PreWmmen.London, 22. Februar. Der ParlmnentZberichterstatter des„Daily Chronicle" schreibt, eS sei nun absolut gewib, dahdie Nationalisten für daS Budget nur dann stimmen würden.wenn von der Regierung unbedingte Bürgschaften dafür gegebenwerden, datz sie imstande sei, die das Veto deS Oberhausesbeschränkende Borlage durchzubringen. In einem Leitartikel desselbenBlattes wird der lvieinung Ausdruck gegeben, dag der Streit, ob dasVetorecht des Oberhauses oder das Budget zuerst behandelt werdensoll, in geschickter Weise erledigt worden sei.„Morning Leader" meint, als da? Unterhaus gestern dieSitzung schloß, sei es klar gewesen, daß das Leben der Regierungan einem Faden hänge und daß die Entscheidung über ihren Fort-bestand nur eine Frage von Stunden sein werde.Eine Rede Balfours.London, 22. Februar. Balfour hielt heute im Konstitutionalklubeine Rede, in der er u. a. erklärte, die Uni o nisten wollten derRegierung, soweit die Finanzfrage in Betracht komme, ihre schwierigeAufgabe nicht noch schwieriger gestalten, aber in prinzipiellenFragen, wozu z. B. die Oberhausfrage gehöre, sei es für sieunmöglich, ein Kompromiß zu schließen. Die imUntcrhause geschaffene Lage gefalle niemand, aber die Interessen desReiches gingen allen anderen voran.Fortsetzung der Adreßdebatte.London, 22. Februar. Im Unterhause wurde heute dieAdreßdebatte fortgesetzt. Der Führer der Arbeiterpartei, BarneS,erklärte, daß seine Partei die vollständige Abschaffung des Ober-Hauses wünsche, aber bereit sei. Schritt für Schritt vorzugehen,solange man auf daS Ziel lossteuere. Barnes schlug sodann vor,nach der Annahme des alten Budgets, die auch die Arbeiterparteiwünsche, gegen das Vetorecht vorzugehen, bevor die Vor-anschlage für das nächste Finanzjahr und daSneue Budget vorgelegt würden. Zum Schluß drängteBarnes die Regierung, diesbezügliche Zusicherungen zugeben. O' B r i c n, unabhängiger Nationalist, griff Redmondheftig an wegen seiner Stellungnahme gegenüber dem Budget underklärte, er für seine Person würde der Annahme des Budgets,daß für Irland verderbenbringend sei, nicht zustimmen.'-politilcbe debcrficbt.Berlin, den 22. Februar 1910.Zentrums-Diplomatie.Die„Kölnische Volkszeit ung" gibt Herrn von Beth-mann Hollweg gute Ratschläge, wie man eS machen muß, ein Volkunbemerkt am Narrenseile zu führen. DaS Blatt schreibt:Die Aufgabe des LandratS, deS Regierungspräsidenten unddes Oberpräsidenten ist eS, M e n f ch e n z u l e n k e n und das istauch die spezielle Kunst und Pflicht deS Reichskanzlers. Zu diesemZwecke gibt es aber verschiedene Methoden. Die primitivste istdie deS Kasernenhofs: man befiehlt und der Untergebenesteht stramm, legt den Mittelfinger an die Hosennahtund gehorcht. Mit dieser einfachen Taktik konimt abernicht einmal mehr ein Landrat aus, denn wenn er weiter nichtsversteht, reicht feine Macht nicht weit. Für höhere Stel-l u n g e n— und das gilt nicht bloß vom staatlichen, sondern auchvo>n politischen, kirchlichen und kommunale» Leben—, ist nurder berufen, der die Menschen zu leiten versteht,ohnedaßffieeSinerken. Er stellt sich nicht vor das Publikumhin und sagt: Ihr sollt!, sondern er weiß hinter denKulissen mit geschickter Hand eine„Bewegung"ins Leben zu rufen, die zu dem angestrebten Zweck hin-führt und wenn er dann so weit, nimmt er noch huldigendenDank entgegen für die Güte, mit der er einen„Volkswunsch" erfüllt hat".DaS Blatt faßt dann seine Lehren für den Fall Bcthman»Hollweg wie folgt zus nimen:„Der