Einzelbild herunterladen
 

Es läßlich können. Bebel und die Internationale. gereicht mir zu großer Freude, an der Ehrung Bebels an- seines 70. Geburtstages imVorwärts" teilnehmen zu Das Beispiel der schönen moralischen Einheit seines ganz in frischfröhlichem, selbstlosem Kampf aufgegangenen Lebens ist ein gemeinsamer Schatz für die Internationale. Die französische Demo- kratie bewahrt eine besonders tiefgefühlte Erinnerung an den Mut, womit er vor 40 Jahren versucht hat, sich einem beklagens- werten Krieg zu widersetzen. Sie erinnert sich auch, daß er, den Verleumdungen und Gefahren trotzend, die Festsetzung von Friedensbedingungen gefordert hat, die die rasche und vollständige Wiederversöhnung der zwei großen Völker ermöglichen sollten. Das französische und das deutsche Proletariat werden diese Versöhnung zu sichern wissen, und die Erinnerung an die hoch- sinnigen Bemühungen Bebels und seiner Genossen wird sicher dazu beitragen. Was wir alle an Bebel lieben und was meiner Ueberzeugung nach eine große Macht für die ganze Internationale darstellt, ist die vollkommene Vereinigung, die eine immer lebendige, immer junge revolutionäre Begeisterung, ein unermatteter Glauben an den voll- ständigen Sieg der Idee und ein sehr freier, sehr lebhafter Sinn für die politischen und sozialen Realitäten, die in jedem Augenblick die Aktion der Partei bestimmen, in ihm gefunden haben. Als ich ihm zum ersten Male begnete es war auf dem Lon- doncr internationalen Kongreß von 189S bewunderte ich in diesem Mann, der schon eine lange Erfahrung der Schwierigkeiten des Kampfes, der zähen Widerstände der Wirklichkeit besaß, die schöne Flamme des Optimismus, die immer wache Hoffnung, aber auch das sehr klare Bestreben, jeden Tag das zu erobern, was er- obert werden konnte. Ich erinnere mich noch, mit welcher Leiden- schaft er den englischen Trade-Unions zuredete, in die politische Aktion einzutreten und sich in wachsendem Maß des allgemeinen Wahlrechts zu bedienen, und mit welcher Weisheit und Beharrlichkeit er andererseits den englischen Sozialisten empfahl, sich nicht von der Arbeiterklasse zu isolieren, vielmehr sich mit ihr durch ein Programm positiver Aktion, das dem präzisen, sachlichen Sinne des englischen Proletariats ent­spräche, zu vereinigen. Die Bildung einer immer mehr von sozia- listischem Geist durchdrungenen Labour-Party bezeugt, wie richtig er gesehen hat. Als die Internationale von den inneren Streitigkeiten des französischen Sozialismus ergriffen wurde, als wir nach der Krise, die der Eintritt Millerands ins Ministerium hervorgerufen hatte, von den Genossen aller Länder eine Beratung forderten, und als einige Zeit später die Teilnahme einiger von uns an dem, was man die Blockpolitik nannte, in Amsterdam diskutiert wurde, intervenierte Bebel mit Leidenschaft, ja mit Heftigkeit, um seinen Gesichtspunkt zu der- treten. Aber er trug deutlich Sorge, kein Gift in den Wunden zu lassen und nach den Debatten die Einigung der französischen Sozia- listen möglich zu machen. So kommt es, daß ich persönlich keine Bitterkeit von dieser Auseinandersetzung und der Beschlußfassung, die sie beendete, zurückbehalten habe. Ueberhanpt gibt es in den großen Debatten der Internationale, wofern in den Geistern keine Galle vorhanden ist, weder Sieger noch Besiegte. Unbewußt wirken sogar die Gegner auf- einander ein. Wir haben