Auf der Treptow -Sternwarte spricht Direktor Dr. Archen!) old Sonntagnachmittag 5 Uhr über die Frage:»Was haben wir von dem prophezeiten Weltuntergang zu halten?"; abends 7 Uhr: „Ucber den Halleyschen Kometen "; Montag, abends 9 Uhr;„Ueber unser Wissen von den Sternen". Mit dem groszen Fernrohr wird jetzt täglich der Johannes- burger- und der Halleysche Komet gezeigt, abwechselnd mit dem Mond und dem Saturn. Kleinere Fernrohre stehen den Besuchern zur Verfügung für Doppelsterne. Nebelwelten und andere Objekte. Vorort- richten. Steglitz . In sonderbare Beleuchtung wurde in einer am Mittwochabend im grosten Saale des„Albreckishof" tagenden, von weit über 1000 Personen besuchten Protestversammlung gegen die Wahlrechlsvorlage die behördliche Saalabtreibung gegen die Sozialdemokratie gerückt. In dieser von Demokraten einberufenen und auch von unseren Genossen zahlreich besuchten Versammlung referierte Pfarrer K n ö t s ch k e über die Wahlvorlage. Er bezeichnete die Vorlage als eine Mitzgeburt, die schon bei lebendigem Leibe einen Ludergeruch verbreite. In der von Oberst Gädle eingeleiteten Diskussion nahm auch Genosse A tz m a n n das Wort, um noch einige vom Referenten nicht erwähnte besondere.Schönheiten" des elenden Machwerkes ans Tageslicht zu ziehen und dann einmal auch den Bürgerlichen zu zeigen, wie der in der Wahlrcchtsvorlage vorgeführte Terrorismus der Sozialdemokratie vom behördlichen Terrorismus weit übertroffen wird. Hierzu habe unsere Polizeibehörde einen empörenden Beirrag geliefert. Am 16. Januar d. I. wollten die hiesigen Partei- genossen im»Albrechtshof" eine Protestversammlung veranstalten. Dies wurde der Polizeibehörde gemeldet, aber der Einberufer wartete ver- gebenS auf die polizeiliche Bescheinigung der Anmeldung. Statt dessen erhielt er ein Schreiben des Ockonomcn vom„Albrechtshof", worin ihm mitgeteilt wurde, dah das Lokal nicht hergegeben werden könne. Bei einer sofortigen Rücksprache des Einberufers mit dem Wirt be- dauerte letzterer lebhaft, daß er zum Wortbruch gezwungen sei. Aber er habe nur die Wahl zwischen Wortbruch oder geschäft- lichem Ruin. Er sei nach dem Rathaus zitiert worden und dort habe man auf ihn eingewirkt, das Lokal den Sozial» demokraten zu verweigern. Aber das nicht allein. Unsere Polizeibehörde habe auch noch die Straße, in der der Einberufer wohnt, durch zwei Kriminalbeamte observieren lassen und ganz überflüssigerweise diese Herren beauftragt, den Einberufer persönlich zu sprechen, was erst nach drei vergeblichen Versuchen gelang. Und woö wollte die Polizei von dem Einberufer wissen? Der Kriminalbeamte fragte:«Ach, Herr A., die Versammlung im„Albrechtshos" findet doch wohl nicht statt?" Da auf eine dumme Frage eine noch dümmere Antwort gehört, so lautete diese:«Aber selbstverständlich findet sie statt I' Weiter wurde dem Fragenden geraten, sich gefälligst bei seinem Vorgesetzten zu erkundigen.— Wir haben also hier, so stlhr der Redner fort, die empörende Tatsache, daß unsere Polizeibehörde der hiesigen Arbeiter- schaft das Versammlungslokal abgetrieben hat. Nun existiere aber ein Erlaß des Ministers des Innern, in dem die Erwartung auS- gesprochen:«daß den Wirten aus Anlaß der Hergabe von Sälen für politische Versammlungen usw. keine gewerblichen Nachteile an- gedroht werden sollen, wie in Sachen der Polizei» stunde usw." Sei dieser Erlaß der Polizeibehörde bekannt so müsse gesagt werden, daß sie mit Absicht dagegen gehandelt habe. Da unser Gemeindevorsteher Ruhrow zugleich Amtsvorsteher sei und als solcher die Polizeigewalt ausübe, fo ersuchte der Redner die anwesenden bürgerlichen Gemeindevertreter, in der nächsten Ge« meindevertretersitzung den Herrn darüber zu befragen, was er