an Tierärzten. (Heiterkeit.) Ich komme jetzt zum Kamel.(Große Heiterkeit.) Dies nützliche Tier muß in Südwestaftika recht heimisch gemacht werden.(Heiterkeit.) Weil das Kamel aber kein Zwitter ist, so mutz dafür gesorgt werden, daß auch Kamele vom schönen Geschlecht da find.(Schallende Heiterkeit.) Staatssekretär Derndurg: Gegen die Vielweiberei der Neger ist eine Verfügung ergangen. doch kann ich nicht verhehlen, daß diese Verfügung böses Blut her- vorgerufen hat. Man muß eben auf die dortigen Gewohnheiten und Verhältnisse Rücksicht nehmen. Der Bescheid vom Juni 1909, den mir gestern der Abg. NoSke zur Verfügung stellte, bezieht sich auf Vorgänge, die im Februar 190ö passiert sein sollen. Das Kolonialamt hat damals die Sache unter- sucht und keinen Anlaß zum Einschreiten gefunden. Als der Mann, der die Beschuldigungen erhob, sich in dic)em Jahre, wieder an mich wandte, gab ich die Sache an die vorgesetzte Diviston des betreffen« den Offiziers, und von dorr ist der Bescheid ergangen; die Bor- würfe treffen also nicht das Kolonialamt, sondern die Mililärjustiz. Ich habe daher dem Herrn Präsidenten des Reichsmilitärgerichts da- von Kenntnis gegeben, damit er in der Lage ist, falls es notwendig «scheint, darauf einzugehen. Auf daS, was Herr Noske sonst vorgebracht hat, will ich im einzelnen nicht eingehen. Besonders hat er sich gegen die Maschinen- gewehre gewendet. Die Miliz des Herrn Bebel wird doch aber auch nicht mit PralineeS schießen.(Große Heiterkeit.) Weiter suchte er Wirkung mit der großen Zahl der Prügelstrafen zu erzielen. Ich schränke sie ein, wo immer ich kann. Aber wenn SlXll) Fälle bei einer Bevölkerung von 10 IS Millionen vorkommen, so erreicht daS bei weitem nicht den Prozentsatz der Bestrafungen in Preußen. Wenn die Zahl der Strafen ein Maßstab der Kultur wäre, so müßte Deutschland   und speziell Preußen weit unter unserer Kolonie stehen. (Heiterkeit.) In neuen Ländern kann man nur unter Berücksichtigung der dortigen Verhältnisse arbeiten lassen, und wenn dabei auch einmal Gewalt angewendet werden muß, so kommt hinterher doch der Segen einer wirtschaftlichen Entwickelung. Herr Noske sagte: Roh- stoffe und Absatzgebiete für unsere Industrien zu erwerben sei gut. aber wir wissen noch nicht, ob Baumwolle dort gedeiht. Warum lehnen Sie denn dann die Summen für die Baumwollversuche ab? (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Haben wir nickt getan!) Doch, Sie lehnen den ganzen Etat ab! Ueberhaupt zählen die Sozialdemokraten bei kolonialen Dingen nicht mit. Reden wie die des Herrn Noske sind nicht für dieses HauS bestimmt, sondern er wollte die ablehnende Haltung seiner Fraktion in den Kreisen seiner Parteigenosse», in denen eS seit Jahren in der Kolonialfrage bedenklich kriselt, rechtfertigen. Ich erinnere Sie an Stuttgart  , an Essen, und der Parteitag m Leipzig   hat es schon gar nicht riskiert, daS Wort«Kolonialpolitik" überhaupt in den Mund zu nehmen.(Heiterkeit.) Die Sozialdemokratie macht es wie ein Wanderer, der sich als Freigast hinten auf einen Wagen setzt, die Fahrt auf der schönen Chaussee mit genießt, und wenn die Chaussee- geldhebestelle kommt, springt er schnell ab und verschwindet im Busch. (Heiterkeit.) Hierauf vertagt da« HauS die Weiterberatung auf Donners- tag 1 Uhr.