Nr. 40. 27. Jahrgang. 1. Irilijf Ks JotiMrts" Inlinn Jlollisliliitt. Nonnerstag. 17. Febrnar 1910. Kcichstag. 37. Sitzung. Mittwoch, den 16. Februar, nachmittags 1 Uhr. Am BundesratStiicke: Dr. Delbrück. Ein schleuniger Antrag Dr. Ablag und Genossen(frs. Vp.s auf Einstellung eines gegen den Abg. Spethmann(frs. Vp.) schwebenden StrasverfahrenS für die Dauer der Session wird debattelos angenommen. Es folgt die erste ßeratutig des Entwurfes eines Zrbeitskammergefet-es. Abg. Dr. Will<Z.): Der wiedererstandene Entwurf des Arbeits- kammergesetze» trägl den Wünschen der Kommission, die sich schon einmal mir ihm beschäftigt hat, nicht ge- nügend Rechnung. Die Kommission wünschte auch eine StandeSverttetung der kaufmännischen und technischen Angestellten. Ferner wünschte die Kommission, dag die Errichtung der Arbeits iammern vom Bundesrat beschlossen wird, nicht von der Landes Zentralbehörde. Die Kommission wollte das aktive Wahlrecht mit dem 21., das passive mit dem 2ö. Lebenswahre verleihen, der Eni- wurs setzt das Alter wieder auf das 25. reip. 36. Lebensjahr herauf. Der Forderung, daß Arbeitcrfekretäre wählbar sind, hat die Regierung schon in der Kommisston einen starken Widerstand entgegen gesetzt. Die Arbeiter müssen umsomehr auf der Wählbarkeit der Arbeitersekretäre bestehen, als auch die Unternehmer in der Lage find, ihre Betriebsleiter in die Arbeits- kanrniern hineinzubringen. Wenn die Arbeilersekretäre von den ArbeitSkanimern ausgeschlossen werden, so können diese auch gar nicht ihren Zweck erreichen, den Frieden zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern herbeizuführen; das beweist ja gerade die Macht- losigkeit der Arbeitskammern in Frankreich , Belgien und Holland , wo die Arbeitersekretäre iir den Arbeitskammern nicht zugelasien sind. Der eigentliche Widerstand gegen die Zulassung der Arbeitersckrctärc geht vom Zentralverband der Industriellen auS; dieser Widerstand kann aber für uns nicht maggebend sein. (Sehr richtig!) Wir wollen auch den staatlichen Arbeitern der Eisen- bahnwertstälten die Wohltat der Arbeitskammern zuteil werden lasten. Eine Kommissionsberatung halten wir kaum für nötig, werden uns aber, wenn sie von anderer Seite vorgeschlagen werden sollte, ihr nicht widersetzen.(Bravo I im Zentrum.) Abg. v. Wiuterfeldt-Menkin: Die Arbeilersekretäre, deren der Borredner sich so warni angenommen hat, könne» zu den Arbeits- kammern nicht zugelassen werden, weil sie bezahlte Angestellte der Organisationen der Arbeiter sind. Mit der Heraufsetzung der Altersgrenze bei den Wahlen sind wir einverstanden, ebenso mit der Geheimhaltung der Verhandlungen.(Bravo ! rechts.) Abg. Horn(Reust, natl.): Bei der Errichtung von Arbeits kammern wünschen wir eine sorgfältige Prüfung des B c d ü r f n i s s e s. damit die Arbeitskammern nicht wie Pilze aus der Erde schiesten. Dast die Arbeitskammcrn bei Tarifverträgen und bei der Errichtung von paritätischen Arbeitsnachweisen mitwirken sollen, be- arüsten wir»nit Freuden. Bedauerlich ist eS, dast die technischen Angestellten keine Vertretung in den Arbeitskammern haben; wir sind gern bereit, den Wünschen der technischen Angestellten nach einer Standesvertretung entgegenzukommen. Der Ausschluß der Ocffentlichkcit der Verhandlungen findet unsere Billigung; cS soll dort sachliche Arbeit geleistet, nicht aber Agitatton getrieben werden. Die Angestellten der Arbeiterorganisationen können nicht ständige Mitglieder der Arbeitskammern sein. Wo es nötig ist. kann ihr Rat jederzeit eingeholt werden. Redner beantragt Werwe. sung des Entwurfes an eine Kommission von 28 Mitgliedern.