nützliche Warnungen empfangen, wir sind erinnert worden, vor den möglichen Ilebertreibungen unserer Methode auf der Hut zu sein. Vielleicht haben wir aber auch die Aufmerk- samkeit unserer Widersacher auf die Schwierigkeiten des zu lösenden politischen Problems und auf den Wert der vollbrachten Be- mühungen gelenkt. Das Wachstum der Demokratie und des Sozia- lismus in allen Ländern kann auch andere als uns vor Schwierig- leiten gleicher Art stellen. Die Debatte von Amsterdam selbst hat bewiesen, daß diese Probleme ohne Gereiztheit behandelt werden können. Und Bebel, der selbst in seiner Offensive noch den Geist sozialistischer Herzlichkeit bewahrte und alles ver- mied, was die Beweggründe seiner Gegenredner hätte erniedrigen können, hat dazu beigetragen, diese großen internationalen Aus- einandersetzungen möglich und fruchtbringend zu machen. Und welch' prächtige Spannkraft! welch' bewunderungswürdiges Beispiel von Seelcnstärke! Vielleicht der bedeutendste Dienst, den er der sozialistischen Demokratie Deutschlands und aller Länder erwiesen hat, ist, daß er angesichts des scheinbar siegreichen Ansturms des Hottentottenblockes nicht eine Minute des Zweifels erlebt, daß er mitten im Andrang der Depeschen, die den Verlust einer großen Zahl sozialistischer Mandate meldeten, den oberflächlichen, frag» würdigen Charakter des feindlichen Erfolges verkündet hat, und daß er bald darauf, auf dem Parteitag zu Essen, in einer Rede, die meiner Ansicht nach zu den treffendsten und zu den jugendlichsten gehört, die er gehalten hat, die Schwächen dieses nunmehr zer­brochenen konservativ-liberalen Blocks analysierte. Immer mehr gibt sich in der Internationale die Solidarität der Erfolge und der Rückschläge kund. Durch die klarsichtige Festigkeit, womit er von der ersten Stunde an zeigte und bewies, wie eitel das Triumphgeschrei des Gegners war, hat er die europäische Reaktion gehindert, die politische Krise Deutschlands gegen den Sozialismus auszubeuten. Es ist das Vorrecht der hohen und reinen Geister, die sich einer großen Idee ganz hingegeben haben, niedrige Paniken ebenso wenig zu kennen wie das Faulbett des SiegeStaumels. Aus dem ganzen Leben und Schaffen Bebels löst sich für die Internationale die Lehre eines kraftvollen, mutigen und klugen Idealismus los. Kar manches Mal ist er da? lebendige Band, der Mittelpunkt der Sympathie gewesen, der mitten in den leidenschaftlichen Ausein- andersetznngcn die gemeinsame Aktion verschiedenartiger Kräfte aufrechterhielt. Mit meinen französischen Genossen wünsche ich auf das herz- lichste, daß die Krise seiner Gesundheit, die ihn seit Monaten von der Kampfesfront ferngehalten hat, bald ein Ende nehme und daß die körperlichen Kräfte seinen immer frischen Geist und seinen allezeit jungen Willen nicht preisgeben. Ich sehe voraus, daß in den kommenden Tagen die Internationale seiner moralischen Autorität, seiner Erfahrung, seines Rates bedürfen wird. In jedem Fall, selbst in der unentrinnbaren Melancholie der Abendstunden, deren wachsender Schatten langsam nach uns allen greift, darf er sich das Zeugnis ausstellen, daß er für den ganzen Sozialismus eine große, wohltätige Lichtquelle ist, eine Leben und Bewegung schaffende Kraft ohne Wanken und ohne Kleinheit. ___ Jean Jaurös. Zwei Briefe. Die beiden Briefe, die hier veröffentlicht werden, sprechen für sich selbst und bedürfen