Einzelbild herunterladen
 
Vorort- JSacbncbtem Die Charlottenburger   Stadtverordnetenversammlung gegen die Wahlrechtsvorlage. Die Charlottenburger   Stadtverordnetenversammlung hatte am Mittwoch ihren großen Tag. Vor Eintritt in die Tagesordnung be> riet sie einen sozialdemokratischen und einen freisinnigen Antrag, die beide die Absenkung einer Petition an den Landtag gegen die WahlrechtSvorlage betrafen. Nachdem gegen den Wider« spruch des Generalmajors z. D. Becker für beide Anträge, die sich inhaltlich� decken, die Dringlichkeit beschlossen war. begründete Stadtv. Meyer(lib.) den Antrag seiner Freunde mit den besonderen lokalen Verhältnissen Charlottenburgs. Stadt­verordneter Stadthagen   snatl.) stellt einen Zusatzantrag, wonach die Wahlrechtsvorlage nur dann abgelehnt werden solle, wenn nicktentsprechende oder genügende Abänderungen" erfolgen. Er bezeichnete den sozialdemokratischen Antrag als unannehmbar und stimmte das alte Lied vom sozialdemokratischen Terrorismus an, der den Handwerkern und kleinen Geschäftsleuten ihr Wahlrecht nehme und dazu führe, daß die Arbeiter ein weit höheres Wahlrecht haben als der Mittelstand. Stadtv. Hirsch(Soz.), der hierauf das Wort zur Begründung de? sozialdemokratischen Antrages nahm, drückte zunächst seine Befrie« digung darüber aus, daß die WahlrechtSvorlage auch das liberale Bürger- tum aus seinem Schlummer aufgerüttelt habe. Er wünsche nur, daß die Liberalen mit der gleichen Energie für die Beseitigung des DreiklasjenwahlsystemS zu den Gemcindevertreterwahlen eintreten möchten und daß sie. auch wenn die Vorlage beseitigt sei, den Kampf um daS Reichstagswahlrecht für Preußen nicht aufgeben mögen. Was die Anträge selbst betreffe, so komme eS darauf an, daß eine möglichst große Mehrheit sich auf einen derselben vereinige, er empfehle deshalb einen gemeinsamen Antrag, und zwar schlage er vor. dem liberalen Antrage einen Zusatz zu geben, der sich gegen die vorgeschlagene Art der Ermittelung des Wahlergebnisses richte. Herrn Stadlhagen erwidere er, daß man mit viel größerem Recht von dem Terrorismus der Regierung und der Unternehmer sprechen könne. Er hoffe auf Annahme des Antrages mit erheblicher Mehrheit. Aller« dings besage die Kundgebung der Charlottenburger   Stadtverordneten  - Versammlung nichts gegenüber den imposanten Kundgebungen an anderer Stelle, aber wenn der preußische Landtag überhaupt noch Vernunftgründcn zugänglich sei, dann würden die Kundgebungen der verschiedensten Stadtgemeinden ihren Eindruck nicht verfehlen. Nach kurzen Schlußworten der Antragsteller gelangte nun fol- gender gemeinschaftliche Antrag der Liberalen und Sozialdemokraten mit allen gegen drei Stimmen zur Annahme: Die beiden Häuser des Landtages werden ersucht, die ein« gebrachte Vorlage aus folgenden Gründen abzulehnen: 1. Die in der Vorlage enthaltene Klaffeneinteilung gestaltet das Wahlrecht der Charlottenburger Bürgerschaf« zum preußischen Abgeordneten- hause zu einem besonders ungleichmäßigen und ungerechten; 2. durch Beibehaltung der Wahlkreiseinleilung wird die völlig un- zulängliche Vertretung der Stadt Charlotlenburg im Abgeordneten- Hause gegenüber der Gesamtzahl der Abgeordneten aufrecht erhalten; 3. die öffentliche Stimmabgabe