(Beifall bei den Nationalliberalen.) Abg. v. Naumann(frs. Vg.); Ob im allgemeinen die Arbeits- kammern großen Einstuß auf die Entwickelung der Tarifverträge ge- Winnen werden, steht dahin und muß sich erst in der Praxi» zeigen. Die wirklich wirksamen Tarifverträge sind bisher die gewesen, die von den beteiligten Arbeiter- und Arbeitgeberorganisationen ohne Dazwischenknnft Dritter abgeschlossen worden sind. Von Wichtigkeit werden könne» aber die Arbeitskammern für den Abschluß von Tarifverträgen in Berufen, in denen eS an kräftigen Organisationen mangelt, also namentlich in der Heimindustrie. Die Frage ist um so dringlicher, als das Hausarbeitsgesetz den Heimarbeitern eigentlich wenig Positives bietet. Gerade die Arbeitskammern dürften geeignet fem, auf die Lohnfrage in der Heimindustrie Einfluß zu nehmen. Kleines Feuilleton. Die schönste Bibliothek der Welt ist die von der amerikanischen Stadt B o st o n errichtete Volksbibliothek. Die„Zeitschrift für Volks- wohl" gib: eine Schilderung dieser geradezu großartigen Institution. Die Errichtung der Bibliothek hat 16 Millionen Mark gekostet. Das in der Mitte der 566666 Einwohner zählenden Stadt liegende Gebäude ist aus kostbarstem Material hergestellt. Vor allem bewunderungswürdig sind aber die inneren Einrichtungen, die es erlauben, einem Besucher einen geforderten Band in 7 Minuten zuzustellen, während selbst in der berühmten Bibliothek des Britischen Museums in London das Heraussuchen eines Buches 1ö-26 Minuten in Anspruch nimmt. Die drei Stock' werke umfassende Bücherei ist mit einem Netze pneumattscher Röhren ausgestattet, durch die die verlangten Bücher befördert werden. Ste geslellre suchen sie heraus und füllen sie auf kleine Rollwägelchen, die ans elektrischen Bahnen zu einem Aufzuge befördert werden, von wo aus sie selbsttätig nach der Auslieferungsstation gelangen. Zur größere» Bequemlichkeit der Bibliothekbenützer befinden sich in der Stadt 17 AuSlieferungsstellen, an denen man. ohne sich nach dem Mittelpunkt der Sradt zu bemühen, jedes gewünschte Buch erhalten kann. Außerdem sind auch noch 16 Zweigsammlungen in der Stadt verstreut. Die starke Benutzung der Bibliothek durch die Einwohnerschaft erhellt aus der Tatsache, daß 65 666 Leserkarten ausgegeben sind, so daß also jeder achte Einwobner der Stadt— Kinder und Lesens- unfähige mit eingerechnet— � Benützer der Bibliothek ist. Auf den Inhaber jeder Lesekarte fallen jährlich im Durchschnitt 26 auS- geliehene Bände, waS einem Gesamtumsätze von 1366 666 Bänden jährlich cntspricht. Für Kinder besteht ein eigenes Lesezimmer, das 1366 Bände enthält; die Kinder werden bereits in den Schulen zur Benutzung der Bibliothek angehalten. Die Erhaltung der Bibliothek verursacht einen jährlichen Kostenaufwand von 266 666 Dollar, wo- von die Stadt 256 666 beisteuert, während der Rest durch Schenkungen und Stiftungen gedeckt wird. Mit diesen bibliothekarischen Leistiinaeii und Erfolgen der einzigen Stadl Boston vergleiche man die preußische Kulturförderung durch Bibliotheken: für volkstümliche Zwecke geschieht nichts und die Be- Nutzung der wissenschaftlichen Bibliotheken soll mit einer Steuer be- legt werden. Von einem Staate, der nur nach Jlinkerwillkür regiert wird und die Masse seiner Werte schaffenden und bildungshungrigen Bevölkerung seiner elementarsten Rechte beraubt, ist freilich nichts nnderes zu erwarten. Ohne ein freies Wahlrecht wird Preußen nie Bildungsfortschritte machen. Alle einsichtigen Bibliothekare sehen das ein, wenn sie die gott- und Bethmami Hollweg-gewollte Abhängigkeit auch hindert, das öffentlich zu beklmden. UeScr die Festlegung des Osterfestes berichtet Dr. John Mcz in den„Dokumenten des Fortschritts"(Berlin , Georg Reimer). Im Ein weiterer Gnmd, weSbalb wir erneute KommissionSberatung wünschen, ist die Frage der Techniker, Werkmeister usw. Auch dieie Frage ist von außerordentlicher Bedeutung.