keines längeren Konimentars. Der Brief von Friedrich Engels zeigt die große Wert- schätzung und Liebe, die die Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus für ihren großen Schüler gehabt haben. Bebel war im August 1882 auf einer Geschäftsreise an einem schweren Magenkatarrh erkrankt. Da er seit Juni 1881 aus Leipzig und Umgegend ausgewiesen worden war, bedurfte er einer behördlichen Erlaubnis, hin sich zur Pflege zu seiner noch in Leipzig wohnenden Familie begeben zu können. Nach der Heilung zog Bebel nach Borsdorf , wo er mit Liebknecht im gleichen Hause wohnte. Plötzlich verbreitete sich im Aus- land das Gerücht, daß Bebel gestorben sei. Während Bebel in Gemütsruhe die große Reihe der Nekrologe genießen konnte, waren Marx und Engels über die Nachricht nicht wenig er- schrocken. Bebels Brief ist unmittelbar nach der einzigen kurzen Pause in seiner parlamentarischen Tätigkeit geschrieben. Trotz 37 Kandidaturen war Bebel bei den allgemeinen Reichstags- Wahlen im Oktober 1881 durchgefallen. Zwar war. Bebel in Wirklichkeit im 4. Berliner Wahlkreis mit kleiner Mehrheit gewählt worden, allein man hatte bei der Stimmenzählung so viele Stimmen als ungültig erklärt, daß aus der kleinen Mehrheit eine Minderheit von 51 Stimmen wurde. Als dann auf den Protest hin die Wahlkommission zur Ueber- zeugung kam, daß viele Stimmen zu Unrecht abgezogen waren und die Wahl für gültig hätte erklärt werden müssen, da waren an dem Tage, an dem die Entscheidung fallen sollte, sämtliche Wahlakten des 4. Berliner Wahlkreises gestohlen. So blieb der freisinnige Kandidat Dr. Albert Träger Ver- treter des 4. Berliner Wahlkreises. Seit jenem Vorgang wurden alle Akten von Wahlen, die protestiert waren, hinter Schloß und Riegel verwahrt. Im Sommer 1883 fand dann eine Nachwahl in Hamburg statt, in der Bebel gewählt wurde. London , 23. September 1882. Lieber Bebel! Wir haben Deinetwegen einen schönen Schrecken ausgestanden. Gestern vor acht Tagen, Freitag, den 16. d., kamen abends 10 Uhr zwei Leute vom Verein zu mir: ob es wahr sei, was imCitoyen" in zwei Nummern mit Nekrolog gestanden, daß Du gestorben seiest. Ich erklärte es für höchst unwahrscheinlich, konnte aber nichts Bestimmtes sagen. Da ich einen langweiligen Menschen bei mir sitzen hatte, der nicht gehen wollte, obwohl ich kein Wort mehr sprach, konnte ich erst nach 11 zu Tussy Marx laufen, fand sie noch auf. Sie hatte dieBataille" ebenfalls mit Nekrolog ohne alle Ouellenangaben für die Nachricht, die aber für zweifellos galt. Also allgemeine Bestürzung. Das größte Unglück, das der deutschen Partei passieren könnte, wenigstens sehr wahrscheinlich. Daß eng- lische Blätter nichts gebracht in dem Egypter-Jubel war nur zu be- greiflich. Nun konimt auch Sonnabendabend meinSozialdemokrat" nicht an, was wohl passiert; glücklicherweise finde ich am Sonntag- morgen, daß Tussy den ihren erhalten hat, dessen Inhalt die Nach- richt höchst unwahrscheinlich macht. Deutsche Blätter in Cafes nachzusehen, war von vornherein aussichtslos, da sie tag- täglich erneuert werden, und so blieben wir in quälendster Ungewiß- heit, bis endlich Montagabend dieJustice" ankam mit offizieller Ableugnung. Marx ging? gerade so. Er war in Vevey am Genfer See und las die Geschichten im reaktionärenJournal de Genöve", das sie natürlich als zweifellos erzählte. Er schrieb mir noch denselben