Gewerhlcbaftltchee.Der befriedigte JVKmfter und die erfreutenHrbeitcr.Drei Vorstandsmitglieder des Zentralverbandes deutscherEisenbahnhandwerker und-Arbeiter, Sitz Elberfeld, hatten umeine einstündige Audienz beim Eisenbahnminister gebeten, umeine Denkschrift über die Wünsche der Eisenbahnarbeiter zuüberreichen. Der Minister sprach seine Befriedigungüber die ruhige und sachliche Form, in welcher die Wünschevorgebracht wurden, aus. und sagte„wohlwollende Prüfung"zu. Die Mitglieder der Deputation ivaren über das— Eni-gegenkonunen des Ministers sehr erfreut.Bei der„wohlwollenden Prüfung" wird zwar für dieArbeiterschaft nicht viel herauskommen; aber das ist inPreußen etwas so Gewohntes, daß dadurch niemand ent-täuscht wird. Doch die erfreuten königstreuen Arbeiter werdennun nach Hause gehen und erzählen, wie entgegenkommendpreußische Minister sein können, wenn man möglichst wenigvon ihnen fordert. Der Minister aber lobt sich natürlichArbeiter, die demütig wünschen, statt aufrecht zu fordern.Solche Leute werden auch nicht rebellisch werden, wenn manüber alles Wohlwollen ihre Wünsche vergißt.— Nur fürchtenwir, bei dieser Bescheidenheit auf der einen und der Selbst-Zufriedenheit auf der anderen Seite wird die Arbeiterschaft zukurz kommen.Berlin und Umgegend«Die verunglückte Aussperrung im Steindruckgewerbe.Eine öffentliche Versammlung der Lithographen und Stein-drucker füllte am Freitagabend Freyers großen Saal in der Koppen-straße.„Der bisherige Verlauf der Aussperrbewegung" stand aufder Tagesordnung. Der Referent Alex Czech schilderte die Ent-Wickelung jener großen Aktion des Schutzverbandes für das Stein-druckgewerbe, die ja nun. wie der„Vorwärts" vorgestern bereitsausführlich berichtete, mit einem Tarifabschluß in München undmit der Zurückziehung der verhaßten„NormalarbeitSordnuilg", alsomit einer Niederlage für die Unternehmer geeirdet hat. Nur in-sofern hat die Gehilfenschaft einiges Entgegenkommen gezeigt, alsm den Geschäfteil, wo die vom Schutzverband geforderte Verteilungder infolge der Gewerbeordnungsnovelle an den Sonnabenden aus-fallenden Arbeitszeit auf die übrigen Wochentage schon durchgejührtist, es dabei bleiben soll. Es handelt sich hier um eine sehr geringeZahl von Betrieben, deren Personal so. töricht war, sich denWünschen der Unternehmer zu fügen und nun den Schaden davonhat. Es ist aber wohl vorauszusehen, daß die Ausnahmestellung,die diese Betriebe nun einnehmen, sich auf oie Dauer nicht aufrechterhalten läßt. Der Freisinnsmann Dr. Gerschel, der so selbst-bewußt erklärte, er werde auf dem Wege der Arbeitsordnung derGehilfenschaft seinen Willen diktieren, der, samt den übrigenScharfmachern, in München und anderen Orten jede friedliche Ber-einbarung mit der Arbeiterschaft zu hintertreiben suchte, mußteerkennen, daß seine Macht an der Einmütigkeit der gesamten Ar-beiterschaft des Swindruckgewerbes eine Grenze fand. Die Prinzi-pale im Reiche zeigten allzu wenig Neigung, dem Aussperrung--bcfehl dieser Herren Folge zu leisten und den Profit, den ihnen dieeben wieder aufsteigende Konjunktur bot, aufs Spiel zu setzen.Selbst in Leipzig, wo das Unternehmertum ziemlich scharfmacherischzu sein pflegt, hatten