(Außerdem Etat oeS ReichsiagS, des ReichsmilitäretatS.) Abg. Noske(Soz.) stellt in persönlicher Bemerkung fest, daß er sachlich am Donnerstag dem Staatssekretär zu antworten versuchen werde.______ Schluß Ö3/« Uhr. Hbgeordmtenbaio* 13. Sitzung, Dienstag, den 1. Februar 1910, vormittags 10 Uhr. Am Ministertische: v. A r n i in- C r i e w e n. Etat der Forstoerwaltung. Bei den Einnahmen Titel 1: Holz auZ dem Forstwirt- schastSjahre 1. Ottober 1909/10 106 000 000 M., liegt ein Antrag Lvrgmann u. Gm.(Soz.) vor: Die Regierung zu ersuchen, dem Hause bis zur dritten Be- ratung des Etats'Mitteilung darüber zugehen zu lassen, in welcher Weise beim Abtrieb der durch Nonnenfraß geschädigten Wälder in Ostpreußen   für die Arbeiter Vorsorge getroffen wäre. Abg. Dr. Wendlandt(natl.) begründet einen Antrag, die Re- gierung zu ersuchen, eine Denkschrift über die aus inländischen Forsten zu gewinnenden Mengen air Eisenbahnholzschwellen unter Berücksichtigung des künftigen Ertrages auS den vorgenommenen und gevlanten Aufforstungen vorzulegen. Ein Regierungskommissar stellt fest, datz im Eisen- bahnministerinm eine Bevorzung von Eisenschwellen nicht stattfindet. Die Frage, ob eiserne oder Holzschwellen bester wären, werde besser beim Eisenbahnetat erörtert. Abg. Borgmann(Soz.): Der Herr Finanzminister hat in seiner einleitenden Rede beweg- liche Klagen darüber geführt, daß die Erträgnisse aus den Wirtschaft- lichcn Unternehmungen des Staates erheblich zurückgegangen sind. In bezug auf den vorliegenden Etat trifft diese Klage jedenfalls nicht zu. Die Ursache ist allerdings außergewöhnlicher Natur. Die Veranlastung sind Schädlinge, vor allem die Nonnenraupe. Ich möchte meiner besonderen Freude darüber Ausdruck geben, datz es der Forstverwaltung gelungen ist, den durch die Nonnenraupe be- wirkten großen Holzanfall in Ostpreußen   günstig zu verwerten und den Händlerring, der darauf ausging, diefen Anfall billig zu erwerben, aus dem Felde zu schlagen. Es handelt sich aber dabei nicht nur um die Verwertung, sondern auch um die G e- w i n n u n g deS Holzes, und da ist Wohl die Frage be- rechtigt, wie eS der Forstverwaltung möglich gewesen ist, in den arbeiterarmen Forsten genügend Leute zu bekommen, um die drei Millionen Festmeter zu gewinnen. Natürlich hat man wie gewöhnlich zu ausländischen Arbeitern gegriffen, und zwar hat man diesmal aus Bayern   solche heran- geholt, indem man ihnen ganz falsche Vorspiegelungen machte. Die Leute in Süddeutsckland sind ja an eine freiere Luft gewöhnt, als sie im Osten herrfcht(Lachen rechts), sie sind daran gewöhnt, daß man sie als Menschen behandelt.(Lacken rechts.) Ich glaube, das Lachen wird Ihnen vergehen, wenn ich Ihnen sage, unter welchen Verhältnissen die Leute in der Forst beschäftigt worden sind. In einem Inserat werden in einer süddeutschen Zeitung Leute ge- sucht«bei sehr gutem Verdienst für großen Nonneuhieb in Ost- Preußen." Unterschrieben war das InseratAnton Steigenberger". Von diesem selben Herrn habe ich eine Originalpostkarte, worin er einem solchen Arbeiter einen Tagelohn von 6 M. bei Akkordarbeit garantiert, daS Handwerkszeug sei mitzubringen. In der Tat haben die Arbeiter, die die Reise dorthin selbst bezahlen mußten. dort Verbältnisse vorgefunden, die sie in gesundheitlicher Beziehung auf das allerschwerste benachteiligen. Bezeichnend ist dafür folgende Zeitungsnotiz: Der ForstfiSkuS hat, weil oft meilenweit von den Arbeitsstellen im Walde keine Stadt oder Dorf vorhanden, für Unterkunft und Schlafgelegenheit der Waldarbeiter sorgen müsfen. Zu diesem Zweck sind Holzbaracken von ganz frischem Tannenholz mit Heizvorrichtung aufgebaut. In einer solchen sehr Ueinen Baracke essen und schlafen 80 Mann. In diesem Räume ist aber noch die Küche und die Kantine.