Reichskanzler ist gewiß einvorzüglicher Bnrcaukrat, aber er ist anscheinend zu sehr Bureaukrat,um staatSmännisch und diplomatisch zu sein. Er hält zu viel vomBefehlen und weiß nicht, daß man daS Volk durchallerhand schlaue Tricks viel leichter leiten undzu freiwilliger Gefolgschaft veranlassen kann".Warum ist Herr v. Dethmann Hollweg. ehe er sich zum Reichs-kanzlcr für berufen hielt, nicht erst durch die Schule der Zentrums-diplomaten gegangen? Aber noch ist die Hoffnung vorhanden, daßer im Umgänge mit den Herren Spahn, Schädler und Genoffenlernt,„hinter den Kulissen mit geschickter Hand eine Bewegung insLeben zu rufen" und„durch allerhand schlaue Tricks' das Volk amNarrenseil zu führen— vorausgesetzt, daß das Volk auf die„Tricks"hineinfällt._Die Herrschaft des Geldsacks.Die„Kölnische Zeitung" offenbart wieder einmal diereaktionäre Gesinnung der Stationalliberalen. Das Blatt gibt HerrnV. Bethman» Hollweg recht, wenn er sagt, er glaube nicht an dieabsolute Richtigkeit deS Dogmas vom allgemeinen, gleichen, ge-Heimen und direkten Wahlrecht für alle Staaten und Verhältnisse:„Man mag sich drehen und wenden wie man will, solangedie bürgerliche Staatsordnung besteht. bleibt der Besitz einAxiom. daS bei der Verteilung der konstitutio-nellen Machtmittel den Ausschlag gibt. DiesesAxiom aber wird vorerst nur von den Industriearbeitern und dervarlamentarischen Vertretung, die diese sich in der Sozialdemo-kratie geben, angefochten. Deshalb ist es durchaus verständlich,daß die Staaten, in denen die Industrialisierung in Deutschlandam weitesten gediehen ist, nämlich Preußen und Sachsen, bemühtsind, sich ein Wahlrecht zu geben, das es hindert, die Entescheidung über die dem Besitz aufzuerlegendendirekten Staats lasten der besitz loien Masse indieHand zu geben, und das der Gefahr vorbeugt, daßder Besitz schließlich aus dem Lande getriebenwird."Genau wie die Junker! Wie diese verkünden auch die National-liberale», daß sie daS Portemonnoie der Reichen nicht aiiSliefernwollen einem Parlamente, das auf Grund des allgemeinen gleichen,geheimen und direkten Wahlrechts zustande gekommen ist.Zusammenstöße im elsast-lothringischen Landesausschust.Straßburg, 22. Februar.Im Landesausschuß kam es am Dienstag bei der zwei-tcn Lesung des Etats zu stürmischen Szenen. Bei der Be-ratung der Bezüge des Statthalters warf der Abg. Blumen-t h a l der Regierung vor, daß sie auf Umwegen eine vom Landes-ausschuß bereits abgelehnte Position wieder eingestellt habe undverlangte von ihr, daß sie die Beschlüsse des Hauses respektiere.In einem noch viel schärferen Tonfalle sprach dann der Abg.P r e i ß(Z.). Er erklärte, es sei geradezu unerhört, daß manvom Regierungstische aus es wage, dem Landesausschuß diese Zu-mutung zu machen.Ter RegicrungSvertreter, Staatssekretär Freiherr Zornvan Bulach, wandte sich gegen diese Ausführungen. Abg. P r e i ßsprach dann von„unlauteren Manipulationen". Alsder Staatssekretär erwiderte, daß Prciß nur auf b i e Tri-büne wirken wolle, rief der Abg. P reiß:„Unver-schümtl" Es kam dann zu einem sehr erregten Disput, wobeider Staatssekretär den Abgeordneten aufforderte, ihn außerhalbdeS Hauses zur Rede zu stellen. sZwischenruf:„Mit demFlorett in der Handl"Diese Debatte nahm dänn eine noch viel schärfere Gestalt'an,als der Abg. Preiß auf eine Aeußerung des Staatssekretärs zusprechen kam, daß er der Sproß eines alten Adelsge-s ch I e ch t s sei. Prciß erklärte, daß er von den Sprößlingen alterAdelsgeschlechter, ob