HllfloZ aufgefunden wurde gestem aVend auf einer Dank auf dem Alexanderplatz der 60 Jahre alte Schmied Robert Schulz aus der Franseckistratze 16. Ein Schutzmann brachte ihn nach dem Llrankenhause Am Friedrichshain . er starb aber schon auf dem Wege dorthin. Wenig Freude hat ein Schlosser Otto B. aus der Wisfenstraße an einer Erbschaft erlebt, die ihm ganz unerwartet zugefallen sein sollte. B. erhielt von dem Amtsgericht seiner Heimat die Mitteilung, das; für ihn als Erben seines verstorbenen Vaters auf einem Grund- stück eine Hypothek von 1500 M. stehe. Nun war allerdings sein Vater gestorben, aber dab er soviel Vermögen gehabt hatte, war ihm neu. Um Klarheit zu bekommen, legte B. seine Angelegenheit einem Rechts- anwalt vor. Der meinte. cZ sei schon öfter vorgekommen, daß jemand ganz unerwartet daS Glück in den Schob gefallen sei. Jedenfalls wollte er einen Auszug aus dein Grundbuch beschaffen. Das geschah denn auch. Der Auszug lautete in der Tat so, daß daö Amtsgericht mit seiner Mitteilung Recht haben mubte. Auf den Rat des Anwalts kündigte er nun die Hypothek, weil er das Geld gerade gut gebrauchen konnte, und forderte seinen vcr- meintlichen Schuldner auch noch auf. die fälligen Zinsen zu zahlen. DaS Ergebnis war aber zur großen Enttäuschung des Erben nur daS, daß oft einige grobe Briefe hin und her gingen, und daß der vermeintliche Schuldner sich an die Kriminalpolizei wendete, weil er einen Schwindel witterte. Jetzt kam die Aufklärung. Das Amtsgericht hatte sich in der Adresie geirrt. Nicht der Schlosser Otto B. aus der Wiesenstraße war der Erbe, sondern ein Berufsgenosse mid Namensvetter, der am Kreuzberg wohnt. In der Badeanstalt ertrunken. In der städtischen Badeanstalt an der Schillingsbrücke hat sich am Sonnabendabend gegen 10 Uhr ein tragischer Vorgang zugetragen. Während des Badens wurde dort der Igjährige Maurergeselle Felix Paech plötzlich vom Herz- schlage getroffen. Der junge Mann ging unter und konnte nur noch als Leiche aus dem Schwimmbassin geborgen werden. Nachdem ein hinzugerufener Arzt den Tod unzweifelhaft konstatiert hatte, wurde die Leiche nach der elterlichen Wohnung geschafft. Wegen Sittlichkeitsvergehen verhaftet worden sind der Damen- konfektionär Albert Hesse aus der Pappelallee und der 64 Jahre alte Hausverwalter Wilhelm Imming, Strasse 60c. Beide sind be- schuldigt, sich an Kindern vergangen zu haben. Durch einen erdichtete» Raubanfall hat eine Frau H. aus der RheinSberger Strasse 1 wider Willen ihre eigenen Schwindeleien ans Licht gebracht. Vor einigen Tagen zeigte die 47 Jahre alte Frau der Kriminalpolizei an, dass sie mitten in der Nacht von zwei fremden Männern in ihrer Wohnung überfallen und um 1000 M. beraubt worden sei. Frau H. wurde, wie die Kriminalpolizei fest- stellte, in der Tat in jener Nacht scheinbar besinnungslos auf dem Flur ihrer Wohnung aufgefunden und zu Bett gebracht. Sie klagte über Schmerzen am Halse, und es zeigten sich dort auch Vcr- letzungen, die Würgemale sein könnten. Verdacht erregte es aber bei der Kriminalpolizei, dass niemand im Hause etwas gehört hatte, und schliesslich gestand Frau H. ein, das Geld verloren zu haben. Die Wahrheit war jedoch die, dass Frau H., die als Kartenlegerin wirkte, das Geld, das ihr heiratslustige Mädchen zu Recherchen über die„Zukünftigen" gegeben, für sich verbraucht hatte. Gegen Frau H. wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Zum Rowdy geworden. Zu der unter vorstehender Spitzmarke in unserer Mittwochnummer gebrachten Notiz schickt uns nun auch der Bruder des Georg Haberkern, der Damenschneider Max Haber- kern, eine längere Zuschrift, in der er den betreffenden Vorfall wie sein Bruder als einen Akt der Notwehr hinzustellen sucht. Er legt des näheren dar, wie sich die ganze Angelegenheit entwickelt hat und verlangt von uns. dass wir diese Darstellung veröffentlichen sollen. Dem können wir nicht entsprechen, da toir in unserem Blatt lediglich berichtet haben, dass es nach einem Wortwechsel zu Tätlich- leiten gekommen sei, uns aber auf die Einzelheiten nicht eingelassen haben. Die beiden Haberkerns behaupten, daß Georg Haberkern wörtlich und zuerst auch tätlich angegriffen worden sei, und daß dann der Bruder zur Hilfe gekommen wäre. Verhehlen wollen wir nicht, dass Max Haberkern die Handlungsweise seines Bruders Georg als Polizeispitzel als eine gemeine bezeichnet, die er keines- wcgs billige. Auch Georg Haberkern hat uns mit einem neuen Schreiben beglückt, in dem er sich darüber beschwert, dass wir seine Darstellung des Borfalles nicht abgedruckt hätten. Für ihn gilt das gleiche wie für seinen Bruder. Fest steht, daß Herr W. von den Haberkerns in der unmenschlichsten Weise zugedeckt worden ist. Dass Georg Haberkern seinen Revolver gezogen habe, bestätigt er selber, das soll aber auch in der Notwehr geschehen sein. Um dieses Benehmen richtig beurteilen zu können, muss man wissen, dass der Schwager Georg Haberkerns schon vor längerer Zeit Parteigenossen gegenüber erklärt hat, er und Georg Haberkern hätten sich Revolver zugelegt und man würde in Zukunft sich nicht scheuen, eventuell von dem Revolver Gebrauch zu machen. Mehrere schwere Sttassenbahnunfälle haben sich am Sonntag er- eignet. Gegen 8 Uhr abends stürzte der in der Neuen Schönhauser Strasse 11 wohnhafte Friseur Adolf Zinner von dem Vorderperron des von ihm zu Fahrt nach Hause benutzten StrassenbahnwagenS Rr. 675 der Linie 47 L. als der Waggon die Kurve in der Kaiserin» Augustastrahe in Pankow passierte. Z. erlitt einen Bruch des rechten Unterschenkels, sowie Hautabschürfungen am Kopf. Er wurde mittels Droschke nach seiner Wohnung übergeführt. — Beim Verlassen eines in der Fahrt befindlichen Straßenbahn- wagen? verunglückte gegen 12 Uhr nachts der Arbeiter Guiseppe Zlout aus der Dennelvitzstrasse 19 vor dem Hause Bülow- strasse 43. Er geriet mit dem rechten Bein unter den seitlichen Schutzrahmen des Auhängewagens Nr. 64. Durch Anheben deS Wagens wurde der Verunglückte befreit und nach dem Elisabeth- Kronkenhause geschafft, wo ein doppelter Bruch des rechten Oberschenkels und anscheinend auch innere Ver- letzungen festgestellt wurden. Die von der Polizei requirierte Feuerwehr brauchte bei den BefreiungSarbeiten nicht in Aktion zu treten.— Ein dritter Unfall ereignete sich gegen il<ß Uhr nachts in der Königsbergerstrahe. Dort wurden der Handlungsgehilfe Duck aus der FlenSburger Str. 12 und Fräulein Helene Kaiser aus der Grossen Frankfurter Str. 9 von einem herannahenden Zuge der Straßenbahnlinie 78 umgestoßen. Während D. neben den Wagen zu liegen kam, geriet Fräulein K. mit dem rechten Arm unter den Schutzrahmen. Der Wagen wurde angehoben und die Verunglückte ohne Hilfe der herbeigerufenen Feuerwehr befreit. Sie hatte eine Quetschwunde