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Nr. 31. 27. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonntag, 6. Februar 1910.

Militärfiskalliche Unterschleife vor dem Kriegsgericht.

Fünfter Verhandlungstag.

Bon einigen der Angeklagten war behauptet worden, daß der Schrot in eine große Futterfifte geschüttet und aufbewahrt zu werder pflegte. Demgegenüber bekundet der Zeuge Schiller  , daß in einer Ecke der Kiste ein wenig Schrot lag, der bereits fest war und klebte! Nach den Bekundungen des Zeugen Ziehbarth haben sich die Wachtmeister, Futtermeister und Futterordonnanzen darum geriffen, Hafer nach dem Fuhrwerk des Engel zu schaffen! Es sei allgemein unter den Mannschaften über die Beruntreuungen ge­sprochen worden, insbesondere habe man den Wachtmeister Kar­ städt   verdächtigt.

Die Zeugengruppe, die über die Vorgänge im Jahre 1909 Be­fundungen machen sollte, ist damit sämtlich vernommen, und es tommen nun die anderen Jahrgänge an die Reihe. Auch bei den Vernehmungen der hier in Betracht kommenden Zeugen spielt der Korb mit den Lebensmitteln eine Rolle. Die meisten der Zeugen haten den Korb häufig auf dem Wagen gesehen. Einmal ent­wendete ein neugieriger Kanonier eine Flasche Schnaps aus dem Korb und trant sie gemeinsam mit seinen Kameraden aus! Ein anderer Kanonier erleichterte ein anderes mal den Korb um eine Burst. Der Angeklagte Müller erklärt, er habe häufig von daheim Patete mit Lebensmitteln erhalten; wenn von einem der Zeugen behauptet werde, daß in seiner Kommode Eier, Aepfel und andere Ehwaren vorhanden gewesen seien, so müsse er betonen, daß dies alles von seinen Angehörigen herrühre.

Die folgenden Zeugen machen Angaben, wonach Engel noch mehr Hafer abgeholt hat als zu den anderen Zeiten. Schrot brachte er nur in fleinen Mengen fädelchenweise zurück. Engel fam einmal zu einer Theaterprobe von Mannschaften. Er spen dierte den Leuten Bier und Zigarren, und Wachtmeister Rauten­berg schickte sie dann nach Hause. Was die Zurückgebliebenen unternommen haben, weiß niemand.

128 000 I. unterschlagen!

Die Kirche hat einen guten Magen. Sie sucht, wie unseren Lesern bekannt, mit Eifer die hohen Kirchensteuern auch von den Minderbemittelten beizutreiben. Ja auch in vielen Fällen verlangt fie da unberechtigt Zahlung von Kirchensteuern, wo ihr keinerlei Recht hierzu zusteht, weil die von ihr Heimgesuchten längst aus der Kirche, mit deren Anschauungen sie innerlich gebrochen haben, aus­getreten sind. Wie im vollen Gegensatz hierzu die Nevifion ihr an­vertrauter Gelder so oberflächlich stattfindet, daß einer ihrer ge­treuen Beamten 128 000 M. unterschlagen kann, ohne daß die Defekte rechtzeitig bemerkt werden, das lehrte ein gestern vor dem hiesigen Schwurgericht abgeurteilter Prozeß gegen den Rendanten der Naza­reth- Kirchengemeinde, Richard Voß. Eigenartig berührte in diesem Prozeß auch die Ausrede des Angeklagten, zu der sinnlosen Ver­schwendung, die ihn schließlich zu den Veruntreuungen führte, sei er durch seine Beschäftigung im preußischen Finanzministerium

gekommen.

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Ueber den Prozeß geht uns folgender Bericht zu