sie Friseur, Kellner oder M i n i st e rseien, nur verlange, daß sie ihre Pflicht erfüllen. Gewisse Ministerseien aber so international angelegt, daß sie imstande sind,jeder Regierung zu dienen, Ivoher sie auch komme.Eine womöglich noch gesteigerte Wiederholung dieser Debattengab es bei dem Titel: Etat des Ministeriums. Abg. Wetterle,oer erst vor einigen Ta�en aus dem Gefängnis entlassen wordenist, in dem er eine zweimonatige Strafe verbüßt hatte, eröffnetedas Gefecht, indem er behauptete, gewisse Angriffe auf den Staats-sekretär seien aus den Kreisen der Beamten hervorgegangen. Ermachte ziemlich deutliche Anspielungen auf einen in der Nähe desStaatssekretärs sitzenden Beamten. Diese Anspielungen wieder-holte in viel deutlicherer Weise der Abg. P r e i ß, als er aufGrund von Zeitungsnotizen den Unterstaatssekretär Mandelaufforderte, zu erklären, ob er selbst nicht derienige sei, der dieseSpitzen gegen seine Vorgesetzten in die Zeitungen lanciert habe,oder ob er nicht wisse, wer der Verfasser sei. Es kam zu sehrerregten Szenen, in deren Verlauf der Unterstaats-sekretär und der Staatssekretär sich sehr entschiedengegen den Abgeordneten wandten. Der Abgeordnete Preißwiederholte aber seine Frage noch einmal underklärte, daher auf die Beantwortung bestehenmüsse. Er wurde mehrfach zur Ordnung gerufen. DerUnter st aatssekretär lehnte es ab, auf die Frage zuantworten und bemerkte, man werfe ihm Treubruch vor. DerStaatssekretär Freiherr Zorn von Bulach er-klärte. eS käme so weit, daß die Mitglieder der Regierungvon ihren Plätze» herabsteigen würden, um dem AbgeordnetenPreiß die Antwort zu geben, die er verdiene.In großer Erregung ging daS Haus auseinander.•••Herr v. Bethmann Hollweg kann an diesen erbaulichen Aus-einandersetzungen, an diesen Drohungen seiner elsaß-lothringischenKollegen mit körperlicher Mißhandlung sehen, wie sehrdas Niveau der politischen Auseinandersetzungen durch daS nicht-demokratische Wahlrecht, das ja in den Reichslcmden in auSge-Prägtester Form existiert,„gehoben" wird!Lehrers Schicksal.In Bremen ist am 21. Februar der Lehrer Holz meier,der Führer deS radikalen Flügels der bremischen Lehrerschaft,der vor geraumer Zeit schon vom Amte suspendiert und in DiS-ziplinaruntersuchung gezogen wurde, vom Disziplinar-g e r i ch t zur schärfsten Strafe, zur Dienstentlassung ver-urteilt worden. Wir haben seinen mutigen Kampf für die Reformder Schule und die Freiheit der Lehrerschaft hier schon mehrfachgeschildert. Holzmeier war der Beleidigung seiner vor-gesetzten Behörde, des Senats, angeklagt, weil er in einer Re-solution den früheren Vorstand des bremischen Lehrervereins bc-schuldigt hatte, er habe die„Würde" des Vereins gegenüber derBehörde nicht genügend gewahrt. Die vorgesetzte Behörde, derSenat, erblickte darin eine Beleidigung für sich, da sie niemand„unwürdig" behandle. Weiter wurde Holzmeier beschuldigt, daßer nicht nach der Vorschrift den Schulunterricht morgens mit Gesangund Gebet eröffnet, es vielmehr als eine„würdelose" Posse be-zeichnet habe, wenn er das auf Kommando tun müsse. Als dritterAnklagepunkt kam das Benehmen Holzmeiers in dem neu geschaf-fenen amtlichen Schulionvent hinzu. Holzmeier hatte in einerKonventsitzung eine Reihe von. Anträgen gestellt, unter andereneinen,:n dem verlangt wurde, daß der Lehrer nicht zur Teilnahmean den„sogenannten" patriotischen Schulfesten gezwungen werdendürfe, da der Zwang dazu zu. politischer Heuchelei führe.Dafür wird er nun seines Amtes