bedroht die Freiheit der Abstimmung unserer Bürgerschaft; 4. die vorgeschriebene Ermittelung des Wahlergebnisses bewirkt, daß die ohnehin in ihrem Recht schon ge- schmälerten Wähler der dritten Abteilung vollständig entrechtet werden." Nach Erledigung einiger Neineren Vorlagen trat die Versammlung in die Beratung des Etats, den der Kämmerer S ch o l tz ein- brachte. Der Etat schließt in Einnahme und Ausgabe mit SS, 7 Millionen ab, daS heißt mit rund einer Million mehr als im Vorjahre. Allein an das Ordinarium des Hanptetats werden, wie der Kämmerer ausführte, 2'/« Millionen mehr Ansprüche gestellt. Der Abschluß des JahreS 1909 werde erheblich günstiger sein, als man angenommen habe; insbesondere werde die Umsatz« steuer infolge des in den letzten Monaten gestiegenen Verkaufs un- bebauter Grundstücke weit höhere Erträge abwerfen. Bei den Gasanstalten sei infolge der Lohnerhöhung und der Einführung des neunstündigen Arbeitstages eine Mindereinnahme zu ver- zeichnen, doch beziffere sich der Ueberschuß immer noch auf über zwei Millionen. Die Wirtschasislage beffere sich jetzt, so daß auf höhere Erträgnisse auS den Steuern zu rechnen sei. Im Schul- Wesen hätten sich die Zustände gebessert, die fliegenden Klaffen seien beseitigt, die Zahl der in gemieteten Räumen untergebrachten Klassen sei zurückgegangen. Bedauerlich sei die Steigerung der Provinzial« abgaben. Um den Etat zu balanzieren, sei eS notwendig gewesen. 626000 M. auS dem Ausgleichsfonds zu nehmen, der dadurch fast erschöpft sei. Auch die Mittel für den Ankauf eines Schulgrundstücks hätten aus dem Grundstückserwerbsfonds entnommen werden muffen. Stadtv. Kaufmann(lib.) beantragte die Ueberweisung des Etats an einen Ausschuß von 1b Mitgliedern. Redner sprach sich im allgemeinen im Sinne des Kämmerers aus. Bei seinen Unter« suchunge» über die Ursachen der schlechten Finanzlage kam er u. a. auch auf die angeblich so hohen Ausgaben für sozialpolitische Zwecke zu sprechen. Prinzipiell erklärte er sich weder gegen die Wert- zuwachssteuer noch gegen die Erhöhung der Steuerzuschläge, nur wollte er, daß Charlottenburg   nicht allein, sondern in Gemeinschaft mit den übrigen Gemeinden Groß-BerlinS vorgeht. Stadtv. Stadthagen   snatl.) bemängelte einige Positionen de? Etats und forderte vor allem höhere Aufwendungen für den Straßenbau, der diesmal sehr schlecht weggekommen sei. Stadtv. Hirsch<Soz.) wies zunächst darauf hin, daß der Etat tatsächlich mit einem Defizit abschließe, das nur durch Inangriffnahme des Ausgleichsfonds gedeckt werden konnte. Die Ursachen der Finanz« kalamitäi der Gemeinden seien zu suchen in der verkehrten Wirt- schaftSpolitik des Reiches und in der staatlichen Gesetzgebung, die den Gemeinden immer höhere Lasten aufbürde. Er erinnere nur an die Provinzialabgaben und an die Polizeikosten. Verfehlt sei eS. die Gebühren für die Müllabfuhr zu erhöhen; hier räche sich die ver- kehrte Politik des Magistrats, der, anstatt selbst die Müllabfuhr zu übernehmen und sich dabei lediglich von hygienischen Gesichtspunkten leiten zu lassen, mit einer Privatgesellschaft einen Vertrag geschlossen habe. Wenn die Gasanstalten trotz der verkürzten Löhne und der verkürzten Arbeitszeit noch immer über zwei Millionen