olc ichlange» Zeekraum bestanden hak. Die Fristbestlmmiingen—hier ivie in den folgenden Paragraphen— bezwecken, die betreffen.den Wähler des«erhöhten Stimmgewichts dauernd erst teilhaftigiverden zu lafsen, wenn sie gründliche Erfahrungen in ihrem Be-rufe gesammelt haben können.Für die ehrenamtlich in den Verwaltungskörpern der engerenKommunalverbände tätigen Wähler schreibt der§ 0 des Entwurfesvor, dast sie aus der 3. in die 2. Abteilung aufrücken sollen. ESfallen hierunter die unbesoldeten Bürgermeister, Beigeordneten undMitglieder der Magistrate kreisangehöriger«tädte und die ehren-amtlichen Vorsteher und Mitglieder der ländlichen Gemeindevor-stände. Ihnen an die Seite gestellt sind die ehrenamtlich tätigenrheinischen Bürgermeister, westfälischen Amtmänner und Amts-Vorsteher in den übrigen Provinzen. Auch bei diesen Wähler-gruppen soll der Anspruch auf das erhöhte Stimmgewicht dauernddurch wenigstens 1l)jährige Tätigkeit in den bezeichneten Ehren-ämtern erworben werden.Nach s 10 sollen endlich der 2. Abteilung diejenigen nach derSteuerleistung in die 3. Abteilung fallenden Wähler zugewiesenwerden, welche mit einem Einkommen von mehr als 1800 M. zurStaatseinkommensteuer veranlagt sind und entweder seit 15 Jahrensich im Besitze der Befähigung für den einjährig-freiwilllgenMilitärdienst befinden oder seit.wenigstens 5 Jahren ununter-brachen die Berechtigung zur Anstellung im Zivildienst auf Grundwenigstens 12jährigen militärischen oder gleichgestellten Dienstesoder die Berechtigung zur Anstellung im Forstdicnst besitzen. DieBefähigung für den einjährlg-freiwilligen Militärdienst als Grund-läge der wissenschaftlichen Vorbildung, die heute in den meistenmittleren Lebensberufen erforderlich ist, ergibt sich von selbst alsBildungsmerkmal für die solchen Berufen angehörenden Wähler.Geht man von ihm auL, so können auch die Anstellungsberechti-gungen, die durch ehrenhaften, langjährigen Militär- oder diesemgleichgestellten Dienst und durch die Vorbereitung zum Forstdiensterworben werden, nicht übergangem werden. Im mittelbaren wieim unmittelbare» Staatsdienste sowie in vielen Privatstellungenwerde» diese Arten der Befähigung bei der Auswahl für gleich-wcrtigc Dienstleistungen gleichgrachtet. Beide Gruppen sollen nachdem EntWurfe den Anspruch auf die Zuweisung zur 2. Wähler-abteilung aber erst besitzen, wenn sie ein gewisses, schon reifereLebenserfahrung und Einsicht in öffentliche Angelegenheiten ge-währenden Lebensalter ereicht haben, und auch nach ihrer äußerenLebenslage zu den Angehörigen des Mittelstandes gerechnet werdenkönnen. Der Einkommensatz von 1800 M. ist der im Durchschnittden Wählern der 2. Abteilung im ganzen Staatsgebiet nach derWahlstatistik von 1908 bei der Staatseinkommensteuerveranlagungangerechnete.Auf die Zuweisung zu einer höheren Abteilung nach Vorschriftder 8, 9, 10 sollen Anspruch nur die Wähler haben, welche diebegründenden Tatsachen der Gemeindebehörde rechtzeitig, und zwarspätestens in dem Verfahren zur Berichtigung der Wahllisten nach-weisen(Z 11 des Entwurfes). Es fehlt den Gemeindebehördendie Möglichkeit, die Voraussetzungen der ߧ 8 bis 10 von Amtswegen sicher zu ermitteln. Die Vorschrift des Z 11 ist daher erforderlich, um der nachträglichen Anfechtung der Wahllisten wegenUnVollständigkeit und ihrer etwaigen Nichtigkeitserklärung