in Ihrem Hauptamt ein Gehalt von 5400 M. und aus dem Neben. Berliner   Kaufmannsgerichts unter dem Vorsiz des Magistrats. amt eine Einnahme von durchschnittlich 900 m. Angekl.: Jch assessors Dr. Neumann abermals befassen. Der schon vor Monaten habe das Geld verspielt. Wie es mein Glück war, in das Finanz- gestellte Ablehnungsantrag gegen den amtierenden Richter der ministerium berufen zu werden, so war es anderseits auch mein 4. Kammer, Magistratsaffeffor Dépène, wurde seinerzeit von der Unglück, insofern, als ich die Gelegenheit erhielt, Freikarten zu Kammer für gegenstandslos erklärt, mit der Begründung, die vom Theatern, öffentlichen Veranstaltungen usw. zu erhalten. So kam Gericht beschlossene Ablehnung des Vertreters des Klägers, des ich auch nach Hoppegarten  , und ließ mich dazu verleiten, zu wetten, Funktionärs Thomas vom Deutschen   Handlungsgehilfenverband, in der Hoffnung, vom Glück begünstigt und ein reicher Mann zu nehme diefem das Recht, seinerseits einen Ablehnungsantrag gegen werden. Es glückte mir auch, an manchen Tagen Gewinne ein- den Richter zu stellen. Auf eingelegte Beschwerde hob jedoch das zuheimsen, aber dann kamen, wie dies immer der Fall ist, die Ver- Kammergericht diesen Beschluß auf und entschied, daß das Kauf­luste, und wollte ich nun das Verlorene wieder einbringen. Ich mannsgericht über den Ablehnungsantrag des Klagevertreters zu wettete dann auch auf auswärtigen Rennplägen und habe tagtäg- verhandeln habe. lich das Wettglück versucht. An manchen Tagen habe ich 5-600 m. verwettet und schließlich gar keinen Ueberblick mehr über die Höhe meiner Unterschlagungen gehabt. Ich bin auch von jeher sehr nervös gewesen. Präs.: Tas ist Ihnen zu glauben, daß Sie nervös werden mußten, wenn Sie in solcher Weise wirtschafteten, wenn Sie sich tagtäglich sagen mußten: Ich bin ein Schuft, ein Schurke, der zu Hause Frau und Kinder hat und fort und fort unterschlägt und allen Scharfsinn aufbieten muß, um sich vor Ent­deckung zu schützen.

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In der nunmehr stattgehabten Verhandlung begründete der Vertreter seinen Antrag wie folgt: Es handle sich um einen ella. tanten Fall der Rechtserschwerung für Handlungsgehilfen. Der Kläger  , der gegen die Versicherungsgesellschaft ,, Viktoria" einen An­spruch geltend macht, wohnt jezt in Köln  . Da er in Berlin   keine Verwandten hat, so wandte er sich an seinen Verband mit der Bitte, ihn zu vertreten. Nachdem drei Verbandsmitglieder hinterein. ander als Vertreter des Klägers abgelehnt wurden, übernahm als Vierter der jetzige Antragsteller Thomas die Vertretung. Dieser war bereits vor einer anderen Kammer als Vertreter zugelassen worden. Als Assessor Dépène dies erfuhr, stellte er einen solchen Beschluß in öffentlicher Sizung als ein Unrecht hin. Der Antrag steller führt nun aus, ein Richter, der den Beschluß eines anderen Gerichts öffentlich als Unrecht hinstellt und sich vor der Verhand­lung und Beratung mit seinem Urteil derart festlege, fei nicht vor. urteilsfrei und könne unmöglich unbefangen urteilen. Dem Ge­richt lag anscheinend sehr daran, die Sache durch einen Vergleich aus der Welt zu schaffen, und es wollte sogar den im Zuschauers raum anwesenden Funktionär Wiese vom D. H. B. sofort zulassen. Der Vertreter lehnte indeffen eine Einigung ab und wies auch darauf hin, daß Wiese in derselben Sache bereits abgelehnt sei. Das Gericht lehnte den Befangenheitsantrag des Klagever. treters nach einstündiger Beratung ab. Die von T. vorgebrachten Tatsachen seien nicht geeignet, das Mißtrauen gegen die unbes fangenheit zu rechtfertigen. Es bestehe nicht die Gefahr, daß der Richter sich von anderen Schlüssen leiten lassen wird, als die er auf Grund der Verhandlung und seiner Rechtsüberzeugung ges winnen wird. Gegen dieses Urteil hat der Klagevertreter bereits Beschwerde beim Kammergericht eingelegt.