(HörtI hört! b. d. Soz.) Auf einer kleinen Treppe gelangt man in das Dachgeschoß, kaum zwei Meter hock, wo für 40Mann Nachtlager hergerichtet ist. Dicht nebeneinander, auf bloßem Stroh, mit einer Wolldecke bedeckt, liegen auf jeder Seite 20 Mann neben- einander, atmen die Ausdünstungen ihrer feuchten Arbeitskleider, des frischen Holzes der Baracke und des Lehmziegelofens ein. Dazu tropft den Schlafenden daS Echnrewasser vom Dache ins Gesicht. (HörtI hört! bei den Sozialdemokraten.) Ventilation ist nicht vor- handen. An jeder Giebelseite spendet ein winziges Fenster, das nicht geöffnet werden kann, etwas Licht. Brauchbares Trinkwasser und Einrichtungen zum Waschen der Leibwäsche fehlen. Es ist fast un- ausbleiblich, daß die Leute hier in kurzer Zeit von Krankheit und Ungeziefer heimgesucht werden.(Sehr wahr I bei den Soz.) Weiter droht den Arbeitern direkte Lebensgefahr. Die feuchten Bretter, die dicht an Ofen und Schornstein anschließen, werden mit der Zeit austrocknen und können dann leicht Feuer fangen. Auch sonst kann durch das Zusammenwobnen von 80 Menschen in einem heizbaren Raum mit Sttohlagerstätte und Küche allzu leicht Feuer entstehen. Ferner beklagen sich die Leute darüber, datz ihnen zwar die Beiträge für Krankenfürsorge abgenommen, aber kein Krankenschein gegeben wird, wenn jemand erkrankt." Daß die Obersörsterei nicht eingeschritten ist, falls die Schilderung der Zustände zutrifft, wundert mich ja nickt, denn die Herren Ober- förster sind auch Amisvorsteher und haben die Polizeigewalt. Um also nicht den Teufel bei seiner Großmutter zu verklagen, haben sich die Arbeiier direkt an die Regierung gewandt; sie haben ersucht um Erhöhung der Akkordsätze für Holzschlag um 20 Proz., Aus- schaltung der Unternehmer, Lieferung von Strohsäcken, monatlich mindestens einmalige Erneuerung des Strohe» in den Säcken. Her- richtung einer Waschvorrichtung ftir den Körper und die Leibwäsche, Maßregeln zum Schutz gegen Feuersgefahr; eS ist bereits zweimal in den Baracken Feuer ausgebrochen; Schaffung von gutem Koch- und Trinkwasser. Trotz dieser doch gewiß sehr bescheidenen Forderungen hat der Oberförster den Leuten erklärt, mit Sozialdemokraten verhandle er nicht!(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) DaS ist eine sehr wohlfeile Art, be- rechtigte Forderungen abzulehnen.(Sehr wahr! bei den Sozial« demokraten.) Von der Regierung haben die Leute nicht einmal eine Antwort bekommen. DaS ist eine unerhörte Behandlung. ES handelt sich um ein Objekt von 30 Millionen Mark, da wäre der Ver- lust für die Staatsregierung wirklich zu ertragen, wenn sie an- ständige Baracken geschaffen hätte. Aber den Herren in der Forst- Verwaltung fehlt offenbar jede sozialpolitische Einsicht, jede? Wohl- wollen gegenüber bei, Arbeitern.