am Hinterkopf und erhebliche Hautabschürfungen, Herr D. eine leichte Gehirnerschütterung erlitten. Die beiden Ver» ungkllckten erhielten von einem in der Nähe wohnenden Arzt die erste Hilfe und konnte» sich dann mittels Droschke nach ihren Wohnungen begeben. Borsicht beim Abschluß vou MietSvertriigen. ES wird wieder- holt davor gewarnt, Mietsverträge über Räume in neuerbauten oder umgebauten Häusern für eine Zeit abzuschliehen, zu welcher die von der Ausfertigung des Rohbauabnabmescheins ablausende Frist von 6 Monaten für die Gebrauchsabnahmeprüfung noch nicht verstrichen ist, da die Polizeiorgane vor Ablauf dieser Frist daS Beziehen der fraglichen Räume nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht dulden können. Die Polizeireviere iverocn nach wie vor auf Anfragen aus dem Publikum über den voraussichtlichen Termin der Beziehbarkeit von Wohnungen in neuen oder umgebauten Häusern bereitwilligst Auskunft erteilen. Abhanden gekommen ist einem Parteigenosten, der am Somttag die Wahlrechtsversammlung in der Brauerei Friedrichshein besuchte, ein neues rotbraunes Poriemoimaie, das einen größeren Geldbottag enthielt. Der eventuelle Finder wild dringend um Abgabe gebeten an Schiveikartt, Höchstestr. 43, Oucrg. I. bei Körper. Zeugengesuch. Tie Personen, die Zeuge waren, wie am Donnerslagnachunitag vor dem Hause an der Spandauer Brücke 7 eine alte Frau schwer zu Schaden kam, als sie einen Wagen der Linie 8 besteigen wollte, werden um Angabe ihrer Adressen qn Awnz Krüger, Schönholzer Strgsse Ist, gebeten. Vorort- JVadmehten. Rixdorf. Gegen die Wahlrechtsvorlage. In der am Donnerstag nachmittags 5 Uhr im Rathause, Berliner Sttaße 63, im neuen Sitzungssaal stattfindenden Stadt- verordneten-Versammlung soll unter anderen wichtigen Beratungs- gegenständen auch folgender von unseren Genossen eingebrachter Antrag als Beratungsgegenstand auf die Tagesordnung gesetzt werden: Die Stadtverordneten -Versammlung möge beschließen, den Magistrat zu ersuchen, eine Petttion an das Abgeordnetenhaus baldmöglichst abzusenden, in der darum ersucht wird, die jetzige Wahlreform der Regierung zu verwerfen und an Stelle dieser Vorlage das allgemeine gleiche und geheimeWahl- recht zu beschließen. Charlottcnbnrg. Feuerwehrleute als Möbeltransport eure. Der Mißstand, Feuer- wehrleute zu Arbeiten zu verwenden, für die geeignete Arbeitskräfte vorhanden sind, scheint auch in Charlottenburg in gewisiem Grade zu bestehen. Wie uns berichtet wird, sollen bei einem Umzug des Geheimen Baurats Haselow, Uhlandstr. 145. auch Feuerwehrleute mit herangezogen worden sein. Nachdem die Feuerwehrleute um 8 Uhr abends von ihrem Dienst gekommen Ivaren, sollte um 9 Uhr mit dem Umzug begonnen werden. Die arbeitslosen Möbelttäger setzten sich sofort mit den Feuerwehrleuten in Verbindung, worauf letztere die Arbeit einstellten. Es entsteht die Frage: Wer hat die Feuerwehrleute zu dieser Arbeit bestellt? Die Feuerwehr hat eine viel zu schwere Mission zu erfüllen, als daß die Leute zu anderer Beschäftigung, die nicht zu ihrer Aufgabe gehören, herangezogen werden. Die freie Zeit brauchen die Feuerwehrleute zu ihrer Erholung, wenn sie nicht bereits erschöpft in ihren Dienst tteten sollen. Eine Familienttagödie hat sich in der Nacht zum Sonntag in dem Hause EraSmusstraße 12 abgespielt. In seiner dort belegenen Wohnung vergiftete der Dreher Johannes Herrmann