Nach Beendigung des Verhörs des Angeklagten befundet der als Zeuge vernommene Kriminalkommissar Leonhardt, daß der Verdacht der Veruntreuungen brennend wurde, als der Angeklagte im Juni vorigen Jahres nicht auf sein Amt tam und auch von Hause verschwunden war. Bei der gewaltsamen Oeffnung des Geld­schranks in seiner Wohnung wurden 200 M. vorgefunden. Der Angeklagte ist dann über Magdeburg   nach Köln   und Paris   gefahren, dann aber wieder einmal nach Berlin   gekommen und hier verhaftet worden, nachdem er in einem Aschinger- Restaurant von einem jungen Mann erkannt worden war. Rechtsanwalt Dr. Schwindt läßt sich bestätigen, daß der Angeklagte weder für sich, noch für seine Familienangehörigen irgendwie unberechtigten Aufwand ge­trieben, sondern zu Hause ganz bescheiden gelebt habe. Als Sachverständiger wird der Direktor des Bureaus der Ber­ liner   Stadtfynode, Dehmte, vernommen, der mit einigen ihm unter gebenen Beamten mit der Feststellung der Unterschlagungen des Angeklagten betraut worden war. Er gibt in einem langen Vor­trag ein Bild von dem ganzen Verwaltungsapparat einer so großen Kirchengemeinde, wie es die Nazarethgemeinde ist, von der Art der Buchführung des Angeklagten und dem von diesem aufgebauten System, das es ihm ermöglichte, seine verbrecherischen Handlungen Die Nichtzulassung von Verbandsbeamten als Prozeßvertreter so lange Zeit vor der Entdeckung zu bewahren. Zulezt sei dem entspricht zwar dem Wunsch des Zentrumsabgeordneten Trimborn, Angeklagten der Faden verloren gegangen, und er habe sich in ist aber, wie wir wiederholt darlegten, eine trasse Rechtserschwerung feinem System selbst nicht mehr zurechtfinden können. Die Summe der Handlungsgehilfen. Daß eine solche durch ein Ablehnungsgesuch der Unterschlagungen ist buchmäßig auf 127 182,71 M. festgestellt zu verhindern versucht wird, ist erklärlich. Der Mißstand wird worden. Der Staatsanwalt weist darauf hin, daß die vor das aber, gleichviel wie die Entscheidung des Kammergerichts ausfällt, Jahr 1899 fallenden Unterschlagungen strafrechtlich nicht mehr ver- mur durch eine Gesetzesänderung zu beseitigen sein. folgbar feien. Medizinalrat Dr. Hoffmann gibt sein Gutachten nur durch eine Gesetzesänderung zu beseitigen sein. dahin ab, daß der Angeklagte, der aus einer in geistiger Beziehung nicht ganz einwandsfreien Familie stammt, ein nervöser, nerven­schwacher Mensch sei, der an ihn herantretenden Verlockungen weniger Widerstand zu leisten vermag, als andere Leute.

Aus der Frauenbewegung. Die Frauen und der Schnapsboykott. Nach den Ausführungen des Staatsanwalts Hook und des Rechtsanwalts Dr. Schwindt zur Schuldfrage und der Rechts­Bei der wirksamen Durchführung des in Leipzig   beschlossenen belehrung durch den Vorsitzenden, gaben die Geschworenen ihr Schnapsboykotts können zweifellos unsere Frauen Vorzügliches Votum dahin ab, daß der Angeklagte nur der einfachen Unter- leisten. schlagung( bie Beamteneigenschaft wurde verneint) schuldig sei. Das urteil lautete auf 2 Jahr 6 Monate Gefängnis. Außerdem wurde ihm die Fähigkeit zur Bekleidung eines öffentlichen Amtes auf die Dauer von 3 Jahren abgesprochen.

Soziales.

Die Unterschlagungen des Rendanten der Nazareth- Kirchen­gemeinde, früheren Rechnungsrates im Finanzministerium, Eber­hard Bos, tamen gestern zur Erörterung vor dem Schwurgericht des Wieder ein ostpreußischer Landarbeiter von einem Verwalter Landgerichts III  .

Der Angeklagte Eberhard Voß ist angeklagt, als Beamter fort­gefeßt Gelder, die er in amtlicher Eigenschaft erhalten hatte, unter schlagen und zur Verdeckung der Unterschlagungen Register und Bücher unrichtig geführt und gefälscht zu haben.

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erschoffen.