von den 17 Firmen, die am 11. Februar dieKündigung vornehmen sollten, nur 9 gekündigt, 3 nicht. Die Ar-beiterschaft war vorbereitet und gerüstet, den großen Kampf, der ihraufgezwungen werden sollte, auf der ganzen Linie aufzunehmen.Die Macht des Schutzverbandcs reichte aber nicht so weit, den Kampfzu führen, und die Prinzipale waren mit Recht froh darüber, ausdiese Weise ohne weiteren Schaden davonzukommen.Die Versammlung nahm nach kurzer Diskussion und nachdemverschiedene Redner vor allem betont hatten,, daß die Einmütigkeitder Arbeiterschaft, durch die der so sorgfältig vorbereitete Angriffdes Unternehmertums zurückgeschlagen wurde, auch in Zukunftdringend notwendig ist, und daß die Reihen der Organisation nochimmer mehr gekräftigt werden müssen, einstimmig folgende Resolu-tum an:„Die gutbesuchte Versammlung der Lithographen und Stein»drucker Berlins erklärt nach'Entgegennahme des Berichts überdie Ursachen und den Verlauf der verunglückten Aussperrungs-bewegung des Schutzverbandes ihr Einverständnis mit den vonder Verbandsleitung getroffenen Abmachungen. Die Versamm-lung drückt ihre Genugtuung aus, daß es durch die Macht derOrganisation gelungen ist, dem Schutzverband die ZuchthauSord«nung zerrissen vor die Füße zu werfen. Die Versammelten ver-sprechen, alles zu tun, was geeignet ist, dem Verbände auch denletzten Unorganisierten zuzuführen und den KampfsondS der Or-ganisation zu stärken, um den Schutzverband von seinem Aus-sperrungsfieber ein für allemal gründlich zu kurieren."Bewegung der Leitergerüstbauer.Die Leitergerüstbauer waren am Freitag im„EnglischenGarten" versammelt. Lambrecht gab namens der Sektions-leitung in kurzen Worten ein Bild von der derzeitigen Wirtschaft-lichen Lage der Leitergerüstbaubranche. Der Geschäftsgang istaugenblicklich noch sehr schwach, doch ist schon für die nächsten Tageein Umschwung zu erwarten. Gegenwärtig arbeiten nur etwa 199Gerüstbauer, doch wird die Anzahl der Beschäftigten bild sehrrapid steigen. In der Saison im Baugewerbe werden mehr als999 Gerüstbauer beschäftigt. Im Unternehmerlager ist eine be-deutsame Aenderung vor sich gegangen. Von den nahezu 59 Ge-rüstbauunternehmern, die die Branche hatte, haben sich die größtenvon ihnen, etwa 39 an der Zahl, am 15. Februar zu einer Aktien-gcsellschaft vereinfgt, die von vier Depots aus die bisherigenArbeiten erledigen will. Diese Konzentration stellt gegenüber denArbeitern eine Unternehmerkoalition dar, die festgefügter unddarum von größerer Bedeutung ist, als es der Zusammenschlußdieser Unternehmer zu einem Arbeitgeberverbande sein würde.Durch eine intensive Agitation sollen nun die noch indifferentenLeitergerüstbauer dem Transportarbeiterverbande zugeführtwerden und damit dem zusammengeschlossenen Unternehmertumeine starke Arbeiterorganisation gegenüber gestellt werden. InAnbetracht des Umstandes, daß seit Jahren die Löhne nicht mehraufgebessert worden sind, eine Erhöhung derselben aber infolge derstetig steigenden Tendenz der Preise für Lebensmittel und allersonstigen Bedarfsartikel unumgänglich notwendig ist, soll der nuneintretende gute Geschäftsgang von den Arbeitern dazu benutztwerden, eine Bessergestaltung ihrer