zu tun gedenke, um dem Erlaß des Ministers, feines höchsten Bor - gesetzten, Respekt zu verschaffen. Nach der Landgemeindeordnung liege dem Gemeindevorsteher die Pflicht ob:«Die Gesetze und An- ordnungen sowie die Verfügungen der ihm vorgesetzten Behörden auszuführen." Noch einmal zur Wahlrechtsvorlage zurückkehrend. gab Redner der Erwartung Busdruck, daß die augenblickliche Kampf- stimmung in den bürgerlichen Kreisen anhalten möge, auch wenn zu noch kräftigeren Mitteln gegriffen werden müsse, um der Regierung plausibel zu machen, daß das preußische Volk die Junkerherrschaft endlich satt habe.— Auch alle bürgerlichen Diskussionsredner waren sich einig in der Verurteilung der Vorlage. Eine Resolution, die glatte Ablehnung und Einführung deS ReichStagSwahlrechtS forderte, fand einstimmige Annahme. BchSneberg. Eine Verniehrung der W-chenmSrtte sowie Einführung von Wendmärkten, besonders an den Sonnabenden, soll in kürzester Zeit stattfinden. Damit dürfte einem schon längst gehegten Wunsche der hiesigen Bevölkerung Rechnung getragen werden. Der jetzt von privater Seite eingerichtete Abendmarkt in der Kolonnen- straße hat sich außerordentlich gut bewährt. Noch vor einiger Zeit verlangten die Hausbesitzer die Aufhebung der vorhandenen städtischen Wochenmärlte, da die Ladeninhaber darunter zu leiden hätten. Des Pudels Kern war jedoch nur, daß die Ladenmietcn in die Höhe geschraubt werden konnten. Jetzt sind es dieselben Besitzer, die den Grund und Boden an Händler verpachten, damit diese ihre Waren feilhalten können. Vorgesehen sind am Groß- görschen-Bahnhof, Gustav-Müllerplatz und am neuen Rathausplah sogenannte Tagesmärkte und in der EberSstratze ein Abendmarkt. Sollten sich die Märkte bewähren, soll eine weitere Vermehrung erfolgen. Da die Stadt aus diesen Märkten eine ganz erhebliche Einnahme erzielt, ist es auch deren Pflicht, für die Abendmärkte eine bedeutend bessere Beleuchtung zu schaffen wie bisher. Rixdorf. Am be» 14. Februar, abends 814 Uhr, findet in Hoppcs Fialen,, Hermannstr. 49, der Lichtbildervortrag über: „Die baoische Revolution" statt. Vortragender: Reichstagsabgeord- netcr Genosse Adolf Geck . Die im vorigen Jahre gelösten Eintritts- karten haben für diesen Vortrag Gültigkeit. Weitere Eintritts- karten a 10 Pf. sind noch bei den Funktionären und im obigen Lokale erhältlich. Johannisthal . Mit der Aufstellung der Kandidaten zur Gemeinbevertreter- wähl beschäftigte sich die letzte Mitgliederversammlung des hiesigen sozialdemokratischen Wahlvereins. In der dritten Klasse find zwei Hausbesitzer zu wählen; hierfür werden die bisherigen Vertreter, die Genossen Pirsich und Radumke wieder aufgestellt, während für die zweite Klasse einstimmig der Restaurateur Otto Senftleben als Kandidat nominiert wurde. Am 22. Februar findet eine öffentliche Gemeindewählerversammlung im Lokal von Schulz, Friedrichstraße, statt. Zur Kreisgeneralversammlung wurden die Genossen'Kluge und Schmidt delegiert. Bekanntgegeben wurde, daß vom Friseur- gehilfenverband das Barbiergeschäft von Schlecker, Kaiser-Wilhelm- Straße gesperrt ist. Nach einigen geschäftlichen Mitteilungen for° derte der Vorsitzende die Mitglieder auf, bei jeder Aktion, zu der die Partei ruft, ihren Mann zu stehen.— Drei Genossen liehen stch in den Wahlverein aufnehmen. Ober-Tchöneweide. Dountag, den 13. Februar, nachmittags 4 Uhr, tvird im Haufe Klarastr. 