(Sehr richtig I links.) Die Koalitionsfreiheit der Techniker ist in der Praxis vielfach beschränkter als die der Arbeiter.(Sebr richtig! links.) Die Techniker müssen endlich von dem peinlichen Gefühl befreit werden, die Stiefkinder der sozialen Gesetzgebung zu sein.(Sehr wahr! links.) Die Arbeilskammer soll in der Lage sein, für gewisse Verhandlungen die Oeffentlichkeit auszuschließen. Grundsätzlich aber muß die Oeffent- licbleit zugelassen sein, schon damit die Arbeiter ihren eigenen Kollegen gegenüber gedeckt sind. Für die Zweckmäßigkeit der Ver- Handlungen wäre es sehr förderlich, auf die Mitarbeit der Arbeilersekretäre nicht zu verzichten. Die Arbeiter können leicht entlassen werden, wenn sie einmal etwa? Unbequemes sagen; ist das mehrfach geschehen, wer soll sich dann noch da hinsetzen, außer vielleicht ein allergetreuesteS Mitglied einer gelben Gewerkschaft!(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Und gerade diesen will man doch da nicht haben!(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Man fürchtet von der Zulassung der Arbeiter- sekrctäre für den Frieden. Sind denn die Arbeitersekretäre nicht friedliebend? Wie würde es heute im deutschen Bergbau aussehen, wenn wir nicht die Arbeitersekretäre mit der Disziplin und Organisation der Arbeiter hätten!(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Man sagt, die Arbeitersekretäre seien keine Arbeiter; aber sie sind heute ein Bestandteil der Arbeiterschaft(Lebhafte Zustimmung links), und ich kann nicht ver- stehen, warum die Regierftng dem Gedanken des Syndikats der Arbeits Verkäufer nicht nachgeben will, während sie doch dem Gedanken des Syndikats der K a l i v e r k ä u f ew und anderer Ver- käufer sehr gern nachgibt.(Sehr gut! und lebhafter Beifall links.) Staatssekretär Dr. Delbrück: Die Techniker mußten von diesem Gesetz ausgeschlossen werden, weil ihre Vertretung durch fachliche Organisationen nicht an- gängig ist; ihre Hineinbeziehung würde die Verabschiedung des Gesetzes sehr verzögern und gefährden. Daß die Errichtung von Arbeitskammeru den Landes-Zentralbehörden überwogen ist statt dem Bundesrat, ist nur von unter- geordneter Bedeuttmg; immerhin halte ich die jetzige Fassung für besser. Moniert ist ferner der Ausschluß der Eiseilbahnarbeiter. Dies geschah, weil wir auch die Arbeiter in Heer und Marine aus- nehmen mußten; es handelt sich bei all diesen Gruppen nicht um gewerbliche Arbeiter.(Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Bei der Frage der Oeffentlichkeit der Verhandlungen, deS Wahlalters und der Zulassung der Arbeitersekretäre weicht der Entwurf von den Beschlüssen der Kommission ab. DaS erste Erfordernis für eine erfolgreiche soziale Tätigkeit ist, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich an einem neuwalen Ort unter einem neutralen Vorsitzenden an einen Tisch fetzen. Aber die Verhandelnden müssen unabhängig sein und nicht gebunden an ein wo anders auf- gestelltes Programm. Ich erkenne die Notwendigkeit der Arbeiter- sekretäre an, ich stehe zu vielen von ihnen in guten und freundschaft- lichen Beziehungen(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.), aber sie sind an feste Programme und Beschlüsse gebunden und das ist hinderlich für die begutachtende Tätigkeit der Arbeitskammern. Wen» Sie das Zustandekommen des Gesetzes nicht verhindern wollen, so verlassen Sie nicht den paritätischen Boden, auf dem sie steht.