Tag in höchster Bestürzung. Der Brief kam gerade denselben Montag» abend an und ich konnte ihm noch mit der Frühpost die frohe. Nach- richt bringen, daß alles erlogen. Nein, alter Bursche, so jung darfst Du uns nicht abkratzen. Du bist 20 Jahre jünger als ich und nachdem wir noch manchen, lustigen Kampf zusammen gekämpft, bist Du verpflichtet, im Feuer zu bleiben, auch wenn ich meine letzte Grimasse geschnitten. Und da die Totgesagten am längsten leben sollen, so bist Du, wie Marx, wohl jetzt zu. einem recht langen Leben verdonnert. Hast Du meinen letzten Brief vor etwa zwei bis drei Monaten erhalten, den, worin ich antwortete wegen der zahmen Elemente in der Partei? Du wirst inzwischen gesehen haben, daß Deinem Wunsche wegen meiner offenen Mitarbeit amSozialdemokrat" mehrfach entsprochen wurde. Auch habe ich gestern die ersten beiden der drei Dühring-Kapitel, die nach Art der französischen Ausgabe deutsch erscheinen sollen, stark revidiert und popularisiert an Bernstein geschickt. Der Rest ist fertig, bleibt aber noch hier, solange das den Druck nicht stört, damit ich diesen schwierigsten Teil noch einmal gründlich durchsehen kann. Als Entgegnung folgt eine lange An- merkung über das alte deutsche Gemeineigentum am Boden. Wenn Du ins Loch gehst, würde ich Dir raten, Dir auS irgend einer Bibliothek zu verschaffen: G. L. von Maurer, Einleitung in die Geschichte der Marken-, Hof-, Dorf- und Städteverfassung in Deutschland , und derselbe: Geschichte der Markenverfassung in Deutschland. ES ist sehr nötig, daß Jemand in Deutschland , der imstande ist, diese Sache unbefangen und ohnegebildete" mitgebrachte Vor- urteile zu lesen, über diesen Punkt sich einigermaßen unterrichtet. Die obigen sind die Hauptschriften und ihre Kenntnis IvLrde Dir auch in allen Debatten über Grundeigentum und Agrarfrage eine höchst solide Unterlage geben. Nach einigen Artikeln, die er imSozialdemokrat" geschrieben (über eine etwaige Abschaffung deS Sozialistengesetzes), scheint Wollmar sich sehr herausgemacht zu haben. Es sollte mich freuen, wenn dies sich auch sonst bestätigte. Wir können tüchtige Leute ver- dämmt gut brauchen. Marx erholt sich langsam von den Folgen seiner dreier Brust- fellentzündnngeN. Gegen einen alteingewurzelten, sehr störenden, schlafhindernden Bronchialhusten hat er in Argenteuil die Schwefel- quellen von Enghien gebraucht, aber bei dem schlechten Wetter auS Rücksicht auf feinen allgemeinen Zustand nicht den kompletten Erfolg gehabt, der sonst fast sicher war. Nachher ging er auf drei Wochen mit Frau Lafargue nach Vevey , wollte vorgestern von da fort, zuerst nach Genf , dann nach Paris , und wenn das Wetter passabel, im Oktober auf einige Wochen hierher. Ten Winter soll er keinesfalls in London zubringen, ob aber im Süden Englands oder anderswo, werden die Aerzte entscheiden müssen. Ich sehe aber seinem Brief an, daß die Besserung, wenn auch durch den schlechten Sommer zurückgehalten, doch regelmäßig vor sich geht. Wo seid Ihr Leute denn jetzt eigentlich? Ihr scheint gerade so lehr wie Marx durch seine Krankheit durch denKleinen" in lauter fliegende Holländer verwandelt zu sein. Grüße Liebknecht bestens, wenn Du ihn siehst. Die ganze ägyptische Geschichte war die Rache der Juden lRolschild, Erlanger usw.) für die alte Austreibung aus Aegypten unter Pharao . Dein Friedrich Engels . A o r s d o r