enthoben, mit der Hunger-peitsche bestraft. Und das passiert in der„Republik" Bremen.Wie würde es dem Mutigen erst in Preußen ergangen sein!Die finanzielle Sltcmnot der„National-Zeitung".Zu der von uns bereits mitgeteilten Nachricht vom Absterbender„National-Zeitung" an Abonnentenschwund wird uns noch ge-schrieben:Für den halbwegs Eingeweihten war eS schon lange kein Ge-heimnis mehr, daß der an der„National-Zeitung" finanziell ammeisten interessierte Teilhaber, der sehr weit rechts stehende national-liberale Landtagsabgeordnete Kommerzienrat Bartling, es langesatt hatte, weitere Zuschüsse zu leisten. Denn obwohlBartling einsebrreicher Mann ist, so werden ihm die Opfer, die das Blatt erfordert, den»doch zu viel, schon weil sie— von seinem persönlichen Standpunkte aus— zwecklos gebracht werden. Außerdem ist er durch ein anderesBlatt seit einigen Jahren finanziell schwer belastet. Er hat nämlichden in Wiesbaden— seinem Wohnorte— erscheinenden konservativen„Rheinischen Kurier" angekauft und in ein nationalliberalesBlatt umgewandelt. Das Blatt hat aber wie auch die„National-Zeitung" viel zu wenig Abonnenten, um auch nur halb-wegS existieren zu können. Zwei nationalliberale Blätterzu unterhalten ohne die geringste Aussicht auf Besserung dertraurigen Verhältnisse, dessen weigert sich Bartling jetzt. Und daihm daS Hemd näher ist als der Nock, so wird er die Wies-b a d e n e r Zeitung halten und die„National-Zeitung" ruhmlosverfaulen lassen. Bei ihrer jetzigen Bedeutungslosigkeit wird sie jaso wie so. wenn sie morgen eingeht, übermorgen von niemand ver«mißt werden._Prügelnde Schutzleute.Vor der Strafkammer in Darmstadt hatten sich Montag zweiSchutzleute aus Offenbach wegen tätlicher Beleidigung und Miß-Handlung zu verantworten. Sie haben an einem Tage im Julivorigen Jahres zwei Arbeiter, durch die sie sich beobachtet glaubten,angerempelt. Ein Schutzmann zog den Säbel und schlug den einender Arbeiter, der gerade von der Arbeit kam, mit dem Säbel überden Kopf, daß er längere Zeit arbeitsunfähig war.Die beiden Schutzleule hoben milde Richter gefunden. Dereine wurde zu 60 Mark, der andere zu 30 Mark Strafe verurteilt,trotzdem der Staatsanwalt das brutale, durch nichts gerechtfertigteVorgehen der Schutzleute in den schärfsten Weise mißbilligte.Ein sonderbares Militärgerichtsurteil.Die Urteile der Militärgerichte geraten in immer schärferenKontrost zu dem Rechtsempfinden des Volkes. Dafür ein neuesBeispiel. Vor dem Kriegsgericht zu Nürnberg stand dieser Tageein im dritten Jahre dienender Soldat des 1. Chevaulegcrregiments.Er bekam von seinem Berittführer, einem Unteroffizier, beimStalldienst den Befehl, ein Heuband aufzuheben. Der Befehl wurdenach Ansicht deS Stellvertreters Gottes nicht rasch genug auS-geführt, weshalb er ihm den weiteren Befehl erteilte,! dreimal imLaufschritt den Stallgang auf und ab zu laufen. Diesen Befehlließ der Soldat unbeachtet, worauf der Unteroffizier ihn wieder-holte und noch weiter verlangte, der Mann solle den Befehl nach-sagen. Wiederum weigerte sich der Soldat, indem er erwiderte:„Herr Unteroffizier, das brauche ich nicht." Das'brachte ihn wegenerschwerten Ungehorsams vor das Kriegsgericht. Der Mann istschon dreizehnmal wegen Ungehorsams vorbestraft und hatte imFalle der Schuldigerkennung eine schwere Strafe zu gewärtigen.Er behauptete, der Befehl sei nur eine Schikane gewesen, er habedem Unteroffizier nie etwas recht machen können.Interessant war, was der Verteidiger, ein