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Beseitigung der s, ochst ungerechten Klasscnwa�l, noch die Wschaf- fung der öffentlichen Stimmabgabe vorfieht, beschließt die Stadtverordnetenversammlung, die Berwaltung zu beauftragen, an das Haus der Abgeordneten eine Petition zu richten, in welcher um Ablehnung der Regie- rungsvorlage und entsprechende Abänderung im Sinne obiger Aus- stände ersucht wird." Die Zensur nach 1848! In B r es l a u hat die Polizei Plakate der Demokraten, die zu Versammlungen einladen sollten, worin gegen die Wahl- Vorlage p r o t e st i c r t werden sollte, anzuschlagen verboten. Das Wortprotestieren" hatte es ihr angetan. Sie bildet sich wohl ein, wenn sie das Protestieren verbietet, sei das Volk zu- frieden? Wie herrlich weit haben wir es doch unter der Konter- revolution seit 1849 gebracht! « Trotz der polizeilichen Verhinderung der Anzeige durch Plakate war übrigens am Mittwochabend die Versammlung der Demokratischen Vereinigung sehr stark besucht, allerdings zu einem großen Teil von Sozialdemokraten. Die Ausführungen des Redners v. G e r l a ch besonders über die Uebergriffe der Polizei fanden stürmischen Beifall. Die Wer- sammelten zogen nach Schluß der Versammlung auf den Blücherplatz und den Ring, wo sie Hochrufe auf daS Wahl- recht ausbrachten und den Wahlrechtsvers der Mar seil- I a i s e sangen, bis die Polizei die Demonstranten zerstreute. VeiT Cassel als freiwilliger ßegierungsssommisfar. Herr Oskar Cassel  , einer der freisinnigen Vertreter Berlins  , ist zwar nur zum Geheimen Justizrat ernannt, und auch das nur, weil die Regienmg in der verflossenen Blockära das Bedürfnis ver- spürte, dem Freisinn ab und zu eineir Brocken zuzuwerfen, ober er hat den Ehrgeiz, Geheimer Regierungsrat   zn werden. Da die Aussichten hierfür recht gering sind, so begnügt er sich einstweilen mit der Rolle eines freiwilligen Regierungs k o m m i s s a r s. Wäre die Sache nicht so tief traurig, so könnte man darüber lachen, wie eifrig er sich in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom Donnerstag, in der die Generaldebatte zum Etat des Ministeriums des Innern fortgesetzt wurde, der armen, unschuldigen, von der Sozial- demokratie verfolgten Polizei annahm, wie er insbesondere die Berliner   Polizei bis in den Himmel erhob, weil es am 18. Februar nicht zum Blutvergießen gekommen ist, und wie er sogar nicht einmal das vor Gericht an den Pranger gestellte Verhalten der Polizei im Anschluß an die Fcrrer-Vcrsammlnngen mißbilligte! Wenn jemand, der die politischen Verhältnisse Preußens nicht kennt, der besonders die Geschichte des Freisinns nicht studiert hat, diese Rede mitangehört hätte, so könnte er, falls er weiß, daß Herr Cassel im Nebenamt stellvertretender Vorsteher der Berliner Stadtverordnetenversammlung ist, aus die Vermutung kommen, daß Cassel ihm am besten darüber Auskunft zu geben vermöchte, auf wessen Anordnung am vorigen Donnerstag das Rathaus durch Polizei besetzt war. Wir nehmen es dem biederen Freisinnsführer ja nicht übel, wenn ihm schon bei dem bloßen Gedanken an Straßendemonstrationen das Herz in die Hosen fällt, wir haben auch nichts dagegen, daß er sich zum Verteidiger der Polizei aufwirft! was wir ihm aber vorwerfen, das ist: daß er in einem