abwerfen, so beweise daS die Berechtigung der sozialdemo- kratischen Forderungen. Such in der Frage der Wertzuwachssteuer hätten die Sozialdemokraten den richtigen Weg gewiesen, die bürger- lichen Stadtverordneten seien nicht gefolgt und so seien der Stadt Millionen entgangen. Was das Schulwesen betreffe, so herrschen besonders in dem Stadtteil jenseits der Spree große Mißstände: mutzte doch die Stadt sogar 1000 M. Schulgeld an Berlin   für die Kinder zahlen, die infolge des Mangels an Schulen nicht in Char  « lottenburg eingeschult werden könnten. Auch daS Armen­wesen erfordere wieder höhere Ausgaben. Hoffentlich werde die Gemeindevertretung wenigstens endlich die Arbeitslosen« Versicherung einführen und damit eine der Ursachen der Armut mildern. Die vorzügliche Denkschrift des Magistrats gebe ja einen guten Fingerzeig. Die Ausgaben für sozialpolitische Zwecke seien keineswegs so hoch, eS komme nur darauf an, was man darunter versteht. Seine Freunde seien auch nicht der Meinung, daß man unbedingt an 100 Proz. Zuschlag festhalten müsse, der Etat müsse ja so wie so schon der Regierung zur Genehmigung eingereicht werden. An ihren prinzipiellen Forderungen halten die Sozialdemo- kraten fest, sie würden im Ausschuß entsprechende Anträge stellen. Nachdem Stadtv. Dr. L i e p m a n n(L.) noch gegen die Belastung der Grundbesitzer protestiert hatte, wurde der Etat einem Ausschuß überwiesen. Ehnrlottenburg. Berbandsmarken im Werte von 8,26 M. sind von einem Haus- kassierer des Verbandes der baugewerblichen Hilfsarbeiter aus dem Wege nach dem Volkshause, Rosinenstraßc, Charlottenburg  , verloren worden. Da der Verlierer ersatzpflichtig ist, wird der ehrliche Finder ersucht, dieselben gegen Entschädigung an den Kassierer Otto Glinicke, Pestalozzistr. 71, abzugeben. Wilmersdorf  . Aus der Stadtverordnetenversammlung. An etwas mehr Rücksicht auf die Oeffentlichkeit sollten sich die Wilmersdorfer  Stadtväter gewöhnen. Als in der Sitzung vom 16. Februar über den vierten Punkt der Tagesordnung,Wahl von unbesoldeten Stadträte n", verhandelt werden sollte, wurde der Antrag auf geheime Beratung gestellt. Nach der Geschäftsordnung ist auch dieser Antrag in geheimer Sitzung zu erörtern; und so mußte denn das verhältnismäßig zahlreich erschienene Publikum den Verhandlungssaal verlassen und auf dem kalten Korridor der höheren Töchterschule lustwandeln. Derartige Fälle gab es schon mehrfach, aber immerhin dauerte dann eine solche Unterbrechung etwa eine Viertelstunde oder nur wenig länger. Diesmal ober verging eine halbe Stunde nach der anderen, ohne daß dem Publikum wieder die Türen geöffnet wurden. Etlichen Stadt- verordneten schiew die Sache allmählich langweilig zu werden, denn sie zogen ohne Wiederkehr von dannen. Inzwischen wurden die Berichterstatter und die im Harren fest gebliebenen Zuhörer nur mätzig durch die Virilstimme eines ob des Ausschlusses der Oeffentlichkeit offenbar besonders ärgerlich gewordenen Stadt- verordneten entschädigt. So laut, daß fast jedes Wort auf dem Korridor zu hören war, erörterte der Herr in aller Breite die interessante Frage, ob ein Stadtrat, der mit der Gemeinde Grund- stücksgeschäfte machen wolle, der Wiederwahl würdig sei. Zwei Stunden