imWahlprüfungsverfahren wegen Nichtberücksichtigung unange-meldeter Aufrückensansprüche vorzubeugen. In der Wahlordnungund durch Ainoeisungen wird gleichwohl den listenaufstellendenBehörden die Pflicht auferlegt werden können, die fraglichen Merk-male für die Zuweisung der Wähler, soweit sie ihnen bekannt find.auch ohne Anmeldung bei der Listenaufstellung nicht unbeachtetzu lassen.Die Wahlordnung wird ferner zu bestimmen haben(§ 8Abs. 2), welche Anstalten als deutsche höhere akademische Lehr-anstalten im Sinne des Z 8 Abs. 1 Nr. 1 zu gelten haben. DieseLehranstalten und die auswärtigen Universitäten, die den deutschenäm Sinne der Prüfungsordnungen für die akademischen Berufegleichstehen, können nicht unmittelbar im Gesetze bezeichnet werden,weil Aenderungen in ihrem Bestände jederzeit eintreten können.Aus gleicher Rücksicht muß auch davon abgesehen werden, dieDienstzweige im Gesetze zu benennen, die dem militärischen Dienstehinsichtlich deS Erwerbes der Berechtigung zur Anstellung im Zivil-dienste gleichgestellt sein sollen(§ 10 Nr. 2). Zurzeit handelt essich um den Dienst in der Landgendarmerie und in militärischorganisierten Schubman-nschaften nach neunjähriger militärischerDienstzeit. Daneben kommt der nur für den mittleren Forstdienstgeltende, besonders geordnete Vorbereitungsdienst der Bewerberum den Forstversorgungsschein in Betracht.Tie öffentliche Stimmabgabe.Im 8 16 beläßt es der Entwurf bei der Wstimmungsformder Stimmabgabe zu Protokoll. Die Wahlordnung wird auch inZukunft, wo mehrere Abgeordnete zu wählen sind, zweckmäßig diealsbaldige Stimmabgabe für die Kandidaten bei nur einmaligemHerantreten der Wähler an den Wahltisch anordnen und hierfürdie näheren Bestimmungen treffen.Den Uebergang zur geheimen Abstimmung hat die König-liche StaatSregierung schon in der Erklärung vom 10. Januar1908 abgelehnt. An dieser Stellungnahme muß festgehaltenwerden.Schon der Aufbau des Entwurfes und die Beibehaltung derAbstufung des Wahlrechtes durch Abteilungsbildung gestattennicht, auf die öffentliche Abstimmung zu verzichten. Soll eineregere, der fortichreitenden Verbreitung der Bildung und despolitischen Verständnisses entsprechende Beteiligung an den Wahlenauch in der breiten Masse der Bevölkerung, namentlich auch derländlichen, erzielt werden, so ist es unerläßlich, durch Bildungkleiner Abstimmungsbezirke, wie sie 8 17 Abs. 3 des Entwurfes inAussicht nimmt, den Wählern die Stimmabgabe möglichst zu er-leichtern. In solchen kleinen Abstimmungsbezirken aber würdedas Wahlgeheimnis, wenigstens für die beiden oberen Abteilungen,illusorisch bleiben, und es ist nicht angängig, den Wählern dereinen Abteilung zu gewähren, was denen der beiden anperen tat-fächlich nicht gesichert werden kann.Im preußischen Staate beherrscht der Grundsatz der Oeffent-lichkeit auch sonst alle wichtigeren Vorgänge des staatlichen Lebens,namentlich das weite Gebiet der kommunalen Wahlen. EineAenderung des Landtagswahlrechtes in diesem Punkte würdekaum ohne Rückwirkung auch auf alle diese anderen Gebiete desöffentlichen Lebens bleiben können.Gegen böswillige Berlcbungrn des Wahlgeheimnisses und«ege» terroristische Beeinflussungen der Wähler schiibt auch diegeheime Wahl erfahrungsgemäß nicht. Sie fördert die heimlicheVerbreitung von Unzufriedenheit und birgt die Gefahr in sich,daß auch in Wählcrschichten auf