(Bei- fall rechts.) Abg. Legicn(Soz.): Der Staatssekretär hat hier die Aenderungen de? Gesetzes gegenüber der früheren Vorlage verantworten wollen. Aber wem gegenüber? Dem Reichstage? Es handelt sich doch um Beschlüsse der Kommission des Reichstags! Vielleicht wollte er das Gesetz auch nur verantworten gegenüber dem Zenwalverband der Deutschen Industriellen!?(Lebhaftes Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Von diesem Gesichtspunkte aus müsien ja alle Einwendungen der Verbündeten Regierungen betrachtet werden.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Rennen wir zu irgend einer Frage die Stellung des Zentralverbandes Deutscher Industrieller, so kennen wir auch die Stellung der Verbündeten Regierungen. Es ist doch ein starkes Stück, gegenüber dem vorjährigen EntWurfe des Bundesrats und gegenüber den Beschlüssen der Kommission diesen Entwurf einzubringen, der die Beschlüsse der Kommission unberück- sichtigt läßt und gegenüber dem früheren Entwürfe noch Ver- schlechterungen bringt. Hat sich denn inzwischen die Zusammen- setzung deS Reichstags geändert? Doch höchstens nach der Richtung, daß die Sozialdemokraten ein paar Sitze gewonnen haben. Oder hat die Regierung darauf gerechnet, daß das Zentrum in dieser Frage eine ähnliche Schwenkung vollziehen wird wie bei der Finanz- Juni 1616 findet in London der vierte internationale Kongreß der Handelskammern statt, der sich auch mit der schon seit Jahren erörterten Frage der Festlegung des Osterfestes auf einen bestimmten Termin befaffen wird. Ein von G. S. de Klerk ausgearbeiteter Kalender, der den Gregorianischen und Julianischen Kalender ersetzen soll. wird dem Kongreß zur Annahme vorgelegt werden. Ob dieser Kalender angenommen wird, erscheint indes sehr fraglich. Dagegen dürfte die Festlegung des Osterfestes, an der der gesamten Handels- und Geschäfts Welt außerordentlich viel gelegen ist, der Verwirklichung erheblich näher geführt werden. Man neigt gegenwärtig auch in kirchlichen Kreisen allgemein dem von deutscher Seite aus gehenden Vorschlage zu, der dahin geht, daß der erste Sonntag »och dem 4. April für das Osterfest bestimmt werde. Bisher scheiterte die Angelegenheit hauptsächlich au dein Widerstande Ruß lands. Daß die Schwankungen des OsterterminS innerhalb eines geitramnes von vier Wochen nicht nur im Geschäftsleben, sondern auf zahlreichen anderen Gebiete» menschlicher Betätigung, wie im Schulwesen, im Theater- und Kunstleben usw. zu großen Unzuträg- lichkeiten führt, macht sich immer mehr fühlbar, und so ist zu hoffen, daß es gelingen wird, aus internationaler Grundlage eine Einigung über die Frage zu erzielen. Theater. Neue» Schauspielhaus:„Der Herr Verteidiger�. Schwank von Franz Mol» ö.r, bearbeitet von Alfred Halm Der Schwank des ungarischen Verfassers— als Ort der Handlung gibt der Zettel daS Land der unbegrenzten Möglichkeitelt an— brachte es mit seinen burleSk -parodistischen Einfällen zu einem stellen- weise starken Heiterkeitserfolge. Nur schade, daß von den Pointen so wenig auf eigenem Felde gewachsen war. Mirbeauö geistvolle Satire«Der Dieb' und die geschickt erfundene englische Sensations- komödie„RahfleS der Amateur-Einbrecher" haben abwechselnd bei- steuern müssen; und was der Autor zu den dorther genommenen Anregungen selbst hinzugetan, bleibt ohne Ansatz einer interessanten Wendung im Mittelmäßigen stecke». Tim BoolS, der Held des Stückes, präsentiert sich, wie seine Bor- gänger, als Herr von tadellos korrekter Haltung, der in Ausübung seines Berufes nicht nur dem Erwerb von Jchnödem Mammon, sondern ebenso auch ästhetische Reize und eine Bestätigung seiner intellekttiellen Ueberlegenheit sucht. Er„arbeitet" mit erhabener Kaltblütigkeit und plaudert, wird er ans frischer Tat erwischt, voll- endet unbefangen. Wenn MirbeauS