Moment, wo das Proletariat alles aufbietet, um Volks- rechte zu erringen, dem kämpfenden Proletariat in so niederträchtiger Weise in den Rücken fällt. Hatte es in den letzten Wochen zeitweise so geschienen, als fei es auch dem Freisinn mit seinem Wahlrechtskamps ernst, so muß man nach dem nnverantwortlichen Auftreten Cassels doch recht sehr an der ernsten Absicht seiner Parteifreunde zweifeln. Unsere Gc- nassen haben von der Tribüne des Landtags herab wiederholt er- klärt, daß sie bereit sind, Schulter an Schulter mit allen wirk- lichen Freunden des ollgemeinen, gleichen, direkten und ge- Heimen Wahlrechts den Kampf gegen die Regierung und die Reaktion zu führen. Jetzt endlich hat einer der Führer des Freisinns die Antwort darauf erteilt. Sie ist so ausgefallen, wie«vir eS vermuteten: Um das bißchen Wahlrecht zu kämpfen, lohnt sich für einen Freistniismann nicht; man fasse sich in Geduld und warte, bis einem das Wahlrecht von oben beschert wird. Wahrlich, die Reaktion wird ihre Freude an Herrn Cassel haben! Als Milderungsgrund könnte man höchstens gelten lassen, daß Herr Cassel seit Nächten von Dolchen, Revolvern und gestoßenem Pfeffer träumt und sich in die fixe Idee hineingeredet hat, daß die Sozialdemokraten ohne diese Dinge nicht auf die Straße gehen. Vor Herrn Cassel hatte der Freikonservative Graf Moltke eine Vorstellung gegeben, und wie wir offen eingestehen wollen, eine recht heitere Vorstellung. Der edle Graf zog aus die Sozialdemokratie zu vernichten, der Effekt seiner Rede aber war, daß er sich unsterblich blamierte. Als Beispiel aller Tugenden schwebt ihm der Reichslügenverband vor Augen, den zu übertrumpfen sein höchster Ehrgeiz ist. So erging er sich denn eine Stunde lang in Verdächtigungen, Beschimpfungen und Verleumdungen unserer Partei, wobei er sich der ältesten, längst widerlegten Märchen bediente, auf die einzugehen an dieser Stelle nicht lohnt. Mit einem Gegner, der sich nicht entblödet, die sozial- demokratische Presse als Revolverpresse zu bezeichnen, der die WahlrechtSlämpfer auf eine Stufe stellt mit dem einen Juwelier- laden plündernden Mob, mit einem solchen Gegner lassen wir uns auf Auseinandersetzungen nicht ein. D i e Ehre erweisen wir ihm nicht! Im Junkerparlament mag Graf Moltke ernst ge- nommen werden, da jubelt man ihm Beifall zu, aber außerhalb des Dreiklasienparlaments dürfte es nur wenig Menschen geben, die ihn ob seines.Erfolges" beneiden. Welchen Wert die Behauptungen des freikonservativcn Redners haben, das wurde ihm noch in derselben Sitzung durch den Ab- geordneten S w i t a I a gezeigt, der das von dem Grafen Moltke ge- flisientlich genährte Märchen vom.Rechtsstaat" Preußen an der Hand skandalöser Vorgänge aus den polnischen Landesteilen gründlich zer- störte und den Polizeistaat Preußen in seiner ganzen schamlosen Nacktheit enthüllte. Besonders eindrucksvoll war das Kapitel: .Spitzeltum und Provokation", das der Redner am Schluß seiner Ausführungen behandelte. Namentlich der Spitzel Ralows ki wurde dadurch endlich verdientennaßen an den Pranger gestellt, aber nicht nur er, sondern mit ihm die ganze politische Geheim- Polizei. Politische(leberllcht. Berlin  , den 24. Februar 1310 Sozialpolitik für Arbeiter. AuS dem Reichstag  , 24. Februar. In den