waren auf diese Weise vergangen. Endlich riß auch den Vertretern der Presse die Geduld. Es läßt sich ja nichts dagegen sagen, wenn die Stadt- verordnetenversammlung von der ihr nach dem Gesetz zustehenden Befugnis der Ausschließung der öffentlichen Beratung Gebrauch macht; aber nicht mehr als schicklich ist es in solchen Fällen, den in Betracht kommenden Gegenstand auf den Schluß der Tages- ordnung zu verlegen oder doch wenigstens durch einen der Saal- diener das Publikum auf die Sachlage aufmerksam zu machen. Ein Vorgehen, wie das am Mittwoch beliebte, kann nicht anders denn als Mißachtung der Oeffentlichkeit aufgefaßt werden. Aus den Verhandlungen selbst sei die Mitteilung hervor- gehoben, daß ein Vertreter der zweiten Wählerklasse, Regierungs- rat W e y m a n n, aus Gesundheitsrücksichten die Niederlegung seines Mandates angekündigt hat. Verhältnismäßig gut hat die 1906 gegründete städtische Spar- kasse abgeschnitten. Während bei anderen Sparkassen zur Zeit der Krise die Rückzahlungen durchweg höher waren als die Ein- nahmen, stellte der Ueberschuß des Wilmersdorfer Instituts sich 1908 aus rund 673 000 M., und im Jahre 1909 sogar auf 1 274 000 Mark. Auch die Stadthauptkasse kann für das Jahre 1908 mit einem Ueberschuß von 1 020 000 M. prunken. Dies Resultat ist allerdings insoweit nicht besonders hoch zu bewerten, als es zum Teil aus verminderten Ausgaben herrührt. So hat der Magistrat eine Anleihe von 434 000 M., die die Stadtverordnetenversammlung genehmigt hatte, in dem erwähnten Jahr noch nicht aufgenommen. Bei dem Einkommensteuerzuschlag ist das Einkommcnsoll sogar um 130 009 M. hinter dem Voranschlag von 4 200 000 M. zurück­geblieben. Die auf 87 000 M. veranschlagte Schenk« konzessionSsteuer hat an Einnahmesoll 47 000 M. gebracht; tatsächlich eingegangen sind nur 27 000 M. Hingegen hat das Erträgnis der Umsatzsteuer die Erwartungen weit über- troffen. Sie war angesetzt mit 600 000 M. und brachte 871 000 Mark. Wie der Berichterstatter bemerkte, wären die Einnahmen aus dieser Steuer noch beträchtlich höher gewesen, wenn aller- Hand betrügerische Schiebungen dem Erträgnis nicht Abbruch ge- tan hätten. Die Herren, bei denen derartige Defraudationen ,n Uebung sind, eignen sich infolge des Grundbesitzerprivilegs im Dreiklassenwahlrecht bekanntlich ganz besonders zur würdevollen Wahrnehmung der Gemeindeintereffen. Mariendorf  -Südende. Dir letzte Mitgliederversammlung des Wahlvereins hörte zu- nächst unter großer Aufmerksamkeit ein Referat des Genossen Wer- muth überFichte und fein Erziehungsproblem" an. Zu der kam- dinierten Sitzung wie zur Generalversammlung Groß-Berlins wurden die Genossen Jeserich, Spannberg  , Bethke und als Ersatz. mann Lix gewählt. Sodann wurde auf die Gründung der Unter- kommission für die gemeinsame Schaffung eines Gewerbegerichts für Tempelhof  , Mariendorf  , Maricnfelde hingewiesen und den Ge. meindevertretern anheimgegeben, bei der Beratung des eingebrach- ten Antrages die Notwendigkeit der Schaffung eines Gewerbe- gerichts mit Nachdruck zu betonen. Stralau. AuS der Gemeindevertretung. Gegen die Richtigkeit der Auf- stellung der Wählerlist« waren 10 Einsprüche erhoben worden. Hiervon wurden 8 als berechtigt anerkannt. Sein Mandat