Gentleman dem reichen Börsianer vorrechnet, daß sie, bei Licht besehen, im Schwindel und im Diebs- Handwerk doch Kollegen seien, spielt sich der Molnars— ein Gauner, der bei seinen« früheren Rechtsanwälte einbricht— noch obendrein als Wohltäter des Bcstohlenen auf. Wären die Spitzbuben nicht, wie läme es dann zu den lukrativen Prozessen, in denen die Advokaten ein so schönes Geld verdienten! Er stellt sich selbst das Zeugnis auS: Kein Lump, doch vielleicht ein Genie. Bei seinem Einbruch unterbrochen, foppt er den Detektiv, läßt den verkleideten Rechtsanwalt an seiner Statt arretieren, macht dessen reform? Nach den Darlegungen des Vertreters des Zentrums hätte sich die Regierung darin getäuscht. Die ganze Vorlage ist Sarauf zugeschnitten, dem Unter» nehmertum zu nützen. Wie gewöhnlich hinkt die Gesetzgebung hinter den tatsächlichen Verhältnissen nach. Wäre die Regierun« 1877, als die Sozialdemokratie zuerst Gewervckarnmern anregte, mit einem solchen Gesetz gekommen, so bätte eS der Arbeiterschaft nützen und ihr in den verflossenen drei Jahrzehnten manche Unterdrückung ersparen können. Heute liegen die Verhältnisse anders. In diesen 36 Jahren hat sich die Arbeiterschaft gegen den Willen der Regierung und der Gesetze selbst eine Vertretung geschaffen in ihren gcwerk- schaftlichen Organisationen.(Lebhafte Zlistimmnng bei den Sozial- demokraten.) Heute können wir aus diese gesetzliche Vertretung ver- zichten und werden es unter allen Umständen tun, wenn die Borlage auf die Interessen deS Uriternehulertumö zugeschnitten ist.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) ES scheint, als ob unsere Minister darauf ausgehen, den Nachweis zu liefern für die Richtigleit des Wortes des Herrn v. Bötlicher, daß die Regierung und ihre Angestellterr nur im Dienste des UnternehmertwnS arbeitet!. Bei crirer ganzen Reihe von Fragen hat der Herr Staatssekretär den Beweis geliefert, daß ihm die Jntercssen der Unternehmer am Herzen liegen, nicht die der Arbeiter, und sein Kollege, der preußische Minister für Handel und Gewerbe, Herr Sydow, hat im vorigen Jahre sogar die Entdeckung, oder lieber kann man sagen, die Erfindung gemacht, daß die Arbeitgeberverbände keine Kampsorganisationen seien I(Heiterkeit bei den Sozialdernokraten.) In einem Erlaß deS früheren HandelSnnnisters Möller vom Jahre 1663 waren sie als KaurpfeSorganisationen bezeichnet, und den Innungen war deshalb der Beitritt verboten. Der gegenwärtige HandelSministcr entdeckte schon noch drei Monaten, in seinen! Erlaß vom 27. Oktober v. I., daß sie sich ausgestaltet haben zu Organisationen, die in gemeinsamer Arbeit mit den Arbeitern dem Frieden diene» wollen. Und daS sagt er angesichts des Arbeitsnachweises der Zechen im Ruhrrevier k Angesichts der Unternehmcrverbände im Baugewerbe, die in aller- nächster Zeit wieder 156' bis 266 666 Arbeiter aussperren wollen l Angesichts der Drohung der Unternehmer mit der Allssperrung in der Holzindustrie! Vielleicht erklärt der Herr Staatssekretär, dieser Erlaß bedeute keine Bevorzugung der Unternehmer. Vielleicht bewegt er dann seinen Kollegen, den preußische» Minister für Handel und Gewerbe, zu einem ähnlichen Erlaß, in dem es heißt, daß die Gewerkschaften nicht KampfeSverbände seien, sondern Schutzverbände der Arbeiter gegen übern, äßige Ausbeutung der Arbeitskraft.(Sehr gut! bei den Soz.) Aber darauf werden wir wohl lauge zu warten haben. Wenn die Stellung der Arbeitgebcrvcrbände gegcnübor den Gewerkschaften eine andere geworden ist, so verdanken wir daS lediglich der Tatsache, daß die gewerkschaftlichen Organisationen sich so weit ent- wickelt haben, daß die Unternehmerverbände sich ihren Anforderungen nicht mehr widersetzen können.