wirtschaftlichen Lage herbei-zuführen. Die Versammelten wählten eine aus 1l Mitgliedernbestehende Kommission, die die erforderlichen Vorarbeiten für dieLohnbewegung machen und eine Tarifborlage ausarbeiten soll, die,nachdem sie von den Arbeitern gutgeheißen, den Unternehmernunterbreitet werden soll.veutkebes Reich.Drohende Aussperrungen im Tapezierergewerbe.In H a l l e a. S. kündigte der Schutzverband der Unternehmerden Arbeitern den bestehenden Tarif und versuchte, den Arbeiterneinen neuen dreijährigen Tarif aufzuzwingen, der im wesentlichennur die alten Lohnsätze enthielt. Als die Arbeiter sich weigerten,auf weitere drei Jahre diese alten Bedingungen anzuerkennen,erfolgte die Ankündigung der Aussperrung. Diese soll am Sonn-abend, den 19. Februar, erfolgen. Die Unternehmer werden beider guten Organisation der Arbeiter ihre Absicht wohl nicht er-reichen.In Hannover drohen die Unternehmer gleichfalls mit derAussperrung. Auch hier verlangten sie den Abschluß eines längerenTarifeS ohne wesentliche Zugeständnisse. Außerdem soll der seitBerantw. Redakt.: Richard Barth, Berlin. Inseratenteil verantw.:Fahren bestehende börzüglich arbeitende paritäkksche Arbeitsnäch-weis aufgehoben werden. Die Organisation der Arbeiter soll aus-drücklich den gänzlich leistungsunsähigen städtischen Nachweis alsArbeitsvermittelung für das Gewerbe anerkennen. Irgendwelcheweiteren Verhandlungen wurden brüsk zurückgewiesen und dieAussperrung angedroht. Am 15. Februar faßten Zwangsinnungund Schutzverband den Beschluß, von allen Gehilfen den Austrittaus dem Verbände zu verlangen. Durch eine Konventionalstrafevon je 59 M. für jeden beschäftigten organisierten Arbeiter sollenalle Arbeitgeber angehalten werden, nur solche Gehilfen zu bc-schäftigen, die unterschriftlich ihren Austritt aus dem Verbändeerklärt haben. In Hannover besteht eine der stärksten Filialen desTapeziererverbandes. In einer von sämtlichen Gehilfen besuchtenVersammlung nahmen diese Stellung zu der dreisten Zumutungder Unternehmer. Einstimmig erklärten sich die Gehilfen bereit,lieber eine längere Aussperrung auf sich zu nehmen, als aus demVerbände auszutreten. Da in Hannover keine Ersatzkräfte aufzii-treiben sein werden, werden die Unternehmer versuchen, Arbeits-willige von auswärts heranzuziehen.Nach Halle und Hannover ist der Zuzug daher streng-stens fernzuhalten.In Dresden schlössen die Tapezierer einen für die Arbeitersehr vorteilhaften Tarif aus drei Jahre ab. Die Arbeitszeit wirdvon 54 auf 53 Stunden verkürzt. Der Mindestlohn steigt von 47auf 52 Pf. Außerdem sollen am 1. April alle Gehilfen eine Lohn-zulage von mindestens 3 Pf. erhalten.Zu de« Differenzen im Düsseldorfer Dachdeckergewerbe.Eine von 129 Dachdeckergehilfen besuchte Versammlung be-schloß, falls die Innung auf der von uns dieser Tage mitgeteiltenLohnherabsetzung von 5 Pf. pro Stunde bestehen sollte, am 1. Märzoie Arbeit niederzulegen._In der sächsischen Kachelofenmctropole Meißen sind am 19. Fe-bruar die Hilfsarbeiter der Ofenfabriken in den Streik ein-getreten. Die vereinigten Fabrikanten lehnten es ab, auf diebescheidenen Forderungen der Arbeiter einzugehen, so daß diesennur die Arbeitsniederlegung übrig