feine beiden kleinen Kinder in Abwesenheit der Frau mir Leuchtgas und suchte sich dann auf die gleiche Weise zu töten. Als die Schreckenstat entdeckt wurde, waren die beiden Kinder schon Leichen, während der Vater durch Behandlung mit Sauerstoff wieder ins Leben zurück- gerufen wurde. Als Motiv zu dem Doppelmord und Selbstmord- versuch wird dauernde Krankheit des Mannes angegeben. Badelartenvrrkauf durch Automaten. In den städtischen Bade- anstalten in der Krummen Straße und in der Danckelmannsttaße werden vom t. April ab Automaten aufgestellt werden, durch welche der Verkauf von Badekarten erfolgen soll. Charlottenburg macht sich mit dieser Einrichtung die günstigen Erfahrungen einer Reihe von Städten zunutze und hofft hierdurch eine bequemere und schnellere Abfertigung des Publikums zu erreichen. Der Schalterdienst in der Hauptanstalt soll daneben wie bisher von einer Einnehmerin versehen werden. Einen gefährlichen Kcllerbrand hatte die Charlottenburger Feuer- wehr in der Nacht zum Sonntag in der Bismarckstt. 23 zu löschen. Als die Feuerwehr dort ankam, brannten eine Menge Preßkohlen, HauSrat und dergleichen unter enonner Oualmentwickelung. Diese ivar so intensiv, daß die Feuerwehr nur mit Rauchschutzapparaten borgehen konnte und die Hausbewohner flüchten mußten. Durch energisches Vorgehen mit zwei Schlauchleitungen gelang eS schließlich, die Flammen auf die Kellerräume zu beschränken. Die Entstehung des Brandes konnte nicht ermittelt werden. Der Keller ist aus- gebrannt. Schöneberg . DaS hlrfige Postamt 2 wirb am 26. Februar nach Schluß des Dienstes aus dem Hause Hauptsttaße 5/6 nach den neuen Dienst- räumen im Hause Grunewaldstrasse 102 verlegt werden. Tempelhof . Ein Güterzug entgleiste gestern abend gegen 6 Uhr auf dem hiesigen Bahnhof. Wie verlautet, ist hierbei ein erheblicher Material« schaden entstanden. Lichtenberg . Unser der Sieg trotz alledem. Bei der gestern stattgestlndenen Stichwahl im 14. Bezirk erhielt der Kandidat der Sozial» demokratie, Gewerkschaftssekretär August Becker 262 Stimmen, während auf den gegnerischen Kandidaten Geheimsckretär B ö l ln e r 255 Stimmen entfielen; 8 Stimmen waren zersplittert. Genosse Becker ist somit gewählt. Die Gegner übten auf die Beamten, Lehrer und anderen abhängigen Wähler einen ungeheuerlichen TerroriSmuS au », trotzdem ist ei ihnen nicht gelungen, das Mandat zu«robern. Ein Fabrikiraud beschäftigte die Lichtenberger Ortsfeuerwehr in der Nacht zum Sonntag längere Zeit. Gegen 11 Uhr lief der erste Alarm ein. Es brannte in der Frankfurter Chaussee 46 die Presserei der Aktiengesellschaft von H. F. Eckert. Die Flammen hatten bereits die Dachkoustruttion in einer Ausdehnung von etwa 330 Quadrat- meter erfaßt und veranlaßten auch das Ausrücken der freiwilligen Ortsfeuerwehr von Neu- Hohen- Schönbausen. Die Lichtenberger Feuerwehr griff mit drei Schlauchleitungen und drei Geräten an und es gelang, eine weitere Ausdehnung zu verhüten. Die Eni- stehung des gefährlichen Brandes wird aus Fahrlässigkeit zurück- geführt. Der Betrieb der Fabrik wird nicht gestört. Adlershof . Der Boranschlag für baS Steuerjahr 1910 sieht«ine Mehr- ciiinahme und-Ausgabe von 72 250 M. vor. Das bedeutet eine Er- höhung des Voranschlages gegenüber dem Vorjahre von 15 Proz. An diese» Mehrausgaben sind beteiligt die Regenwasserleitung mit 2180 M., die höhere Schule mit 8220 M. Letztere erfordert nach dem Voranschlage einen Zuschuß von 14 715 M., ohne dass Miete, Leizunq, Reinigung und Beleuchtung und die Unterbringung der Schule rn dem neuen Anbau der II. Gemeindeschule, wofür min» bestens 2200 M. in Anrechnung kommen müssten, vorgesehen sind. Die Verzinsung und Amottisation der Anleihen erfordern 71 021 Mark gegen 49 448 M. im Vorjahre, so dass auch hier die Mehr» aufwerchungen 21 573 M. betragen. Des weiteren erfordert die Aufbesserung der Lehrerbezüge 21S57 M.