deren Erhaltung bei unerschütter-lichcm Staatsbewußtsein nicht verzichtet werden kann, daspolitische Berantwortungsgrfühl abgestumpft wird. Die impreußischen Staat ttberliefertc Oeffentlichkeit der Wahl erhält dasGefühl politischer Berantwortlichkeit rege, und nur durch Stärkungund Erhaltung dieses Bewußtseins schreitet die Selbsterziehungdes BolkeS zur StaatSgesinnung und zu politischem Verständnisvorwärts. Ein Blick in die Statistiken der Landtags- und derReichStagswahlen zeigt, daß die geheime Wahl staatsfeindlichenBestrebungen den Schein einer Stärke und Verbreitung verleiht,die sie nicht besit,en. Der Sozialdemokratie gibt bei de» Landtags-wähle» nur ein Drittel, in Berlin nur wenig über die Halste derWähler wieder die Stimme, die wenige Monate vorher bei denReichstagswahle» für sie gestimmt haben. Und doch besteht keinZweifel darüber, und wird auch von der sozialdemokratischenPartcipresse nicht in Abrede gestellt, daß diese Partei bei deröffentlichen Stimmabgabc nicht minder als bei der geheimen allerhre überzeugten Anhänger und jeden ihrem Einflüsse sonst wirk-lich zugängliche» Wähler für sich in Bewegung zu setzen weiß.Einen wirksamen Schutz gegen unlautere Beeinflussungen beider Wahl bietet nur die Erziehung zur Achtung und Duldung derpolitischen Neberzeugung anderer. Sie kann nur gewonnen werden,wenn der Wahltrrroriömu« sich offen und unvrrhüllt zu zeigengezwungen wird. Rur dann ist es auch möglich, ihm durch scharfeHandhabung der Wahlprüfungen gegenüber den von ihm be-cinflußten Wahle» wirksam entgegenzutreten und in den— nachden bisherigen Beobachtungen übrigens seltenen— Fällen wirklicher Schädigungen die Schuldige» verantwortlich zu machen.Der 8 17 des Entwurfes gibt in Absatz 1, 2 im wesentlichendie Lorschriften der 8Z 3, 4 des Gesetzes vom 28. Juni 1906(Ge-setzsamnil. S. 318) unter Ausscheidung derjenigen wieder, welcheihrem Wesen nach besser in der Wahlordnung(tz 27) zukünftigPlatz finden können. Die Einführung der Fristwahl hat sichzur Erleichterung des Wählens unter geeigneten Umständen sowohl bewährt, daß es zweckmäßig erscheint, diese Einrichtung derT e r m i n s w a h l gleichwertig an die Seite zu stellen. Es wirdunbedenklich darauf verzichtet werden können, sie regelmäßig, wiebisher, nur auf die größten Gemeinden zu beschränken und Aus-nahmen der Genehmigung der Zentralstelle vorzubehalten.Der Abs. 3 des§ 17 bestimmt, daß in Stimmbezirken, dieaus mehreren Ortschaften bestehen, je nach der Oertlichkeit unddem Bedürfnisse die Abstimmung in den einzelnen Ortschaftenangeordnet werden könne. Es wird damit den Wählern, denenunbequeme Wege erspart werden sollen, eine wesentliche Er-leichterung für die Teilnahme an der Wahl gewährt. Bon denGruppenabstimmungen des Abs. 2 unterscheiden sich diese nachOrtschaften abgegrenzten Unterabteilungen der Wählerschaftwesentlich dadurch, daß sie die Wähler aller Abteilungen um-fassen, deren Wohnsitz oder Aufenthalt in den betreffenden Ort-schaften belegen ist. Die mehreren Ortschaften können auch Teiledesselben Gemeindebezirkes sein; in der Regel wird es sich jedochun, Stimmbezirke handeln, die aus mehreren Kommunalbezirkenzusammengesetzt sind(z 4 Abs. 2 Satz 1).Die Berechnung des Wahlergebnisses.Zu§ 21.Um das Wahlergebnis sestzustellen, wird, für jede Wähler-abteilung gesondert, die Zahl der im ganzen