2, parterre, das„I u g e n d h e i m" eröffnet. Die Eltern werden hiermit ersucht, ihre aus der Schule entlassenen Söhne und Töchter auf dieses Jugendheim aufmerksam zu machen und zum Besuch zu veranlassen. Eltern und Interessenten steht das Heim am Tage der Eröffnung von 4— S Uhr zur Besichtigung frei. Der Jugenoausschuß. Nikolassee . Im allgemeinen haben die Nebenregierungen, die in einer An- zahl Gemeinden in den verschiedenartigsten kommunalen Vereinen bestehen, die Gepflogenheit, von ihrem Einfluß nach außen nicht allzuviel merken zu lassen. Wenn dann bei gelegentlichen Anlässen auf das unheilvolle Wirken dieses oder jenes kommunalen Vereins hingewiesen wird, so schreien dessen Mitglieder gewöhnlich Zeter und Mordio. Sie tun dann meist so, als wüßten sie wirklich nicht, wo der Bartel den Most holt. Es gibt aber auch solche Vereine, die der Auffassung sind, daß alle Gemeindeangelegenheiten zu allererst ihre Mitgliedschaft zu passieren haben, ehe sie die ordentlichen Ge- meindeinstanzen beschäftigen. Ein Musterbeispiel eines solchen Ver- eins scheint der Ortsverein der Villenkolonie Nikolassee zu sein, die in Kürze zur selbständigen Gemeinde avancieren soll. Dieser Verein sucht durch Inserat einen Gemeindevorsteher, der auch zur Uebernahme der Geschäfte des Amtsvorstehers bereit ist. Geeignete Bewerber sollen ihre Zuschriften bis zum 2S. Februar an den Vor- stand des Ortsvereins richten. Selbswerständlich will der Ortsver- ein die Wahl nicht selbst vornehmen, das würde— vielleicht der Herr Landrat doch nicht dulden. Der Verein will durch die Aus- schretbung nur die Wahl vorbereiten, die dann gnädigst die erst zu wählende Gemeindevertretung vornehmen darf. Dieses Verfahren hat vor dem sonst üblichen mindestens den Vorzug der Einfachheit und Uebersichtlichkeit. Dadurch weiß wenigstens ein jeder in Zu- kunst, wer im Dorfe regiert, und der neue Herr weiß sofort, wo- nach er sich zu richten hat. Zossen . Unter zahlreicher Bettiligiing von Gewerkschafts- und Partei- genossen wurde am Mitlwockmachmittag der Genosse Reinhold R ö n t s ch zur letzten Ruhe geleitet. Auch der Vertreter de» Kreises Genosse Z u b e i I war erschienen und legte im Austroge des Zentral- WahlvereinS für Teltow -BeeSkow «inen Kranz am Grabe nieder. Der Gesangverein„Freie Sänger" beschloß die Trauerfeier mit einem entsprechenden Liede. Nowawes . Die Frage der Uebernahme sämtlicher im OrtSgebiet belegenen Provinzialstratzen war Gegenstand der am Mittwoch stattgefunde- neu Gemeindevertretersitzung. Die Provinzial-Chausseeverwalwng hat auf Anregung des Gemeindevorstandes demselben ein Angebot unterbreitet, wonach dieselbe bereit ist, der Gemeinde die Verwal- tung und Unterhaltung der Provinzialstraßen zu überlassen und dafür der Gemeinde eine einmalige, ratenweise zu zahlende Eni- schädiguna von 209 798 M. sowie eine jährliche Rente, welche für 1919 die Summe von 2932 M. beträgt und bis zum Jahre 1928 auf 4264 M. steigt, die jedoch später zum 2Sfachen Betrag abgelöst werden kann, anbietet. Die hierbei in Betracht kommenden Straßenstrecken haben eine Gesamtlänge von 6263 laufenden Metern. Der Bürgermeister begründete die Vorlage damit, daß die Gemeinde schon jetzt einen erheblichen Betrag für Benutzung der Straßen zur Kabel- und Röhrenlegung zahlen müsse, der sich in Zukunft durch die Höherlcgung des Bahnkörpers und sonstige not- wendige Einrichtungen durch die Gemeinde noch bedeutend ver- größern werde. In der Debatte wurde von verschiedenen Rednern betont, daß die Annahme der Vorlage ein schweres Opfer für die Gemeinde bedeuten würde, da die angebotene Entschädigung nicht annähernd so hoch sei, um die Kosten, welche die Unterhaltung der betreffenden Straßen verursache, zu decken; andererseits wurde insbesondere vom Genossen Gruhl die Notwendigkeit hervor- gehoben, im Interesse der EntWickelung des Ortes und eines besseren Ausbaues der Straßen dieselben in eigene Verwaltung zu übernehmen. Die Vertretung erklärte sich schließlich im Prinzip mit der Uebernahme der Straßen einverstanden, beauftragte jedoch den Gemeindevorstand, nochmals mit der Provinzialverwaltung in Unterhandlung zu treten und zu versuchen, für die Gemeinde höhere Entschädigungen zu erzielen; ein definitiver Beschluß soll erst in der nächsten Sitzung gefaßt werden. DeS weiteren beschloß die Vertretung den Verkauf des Ge- meindegrundstücks Wilhelmstr. 