OT

Ist es unser aller Wunsch, daß dies geschieht, so ist notwendig, daß wir immer und immer wieder auf die Ursachen hinweisen, die diesen Beschluß gezeitigt, daß wir immer wieder daran erinnern, was mit diesem Beschluß bezweckt ist. Die Empörung der Massen ob des unerhörten Steuerdrucs durch die Finanzreform" gab den Anstoß zu den Debatten und dem Beschluß des Schnapsboykotta. Die indirekte Steuer- und Liebesgabenverweigerung, die einen empfindlichen Schlag für Regierung und Junkertum bedeutet, ist tion, einerlei ob diese eine mündliche ist im privaten Streiſe, Zweck und Ziel des Beschlusses. Stellen wir nun bei unserer Agita­oder ob es eine öffentliche ist in Versammlungen diesen Zwed In der Nähe des kaiserlichen Jagdreviers Rominten des Boykotts in den Vordergrund, so wird sicher ein guter Erfolg liegt das Gut Bromberg, welches von dem 29 Jahre alten erzielt, ein besserer, als wenn wir den Branntweintrinfern nur unverheirateten Inspettor Mett verwaltet wird. Am die Schädlichkeit des Branntweingenusses für Gesundheit und Boß war Rechnungsrat bei der Generalstaatskaffe im Finanz- 29. Januar fehrten der Kämmerer Schweda und der Knecht gern Moralpredigten halten oder gar Vorwürfe machen lassen das Familie zeigen. Erklärlich genug! Kein Schnapstrinter wird sich ministerium; er ist am 13. Februar 1861 in Berlin   geboren, ber­heiratet und Vater einer Stieftochter im Alter von 22 Jahren und Hammer mit einigen Fuhren Holz, in angetrunkenem Bu rüber, daß er Schnaps trinki, am wenigsten von einer Frau. Und eines Sohnes im Alter von 17 Jahren. Er hat als Einjähriger im stande aus dem Walde zurück. Der Verwalter machte ihnen schließlich, wer von uns, die wir alle die Ursachen des Alkoholis. Garde- Füfilierregiment seinerzeit gedient. Im Nebenamt war er dieserhalb Vorhaltungen. Als diese sich verantworteten, ent- mus nur zu gut kennen, die wir wissen, daß das wirtschaftliche, Rendant der Nazareth- Kirchengemeinde. Auf die Frage des Vor- ließ er den Knecht auf der Stelle aus dem Dienste; dem das soziale und das geistige Elend. bei vielen Proletariern den sitzenden, Landgerichtsdirektor Sehmer, erklärt der Angeklagte, daß Stämmerer, der zirka zwei der zirka zwei Jahre lang zu vollster Alkoholismus veranlaßt, fühlte sich da berufen, den Moralprediger er sich schuldig bekenne, die Gelder in der rechnungsmäßig fest Bufriedenheit des Gutsherrn seinen Dienst versehen hatte, su machen? Die Vorwürfe ersterben auf unserer Lippe, wenn gestellten Höhe veruntreut zu haben, bestreitet aber, daß er dies in wir uns vergegenwärtigen, daß Bieltausende bei schwerer Arbeit fündigte er und befahl ihm, binnen sechs Wochenschanzen, entweder in staubigen, schlecht ventilierten, überheizten Beamteneigenschaft getan. Er habe in seiner Tätigkeit als An die Wohnung zu räumen. Darüber waren die beiden Räumen oder im Freien, allen Unbilden der Witterung ausgefeßt, gestellter der. Nazareth- Kirchengemeinde durchaus nicht die Quali­fitation eines Beamten gehabt. Der Unterschied zwischen den ihm Arbeiter sehr erregt. Nachdem der Verwalter sich schon in die schlecht genährt und schlecht gekleidet zum Schnaps greifen, auferlegt gewesenen Pflichten und den ihm zustehenden Rechten feiner Wohnung befand, gingen sie ihm dahin nach, um ihn um sich für einen Moment das Gefühl der Straft, der Wärme, des sei ein so großer, daß ihm nichts ferner gelegen habe, als sich als wegen der plötzlichen Entlassung zur Rede zu stellen. Da Behagens- borzutäuschen. Die nach vollbrachter Tagesfron viel Beamter anzusehen. Auch die Stadtsynode scheide streng zwischen ihnen die Tür nicht geöffnet wurde, zerschlug der Knecht eine Icicht weider zum Schnapsgenuß ins Wirtshaus laufen, weil die Beamten und anderen beschäftigten Personen.