blieb. Durch den Streik derHilfsarbeiter werden auch die Töpfer der Osenfabriken in Mit-Leidenschaft gezogen. Diese hatten gleichfalls zu ihrem Tarif-ablauf am 15. Februar neue Forderungen formuliert und habenhier die Unternehmer ein ziemliches Entgegenkommen gezeigt.allerdings haben die Töpfer zu dem Zugeständnisse der Unternehmernicht endgültig Stellung genommen, jedoch dürften sie. da dieHilfsarbeiter nunmehr den Streik proklamiert haben, in einigenTagen mindestens der Arbeitslosigkeit anheimfallen. Zuzug vonArbeitern aller Art nach Meißen streng fernzuhalten.Ein abgeblitzter Renegat.Der stellvertretende Redakteur der„Buchbinder-Zeitung", Ge-nosse Heise, hatte sich vor dem Schöffengericht Nürnberg zuverantworten, weil er einen Mittelstandshäuptling beleidigt habensollte. Dieser, der Buchbindermeister G. Schmidt, spielte infrüheren Jahren in der Partei eine Rolle. Damals legte er eineso radikale Gesinnung an den Tag, daß er in der ganzen Parteinur mit dem Namen„Anarchisten-Schmidt" genannt wurde.Später wurde er selbständig und sattelte in seinen Anschauungenum; er absolvierte mehrere bürgerliche Parteien, so daß er jetzteiner der reaktionärsten Mittelstandsschreier ist. Die„Buch-binder-Zeitung" hatte sich im Herbst mit dem Betriebe diesesHerrn zu befassen und übte an den dort herrschenden Verhältnissenscharfe Kritik; dabei verwies sie auch auf seine revolutionäre Ver-gangenheit und erinnerte an seinen Spitznamen„Anarchisten-Schmidt". Beides ärgerte ihn derart, daß er den Redakteur ver-klagte. Heute wird er wohl wünschen, daß er es nicht getanhätte, denn die Verhandlung endete für ihn mit einer scheußlichenBlamage. Durch zahlreiche Zeugen wurde erwiesen, daß ermiserable Löhne zahlt, die Leute schlecht behandelt, nur Minder-jährige beschäftigt— eine Minderjährige ist„Vorarbeiterin" undbezieht einen Wochenlohn von 12,59 M.—, den Arbeitern dasKoalitionsrecht nehmen will, daß in dem Betriebe die ungeheuer-lichsten sanitären Mißstände existieren usw. Die Lehrlinge lernenbei ihm nichts, bekommen aber dafür um so mehr Prügel.Schmidt ist wegen Körperverletzung vorbestraft, weil er eineseiner Arbeiterinnen schwer mißhandelte. Das Gericht erklärteden Wahrheitsbeweis für vollkommen erbracht und sprach den be-klagten Redakteur wegen all dieser Angriffe frei, dagegen er-konnte es in einer ganz formalen Nebensächlichkeit auf 29 M.Geldstrafe wegen Beleidigung. Die„Buchbinder-Zeitung" hattenämlich behauptet, daß auch die Frau Schmidts wegen der obenerwähnten Mißhandlung einer Arbeiterin verurteilt worden sei;daS war zwar in der ersten Instanz geschehen, aber in der Be-rufungsinstanz wurde sie damals freigesprochen. Die Mittel-standsstütze muß die Hälfte der Prozetzkosten zahlen.Die Buchbinder und Kartonnagenarbeiter in Plauen t. B.stehen aus einigen Betrieben schon seit acht Tagen im Ausstand;am Montag werden weitere 189 bis 299 Arbeiter und Arbeiterinnenfolgen. Wie berichtet wird, ist Zuzug von Buchbindern und Kar»tonnagenarbeitern nach dort nicht zu verzeichnen, wohl aber kommenviel Arbeiter anderer Berufe und ungelernte Arbeiter zugereist,die zu Streikbrecherdiensten bereit sind. Den Streikenden wirdden Kamps dadurch