Landtagswahlbezirkabgegebenen gültigen Stimmen zusammengerechnet, und der An-teil jedes Kandidaten an den abgegebenen gültigen Stimmen ab-teilungsweise nach Hundertteilen der Stimmen festgestellt. Die sogewonnenen Hundertteilzahlen aller Stimmen jeder Abteilungwerden für jeden Kandidaten zusammengezählt, ihre Summe wir!durch drei geteilt. Gewählt ist, wessen durchschnittlicher Stimmen-anteil hiernach mehr als fünfzig vom Hundert beträgt. FolgendesBeispiel wird diese Zählungs- und Berechnungsart veranschaulichen:Haben von 17 000 gültigen Stimmen erhalten:in AbteilungI. II. HI.Kandidat A..... 490 1 660 6 496. B..... 510 1 440 6 504also beide zusammen. 1000 3 000 13 000so ist A gelvählt, weil ihm in Abteilung I: 49 Proz.(von 1000),in Abteilung II: 52 Proz.(von 3000), in Abteilung III: 49,97 Proz.lvon 13 000) der Stimmen zugefallen sind und danach seinStimmenanteil 150,97 Proz.: 3, also mehr als 50 Proz., nämlich50,32 Proz. beträgt. Der des B berechnet sich nur auf(51 Proz.+ 48 Proz.+ 50,03 Proz.— 149,03 Proz.: 8 oder) 49,68 Proz.Diese Berechnung läßt ersehen, wie bei dem Verfahren dasgleiche Gewicht deS Einflusses jeder der drei Abteilungen auf dasGesamtergebnis der Wahl innerhalb des ganzen Landtagswahl-bezirkes vollkommener gewahrt wird als bisher. Bei der Wahldurch Wahlmänner konnte dieses Gleichgewicht durch die Art derEinteilung der UrWahlbezirke gestört werden. Das neue Verfahrenhat ferner den wesentlichen Vorzug vor dem bisherigen, daß esnicht die Stimmen der Minderheiten in den örtlichen Ab-stimmungsbezirken vom Einfluß auf das Gesamtergebnis auö-schaltet, sondern jede Stimme im ganzen Wahlbezirke für dieWahl des Abgeordneten zur Geltung bringt, und den Blick derWähler auf die Interessen des ganzen Wahlbezirkes hinlenkt.Verhältnisse der engsten örtlichen Umgebung werden infolgedessenin Zukunft einen geringeren Einfluß auf die Stellungnahme derWähler üben, als es vielfach bei der Wahl der Wahlmänner inden UrWahlbezirken bisher der Fall gewesen ist. In der Ungewiß-heit des Wahlausfalls für den ganzen Wahlbezirk, der nicht mehr.wie es in vielen UrWahlbezirken jetzt schon mit der Aufstellungder Wahlmannskandidaturen der Fall ist, den Wählern erkennbarfeststehen wird, liegt ein starker Antrieb zu regerer Beteiligungan der Wahl, deren Belebung anzustreben ist. Nicht minder auchin dem nunmehrigen Rechte jedes Wählers, unmittelbar selbst fürden Kandidaten einzutreten, der ihm zum Abgeordneten seinesLandtagswahlvezirkeS am geeignetsten erscheint.In den Stimmbezirken wird nur die Zahl der Stimmen, dieauf die einzelnen Kandidaten fallen, nach den AbstimmungS-vermerken in der Abstimmungsliste(Abteilungsliste oder Auszugdaraus) zum Protokoll festgestellt; dieses wird mit der Ab-stimmungsliste alsbald dem Wahlkommissar zur Feststellung desGesamtergebnisses eingesandt.Die Z8 22. 23bedürfen einer näheren Erläuterung nicht. In den§ 23 ist. ihrersachlichen Bedeutung für das Zustandekommen der Wahl entsprechend, die bisher nur im Wahlreglement enthaltene Vorschriftübernommen, daß die Nichtabgabe einer Erklärung von feitendeS gewählten Kandidaten auf die Benachrichtigung über feineWahl innerhalb der Frist von einer Woche als Ablehnung gilt.In solchen Fällen mutz, ebenso wie bei ausdrücklicher Ablehnungder Wahl oder bei Annahmeerklärungen unter Protest oder Vor-behalt zur Wiederholung der