190; der Antrag wurde vom Bürger» meister damit begründet, daß das Grundstück, welches nach Pflaste- rung der Hermann- und Luisenstraße baureif geworden und in 6 Parzellen eingeteilt ist, sich zur Ausnutzung für Gemeindezwecke wegen der unzureichenden Größenverhältnisse nicht eigne; dagegen habe die Gemeinde für dasselbe, welches jetzt pro Jahr 660 M. einbringt, eine jährliche Ausgabe an Hhpothekenzinsen und Re- paraturkosten von etwa 1600 M. zu leisten. Der Verkauf der Parzellen wird ausgeschrieben; er soll in der Weise erfolgen, daß die Unkosten für das Grundstück, welche sich bisher auf 82 690 M belaufen, mindestens gedeckt werden. Am Schluß der öffentlichen Sitzung fand noch eine Besprechung über die künstige Gestaltung deS MüllabfuhrwesenS in unserer Ge. meinde statt. Der Bürgermeister erklärte, daß er von verschiedenen Vereinen ersucht worden sei. eine anderweitige Regelung der Müll- abfuhr in die Wege zu leiten. Die jetzige Abfuhr, welche von zwei Unternehmern auf offenen Bretterwagen besorgt werde, habe viele Unannehmlichkeiten im Gefolge. Die Finanzkommission mache des- halb den Vorschlag, auf zw« von der Gemeinde zu beschaffenden geschlossenen Wagen, wozu die Unternehmer nur das Vorspann zu stellen haben, die Müllabfuhr ausführen zu lassen und die Kosten von den Hausbesitzern von Gemeinde wegen einzuziehen. Die Ver- tretung erklärte stch nach unwesentlicher Debatte im Prinzip mit diesen Vorschlägen einverstanden. Desgleichen stimmte die Ver- tretung der Beschaffung zweier Sprengwagen zwecks Erweiterung der Straßenbesprengung zu. Potsdam . Der Selbstmord eines Bankiers» der gestern früh erfolgte, wird mit dem Zusammenbruch eines alten Potsdamer Bankhauses in Verbindung gebracht. Die seit dem Jahre 1872 auf dem Wilhelm- platz bestehende Bankfirma Ulrich Wolf, die im Jahre 1906 in den Besitz des jetzigen Inhabers. Bankiers Albrecht, übergegangen ist, hatte in der letzten Zeit sehr unter finanziellen Krisen zu leiden, die kürzlich zur Eröffnung des Konkurses führten. Nach der Bilanz des Konkursverwalters stellte sich heraus, daß sich Albrecht mehrerer Unregelmäßigkeiten schuldig gemacht hatte und daß Depots in Höhe von 60 000 bis 60 000 M. fehlten. Da sich die Anklagen gegen Albrecht verdichteten, verübte der Bankier gestern früh Selbstmord durch Erschießen. Albrecht war dreißig Jahre alt, verheiratet und Vater eines Kindes. Die Leiche einer vermißten Lehrerin, des 40 Jahre alten Fräulein Alma Horst aus der Weitzenburger Straße 10, wurde gestern vormittag an der Billa Hagen bei der Pirschhaide, ange- schwemmt und geborgen. SericKts» Leitung. Berliner Nachtlebe». Gin recht unangenehmes Großstadtabenteuer eines Viehhüirdlers aus Dessau hatte gestern vor der 6. Strafkammer des Landgerichts l ein gerichtliches Nachspiel. Wegen Diebstahls im Rückfalle war die Frau Auguste Wagner angeklagt. Am 10. November v. I. war der Viehhändler R. aus Dessau mit einem größeren Bich- transport nach Berlin gekommen. Nachdem er auf dem Mager- Viehhof in Fricdrichsfelde sein Bich mit gutem Nutzen verkauft hatte, beschloß er. einmal das Berliner Nachtleben sich anzusehen, von dem man ihm Wunderdinge berichtet hat. Er fing bei diesem Skudlum schon in dem östlichen Teile der Frankfurker Mee an. so daß er, als er sich durch sämtliche Nachtcafes und Restaurants bis zum Alexanderplatz durchgetrunken hatte, dort