mehr- tägigen Debatten zum Etat des Reichsamts des Innern hatte der Staatssekretär Delbrück   es bisher nicht für nötig befunden, auf Arbeiterfragen einzugehen. Den Sig- nalen der bürgerlichen Redner Folge leistend, hatte er sich über Handels- und Mittelstandspolitik verbreitet, sich die Arbeiterfragen aber durch eine nebensächliche Bemerkung für später vor- behalten, trotzdem Genosse Fischer mit hinreichendem Nachdruck diese Fragen angeschnitten hatte. So kam heute als zweiter sozialdemokratischer Redner Genosse Hoch zum Wort, ohne daß der vorsichtige Herr Delbrück   ihm Gelegenheit gegeben hatte, ein sozial- politisches Regierungsprogramm kritisch beleuchten zu können. Hoch nahm zunächst Anlaß, die Delbrückschen Aus- sührungen über die Shndikate und Kartelle durch eine Perspek- tive über die zukünstige EntWickelung des Wirtschaftslebens zu vervollständigen: Jetzt schon beherrscht eine kleine Zahl Groß- industrieller und großer Bankherren die Produktion. Mit Riesenschritten führt die Enttvickelung zu dem Zeitpunkt, der die Uebernahme der Produktion durch die Gesamtheit zur gebieterischen Pflicht machen wird. Jetzt schon heischt aber das riesenhaft angewachsene Heer der 1618 Millionen Industriearbeiter eine bessere Berücksichtigung seiner Lage. Die Regierung verhält sich mehr und mehr gleich- gültig ihm gegenüber. Die bürgerlichen Parteien wetteifern zwar in schönen Reden, sie wollen aber nichts Ernstliches tun. Graf Posadowsky   habe einmal, so führte Genosse Hoch weiter ans, treffend von der argen Heuchelei gesprochen, die sich vielfach hinter dem sozialreformerischen Gerede verstecke. Was wir besäßen an Arbeitcrschutz, hätten sich die Arbeiter selbst in langem Kampfe ihrer Organisation gegen Regierung und Unternehmertum ertrotzt. Der Minister Delbrück   redete sich wegen seines langen Schweigens über Arbeiterfragen darauf hinaus, daß er nach Fischers Rede noch habe abwarten wollen, ob nicht auch bürgerliche Parteien, insbesondere das Zentrum, gleichfalls auf Arbeiterfragen zu sprechen gekommen »vären, das sei aber nicht der Fall gewesen. Während nämlich der erste Redner der Zentrumspartei  , Mäher- Kaufbeuren, nur in Handelspolitik gemacht hatte, kam der zweite, der Tischlermeister Göring   aus der Pfalz  , nicht über die zünftlerische Mittelstandsretterei hinaus. Aber die charakteristische Umgehung der Arbeiterfrage durch das Zentrum rechtfertigt immer noch nicht, daß der Minister seinerseits beharrlich weiter schwieg, denn nach Göring  war vor Hoch noch der Nationalliberale Findel und der Freisinnige Carstens zum Wort gekommen. Was Herr Delbrück   jetzt aber zur Arbeiterfrage beitrug, war herzlich wenig. Er verwies auf die eingebrachten Gesetz- entwürfe und kam sonst über die in Ministerreden eifrig gepflegten Allgemeinheiten nicht hinaus. Bemerkens- wert ist nur. daß er erklärte, die Regelung der Ar- b e i t S z e i t müsse ausschließlich der Verständigung zwischen Unternehmern und Arbeitern vor- behalten bleiben. Diese Weisheit kann man schon in den vergilbtesten Schmökern der Manchesterci nachlesen. Morgen geht die Gencraldiskussion weiter. Aus der Reichstagsfraktion. Unsere Reichstagsfraktion beschloß gestern, an Stelle des Genossen Singer dessen Befinden sich gebessert hat, der aber durch