Wahl geschritten werden.Schuh für Steverdefraudanten.Neu ist die Vorschrift des8 25.nach der auf Antrag des betroffenen Wählers mit Geldstrafe bis zu1500 M. bestraft werden soll, wer die in den Wähler- und Abtei-lungSlisten enthaltenen Angaben über Steuer- oder Einkommens.Verhältnisse eines Wählers zu anderen als Wahlzwecken öffentlichverbreitet. Der Erlaß dieser Strafvorschrift findet in den Miß-bräuchen seine Rechtfertigung, die während der letzten Fahre in zu-nehmendem Maße durch öffentliche Bekanntgabe und durch Be-sprechen der Steuer- oder Einkommensverhältnisse deutlich er-kennbar bezeichneter Wähler in der Tagespresse getrieben wordensind. Es verstößt in gleichem Maße gegen die öffentliche Ordnungwie gegen die Interessen der Beteiligten, wenn die unvermeidlicheAuslegung der Mahllisten benutzt wird, um, meist nur zur Befrie-digung des Sensationsbedürfnisses oder zu anderen Zwecken, diemit dem Schutze des Wahlrechts der einzelnen und mit der berech-tigten Wahrnehmung des allgemeinen Interesses am ordnungs-mäßigen Verlaufe der Wahlgefchäfte oder an einer zweckmäßigenGestaltung der Wahlvorschriften nichts zu tun haben, aus demInhalte der Listen Angaben zu verbreiten, deren Geheimhaltungin den Steuergesetzen unter strengen Strafschutz gestellt ist. Der8 25 ist dem 8 75 des Einkommensteuergesetzes unter angemessenerAenderung der Strafandrohung nachgebildet.Meitsg der franzöfifchen Sozialisten.Rimes, 6. Februar.(Eig. 8er.) Vom 6. bis 9. Februar tagthier der Jahreskongreß der französischen Partei— der siebente seitihrer Einigung. Die Föderation G a r d, die viertstärkste der Partei,hat sorgfältige Vorbereitungen getroffen, um den Delegierten ihreArbeit zu erleichtern und, mit Unterstützung der sozialistischen Ge-meindevertretung. ihnen den Aufenthalt in der interessanten, anDenkmälern altrömischer Kultur so reichen Stadt zu einem ein-drucksreichen und angenehmen zu gestalten. Eine vorzügliche,bei französischen Kongressen nicht gewöhnliche Organisation derHilfsdienste: WohnungSanweisung, Post und Telegraph, Versorgungder Delegierten und der Presse mit Schreibmaterialien usw. bezeugtden Eifer der Genossen der Stadt.Der Kongreß tagt im Kajino. einem geräumigen VergnügungS-etablisieinent. dessen Saal mit zahlreichen roten Fahnen, die zumTeil schon den alten Organisationen der neunziger Jahre angehörthaben und mit Täfelchen, die die Namen der bekanntesten Vorkämpferder Internationale tragen, geschmückt ist.Zu den Gegenständen, die der Parteitag zu verhandeln hat, istnoch ein aktueller gekommen: die Frage der Extrataxe für diebelgischen Arbeiter. In der vorbereitenden geschlossenenSitzung am Vormittag beantragte D e l o r y, darüber in g e-heim er Verhandlung zu dislutieren. Der Antrag wurdeabgelehnt.Genosse Dubreuilh erstattet am Beginn der Nachmittags-sitzung, mit der die eigentlichen Verhandlungen eröffnet werden, denParteibericht. Er verzeichnet ein weiteres Wachstum derPartei in langsamem Tempo. In den acht Monaten, die seit demParteitag in St. Etienne verflossen sind, ist die Zahl der steuerndenMitglieder von 51 692 auf 53 928 gestiegen. Doch entfälltdieses Wachstum vor allem auf die Föderationen, diein Nachwahlen engagiert waren. Die Partei zählt jetzt80 Föderationen, von denen zwei: C a u t e l und Tunesienim letzten Jahre konstituiert worden sind. Zugenommen