- Bräs.: Sie be Scheibe des Flurfensters, schob dann von innen den Holz- Dede und Unwirtlichkeit des eigenen Heims", der Mangel an haupten also, daß Sie im Hauptamt Beamter, im Nebenamt Nicht- riegel beiseite. Dann betraten beide die Wohnung des Ver- geistiger Anregung, das Fehlen jeden höheren Lebensgenusses fie beamter waren. Sie haben die Anstellung, die durch Beschluß des walters. Sie machten dann zwar viel Lärm; aber zu dazu drängte, hier Geselligkeit und Anregung zu suchen. Gemeindefirchenrats Ihnen angeboten worden war, angenommen. Tätlichkeiten fam es anscheinend nicht. Können wir diesen Aermsten bei unserer mündlichen und Haben Sie jemals bei Ausübung Ihrer vertraglichen Tätigkeit der Verwalter irgend welche Verlegungen bei diesem an der Arbeiterbewegung ihre Gegenwart und Zukunft heller Jedenfalls hat öffentlichen Agitation zeigen, einmal, daß sie durch die Beteiligung irgendeinem Gemeindekirchenvertreter gegenüber betont, daß Sie Trotzdem glaubte er, und sonniger gestalten, ihrem Leben einen höheren Inhalt geben nicht Beamter seien? Angekl.: Ich habe jedenfalls nie betont, Strawall nicht davongetragen. daß ich Beamter sei. Präs.: Nach buchmäßiger Revision sollen wie schon so mancher seiner ländlichen Klassengenossen fönnen schon so mancher seiner ländlichen Klassengenoffen fönnen so ist das schon eine starte indirette Bekämpfung des bie auf viele Jahre zurückgehenden Unterschlagungen die ungeheure berechtigt zu sein, das rabiate Betragen feiner beiden Leute Schnapskonsums. Doch daneben soll die direkte Bekämpfung nicht Gesamtsumme von 128 000 m. erreicht haben. Geben Sie dies zu? mit dem Tode bestrafen zu dürfen. Als diese ihm unterbleiben. Diese soll darin bestehen, daß wir ausführlich nach­Angell.: Wenn es buchmäßig festgestellt ist, muß ich es zugeben. in der Stube, bewaffnet mit nur einem mäßigen Holzstückweisen: 180 Millionen Mark zieht alljährlich der Staat in Gestalt tätig gewesen. Von welchem Jahre beginnen Ihre Unterschlagungen? gegenüberstanden, ergriff er seine Flinte und gab zwei Gelb wird mit dazu benutt, um jene Machtmittel, die zur Nieder­Angell.: Die ersten dürften von mir im Jahre 1897 begangen Schrotschüsse auf den Kämmerer Schweda a b. haltung der aufwärts strebenden Arbeiterschaft bereit gehalter fein. Bräf.: Sie haben als Rendant verschiedene Staffen der Der eine Schuß zerschmetterte den Arm, der andere durch werden, zu verstärken. So das Heer, die Bureaukratie, die Bolizei Nach kaum einer Stunde war der im und so weiter.( Siehe Mansfeld  .) Daß wir weiter nachweisen: Kirchengemeinde zu führen gehabt und bewahrten die Gelder in bohrte die Lungen. einem Ihnen zur Verfügung gestellten Geldschrank. Wie sind Sie besten Mannesalter stehende Arbeiter, der eine Frau und fünf 40-50 millionen ziehen außerdem die junkerlichen Schnapsbrenner zu Ihrer verbrecherischen Tätigkeit gekommen? Angefl.: Bei unerzogene Kinder hinterläßt, eine Leiche. Bei der Settion in Gestalt der berühmten Liebesgaben alljährlich aus den Taschen Sen Revisionen ist nicht mit der genügenden Sorgfalt verfahren wurden nicht weniger als 50 Schrotförner in seinem Störper der Branntweintrinker, wozu die Kontingentierungsbestimmungen worden. des Branntweinsteuergesezes ihnen die Möglichkeit geben. Diese Bräf.: Ja, man hat Ihnen ein sehr großes Vertrauen gefunden, entgegengebracht und bei den Revisionen ist man nicht so scharf 40-50 Millionen, den Aermsten der Armen genommen, dienen Der schießlustige Verwalter befindet sich auf freiem Fuß mit dazu, die wirtschaftliche und damit die politische Macht des vorgegangen, wie es Ihnen gegenüber notwendig gewesen wäre. Sie haben, als Sie die ersten Unterschlagungen begangen hatten, Soll etwa Notwehr vermutet werden? Das läßt sich nach preußischen Junkertums zu stärken. Die ganze Geschichte des immer weiter unterschlagen und die Beruntreuungen in den der bisherigen Praxis ostelbischer Gerichte faft annehmen. preußischen Junkertums aber, sowie ihr freches, brutales Auftreten Büchern in äußerst verschlagener Weise verdeckt. Sie haben auch Sind doch wiederholt oder stets in ähnlichen Fällen Guts in der Gegenwart, beweist zur Evidenz, daß sie