(Sehr richtig I bei den Sozial« demokraten) Die Arbeiter weisen auch darauf hin, daß ihnen von dem verdienten Lohn 3 Proz. für dir Unternehmer ab- gezogen werden, und datz sie aus höchstens 4 M. Ber- dienst kommen. Ich möchte fragen, was das für ein Abzug ist. Wahrscheinlich wird davon eine AnssichtSinstanz bezahlt, wie in der Oberförsterei Neuendorf in der Ostpriegnitz, wo die Leute von jeder verdienten Mark 7 Pf. abgeben müsse», wofür sich der Förster einen sogenanntenRegimenter" zur Beaufsichtigung der Arbeiter hält. Die Waldarbeiter im L i e b e n w a l d e r Forst müssen für diesen Zweck 5 Pf von jeder Mark abgeben I Weiß die Forstverwaltnng von diesen Verhälmissen? Ich kann mir nicht denken, datz sie diese ganz unsittliche Art von Abzügen billigt. Ich hoffe, daß die Forstverwaltung unserem Antrage gemäß unS bis zur dritten Lesung Auskunft gibt. ES geht nicht an, datz die Forst- Verwaltung die Verantwortung auf einen Zwffchenmeister abschiebt; sie hat alle Ursache, dasür zu sorgen, datz bei der Vergebung staat- licher Arbeiten nicht solche unerhörten Zustände herrschen.(Bravo  ! bei den Sozialdemokraten.) Oberlandforstmeister Wesen«: Ich freue mich, schon heute fest- stellen zu können, daß die Klagen des Herrn Vorredners auf falscher Darstellung der Verhältuiste beruhen. Es sind im ganzen 15 000 Arbeiter von uns beschäftigt worden. Wir haben sie tunlichst aus den benachbarten Dörfern genommen. Aber es kommen auch Arbeiter auS Thüringen   und Bayern   zu uns. Die Arbeiter meldeten sich bei uns, wir haben sie nicht geholt. Die Bayern   stellten ganz ungeheure Forderungen, und nur der ruhigen und festen Haltung der Forstverwaltung ist cS zu danken, datz diese Hetzer, die sich auch prügelten, nichts erreichten. Die Bayern   haben sich ihre Baracken nach ihren Wünschen selbst gebaut.(Hört! hört! rechts.) Die anderen Baracken waren zuerst gewiß nicht ganz ein- wandfrei, aber sie wurden geändert und sind jetzt hygienisch einwand- rei. Auch die Ruhelager sind gut. Das einzige, was den Bayern  nicht behagte, war wohl daS Bier, und deshalb fiihrten die 80 bittere Klage.(Heiterkeit.) Der Lohn betrug 6 M. pro Tag.(Hört! hört! rechts.) Ein einziger Bayer ist erkrankt, gestorben sind zwei. davon einer an einer Verletzung, die er bei einer Messerstecherei erhalten hatte.(HörtI hört! recht».) Der Arbeiter ist heute doch lein Kind mehr, und er würde sich eine solche Behandlung garnicht gefallen lassen, wie sie der Vorredner hier geschildert hat. Mr haben getan, was wir tun konnten.(Lauter Beifall rechts.) Abg. Graw(Z.) hält den Antrag Borginann nach den Er- ttärungen des Obcrlandforstmeisters für überflüssig. Abg. Roscnow(Frf. Vp.) führt Beschwerde darüber, daß die Forstverwaltung ihre Holzverkäufe lediglich in einem bestimmten Blatte inseriert. Oberlandforstmeister Wesen« weist darauf hin, daß daS von der Forstverwaltung eingeschlagene Verfahren den Wünschen aller Holzhändler entspreche. Abg. Tonrneau(Z.): Den Antrag Borgmann werden wir ab- lehnen, da er nach unserer Ansicht durch die Erklärungen der Re- gierung erledigt ist. Nach der Zurückweisung durch die Regierung beneide ich Herrn Borgmann nicht um seine Position.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Lassen Sie ihn doch antworten!) Wenn Herr Borgmanu sagte, in Bayern   wären die Arbeiter gewöhnt, als Menschen behandelt zu werden, so empfehle ich ihm, einmal selbst sich in Ostpreußen   umzusehen. Dann wird Herr Borgmann sein falsche?, auf tendenziöser Berichterstattung beruhendes Urteil über unsere Provinz Ostpreußen   revidieren und sagen: Wir haben uns geirrt, die Ostpreußen   sind doch bessere Menschen.