haben 39;unter denen, die abgenommen haben, befinden sich die zwei größtenNord und Seine, die beide je etwa 400 verloren haben. Un-erfreulich ist der Stand des Parteiwochenblattes„Socialistc", dasunausgesetzt Abnehmer verliert, trotzdem das Abonnement für dieLokalorganisationen obligatorisch ist. ES werden nur noch 1800 bis1900 Exemplare abgesetzt gegen 2200 im Jahre 1908. Bedeutendverbeffert haben sich die P a r t ei fin o n z e n, namentlich Dank demUmstände, daß viele Deputierte ihre Steuerrück ständenachgezahlt haben. An Deputiertensteuern gingen im ganzen67 250 Fr.(gegen 46 210 im Jahre 1908) ein, für Parteikarten und-Marken 36 561 Fr. Die Parteieinnahmen betrugen 128 394 Fr.(106 269 im Vorjahre), die Ausgaben 103722 Fr.(90 358 Fr.)In der Debatte über den Bericht wurden insbesondere Wünschefür die energische Bekämpfung der Renegat enministervorgebracht und eine diesbezügliche Resolution angenommen. Faure(Loire) erklärte, daß es bei genügender Unterstützung seiner Föde-ration durch die Partei möglich sei, Briand in die Stichwahlzu bringen.Der Berichterstatter der Verifikationskommission gibt bekannt,daß 72 Föderationen durch 220 Delegierte mit 303 Mandaten der-treten si id.Her Bö kritisiert den Fraktionsbericht und die Haltung derFraktion überhaupt, wobei er noch einmal die Erhöhung der In-demnität aufs Tapet bringt. Er findet, die Fraktion habe nicht mehrdas revolutionäre Feuer wie ehedem. Gegen einen Briand hätte manmit O b st r u k t i o n vorgehen müssen, statt dessen habe man sich miteiner nicht einmal von allen Deputierten mitgemachten Verweige-rung deS Vertrauens begnügt. Auch habe man eS unterlassen,anläßlich der Z a r e n r e i s e die angemessene Demon st rationbei der russischen Botschaft zu veranstalten. Desgleichenvermißt er die Aktion gegen die Altersversicherungim Sinne des Beschlusses der C. G. T., die Obstruktion wegen derUenza-Affäre und anderes. Er bespricht hierauf die Empfehlungen.die Deputierte aller Nuancen der Partei bei den Mimstern einreichen,wie dies aus in der„Guerre Sociale" veröffentlichten Dokumentendes Kriegsministertums hervorgeht. So hat der Deputierte G o-n i a u x für die Stadt D o u a i ein Artillerieregiment erbeten, anderesind für Gendarmenposten vorstellig geworden. Aber dieserReformismus fei eine unausbleibliche Folge eines Parlamentarismus,der dieselben Methoden anwende wie die bürgerlichen Parteien.—Die Rede Hervös wird oft stürmisch unterbrochen.B r o n(Alpes) fordert im Namen seiner Föderation den Aus-fchlutz Breton ö.D e l o r y fordert, daß dem Parteireglement gemäß der Antragder Föderation BretonS(Eher) zugewiesen werde. In diesem Sinnesetzt der Kongreß den Antrag von der Tagesordnung ab.Kelgilcher Parteitag.Die Beratung über die Xriluahme der Sozialsten an der Regierung.Brüssel, 6. Februar.(Eig. Ber.)Der diesmalige Parteitag ist ein Jubiläumskongreß: es ist derfünfundzwanzigste, den die belgische Partei abhält, und im Augustwird mit all dem festlichen Pomp und der fröhlichen Begeisterung.die den Belgiern eigen ist. der viertelhundertjährige Bestand derbelgischen Sozialdemokratie mit einer großangelegten Manifestationgefeiert werden.