schon in stark schwankender Verfassung anlangte. Ihm attachiertc sich die jetzige Angeklagte, deren Anerbieten, ihm eine Begleiterin zu sein, er freudig annahm. Was sich weiter zugetragen, wußte M. nicht mehr. als er am nächsten Morgen mit einem wüsten Kops in einer ihm örtlich fremden Umgebung erwachte. Auf sein ungestümes Läuten eilte ein Kellner herbei, der ihn dahin aufklärte, daß er sich in einem kleinen Hotel in der Nähe des Küstriner Platzes befände. Mit vieler Mühe reimte er sich die einzelnen Vorgänge der Nacht wieder zusammen und da tauchte in dunklen Umrissen auch das Bild der Angeklagten, die sich ihm als Begleiterin angeboten hatte, in seiner Erinnerung auf. Plötzlich kam ihm ein furchtbarer Ge- danke: er durchsuchte mit steigender Unruhe seine Kleidungsstücke und mußte zu seinem Schrecken feststellen, daß seine wohlgefüllte Geldbörse verschwunden war. In der tödlichsten Verlegenheit lies er zur Polizei, da er nicht einmal die Hotelrechnung bezahlen konnte und auch kein Geld zur Rückreise besaß. Auf der Polizei- wache war guter Rat teuer, da das einzige, an das sich M. erinnern konnte, die Tatsache war, daß die diebische Schönesieben falsche Zähne hatte. Die Angeklagte wurde als die Diebin er- mittelt. Das Gericht verurteitle Sie Angeklagte zu 6 Monaten Gefängnis._ Diskrete Heilmittel. Der arge Schwindel, der mit allerlei„diskreten" Heilmitteln getrieben wird, trat wieder einmal in einer Verhandlung vor einer Strafkammere des Landgerichts II grell zutage. Angeklagt war der Rentier Christian Johannes Borsch aus Rixdorf. Der Angeklagte. der dänischer Staatsangehöriger ist, kam im Jahre 1903 nach Berlin und nahm in der Schillerpromenade in Rixdorf Wohnung. Von hier aus erließ er in dänischen und auswärtigen deutschen Blättern Inserate, in denen er Tee als probates Mittel gegen gewisse Frauenleiden anbot. Es liefen zahlreiche Aufträg« zur Lieferung bei ihm ein. Die Bestellerinnen erhielten ein etwa 100 Gramm wiegendes Päckchen Tee. für welches sie 31 Kronen zu bezahlen hatten. Das Treiben des Angeklagten kam bald zur Kenntnis der Kriminalpolizei und diese nahm eines Tages eine Haussuchung vor. bei welcher mehrere Pakete Tee und die gesamte Korrospon- denz beschlagnahmt wurden. Nach dem Gutachten des Gerichts- chemikerS Dr. Jeferich handelte es sich bei dem Tee lediglich um Faulbaumrinde und der Wert eines Paketes ist höchstens auf 39 Pf. zu bemessen. Mcdizinalrat Dr. Hoffmann begutachtete, daß dieser Tee lediglich eine abführende, sonst aber keinerlei Wirkung habe. Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen Betruges zu 1 Monat Gefängnis und verfügte dessen sofortige Ber- Haftung, da er als Ausländer fluchtverdachtig erschien. Kindermißhaudlung. Ein betrübendes Bild von der rohen BehandlungSweise, die oft Pflegekindern zuteil wird, entrollte eine Verhandlung, die sich gestern vor dem Rixdorfer Schöffengericht abspielte. Unter der Anklage der gefährlichen Körperverletzung hatte sich die Ehefrau Helene Zabzyk zu verantworten. Frau Z. hatte die zweijährige Erna Reschke vor einiger Zeit in Pflege bekommen. Sie wurde nun beschuldigt, ihr Pflegekind in der rohesten Weise mißhandelt zu baben. Mit einem Stock oder einem anderen harten Gegen- stand züchtigte die Rabenmutter das Kind brutal. Nachbarsleute. die durch das Geschrei des bedauernswerten Kindes schließlich auf das Treiben der Angeklagten aufmerksam wurden, nahmen sich der Kleinen an und erstatteten gegen Frau Z. Anzeige. In der gestrigen Verhandlung behauptete die Angeklagte, das Kind sei nicht ..stubenrein" gewesen und habe aus diesem Anlaß viel zu schaffen gemacht. Sie will das Pflegekind nur einmal geschlagen haben. AuS dem Gutachten des ärztlichen