f- Leipzig , den 16. Juli 1883. Lieber Engels ! Unmittelbar nach Empfang Deines letzten Briefes vom 10. Mai mußte ich auf die Geschäftsreise und bin vor drei'Tagen erst zurückgekehrt. Mittlerweile ist Dein Wunsch, mich in Hamburg gewählt zu sehen, in Erfüllung gegangen und, was speziell für mich recht angenehm war, die Wahl hat mich keinen Tropfen Schweiß ge- kostet. Da alle Versammlungen verboten waren, war meine persön­liche Anwesenheit überflüssig, und als ich schließlich nach erfolgier Wahl nach Hamburg sollte und wollte, traf mich der Brief zu spät, so daß die Reise für später vorbehalten bleibt. Die Hamburger Wahl ist wieder einmal ein msmeirto mori für die herrschenden Klassen. Denn was auch immer für Stimmungen bei einem Teile der Wähler obwalten mochten, das steht fest, daß der politischen Opposition aller rechts von uns stehenden Elemente durch die Wahl eines Fortschrittsmannes Genugtuung geleistet war. Es waren so schwerwiegende soziale Interessen im Spiel, deren Träger in letzter Instanz lieber einen von uns, als einen oppositionellen Liberalen wählten. Bismarck scheint an den Hamburgern Rache nehmen zu wollen, indem er sie bei Abschluß des spanischen Handels- Vertrages alsFreunde" behandelte, insofern nach Spanien ein- geführter Sprit, der des deutschen Ursprungszeugnisses entbehrt, nicht die Vorteile des Vertrages genießt, wodurch die Masse russischen Sprits, der in Hamburg rektifiziert wird, ausgeschlossen ist. Das wird in Hamburg neuen Zorn erwecken und andererseits sorgt Bismarck für sich und seine Junker in der bekannten gemeinen egoistischen Weise. Auch den Bremern scheint er durch Kündigung des Eisenbahnvertrages, wodurch der bremische Staat eine jährliche Einbuße von 6800000 M. erleidet, das selbständige Leben unmöglich machen zu wollen. Haben wir bei der nächsten Wahl für Bremen einen ordentlichen Kandidaten, dann ist es sehr leicht möglich, daß wir auch dort siegen. Auch die ganze sonstige Geschäftslage nimmt mehr und mehr einen Charakter an, der die Stimmung bis zu den nächstjährigen allgemeinen Wahlen sehr für uns verbessern wird. In der Eisen- brauche nimmt die Arbeitslosigkeit und Verdienstlosigkeit in fast allen Branchen zu und greift auch auf andere Gebiete über. Mit Aus- nähme sehr weniger Städte liegt die Bautätigkeit, die jetzt einen sehr wesentlichen Faktor in unserem Erwerbsleben spielt, fast ganz danieder. Aber die Leute arbeiten infolge starker Konkurrenz zu solchen Preisen, daß sie zurück statt vorwärts kommen. Nur in der Möbelbranche, einigen Maschinenbranchen und der Textilindustrie geht es bis zu diesem Augenblick leidlich flott und begünstigt eine Anzahl Streilunternehmungen, welche die Arbeiter in Szene gesetzt haben. In bezug auf letztere freut mich der selbständige klare Geist, der überall die. Leute beseelt und sie mit Geschick vorgehen läßt, lieber- Haupt finde ich, daß das Klassenbewußtsein der Arbeiter in den letzten Jahren trotz des Sozialistengesetzes mächtig getvachseu ist. Andererseits wagt die liberale Presse nur ganz ausnahmsweise die Arbeiter wegen ihrer Forderungen anzugreifen. Tie Presse fühlt, was für ein mächtiger Faktor die sozialdemokratische Beweguk�z ge- worden ist.' Sehr freut mich, aus der letzten Nummer desSozialdemokrat� zu ersehen, daß endlich auch in England der Sozialismus anfängt, Boden zu fassen. Wir dürfen wohl hoffen, daß