(Sehr richtig! bei den Sozialdemo- kraten.) AIS 1896 das Sozialistengesetz fiel, erklärten die Unlernehnrcr und ihre Organisationen sofort; Jetzt nrüssen wir unS selbst helfen übrigens ein charakteristischer Beweis dafür, welchem Zweck da» Gesetz dienen sollte I ES war ein Schutzgesetz für da» Unternehmertum! Als es fiel, gingen die Unternehmer mit Maßregelungen gegen die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter vor. aber alle Maßregelungen und schwarzen Listen trieben die Arbeiter nur immer nrehr in die Organisationen hinein.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Und diesen Untenrchnrerverbändcir stellen sich die Regierungen zur Verfügung, das zeigt die Vorlage sehr deutlich. Im 8 2 heißt es, daß die Arbeitskammern den gemeinsamen gewerblichen und wirtschaftlichen Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer dienen sollen sowie den besonderen Interessen der Arbeitnehmer unter gleichmäßiger Berücksichtigung der Arbeit« geberinteressen. Diese letzten Worte fehlten in der früheren Vorlage. Dem konnte rnan allenfalls zustimmen, die Regierung konnte der Meinung sein, daß die Uuternehnrer bereits in den Handelskammern. Gewerbekammern, Landwirtschaftskammern, Berufs» genossenschaften eine besondere Vcrtrelring haben und daß deshalb bei diesen neuen paritätischen Einrichtungen die Interessen der Arbeiterichast in den Vordergrund zn stellen sind. Daß im s 3 die Arbeitskammern beim Abschluß von Tarifverträgen mitwirken sollen, ist al» kleine Verbesserung anzuerkennen, die jedoch so un« Frau höchst ritterlich den Hof, protegiert ein LiebeSpärchen und er- hält zum Schlüsse als Belohnung die Berufung zum Justizminister in irgend einem südamerrkanischeli Abentcurerstaat. Harry W a l d e n spielte den Gauner-Elegant nnt dernselben ausgezeichneten Humor und ebenso verführerisch wie ehedem den RahfleS. dt Humor und Satire. Bekanntmachung. „Es wird das Recht auf die Straße verkündet�»» dies Recht hat einzig die Polizei! Wenn sie erscheint— und das Volk verschwindet nicht gleich, so prügelt sie eS zu Brei. „Die Straße dient lediglich dem Verkehr'»» daS heißt: c§ dürfen nur Fürstlichkeiten, Schutzleute, Heilsarrnee, Militär ein Hindernis dem Verkehr bereiten. „Bei Widerstand gegen die Staatsgewalt erfolgt Waffengebrauch"— das will bedeute*: auch ohne Widerstand woll'n wir euch kalt niederhauen und niederreiten. „Ich warne Neugierige"— sie würden seh'n, auf welcher Stufe in Preußen'« Hauptstadt die königlichen Behörden steh'»! Und wer's bis dahin noch nicht geglaubt hat, der würd' es am eigenen Leibe erfahren, daß meine Leute fast gar nichts trennt von ihren Kollegen im Reich des Zaren. Ihr kännt mich... I Der Polizeipräsident. _ Franz. Notizen. — Der Schriftsteller Hermann Heibera ist in Schleswig gestorben. — Neue Bücher. Die Buchausgabe von Hugo V.Hof» mannSthalS neuer Komödie„CristinaS Heimreise' ist bei S. Fischer, Berlin , erschienen. — Neue Sternkarten, die gerade für Liebhaber von ve- sonderen, Reiz sein dürften, werden seit einigen Jahren von dem Astronomen Blaifte in Edinburg herausgegeben. Sie zeigen den nördlichen und südlichen Sternenhimmel Monat für Monat. Die Sterne sind mit Gold auf dunkelblauem Hintergründe eingezeichnet, die Namen der Sternbilder in Schwarz, und zwar derart, daß diese Namen verschwinden, wenn man die Karte unter cinenr aewiffen Gesichtswinkel betrachtet Auf der neuesten Ausgabe findet sich auch die Bahn des Halleyschen Konreten während der Jahre 1666 mrd 1016 angemerkt. Außerdem enthalten die Karten Angaben über die Stellungen von Sonne, Mond und Planeten für da? ganz« Jahr.
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