= 23 Proz.. die Aufbesserung der Beamtengehälter 9613,50 M.-- 14 Proz. und die der Arbeiterlöhne 1200 M.— 6 Proz. der bisherigen Bezüge. Für Verbesserunge>l in der Strasseiibeleuchttmg müssen 2500 M. mehr aufgewendet werden. Auch die Amtsverwaltung erfordert für 1010 ein Mehr von 1219 M., die Armenverivaltung 1461 M. Diese notwendigen Mehraufwendungen werden gedeckt durch einen Ueber- schuss vom vorigen Jahre in Höhe von 2000 M. und schärferer Heranziehung der Realsteuern, wonach der Kommunalsteuerzuschlag auf 150 Proz. verbleiben konpie. Die Gemeindcgrundsteuer be- lastet bebaute Grundstücke mit 4 Promille und die unbebauten mit 6 Promille, wodurch eine Mehreinnahme von 37 330 M. erzielt werden soll. Die Wertzuwachssteuer, welche erst am 12. Februar in Kraft getreten ist, soll 4500 M. bringen, doch dürfte anzunehmen sein, dass dieser Betrag weit überschritten wird. Des weiteren sollen Mehreinnahmen bringen der Kommunalzuschlag 1800 M., erstattete Beleuchtungskosten für die neuerschlosscnen Strassen am Adlergestell 1119 M., an Kreissteucr sind weniger zu entrichten 5800 M., mehrere kleinere Titel 2850 M. Die Ausgaben für die Volksschule nach Abzug der Einnahmen, ohne Zinsen und Amvrii- sation. belaufen sich auf 112 087,50 M., des Armenwesens auf 16 651,87 M. Der Kommunalsteuerzuschlag soll bringen 105 000 Mark. Da 10 330 Einwohner vorhanden sind, ergibt sich pro Kopf der Bevölkerung eine Einnahme von 10,55 M. An Ausgaben für die Volksschule entstehen aber 10,83 M. und für das Armenwcsen 1,61 M. Unsere Aufwendungen für die Volksschule werden nur noch von Friedrichsfelde mit 12,40 M. übertroffen. Es zeigt sich also auch in unserem Etat der ungünstige Einfluss, den der Mangel an Industrie am Orte hervorruft, wodurch Adlershof als Wohn- gemeinde wohl Lasten zu tragen hat, ohne durch die eingehende Gewerbesteuer einen entsprechenden Ausgleich herbeiführen zu können. Pankow . „Sie sprechen ja nur für den Vorwärts!" Dieser Zuruf des besoldeten Gemeindeschöffen und stellvertretenden Gemeindevorstebers Stadtrat a . D. Stavitz gelegentlich der Aussührungen deS Redners unserer Partei in der letzten Gemeindevertretersitzung kennzeichnet so recht augenfällig die Auffasiung der hiesigen Gemeindehörden gegen- über pflichtgemässer und berechtigter Kritik unserer Genossen. Man scheint nicht begreifen zu können oder zu wollen, dass auch ein sozial- demokratischer Gemeindevertreter die Interessen der Gemeinde zu vertreten bestrebt ist. Wie bereits in Nr. 26 des„Vor- wärts" berichtet wurde, hatte einer unserer Genossen in der Gemeindevertretersitzung vom 1. Februar dieses JahreS eine ganze Reihe Mängel in der Ausführung deS umfangreichen Schulneubaues in der Görschstrasse zur Sprache gebracht. Der Bürgermeister sagte damals eine Untersuchung der Angelegenheit durch die Hockibaukoinmiision zu. Letztere hat nun unter Hinzu- Ziehung eines