nieder- gelegt hat der Gemeindevertreter Mahlo; erledigt sind ferner die Mandate unserer Genossen Buck derselbe ist aus Stralau ver- zogn Weidner und Wolf, letztere sind verstorben. Ferner scheidet im März dieses Jahres Herr Weihrich aus. In der dritten Klasse sind zu wählen ein Airgesessener und ein Nichtangesessener. Ein Antrag des Wahlvereins, die Wahlzeit der dritten Klasse bis in die Abendstunden auszudehnen, soll berücksichtigt werden. Dann wurde über den Punkt Herstellung des Anschlußgleises zum Osthafen durch die Stadt Berlin   verhandelt. Die Gemeindevertretung hatte im vorigen Jahre die Genehmigung zum Bau des Gleises über die Straße Alt-Stralau hinweg versagt, lveil der gesamte Straßenver- kehr dadurch zu bestimmten Zeiten völlig lahmgelegt worden wäre. Gegen diesen Beschlutz hatte Berlin   Beschwerde eingelegt, es wurde damit jedoch vom Minister abgewiesen. Jetzt soll die Bahn unten durch gebaut werden; die Stadt Berlin   erklärt sich bereit, die durch den Bau entstehenden Kosten fiir Verlegung des Druckrohrs, Pflastc- rung usw. zu übernehmen. Die Vertretung erklärte sich damit ein- verstanden. Mehreren von Einwohnern gestellten Anträgen auf Erlassung der Desinfektionskosten wurde stattgegeben. Die An- schlagsäulen werden für 1910 wiederum an Herrn Pütz, Alt- Stralau 66, verpachtet. Als Schularzt und Armenarzt wurde Herr Dr. Sonntag, Alt-Stralau 70, für 1910 angestellt. Nach einigen Mitteilungen des Gemeindevorstehers fand eine geheime Sitzung statt. Adlershof  . In der Mitgliederversammlung des Wahlvereins gab Genosse Hildebrandt den Bericht der Gemeindevertreter. Der Vortrag fand allseitig Zustimmung. An der Diskussion beteiligte sich Ge- nosse Tempel. Da der Genosse Wölbling als Angesessener in diesem Jahre aus der Gemeindevertretung ausscheidet und nicht mehr weiter kandidiert, der Genosse Hildebrandt aber durch Boll- macht der Konsumgenossenschaft als Angesessener anerkannt ist, so würde es sich darum handeln, wie die Wahl vom Gemeindevorsteher ausgeschrieben wird. Um eventueller Ueberrumpelung vor- zubeugcn, wurden der Genosse Otto Petrich als Angesessener und Genosse Albert Herlitz als Nichtangesessener als Kandidaten nominiert. Zur Kreisgencralvcrsammlung wurden die Genossen Ligner, Klodt und Meil und zur Generalversammlung Groß- Berlin die Genossen Ligner, Friedrich und Genossin Horlitz delegiert. Hierauf wurde gerügt, daß bei der Demonstrations- Versammlung am Sonntag eine ganze Anzahl Parteigenossen durch Abwesenheit geglänzt haben. Genosse Horlitz wie? noch auf die am Sonntag, den 20. Februar, nachmittags 2�- Uhr, im Lokal von Wöllstein   stattfindende Theatervorstellung hin. Zur Auf- sührung gelangtHeber unsere Kraft". 1. Teil. Neuaufgenommcn wurden 17 Mitglieder. Weihensee. Tie Petition zur Beseitigung der WahlrechtSvorlage abgelchut. Der von unseren Genossen der Gemeindevertretung eingereichte An- trag, eine Petition an das Haus der Abgeordneten zu richten, die Regierungsvorlage über das preußische Wahlgesetz abzulehnen, wurde vom stellvertretenden Gemeindevorsteher Dr. Klamroth nicht aus die Tagesordnung gesetzt, da nach seiner Meinung die Petition eine politische Angelegenheit sei und nicht vor daS Forum der Gemeindevertretung