Sachverständigen, Dr. Wald- heim, der das mißhandelte Kind untersucht hatte, geht jedoch hervor. daß die kleine Erna häufig mißhandelt worden ist. Die breiten Striemen, die der Körper aufwies, zeugten dafür. Auch das Ge» ficht wies Spuren schwerer Mißhandlungen auf. Die Angeklagte wurde zu zwei Wochen Gefängnis verurteilt. Erschwerung der Rechtsfindung. Wegen Uebertrewng des Hausiersteuergesetzes hatte das Landgericht Breslau den Angeklagten N. zu einer Geldstrafe von 192 Mark verurteilt. Die Regierung zu Breslau , die dem Ver- fahren beigetreten war, legte Revision ein zugunsten deS Ange- klagten. Sie machte geltend, daß N. nach Lage des Falles nur zur Hälfte der Strafe verurteilt werden könne.— Das Kammergericht hatte nunmehr die Frage zu entscheiden, ob die Regierung als Nebenklägerin überhaupt berechtigt sei, zugunsten deS Angeklagten Revision einzulegen. Das Kammergericht verwarf die Revision der Regierung als unzulässig und führte auS: Entgegen einer Entscheidung deS Reichs- gerichts nehme das Kammergericht an, daß der Nebenkläger nicht zugunsten des Angeklagten die Revision einlegen könne. Wenn sich, wie hier, die Verwaltungsbehörde dem Verfahren angeschlossen habe, dann habe sie die Rolle der Nebenklägerin, und als solche habe sie die Rechte deS Privatklägers. Für diesen komme nun in Betracht der§ 430 der Strafprozeßordnung, wo es heißt: Dem Privatkläger stehen die Rechtsmittel zu, die im Verfahren auf Er» Hebung der öffentlichen Anklage der Staatsanwaltschaft zustehen. Nun sei allerdings richtig, daß nach§ 343 desselben Gesetzes jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel die Wirkung habe, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten deS Angeklagten geändert oder aufgehoben werden könne. Hier sei aber nur von einer Wirkung deö Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft die Rede, während§ 430 lediglich von der Einlegung des Rechts» mittels spreche. Wenn dem Privatkläger das Recht hätte zu- gestanden werden sollen, auch zugunsten des Angeklagten ein Rechts- mittel einzulegen, dann würde das im 8 430 ausgedrückt worden sein. Der K 430 würde dann nicht bloß von der Einlegung des Rechtsmittels sprechen, sondern auch von der Wirkung und würde ausdrücken, daß dem Rechtsmittel deS Privatklägers dieselbe Wirkung innewohnen solle, wie dem Rechtsmittel der Staats- anwaltschaft.— Demnach stehe der Regierung nicht daS Recht zu, zugunsten des Angeklagten das Rechtsmittel einzulegen, wenn- gleich sie dem Verfahren beigetreten war. Diese Entscheidung dürft« gar zu sehr auf das formelle Recht achten, ohne zu berücksichtigen, daß der Antragstellerin doch auch die Möglichkeit zustehen muß. zugunsten des von ihr Verfolgten einzu- treten. Revision Colanber verworfen. DaS Reichsgericht verwarf gestern die Revision des früheren Hausvater der Blohmeschen Wildnis, Friedrich Wilhelm Colander, der am 30. Ottober v. I. vom Schwurgericht Altona wegen Ber- leitung mehrerer Fürsorgezöglinge zum Meineid unter Anrechnung der wegen Körperverletzung auferlegten Gefängnisstrafe von acht Monaten zu einem Jähre sechs Monaten Zuchthans verurteilt worden war._ Vermilcdtes. TaS Hochwasser. Der Rhein und der Neckar sind, wie aus Mannheim gemeldet wird, in verflossener Nacht wiederum sehr erheblich gestiegen. Der Wasserstand des Rheins war gestern früh 6,28 Meter, der des Neckars 6,48 Meter. Der Neckar ist über die Ufer getreten. Eine Meldung aus Köln vorn gestrigen Tage besagt: Der Rhein ist hier heute vormittag nur noch wenig gestiegen, der Pegelstand betrug mittag» 6,40 Meter. Aus Koblenz und vom Oberlauf« de« Rhein wird ein Fallen des Wassers gemeldet, während et bei der
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