Bausachverständigen sowie unseres beschwerdeführenden Genossen aus der Gemeindevertretung diese Untersuchung vor- genommen und zum Abschluss gebrackt. Ueber das Resultat der- selben wurde der letzten Gemeindeverttetersitzung durch Verlesung des Untersuchungsprotokolls Kenntnis gegeben. Obwohl in diesem Protokoll gutachtlich eine Anzahl der. gerügten Mängel zugegeben werden, die nachträglich zum Teil auch ab- gestellt worden sind(beispielsweise sind sechs Pfeiler, weil zu schwach, abgerissen und verstärkt wieder aufgebaut worden), wird als Endergebnis der Untersuchung dennoch merkwürdigenveise konstatiert, daß die von unseren Genossen gemachten MonüaS haltlos und ungerechtfertigt seien. Man hätte nun erwarten sollen, daß in der der Verlesung des Untersuchungsprotokolls sich anschließenden Debatte auch die bürgerlichen Gemeindevertreter gegen die gutachtlich tatsächlich festgestellten Banfehler hätten Stellung nehmen müssen, wenn es ihnen mit der Wahrung von Gemeindeinteressen wirklich Ernst wäre. Aber weit gefehlt. Man stellte sich nicht nur auf den im Untersuchungsprotokoll vertretenen Standpuntt, sondern riet sogar unserem Genossen, nun doch endlich von seinen„haltlosen An- schuldigungen" abzustehen, da dieselben der Gemeinde nur unnötige Kosten durch Bestellung von Sachverständigen usw. verursachten. Unser Genosse machte hiergegen treffend und mit Recht geltend, daß der Gemeinde weit größere Kosten erspart geblieben wären, wenn die Arbeiten an dem Schulbau von vornherein richtig und sachgemäß ausgeführt und dadurch die höhere Inanspruchnahme von Gemeinde- Mitteln für Umbau- und Nacharbeiten vermieden worden wären. Die Gemeindevertretung erllärte sich schließlich mit allen gegen die drei Stimmen unserer Genossen mit den von Herrn Gemeinde- baumeister Fenten— der sich während der Verhandlung der An- gelegenheit in vornehmes Schweigen hüllte— auf dem frag- lichen Schulneubau getroffenen Maßnahmen in der Bau- ausführung einverstanden.— Der ganze Verlauf der Sache zeigt, wie notwendig es ist. daß unser Einfluß in der Pankower Gemeindevertretung wieder eine solche Stärkung erfährt, daß die Erledigung einer für die Gemeinde so wichtigen Angelegenheit— wie im vorlegenden Fall— in der geschilderten Weise m Zukunft nicht mehr möglich ist. Hierzu bieten die kommenden Gemeindewahlen die beste Gelegenheit. Sollen die Steuergroschen der Einwohner- schaft Pankows eine zweckmäßigere Verwendung finden, so ist von unseren Genossen alles daran zu setzen, die vier in der dritten Ab» teilung zur Wahl stehenden Mandate wieder in unseren Besitz zu bringen. Mit der Aufstellung der Kandidaten zur Grmrinbewahl be» schäftigte sich die letzte gut besuchte Mitgliederversammlung des Wahlvereins. Der Vorsitzende, Genosse Schmidt, gab bekannt, dass, da es sich um eine ErgänzungS- und eine Eesatzwahl handeft. an zwei verschiedenen Tagen, am 16. und 17. März, gewählt wird. Es gelte, den Gegnern schlagfertig gegenüberzustehen, damit die einst verloren gegangenen Sitze wieder zurückerobert werden. Zu wählen sind in beiden Bezirken je zwei eingesessene und zwei Nicht» angesessene. Nach ausgiebiger Diskussion wurden die Genossen K u b i g und W i n k l c r als Angesessene und B r a l l und H i r s ch m e y e r als Nichtangesessene nominiert. Betreffs der Jugendheimfrage, welche die Versammlung schon wiederholt be- schäftigt hat. wurde