erschwert, deshalb Zuzug jedwederArbeiter nach Plauen strengstens ferngehaltenwerden muß._Zu de« Abmachungen im Steindrnckgewerbenahm am Freitag eine von etwa 1599 Personen besuchte Ver-sammlung der graphischen Arbeiter in Nürnberg Stellung. DenAbmachungen wurde fast einstimmig zugestimmt und ferner er-klärt, daß der weitere Differenzpunkt, das Nachholen jener StundeArbeitszeitverkürzung am Sonnabend, nicht Grund genug sei.einen großen Kamps über ganz Deutschland aufzunehmen. Diegraphischen Arbeiter in Fürth werden wahrscheinlich Sonnabendebenfalls ihre Zustimmung geben.Damit ist der Friedensschluß bezw. der Waffenstillstand imgraphischen Gewerbe für ganz Deutschland gesichert.Biisland.Eine zweite Generalstreikdebattefand am Mittwoch in der zweiten Kammer des schwedischen Reichs-tags statt. Auf der Tagesordnung stand die Amtstätigkeit desJustizsachverwalters, jenes Neichsbeamten, der als eine Art Volks-anwalt darüber zu wachen hat, daß die Behörden die Gesetze undVerordnungen des Landes achten und sich keine Uebergriffe gegendie Rechte des Volkes zuschulden kommen lassen. Der Gesetzes-ausschuß des Reichstages hatte die Amtstätigkeit, wie sie dieserBeamte im verflossenen Jahre und in der schweren Zeit der Massen-aussperrungen und des Massenstreis ausübte, geprüft und sie fürgut befunden. Auch das sozialdemokratische AusschußmitgliedLindhagen erkannte im allgemeinen an, daß der Justizsach-Verwalter pflichtgemäß seines Amtes gewaltet hat. Er Hai auchtatsächlich in den meisten Fällen,!oo ihm irgendwie schwerere lieber-griffe der Behörden bekannt wurden, Anklage gegen die schuldigenBeamten erhoben, erreichte damit allerdings meist nur, daß Geld-strafen von höchstens 25 Kronen verhängt wurden; in vielen Fällenerklärten die Gerichte aber auch, daß das Amtsvergehen nicht soschwer sei, um Strafe nach sich zu ziehen. In einem Falle hat derJustizsachverwalter überhaupt die Erhebung einer Anklage abge-lehnt, und zwar als die Polizei in Norrköping in daS Volkshaus,das Privateigentum der Arbeiterschaft ist, eindrang und die dortausgehängten Streikbrecherlisten herunterriß. Aus diesem Grundebeantragte unser Parteigenosse, der Gesetzesansschuß möge erklären,daß gegen den Polizeimeister von Norrköping Anklage hätte er-hoben werden müssen, blieb jedoch mit dieser Auffassung im Aus-schuß allein.'rtz. Glocke, Berlin. Druck U.Verlag: Vorwärts Buchdr. u. VerlaglanftaltMe Kammer halte nun LarüSee z» entscheiden, ob sie dieseAnmerkung zur Amtstätigkeit des Justizsachverwalters billigte.Es handelte sich aber nicht allein um den einen Fall, sondern umdas parteiische Vorgehen der Polizeibehörden gegen streikende Ar-bciter überhaupt und um das Verhalten der Regierung, die durchihren Erlaß zur Zeit des Massenstreiks geradezu zu solchen� Gesetz-Widrigkeiten ermunterte.„Der Kernpunkt der Sache ist", sagteL i n d h a g e n,„daß die Behörden in den sozialen Kämpfen immeröfter als kampflüsterne Helfer der einen Partei, der Arbeitgeber,auftreten."Merkwürdig war das Verhalten des liberalen ehemaligenStaatsminifters S t a a f f in der Debatte. Er fühlte sich veranlaßt.seine Verwunderung darüber auszusprechen, daß von sozialdemo-kratischer. und nicht von konservativer Seite Kritik an der Tätigkeitdes Justizsachverwalters geübt wurde. Die konservative Pressehabe doch diesen Beamten sehr scharf angegriffen, eben weil er sounparteiisch das Recht zur Geltung zu bringen suchte. Das solltendie Sozialdemokraten anerkennen und sich vor„anarchisiercndenTendenzen" in ihrer Partei hüten.