gehöre. Er konnte jedoch nicht ver- hindern, daß dennoch eine Besprechung stattfand, die allerdings zeigte, daß auch hierfür das Verständnis der bürgerlichen Herren vollständig versagte. Genosse Taubmann begründete die Zulassung zu einer Besprechung in rechtlicher Beziehung und Herr Mewes ging un« bewußt auf das Thema ein; natürlich betonte er einen ablehnenden Standpunkt, so daß die Genossen Frentz und Fuhrmann Gelegenheit nahmen, das unwürdige Gesetz in seiner Bedeutung zu der bestehenden Kommunalgesetzgebung zu beleuchten. Als Genosse Frentz einen Ausfall auf den Reichskanzler machte, war die Ruhe des Vorsitzenden geschwunden; vielleicht merkte derselbe jetzt erst, daß die Besprechung bereits im vollen Gange war. Er erklärte rund heraus, daß wenn auch ein Beschluß zustande käme, er denselben nach der Landgemeindcordnung beanstauden würde. Auf die energischen Protestrufe unserer Genossen, warf er sich in die Brust und rief mit überlauter Stimme:Das Recht habe ich I" Die bürgerlichen Herren sahen dieser Obstruktion mit Stühe zu. Jedoch hatte keiner der Herren den Mut, unsere Petition zn unterstützen. Unsere Genossen haben trotz aller Maßnahmen des Vorsitzenden erreicht, daß nicht nur die eingereichte Petition besprochen wurde, sondern daß sie auch zur Abstimmung gelangte, natürlich waren w diesem Falle nur die Stimmen unserer Genossen für dieselbe. Mahlsdorf   a. d. Ostbahn. Ucber das neue Kommunalprogramm referierte in der letzten Mitgliederversammlung des Wahlvereins Genosse Käming. Der Vortrag wurde mit großem Beifall aufgenommen. Als Kandidaten zur Gemeindewahl wurden aufgestellt in der zweiten Klasse: Ge- nosse Scheibe, in der dritten Klasse die Genossen Schumann, Albert Schmidt und Heinrich Schmidt. Reinickendorf  . DaS hiesige Gewerkschaftskartell beschäftigte sich in seiner letzten Sitzung mit der Agitation für die von der Zentralkommission der Krankenkassen Berlins   arrangierten Vorträge, welche für unseren Ort mit dem 16. Februar beginnen und an fünf Mittwoch- abenden in der Aula der 3. Gemeindeschule, Pankower Allee, statt- finden. Das Kartell beschloß, an alle Vertrauensleute der Ge- werkschaften Flugblätter gelangen zu lassen. Ferner wurden die ersten Vorarbeiten zu den im Frühjahr dieses Jahres stattfindenden Gswerbegerichtswahlen erledigt, die mit der rapide wachsenden Industrie unseres Ortes das Interesse aller beanspruchen. Die nächste Sitzung wird gemeinsam mit den bisherigen Gewerbe- gerichtsbeisitzern am 27. Februar stattfinden. Serickts- Leitung. Gesindesklaverei. Die Härten der preußischen Gcsindeordnung werden durch einen Vorfall charakerisiert, der sich dieser Tage in Pieschen  (Provinz Posen  ) ereignet hat. Dort hatte ein Arbeiter Laube seine dreizehn Jahre alte, schulpflichtige Tochter Ca einen dortigen Landwirt Maliska vermietet. Da das Mädchen von den männlichen Personen auf dem Gute fortwährend b e- l ä st i g t wurde, entlief es und kehrte zu seinen Eltern zurück. Der Dienstherr beantragte nun bei der Polizetbehörde zwangs- weise Zurücksührung des Kindes. So erschien eines Tages ein Polizist im Schullokale und führte das Mädchen an einer Kette, die er an dem Hand- gelenk des Kindes befestigte, durch die Straßen dem Bestimmungsort