ein Jugendausschuss, bestehend aus den Genossen Meitzner, Schindler und Ruprecht gewählt. Das überaus schneidige Verhalten der Pankower Polizei, welche am vergangenen Sonntag in ganzer Stärke mit extra geladenem Karabiner vor dem Versammlungslokal abpatrouillttrtc, wurde allgemein mit Eni- rüstung gekennzeichnet. Zum Schluh forderte Genosse Schmidt mit begeisternden Worten die Anwesenden auf, bei der kommenden Wahl Mann für Mann ihre Schuldigkeit zu tu>y damit wir siegreich aus dem Kampfe hervorgehen. Borfigwalde-Wittena«. Zu lebhaften Auseinandersetzungen mit den Gegnern kam eS ln der letzten Gemeindeverttetersitzung. Unter Geschäftlichem teilt« der Vorsteher zunächst mit, daß am 1. April d. I. ein NachlfernspreÄ- dienst eingerichtet werden soll. Alsdann wurde der Gemeindesteuer« bedarf wie folgt festgesetzt: Personalsteuer 125 Proz., für unbebaute Grundstücke 4 Proz., für bebaute 2 Proz. per Morgen, Gewerbesteuer 1. und 2. Klasse 225 Proz., 3. und 4. Klasse 150 Proz., Betriebs- steuer 100 Proz. Einer unserer Genossen regte hierbei an, ob die für die geplante Wertzuwachssteuer eingesetzte Kommission schon etwas Positives ausgearbeitet hat. Diese Anfrage schien einigen Unwillen unter den bürgerlichen Herren auszulösen. Der Vorsteher betonte, daß sich die WertzutvachSsteuer an anderen Orten nicht bewähre, da man nie genau die Einnahme ver- anschlagen könne. Für kulturelle Aufgaben, wie der Bau einer Turnhalle, Volksbadeanstalt, scheint leider bei den Gegnem lein Verständnis vorhanden zu sein. Bei Stellung solcher Forderungen wird stets betont, daß genügend Badevorrichtungen in den Häusern und den Fabriken vorhanden wären. Wenn die bürgerlichen Herren auch nur eine Ahnung von der Beschaffenheit solcher Fabriiemrich- tungen hätten, würden sie eine VolkSbadeanstalt nicht sür überflüssig erachten. Ein Ortsstatut bettcffend die Pensionsverhältnisse der Be- amten soll vom KreiS gleichmäßig geregelt werden. Eine noch leb- haftere Stimmung tarn in die Sitzung. als Genosse Adam die Anträge über Lohn- und Arbeitsverhältnisse der Arbeiter in der Gasanstalt zur Sprache brachte. Die bürgerlichen Vertreter hielten offenbar eine Arbeitszeit von 12 Stunden, bei Wechselschicht 18 Stunden bor den Oefen nicht für zu lange. Erst auf Drangen der Arbeiter wurde die 18-Stundensck>icht abgeschafft. Diejenigen Arbeiter, die sich über die allzu niedrige Bezahlung sowie über die rück- ständigen Arbeitsverhältnisse aussprachen, wurden, um mit dem Vorsteher Herrn Witte zu sprechen, als Wühler und Hetzer entlassen. Indessen mußte Herr Witte die von unseren Genossen vorgebrachten Mißstände zugeben— ja er versprach sogar, daß sie beseitigt werden sollen. Ein bürgerlicher Vertreter(Direktor Hempel) konnte eS sich bei der Debatte nicht verln eisen, unserem Genossen SensationS- mache vorzuwerfen und ihn durch einen Zw ischenruf(Ouatschkopp) in seiner Rede zu unterbrechen. Der Zwischenrufer hat damit nur den Beweis seiner geistigen Qualität erbracht. Herr v. Borsig erklärte, derartige Beschwerden dürften dem Plenum überhaupt nicht vorgelegt werden,— jedenfalls nur hinter verschlossenen Türen. Anschließend fand noch eine geheime Sitzung statt. An den Wählem liegt es, bei den im März stattfindenden Gemeindewahlen den bürgerlichen Herren die richtige Antwort auf ihr Verhalten zu geben.
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