— Und just der JubilaumSlongreß ist es, dem eSvorbehalten blieb, die nach Art und Umfang bedeutungsreichste, tief-einschneidende Frage zu beraten, die die belgische Partei bisher be-schäftigt hat.Mag man die Frage der Blockpolitik und der Beteiligung ander Regierung als eine Frage der Taktik, wie ihre Anhänger sagen,qualifizieren, oder als eine Frage des Prinzips, wie die Gegnermeinen: von beiden Seiten wurde und wird sie als eine an dasinnerste Wesen der Partei und ihrer Zukunft rührende Angelegenheitempfunden uud gewertet und die Debatte. daS soll von vornhereingesagt sein, ist von Anfang bis zu Ende, auS diesem Bewußtseinund dieser Verantwormng heraus geführt worden. Wie immerman sich zu dem Resultat dieser Beratung stellen mag: siebleibt eine hohe moralische Leistung der belgischen Partei, dieum so höher zu werten ist, als hier in Belgien der Eiferfür eingehende theoretische Erörterungen nicht eben zu groß ist. Undobgleich der Ueberzeugungseifer bei den.Radikalen" wie„Ge-mäßigten" sich in sehr temperamentvollen oratorischen Formen kund-tat und die beiden Parteien mit dem schärfsten Geschütz aneinanderkämm, war alle Diskussion, wie A n s e e l e— selbst der schärfsteund bedenkenloseste Losgeher— sagte, von einem Tone derKordialität getragen, und die gemütliche nationale Bonhomie halfbald über Zwischenfälle hinweg. Den hiesigen Klerikalen, die sicheben jetzt in einem gegenseitige» bissigen Gezänk und in hinter-hältigen Angriffen ergehen, wird die würdevolle, von lieber-zeugungskraft getragene DiSlussion sozialdemokratischer Parteifragendas eigene geistige und sittliche Niveau vielleicht deutlich gemachthaben.Die Frage, die zur Beratung stand, stellte sich folgendermaßendar: Zu I. Welche politische Haltung wird dieParter beobachten, falls die nächsten Wahleneinen Sieg der Oppositionsparteien und damitden Sturz der klerikalen Majorität herbei-ühren? Zu H. Sollen die Sozialr st en gegebenen-alls an der Regierung teilnehmen? Zur DiS-kusfion stand die— von unS bereits mitgeteilte— ResoluttonBand ervelde. die die Unterstützung eines liberale» Ministe-riums, falls dieses die fälligen Arbeiterrefonnen durchführt, besiir-wartet und die Frage der Regierungsteilnahme offen läßt:ie erhielt auS dein letzteren Grunde von ihren Gegnern denNamen einer Resolntton der offenen Tür.(Die ResolutionBertrand, die dieser seiner Zeit im Generalrat einbrachteund die direkt für die Teilnahme an derRegierung eintrat, ist nicht eingebracht worden) Als Gegen-resolutton stand zur Diskussion die Tagesordnung De Broucksre.des Chefredakteurs des„ P e u p l e". die sich sowohl gegen dieTeilnah nie an einer Bourgeoisregierung als auchgegen ei n e systematische Unter st ützung einesliberalen Ministeriums ausspricht. Die Resoluttonbesagt ferner, daß die parlamentarische Gruppe, gleichviel welchesMinisterium am Ruder ist, keines der wesentlichen Budgets votierendürfe. Für die Resolution Vandervelde sprachen außerden, Antragsteller(eingebracht war sie von der ganzen parlamen-tarischen Gruppe)— der Abgeordnete Delporte. Genosse HiusAnseele; für die Resolution De Broucköre, der Antrag-steller. ferner Genosse Rens, die Gewerkschafter Bolkaert undD e l s i n n e.Der Parteitag fand im„Maison du Peuplc" statt. Vertretenwaren 401 Gruppend urch 573 Delegierte. Eine stattlicheVertretung! Den Verhandlungen wohnte äußerst interessiert durchdie Frage ein zahlreiches Publikum von Arbeitern. Studenten undStudentinnen bei. Jeder Redner fand bei semer Gruppe immerdröhnenden, demonstrativen Applaus.