seine Krankheit leider noch auf längere Zeit hinaus behindert ist, an den Reichstagssitzungen teilzunehmen den Genossen Geyer in die Geschäftsordnungskommission zu delegieren. Die Fraktion beschloß ferner, beim Etat des Reichs- kanzprs eine Resolution einzubringen, in der der Reichskanzler ersucht wird, dafür zu sorgen, daß die Ersatzwahlen zum Reichstage künftig nicht mehr in verfassungs- und Wahl- rechtswidriger Weise so verspätet anberaumt werden, wie das bisher zumeist der Fall war. Bei der Präsidentenwahl wird die Fraktion für den Kandidaten stimmen, der von der stärksten Fraktion des Hauses, die Anspruch auf den Posten des ersten Präsidenten hat, vorgeschlagen wird._ Ein parlamentarisches Vorrecht des Bundesrats. Am Donnerstagvormittag trat die Geschäftsordnungskommission in die Beratung der ihr überwiesenen Anträge auf Abände« rung der Geschäftsordnung ein. Zunächst wurden die Vorschläge auf Aenderung des K 48 in Angriff ge­nommen. Auf Grund der Verfassung kann ein Bundesrats- Mitglied im Reichstag jederzeit das Wort nehmen, nicht nur nach Schluß der Diskussion, sondern selbst außerhalb der Tagesordnung. Der gegenwärtige§ 48 der Geschäftsordnung sagt nun: Nimmt ein Vertreter des Bundesrats nach dem Schluß der Diskussion das Wort, so gilt diese aufs neue für eröffnet... Für den Fall, daß er außerhalb der Tagesordnung das Wort nimmt, ist aber überhaupt keine Möglichkeit vorgesehen, daß ein Abgeordneter auf die betreffende Frage eingehen kann. DaS ist an sich ein dem parlamentarischen System wider- sprechendes Vorrecht. Es hat auch schon zu Mißbräuchen geführt, so als Fürst Bülvw im Jahre 1998 außerhalb der Tagesordnung eine Erklärung gegen die Straßendemonstrationen im Wahlrechtskampfe abgab. Die Sozialdemokraten hatten deshalb schon im Dezember 1998 bei Einbringung der Versassungsanträge diesen Mißstand zu beseitigen gesucht, indem sie beantragten, daß der vorhin angeführte Z 48, Absatz 1 den Zusatz erhalten soll: ... nimmt er außerhalb der Tagesordnung das Wort, so ist die Diskussion über seine Ausführungen zu eröffnen." Dieser Antrag war auch in diesem Jahre von der Sozialdemo- kratie wieder eingebracht. Dagegen beantragten die Herren Junck(natl.) und Müller- Meiningen sfrs. Vp.) im Anschuß an einen vorjährigen KommissionS- befchluß eine AbsckwSchung dieses Antrages dahin: daß die Eröff- nung der Diskussion in einem solchen Falle erst von einem Beschluß deS Reichstags abhängig gemacht werden solle. In der Debatte vertrat Genosse Ledebour   den sozialdemo- kratischen Standpunkt mit dem Hinweis darauf, daß der Grundsatz der Gleichberechtigung zwischen Bundesrat und Reichstag   die be- antragte Neuerung unbedingt erforderlich mache. Tatsächlich habe bei der gegenwärtigen Praxis der Reichskanzler oder ein beliebiges BundeSratsmitglied es völlig in der Hand, eine Frage selbst- herrlich auf die Tagesordnung zu setzen, indem er gleichzeitig dafür sorgt, daß ihm niemand sofort erwidern kann. Die von libe- raler Seite vorgeschlagene Lösung sei aber ungenügend, da eine Mehrheit gar nicht wissen könne, ob nicht einer oder der andere Abgeordnete hinreichenden Grund zur Wortmeldung hätte. Die Konservativen K r e t h und Graf Westarp   sowie die Freikonserva- tiven v. D i r l s e n und Schultz bekämpften