diese Entwickelung um so raschere Fortschritte macht, da sie einen gut vorbereiteten Boden findet. DaS Manifest rührt wohl mit auS Deiner Feder? Marschieren die Engländer erst mit, so wird die Bewegung unWider- siehlich. Als ich kürzlich in Stuttgart war, hielt ich dort in vollgefülltem Lokal einen kurzen Vortrag über die jetzige Situation. Die Stimmung der Leute war ausgezeichnet,' was sie beinahe überall ist. Ich habe überall auf meiner Tour in Orten größere Kreise von Parteigenossen getroffen, wo früher niemand war. Mehr als alles andere helfen die Zeitverhältnisse arbeiten. Gestern wurde mir eine sehr angenehme Ueberraschung zuteil. Einige Leipziger Parteifreunde brachten mir ein nahezu lebensgroßes Bild von Marx Kreidezeichnung in prächtigem Rahmen, das ausgezeichnet geraten ist. Auch Liebknecht findet das Bild schöner als jenes, das dieNeue Welt" brachte. Das Bild prangt jetzt über meinem Schreibtisch hier in Borsdorf . Von den Photographien, die Du an Dietz gesandt, habe ich auch zwei erhalten, eine große und eine kleine. Dietz sagt, Du fändest diese Aufnahme von Marx be- sonders gut. Ich kann Dir darin nicht beistimmen. Die Positur ist zu herausfordernd, wie sie Marx wohl kaum eigentümlich war. Wenigstens war mein persönlicher Eindruck von ihm ein ganz anderer. Eine merkwürdige Entscheidung hat die sogenannte Reichs- kommission in bezug auf Vierecks unterdrückteSüddeutsche Post" gegeben. Die Unterdrückung ist aufgehoben. Es scheint, daß selbst die Herren da oben sich nicht ganz dem entziehen können, manchmal zu weit gegangen zu sein. In bezug auf die Verlängerung des Sozialistengesetzes soll die Absicht bestehen, die Verlängerung nur auf zwei Jahre zu verlangen, offenbar mit Rücksicht auf den mittlerweile erfolgten Tod des Alten, um seinen Nachfolgern freie Hand zu geben. Unter der Hand wird behauptet, daß die Liberalen, das heißt außer Fort- schrittlern auch die Sezessionisten Bamberger und Konsorten einstimmig dagegen votieren würden, sogar einige Nationalliberale. Dagegen soll fast das ganze Zentrum dafür gestimmt sein. Das ent- spräche ganz der Stellung, die in den letzten Monaten die beziig- lichen Parteien für und gegen Bismarck eingenommen haben. Machte das Zentrum diese Schwenkung, so bricht sie ihm in einer Reihe Wahlkreise bei der nächsten Wahl den Hals und Herr Windthorst braucht nicht mehr lange zu leben, um das Schicksal seines Lands- mannes Bennigsen zu teilen. Jedenfalls gibt es eine gute Gelegen- heit, um den Herren einmal recht gründlich das Leder zu verarbeiten. DaS ist der Genuß, den ich mir von der Hamburger Wahl ver- spreche. Gruß und Handschlag von Deinem A. Bebel. Aus der amerikanischen Reise wird meinerseits nichts. Da sie wegen der parlamentarischen Kampagne erst im Frühjahr unter- nommen werden könnte, kostete sie mich meine letzte und nötigste Geschäftsreisezeit; das Opfer kann ich meinem Sozius nach all den Schlägen unmöglich zumuten. Liebknecht will wieder nicht ohne mich reisen, wozu ich keinen Grund sehe. Er behauptet allerdings, daß ihn seine Frau ohne mich nicht fortließe. Das mag nun richtig sein oder nicht, ich gehe aber nicht hinüber. Verantwortlicher Redakteur Richard Barth , Berlin . Für denJnseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Druck u.Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. BerlagSanstalt Paul Sinqer& Co., Berlin SW.