Leutenank derSchwadron, der Unteroffizier und Angeklagter angehören, auö-führte. Es zeigt, wie die Opfer militärischer Schreckensurteilemanchmal zustande kommen mögen. Der Verteidiger sagte: DerAngeklagte sei trotz seiner dreizehnmaligen Bestrafung kein bös-williger Mensch, ex sei nur ungeschickt, und unbeholfen, übrigen»sei et noch nie von einem Offizier gemeldet worden, sondern steiSvon Unteroffizieren— er sei das Opfer seiner Unbeholfenheit.Der Unteroffizier sei ein hitziger Mensch, der mehr aus einer Sachemache, als daran sei. Zur Erklärung des UmstandeS. daß geradedieser Unteroffizier den Mann früher noch nie gemeldet hat, führteder Leutnant an, dadurch sei die Angabe des Soldaten, von demUnteroffizier ungerecht behandelt worden zu sein, noch nicht wider-legt. Durch kleine Mittel könne man einen Mann besser zwicke»und schwerer strafen, als wenn man ihn meldet. Der Befehl wareine Strafe, zu der der Unteroffizier nicht berechtigt war.Das Gericht erkannte, daß der Soldat wegen Nichtbefolgungdes Befehls, im Stall auf und abzulaufen, nicht bestraft werdenkönne, weil der Befehl unberechtigt gewesen sei. Der Unteroffizierhabe sich in der Wahl der Mittel vergriffen. Weil der Soldataber sich auch weigerte, den Befehl nachzusagen,sei er in diesem Falle schuldig und zu zwei MonatenGefängnis zu verurteilen._Fahrkartensteuer- Quacksalberei.In der Biidgetkommission des preußischen Landtages stellte derEisenbahnniinister fest, daß im Jahre 1006 durch die Fahrkartensteuerin wenigen Monaten ein EinnahmeauSfall von 7— 8 Millionen Markentstanden sei! Die Ursache war die Abwanderung in die niedrigerenKlassen. Die Aufhebung der Fahrkarten st euer halteer für dringend notwendig! Leider sei aber nicht damitzu rechnen, daß man im Reichstage mit diesem Vorschlage durch-dringen könne. Auch von einer Umänderung der Fahrlartenstcuerdürfe man nichts erwarten.Der Minister erwögt nunmehr die Frage, ob cS nicht wenigstensangezeigt sei, den Fahrpreis für Benutzung der erste n Wagenklasse herabzusetzen, wodurch ja die Steuer in dieser Klasse ganz vonselbst niedriger lvürde.____franhmcfo.Der Senat gegen die Wahlfreiheit.Paris, 10. Februar.(Eig. Ver.)Der Senat hat gestern wieder einmal den Freibrief der Wahl-terroristen bestätigt. Das von der Deputiertenkammer beschlossene Gesetzenthielt zwei wichtige Bestimmungen: DaS Recht der Kandidaten, denWahlakt durch drei Vertrauensmänner überwachen zulassen und die obligatorische Einführung der W a l l z e l l e. Beide Be-stimmungen wurden abgelehnt: die eine mit 177 gegen118 Stimmen, die zweite mit 173 gegen IIS Stimmen. DieRadikalen des Senats vollbrachten die ErwiirgungSaktion mitreichlicher Tartüsserie. Sie diskutierten allerhand Details, als obihnen die Sicherung der Wahlfreiheit wirklich am Herzen läge undnahmen auch die Artikel an, die entweder geringfügig sindoder, in ihrer Abtrennung von den Hauptbestimmungen,den bisherigen Zustand eher noch verschlechtern. DaSletztere gilt von der Vorschrift, den Stimmzettel in einenUmschlag zu stecken. Für die wirtschaftlich abhängigen Wähler, diemit dem von ihrem Arbeitgeber vorgezogenen Srimmzettel zur Urnegeführt werden, erschwert diese Verfügung noch seinen Aus-tausch gegen den Stimmzettel, der ihren eigenen politischenAnschauungen entspricht.