die Aenderung des 8 43 überhaupt, brachten aber als Eventualanträge zum Antrag Junck-Müller allerhand Erschwerungsbestimmungen in Vorschlag. Sie alle bekämpften die Neuerung auch als ein Produkt sozialdemo- kratischer Machtgeliiste mit dem schweren Geschütz verfassungsrechtlicher Bedenken. Den Herren Junck und Müller schloß sich der Zentrums- abgeordnete R o e r e n an in der Befürwortung des liberalen Ver- mittelungSvorfchlagS, der ja auch in der vorigen Session Von dem ZenttumSabgeordneten Zehnter eingebracht war. Nach längerer Debatte wurde zunächst der sozialdemo» kratische Antrag mit 18 gegen 4 Stimmen(Sozialdemokraten und 2 Freisinnige) abgelehnt. Ebenso wurden abgelehnt die konservativen Eventualanträge gegen 8 Stimmen (Konservative, Reichspartei und Antisemiten). Gegen die nämlichen 8 Stimmen wurde dann mit 14 Stimmen(Nationalliberale, Freisinn, Zentrum, Polen   und Sozialdemokraten) der Antrag Junck- Müller angenommen. Die Sozialdemokraten stimmten dafür, um wenigstens eine. wenn auch abgeschwächte Möglichkeit der Antwort auf eine 8U- gierungserklärung außerhalb der Tagesordnung zu ermöglichen. Die nächste Sitzung findet Mittwoch, den 2. März statt. Herr v. Moltke und das Zentrum. Dem Zentrum genügt die schöne Strafpredigt nicht, die gestern im preußischen Abgeordnetenhause der Minister v. Moltke von seiner eigenen Partei anhören mußte. Uner- bittlich, wie es seinen Gegnern gegenüber ist, erscheint dem Zentrum die naive Art und Weise, in der sich der Herr Mi­nister des Innern nach dein Rezept ertappter Schuljungen mit seiner Unwissenheit entschuldigte, noch immer nicht als eine genügende Bloßstellung der geistigen Qualitäten dieses talentvollen Ministers! Die Zentrumspresse läßt es sich des- halb nicht nehmen, dem Herrn v. Moltke noch einige weitere Hiebe auf jenen hinteren Körperteil zu applizieren, der bei diesem Minister zweifellos der edelste von allen ist. Borau geht dieKöln  . Volksztg.", die sich in einem Artikel über die gestrige Sitzung des Abgeordnetenhauses folgende boshafte Bemerkungen leistet: Als Abg. Dr. Bell ein amtliches Schreiben aus dem Mi- nisterium des Innern, unterzeichnet mit dem Namen des Ministers v. Moltke vorliest, der selbst dieses Pamphlet noch amtlich empfahl, da packt helle Aufregung auch die 5loi>scrvativen. Herr v. Heyde- brand geht zu Abg. v. Pappenheim   hinaus, v. Pappcnheim be» spricht sich mit Frhrn. v. Erffa  , eilt dann ins Ministersoyer, spricht kurz mit einem Gehcimrat und konferiert dann wieder in ficht- licher Erregung mit seinen Parteifreunden. Die Abgg. Dr. Pach- nicke und Dr. Friedbcrg tuscheln eifrig zusammen.. Der Unter- staatssekretär Holtz redet erregt auf den Minister ein, immer wieder auf das Empfehlungsschreiben zeigend. Der Minister sitzt am Platze unbeweglich und scheinbar unachtsam, als ob ihn die ganze Sache nichts anginge. Mit dem Wunsche, der Minister möge eine beruhigende Aufklärung geben, schließt Dr. Bell seine ein- drucksvolle Rede, durch die das ganze Haus noch lange in Atem gehalten wird. Sofort erhebt sich jetzt Minister v. Moltke ohne ein Zeichen äußerer Erregung, nur daß er unverständlich leise die paar Worte der Entschuldigung buchstäblich heraus- stottert und ferner mit einer unwilligen Handbewegung ein Manuskript