die erbittersten die synodalen Zuschüsse unterschlagen, Kirchhofseinnahmen sofort besiger und Inspektoren, die wegen fahrlässiger Tötung oder Feinde der Freiheit und der Volksrechte sind. Zu allem Ueberfluß in die Tasche gesteckt, ohne sie zu buchen, auch sogar die Gelder, die Körperverlegung mit Todeserfolg angeflagt waren, unter An- bat dies wiederum die von Brutalität und Bynismus strobende die armen Leute in den Klingelbeutel getan hatten, sich angeeignet. wendung des Notwehrparagraphen freigesprochen. Daß sich Staatsstreichrede des Konservativen Oldenburg   von Januschau   be auch ein Landarbeiter seinem ihn prügelnden Gutsherrn gegen denn wenn Sie ein ehrlicher Mann bleiben wollten, hätten Sie über in Notwehr befunden habe, ist unseres Wissens noch nie. Beigen wir ihnen, wie die schlimmsten Feinde der Arbeiterklasse schärfere Revision stattfinden möge. Sie mußten doch fürchten, Sie mußten doch fürchten, mals angenommen. daß die Sache einmal zum Klappen kommen müsse. Dies geschah Nach den Feststellungen unseres Rorrespondenten an Drt den Bevölkerung unternehmen, so wird es auch ein leichtes sein, doch in dem Moment, wo die Behörde die Ihnen gegebene Ermächti- und Stelle fann in diesem geschilderten Falle von Nothwehr die Empörung breiter Volksschichten zu entflammen. Diese Em gung zur Verwaltung des Nebenamtes zurüdzog und Sie die Stasse durch Erschießen des Angreifers teine Rede sein. Denn nach pörung wird die Kraft auslösen, dem Branntweingenuß zu ent übergeben mußten. Angefl.: In diesem Moment hatte ich noch vollbrachter Tat wußte der Verwalter sich sehr gut dem nach sagen, um sich der doppelten Ausbeutung zu entziehen, die zudem nichts zu fürchten, denn ich hatte eine sechsmonatliche Kündigung, Abgabe der Schüsse noch auf ihn Eindringenden zu entziehen, noch die Macht und den Uebermut unserer Gegner stärkt. Es ist und auch nach Ablauf derselben wäre die wirkliche Sachlage nicht indem er einfach aus einer hinter ihm sich befindenden Tür eine alte Erfahrung, daß die Entflammung einer gerechten Em­sofort zu erlennen gewesen. Präf.: Sie haben allerdings die pörung und die Begeisterung für ein bestimmtes Ziel, schlummernde Verschiebungen und Berdedungen in den Büchern sehr geschickt ge- zu seinem Nachbar flüchtete. Wird gegen den schießluftigen Sträfte, geistiger und moralischer Art, wedt und schnell entwidelt. macht und man müßte eigentlich annehmen, daß Sie eine Neben- Verwalter ein Strafverfahren eingeleitet werden? fontrolle geführt haben. Sie haben beispielsweise auch die Beträge der Sparkassenbücher, die verschiedenen Fonds gehörten, sich aus­zahlen lassen und das Geld für sich verwendet, aber die ginsen Mit einem Befangenheitsantrag, der schon fast ein Jahr lang immer regelrecht gebucht, so daß immer angenommen wurde, daß die verschiedensten Instanzen durchwandert und wegen seiner Be die Bücher bei der Sparkasse lagerten. Was hat Sie zu dem gleitumstände in Handlungsgehilfenkreisen lebhaftes Aufsehen er Verbrechen geführt? In Not waren Sie doch nicht, denn Sie hatten regt hat, mußte sich in seiner letzten Sitzung die 4. Kammer des

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Bräs.: Sie sind als Kirchenkassenrendant vom Jahre 1895 an

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darauf dringen müssen, daß zu Ihrer eigenen Sicherheit eine

Ablehnungsgesuch vor dem hiesigen Kaufmannsgericht.

der Branntweinsteuer aus den Taschen der Schnapstrinker. Dies

es sind, die neben dem ungeheuren Steuerdrud noch zu eigenem Nußen den Raubzug auf die Taschen der Branntwein fonsumieren.

Empörung und Begeisterung stählen auch den Willen und bamit die Tat- und Widerstandskraft. Und deshalb wollen wir die gerechte Empörung ob der unverschämten Ausraubung der Brannt iveinfonsumenten erweden, wollen wir die Begeisterung für eine indirekte Steuer- und Liebesgabenverweigerung entfachen und so awei mächtige Triebträfte zum Motor des Branntweinboykotts machen.