(Heiterkeit und Bravo  ! rechts.) Minister v. Arnim: Mit der Frage der Entwaldungen habe ich mich seit der Anregung des Herrn v. Heydebrand im vorigen Jahre eingehend beschäftigt. Von einer zunehmenden Entwaldung ist bei den umfangreichen Aufforstungen nicht die Rede. Die einschneidendste Matzregel zum Schutze der Waldungen wäre die Stellung aller Wälder unter Staatsaufsicht. Für eine solche Maßnahme wäre das hohe Haus kaum zu haben, auch wären die Kosten zu groß. In Bayern  , wo eine solche Aussicht des Staates besteht, find übrigens die Zustände der privaten Forsten nicht bedeutend besser als bei unS. Auf gesetzlichem Wege wird auch nickt viel zu erreichen sein. Eine günstige Wirkung hat dagegen die Anstellung von Forst- sachverständigen durch die Landwirtsckaflskammern gehabt, die privaten Waldbesitzern mit ihrem Rate zur Seite stehen. Hieraus wird ein S ch l u ß a n t r a g der Konservativen an- genommen. Abg. Dr. Liebknecht(Soz.): Ich bedauere, daß mir durch den Schluß der Debatte daS Wort abgeschnitten worden ist, um nachzuweisen, daß die Ausführungen des Herrn OberlandforstmeisterS uns nicht genügt haben und daß Sie über Ihren Sieg, der ein Pyrrhussieg sein wird, allzufrüh ge- jubelt haben.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Der Antrag Borgmann wird gegen die Stimmen der Sozial- demokraten und Polen   abgelehnt.(Heiterkeit recktS.) Der Antrag Wendlaudt wird ebenfalls abgelehnt. Der Titel wird bewilligt. Zum Titel 3. Jagd... 603000 M., Beantragen die Abgg. Borg­mann(Soz.) und Genoffen: die Regierung zu ersuchen, die administrativen Jagdbezirke in Zukunft an den Meistbietenden zu verpachten. Abg. Borgmann(Soz.): Zunächst möchte ich auf eine UnVollkommenheit des Berichts der Budgelkommiision hinweisen. Es ist in ihm die MitteUung eines Regierungsverlreters nicht enthalten, wonach die Taxen in allen Revieren erhöht sind mit Ausnahme einiger Hofjagdreviere. Ich möchte fragen, weshalb gerade diese Bemerkung weggelaffen ist. Die Tatsache selbst sieht übrigens etwas nach Begünstigung aus.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Wir haben unseren Antrag gestellt, weil die Verhandlungen im vorigen Jahre nicht den Beweis geliefert haben, datz die Ver- Pachtung der Jagden in den Staatsforsten undurchführbar wäre und nicht erhebliche Erträge bringen wird. Die vorjährigen Ver- Handlungen haben in den Interessentenkreisen wie in der Presse leb- hasten Wiederhall gefunden. Auch diesmal sind mir viele Zuschriften zugegangen, u. a. iogar von einem leibhaftigen Oberförster(Hört I hört! rechts), der nachweist, daß durch de» heutige» Jagdbetrieb d« Staat um viel» Million«» geschädigt wird. Die Erträgniffe auS den Jagden würden sehr viel höhere werden, wenn man jedes einzelne Stück Wild zum Abschuß verpachten würde. Jeder Nimrod   würde z. B. für einen Elch einen hohen Be- trag gern zahlen. Für den Abschuß eine? Rothirsches in einer Privat- forst wurden in einem Inserat 500 M. verlangt I Wenn der Minister im vorigen Jahre darauf hinwies, daß sich in den östlichen Provinzen wahrscheinlich keine Pächter der Jagden finden würden, so weise ich darauf hin, daß in den übrigen Pro- vinzen 1 400 000 Hektar zur Jagd sehr gut verpachtet werden können. 