— Gegen die Uebergriffe derPolizeibehörden sagte dieser liberale Führer nichts, erwähnte siegar nicht.— Genosse B r a n t i n g erklärte demgegenüber, daß sichin der liberalen Partei gefährliche konservative Tendenzen bemerk-bar machten, und kritisierte es scharf, daß ihre Wortführer in einerFrage, die einen bedenklichen Eingriff in die bürgerliche Freiheitberührt, es den Sozialdemokraten allein überlasten, für das Rechteinzutreten.— Auch andere sozialdemokratische Abgeordnete gingennoch scharf mit dem liberalen Führer ins Gericht und betontenmit Recht, daß es noch nie in einem Lande, trotz aller Provoka-tionen, ein Generalstreik mit solcher Ruhe geführt Worden ist. wieder schwedische im vergangenen Jahre.Die Debatte schloß damit, daß LindhagenS Anmerkungmit 132 gegen 44 Stimmen abgelehnt wurde. Außer den Sozial-demokraten hatten sich nur 9 Abgeordnete bereit gefunden, in diese»Form für die Wahrung der staatsbürgerlichen Freiheit einzutreten.Gewerkschaftliche Organisation der Lehrer—in Amerika.Die Vereinigung der Lehrer des Staates Colorado beschloß mitgroßer Majorität auf ihrem soeben beendeten Kongresse in Denver,sich der gewerkschaftlichen Landeszentrale, der American Federationof Labor, anzuschließen. Es wurde besonders betont, daß die Lehrerkeinerlei Anlaß hätten, sich durch Vorurteile oder sonstige anderekünstliche Scheidewände von der Arbeiterbewegung fernzuhalten,zumal ihnen kein anderer Weg bliebe, auch selbst zu angemessenenVerhältnissen zu kommen. Die Organisation zählt 7999 Mit-gliedex._Versammlungen.Die Zahlstelle Berlin des Kürschnerverbandes hielt am Mitt-woch im Alten Schützenhaus eine zahlreich besuchte Mitgliederver-sammlung ab. Der erste Punkt der Tagesordnung war ein Vor-trag des Genossen Koblenzer über:„Die neue Reichsversiche-rungsordnung". Die sachverständige und gründliche Kritik, die derRedner an dem bekannten Entwurf übte, der jetzt dem Bundesratvorliegt, fand allgemeinen Beifall. Die Versammlung beschäftigtesich dann mit Streitigkeiten, die bei der Firma M. Gärtner vor»gekommen sind, und sprach ihr Bedauern über das Verhalten derGehilfen gegenüber den Arbeiterinnen aus. Ferner nahm dieVersammlung dagegen Stellung, daß bei einer anderen Firma,S. Gärtner, wo im allgemeinen die ö�bstündige Arbeitszeitbesteht, ein Teil der Beschäftigten 9 Stunden arbeiten muß. Dahierbei der Hutmacherverband mit in Frage kommt, hat sich derOrtsvorstand der Kürschner bereits mit dem der Hutmacher inVerbindung gesetzt, und es soll nun von beiden Seiten dahin ge-strebt werden, die kürzere Arbeitszeit allgemein zu machen.Hierzu wurde folgende Resolution angenommen:„Die Versammlung ersucht die S. Gärtnerschen Kollegenund Kolleginnen, dafür zu sorgen, daß sämtliche mit der Fabri-kation von Mützen und Stoffhüten beschäftigten Personen dieübliche, im Betriebe festgesetzte Arbeitszeit