— Die Gegner der Reform über-boten sich in heuchlerischem Interesse für die Wahlfreiheit. Soerklärte z. B. Herr Bürard, die Anwesenheit von Vertrauens»männern bedeute eine Bevorzugung vermögender Kandidaten, Groß-grundbesitzer und Kapitalisten, die so durch bezahlte Agenten die Wahlüberwachen lassen könnten., In Wahrheit handelte eS sich aber dochdarum, die Gesetzlichkeit deS Wahlrechts durchdie an ihm interessierten politischen Parteien kon-trollieren zu lassen, wogegen gerade die Freiheit der Abstim«mun g durch die Wahlzelle gewährleistet werden sollte. Gegen dieseaber wurden die albernsten Einwände erhoben, z. B. was man mitden Wählern machen würde, die absichtlich lange in der Zelle blieben,um den Wahlakt auszuhalten. Der genante Herr Börard meinte auch,bei zahlreichem Wählerzusttom würden viele Wähler aus Mangel anZeit wieder umkehren, ohne gewählt zu haben. Auch seienin Frankreich die Sitten und Gewohnheiten verschieden von denender Länder, die die Wahlzelle eingesührt haben.— Vermutlich wäredie Reform dennoch zu retten gewesen, wenn sich die Regierungmit einigem Eifer dafür eingelegt hätte. Aber sie gab sichgar keine Mühe, dem wiederholt ausgesprochenen Willen derDeputiertenkammer zur Durchführung zu verhelfen. Im Zwiespaltzwischen Oberhaus und Unterhaus entscheidet der französischeRegierungs-RadUaliSinuS zugunsten der Vertretung der Rückstands-interessen._Spanien.Amnestie.Sevilla, 22. Februar. Der König hat ein Dekret unterzeichnet,durch welches allen wegen politischer Delikte verurteiltenPersonen völlige oder teilweise B e g n a d i g u n g gewährt wird.foißlanä.Herr v. Oldenburg in der Duma.Die Siaatsstreichdrohung Herrn v. Oldenburgs im Deut-scheu Reichstag hat nicht nur auf den Bänken der Konservativen leb-haften Beifall gefunden, auch ihre russischen Gesinnungsgenossen.die Pogromisten, sind über die Offenherzigkeit des Januschauersentzückt. Der Dumaskandalist Purischkewitsch, den Herrv. Oldenburg im vorigen Jahr mit Schmeicheleien überschütteteund in die Arbeiten und Parteiverhältnisse des Reichstages„ein-weihte", erklärte vor einigen Tagen bei der Beratung eines An»träges des Barons Meyendorffs, wonach skandalöse Auftritte undunzulässige Schimpfereien von Abgeordneten mit Geldstrafenbelegt tverden sollen, laut dem stenographischen Bericht folgendes:„In einem der besten Parlamente, im Deutschen Reichs-tag, ist das angesehenste(I) Mitglied dieses Parlaments, GrafOldenburg, ein hervorragender kluger(!) Mann, der an derSpitze seiner Fraltion steht, hervorgetreten und hat gesagt, derDeutsche Kaiser brauche nur zehn Grenadieren den Befehl zuerteilen, um diese ganze Sippe auseinanderzujagen... Ichwiederhole, meine Herren, ich hoffe, daß wir nicht genötigt st inwerden, das zu vollstrecken, was im Deutschen Reichstage er»wähnt wurde(Lachen links), aber ihre Strafen werden jeden-falls kein Hemmnis für uns sein, da hier nicht einmal Grena-diere nötig sein werden, sondern die Mitglieder unserer Fraktionund der Verband des russischen Volkes genügen werden.(Lachenlinks. Rufe: Oho!)"Purischkewitsch wäre nicht das, was er ist, wenn er nicht der-sucht hätte, Herrn v. Oldenburg noch zu übertrumpfen und dieUnverschämtheit seines preußischen Kollegen auf echtrussische Manierzu verschärfen._CürheuEine neue Partei.Konstaiitinopek, 22. Februar. 43 Deputierte, meist unzufriedeneKomiteemitglieder, haben eine neue Partei mit dem Namen.Volkspartei gegründet. Das Programm der Vollspartei basiertauf dem Prinzip der Stärkung der Volkssouveränität undtritt somit den von Ferid Paicha verfolgten, angeblich von einigeneinflußreichen Komiteemitgliedern begünstigten konservativen Tendenzen entgegen.