8 bis 10 Millionen könnten zweifellos alljährlich aus der Verpachtung der staatlichen Jagden herausgeholt werden. Heute kostet daS Vergnügen, das die Oberförster und höheren Forstbeamten an der Jagd haben, dem Staate pro Kopf dieser Beamten 10 bis 12 000 Mark. Das ist eine unverantwortliche Berfchweudung von öffentlichen Mittel». (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Die Befürchtung des Mi- nisters, wir könnten die tüchtigen Beamten verlieren, wenn wir ihnen die Jagd nehmen, teile ich nicht. Man kann ihnen ja ein besseres Gehalt geben. In den Kreisen der Beamten selbst wird vielfach der jetzige Zustand beklagt, weil er zu einer Art von Korruption führt. Die Behauptung de« Ministers, daß auch die mittleren Forstbeamten an der Jagd beteiligt würden, wird von meinen Gewährsmännern bestritten. Ein königlicher Hegemeister aus der Provinz Branden- bürg schreibt mir, daß er Förster kennt, die schon 20 Jahre lang auf ihrer Stelle sitzen und noch keinen Rehbock haben schießen dürfen. Die Förster werden eben nur als Treiber für die oberen Beamten bei der Jagd benutzt. Auch die weitere Behauptung, daß die Gemeindejagden in ihrer Ertragsfähigkeit herabgesetzt würden, halte ich für unrichtig. Herr Fischbeck hat sie sich ja unter dem lebhaften Beifall der Reckten den ich ihm gewiß gönne zu eigen gemacht. Demgegenüber verweise ich auf die Aeußerung deS Ministers, daß die angrenzenden Gemeindejagden bei der Verpachtung der StaatSjagd höhere Preise erzielen würden! Der Oberförster schreibt mir. daß jedenfalls auch die Pächter der StaatSforsten die benachbarte Gemeindejagd mit- pachten würden. Auffallend ist übrigens daS plötzlich so große Interesse der Rechten für die Gemeinden!(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Bisher waren Sie doch nur bemüht, den Ge- meinden nach Möglichkeit das Fell über die Ohren zu ziehe».(Oho l rechts.) Da steckt offenbar etwas anderes hinter. Auch sür die Waldarbeiter bedeuten die jetzigen Zustände eine schwere Schädigung. Ein Förster aus Schlesien   schreibt mir:«Wenn ein Waldarbeiter bei feinem völlig unzureichenden Tagelohn von 1,80 M. sich eine Kuh halte» könnte, welche im Walde gehütet wird, es würde damit die Er- nährung seiner Familie eine bedeutend beffere. Aber das Vieh ver« scheucht das Wild, und deshalb muß es heraus. Einen Sckaden kann daS Vieh der Forstkultur nicht zufügen, da es von zuverlässigen Hirten an freien Orten geweidet werden kann. Aber daS Gras muß unnütz verdorren, damit das Jagdvergnügen der hohen Forst- Beamten nicht geschädigt wird.(Hört! hört! bei den Sozialdemo- kraten.) Ein Förster auS dein Harz   teilt mir mit, daß ungeheurer Schaden durch den hohen Wildstand in den staatlichen Forsten herbei- geführt wird durch das Schälen des Holzes. Da müßte man doch aus der anderen Seite für einen entsprechenden Nutzen auS der Jagd sorgen. Diese unrationelle Forstwirtichaft ist eben nur zu verstehen, weil ein« Gruppe von Jnteresienten die Macht im Staate in der Jiand hat.(Sehr wahr I bei den Sozialdemolraten.) In Havelberg at der Obersörstcr die Forst« gezwungen, eine alte Frau vo» 84 Jahren wegen Holzdiebstahls zur Anzeige zu bringen. Da» ist «ine Roheit, die eines königlichen Beainten unwürdig ist,(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) In der Altmark kursiert übrigens dos Gerücht. daß ein Deichmeister auf dem Elbdeich eins Anzahl Obstbäume