zu. Kann es etwas Brutaleres geben, als diese Behandlung eines Schulkindes durch die Polizei als Ausführerin eines so mittelalterlichen Gesetzes, so ist es daS Gesetz selbst._ Böse Alkoholfolgen. Bor dem Schwurgericht am Landgericht I   stand gestern wegen Körperverletzung mit Todeserfolg angeklagt der Schiffseigner Otto Roennebeck. Er ist ein Mann in ge- setzten Jahren, der bisher völlig unbescholten war. Am 26. September v- I. ging er auf die Suche nach einem neuen Bootsmann in Schankwirlschaften an den Ufern der Spree  . Er hatte kein Glück mit seinen Bemühungen, einen seinen Anforderungen entsprechenden Bootsmann zu finden. Er mußte eine ganze Reihe von Schank- wirtschaften besuchen und da er überall Bier verzehren mußte, so hatte er im Laufe des Tages 24 Schnitt Bier zu sich genommen. Als er gm Spätnachmittag in einer Schank- Wirtschaft an der Fischerbrllcke endlich den gewünschten Mann Sefunden hatte, befand er sich in nicht mehr nüchternem stände. In dieser Verfassung kam er mit einem im Lokal an» wesenden Schankwirt Lange, der gleichfalls angetrunken war, in einen Wortwechsel. Lange hänielte den Angeklagten mit allerlei Redensarten, die Roennebeck zurückgab. Letzterer fühlte sich durch Lange so belästigt, daß, als dieser erklärte, nach Hause gehen zu wollen, der Angeklagte init einem Seufzer der Erleichterung ihm die Versicherung gab. daß dies für ihn das beste sein würde. Wegen dieser Bemerkung kehrte Lange wieder um mid schritt auf den An- geklagten zu, der sich bedroht wähnte und dem andern mit dem Bierglas, das e r in der Hand hielt, einen Stoß oder Schlag in das Gesicht versetzte. Lange irrig eine Wunde unterhalb des einen Auges davon. die der Verletzte zunächst unvorsichtig und unsachgemäß selbst behandelte. Es stellte sich schließlich Wundrose ein und etwa 14 Tage nach der erlittenen Verletzung verstarb Lange. Der Angeklagte wurde zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Die Geschworenen hatten die Schuldfrage nach gefährlicher Körper- Verletzung bejaht._ Störendes Geräusch für Mieter. Ueber den Begriff einesstörenden Geräusches', welches als ein vertragswidriger Gebrauch einer Mietsache oder als ein Verstoß gegen die Hausordnung anzusehen ist, hat die 20. Zivil- kammer des Landgerichts I   sich auszulassen kürzlich Veranlassung gehabt. Ein Hauswirt hatte auf Grund des Z 550 des Bürgerlichen Gesetzbuches   wegen vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache bezw. wegen Verstoßes gegen die Hausordnung gegen einen Mieter ge- klagt, weil dessen Dienstmädchen die Ruhe des Hauses durch laureS Lärmen störe. Das Mädchen soll nämlich aus dem geöffneten Küchen­fenster anhaltend laut und grell pfeifen, außerdem auch bei ge- öffnetcmKüchenfensterauf demFensterbrelt Fleisch   in ruhe störend er Weise geklopft haben. Der Kläger   siegte in der ersten Instanz, das Berufungsgericht wies ihn dagegen mit seiner Klage ab, indem eS weder einen vertragswidrigen Gebrauch der Wohnräume noch einen Verstoß gegen die Hausordnung fiir vorliegend ansah. Von einemstörenden Geräusch" könne nur gesprochen werden, wenn da- durch die allgemeine Ruhe und der Friede des Hauses und zwar in erheblicher Weise gestört worden ist. Für gewöhnlich pflege das