von 8� Stunden.außer Sonnabends, zu arbeiten haben. Die Organisation derKürschner verpflichtet sich, dafür Sorge zu tragen, daß bei even,tuellen Differenzen keine Unorganisierten eingestellt werden."Schließlich gab der Vorsitzende Fritze bekannt, daß der Ver-ein der selbständigen Kürschner der Pelz- und Mützenbranche, alsodie Zwischenmeistcr, einen Beschluß gefaßt hat, durch den gewisser-maßen eine gemeinsame Organisationsarbeit aller Arbeitnehmer,also sowohl der Arbeiter und Arbeiterinnen, wie der Zwischen«meister, für notwendig erklärt wird, und verlas ein Schreiben jene?Vereins, in dem die Ortsverwaltung des 5iürschnerverbandes zueiner Beratung über diese Frage eingeladen wird. Die Versamm-lung erklärte sich damit einverstanden, daß die Vertreter der Orts-Verwaltung sowie der Redakteur des„Kürschner", Albert Regge,der ja als langjähriger Leiter der Berliner Kürschnerbewegungdie Verhältnisse besonders gut kennt, zu der Sitzung gehen, umzu hören, wie die Zwischenmeister sich die Sache denken. ES solldann einer nächsten Versammlung darüber Bericht gegeben werden.Letzte JNacbrichtcn und Depefcben.Dir„fürsorgliche" Polizei.Bochum, 19. Februar.(Privatdepesche deS„Vorwärts".) AuSdem Umstände, daß der Sozialdemokratische Vereinfür den Wahlkreis Bochum 42 Mitgliederversammlungenauf den 20. Februar anberaumt hatte, in denen eine Agitationfür die Presse veranstaltet werden sollte, glaubte der Polizei-Präsident von Gelsenkirchen eine unter der Hand vorbereitete groheWahlrechtsaktion mit nachfolgenden Demonstrationen erblicken zumüssen. Er ließ das Vorstandsmitglied Arbeitersekretär GenossenM e i S zu sich bitten und eröffnete ihm, daß die Polizei Kundedavon erhalten, daß an diesen und jenen Stellen der Stadt diesozialdemokratische Partei und die Gewerkschaften plötzlich„Zu-sammenrottongen und Kundgebungen" planten. Die Polizei habedurch ihr Verhalten am vorigen Sonntag gezeigt, daß mit ihr imRahmen des Gesetzes zu reden sei, außergewöhnliche Umzüge undVersammlungen würden mit allen ihr zu Gebote stehenden Mittelnaufs äußerste verhindert werden. Die Menschenleben, die beisolchen Anlässen möglicherweise gefährdet würden, würden aufsSchuldkonto der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften zu setzensein. Der Genosse Meis konnte dem Polizeipräsidenten eine be-ruhigende Erklärung abgeben.Bergmannslos.Zabrze, 19. Februar.(B. H.) Auf der Hedwigwunsch-Grube brach ein Kohlenverbau ein. wodurch mehrere Berg-leute verletzt und einer getötet wurden.Ein dreister Neberfall.Charkow(Rußland), 19. Februar.(W. T. B.) Nahe derStation Nubeshnaja übersielen fünfzehn junge Leute, die unterden Passagieren Platz genommen hatten, einen in der Dienst-abteilung reisenden Kassierer, töteten ihn, indem sie drei Bombengegen ihn schleuderten, bremsten den Zug und entkamen mit demgeraubten Gelde.Eine Verschwörung.New Jork, 19. Februar.(W. T. B.) Wie aus Caracas ge-meldet wird, hat man daselbst eine neue gegen die Regierung ge-richtete Verschwörung entdeckt, sie im Interesse des früherenPräsidenten Castro angezettelt worden ist. Viele hervorragende Per»sönlichkeiten sind verhaftet worden._Paul Singer& Co., Berlins W. Hierzu e Beilage».