seines Unterstaatssekretärs zurückgibt, kann man als Zeichen seiner inneren Erregung deuten. Was er sagte, war naiv. Er habe das Buch nicht gelesen, nur durchgeblättert und manche Stellen darin hätten Amüsantes über politische Tages- fragen enthalten. Auch Fürst Bülow   habe ja das zu seinem Lob geschriebene Buch empfohlen. Das geht auch den Konservativen zu weit, und Abg. v. Pappen- heim macht seiner Entrüstung sogar in lebhaften Zwischenrufen Luft. Ohne ein Zeichen des Beifalls setzt sich der Minister nach der Rede wieder. Auf der Linken lachen ein paar Ab». geordnete über die peinliche Szene. Sofort greift Abg. v. Pappenheim   den Fall auf und verurteilt ihn auf das schärfste. Ich habe ihn noch nie in solcher Erregung gesehen. Die Worte überstürzten sich förmlich, als er dem Mi- nister zuruft: So etwas ist für uns unverständlich. Das Schreiben ist eine amtliche Empfehlung, und wir können unmöglich an- nehmen, daß ein preußischer Minister sich mit einem solchen Buche identifiziert. Erregtschlägt v. Pappen heimbeidicscn Worten mit der Faust auf den Tisch, und die Kon- servativen spenden de man st ratio stürmischen Beifall." Das sind, wenn man die Stellung derKöln  . Volksztg." als des Hauptblattes einer Regierungspartei in Betracht zieht, recht bittere Sottiscn. Die gestrigen Ausführungen des Herrn v. Moltke zeugten zwar dafür, daß er unzweifelhaft eine sichere Anwartschaft auf den Himmel hat, der den Ein- fältigen im Geiste verheißen wird; aber zu seiner Entschuldi» gung muß doch gesagt werden, daß seine Kollegen im Amte auch nicht auf einer viel höheren geistigen Zinne stehen und seine Intelligenz immerhin der Stufe entspricht, die Preußen als Kulturstaat unter den zivilisierten Nationen einnimmt. Wer wird Reichstags Präsident? Gegen das Gerücht, daß das Zentrum den Vizepräsidenten Dr. Spahn zum ersten Präsidenten vorschlagen will, wendet sich die Kölnische Volkszeitung". Sie schreibt, tm Zentrum habe man nie im Ernste daran gedacht, den Anspruch auf den erste» Präsidenten- Posten jetzt wieder zu erheben, nachdem man erst vor knapp vier Monaten verzichtet habe, das Zentrum werde vielmehr den von den Konservativen vorgeschlagenen Kandidaten zum Reichstagspräsidenten wählen. Ein angeblich parteiloses Berliner   Blatt will Wiste», daß Graf Schwerin-Löwitz nicht geneigt fei. das�ilmt des Präsidenten anzunehmen, weshalb in konservativen Kreisen die Absicht erwogen werde, den Abg. Dietrich oder den Abg. Fink v. Finkenstein  in Vorschlag zu bringen. Warum mcht gleich den Herrn Kreth oder den Herrn v. Oldenburg  ? Die Selbständigkeitsbestrcbungen der Reichslando vor dem Landesausschuß. Im Landesausschuß für Elsaß-Lothringen   kamen am Donners- tag die Anträge auf Abänderung der Verfassung und deS Wahl  » rechts zur Verhandlung. Der Antrag auf Gleichstellung Elsaß  » Lothringens   mit den deutschen Bundesstaaten wurde mit allen gegen eine Stimme, der Antrag auf Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechtes unter Anwendung des Pro- portionalwahlverfahrens mit allen gegen b Stimmen(bei einer Stimmenthaltung) angenommen. In der Debatte über den Verfassungsantrag stellte der Ab» geordnete Ditsch(Lothringer  ) die Frage, wie lange noch die Regie» rung warten wolle, um die langjährige Erregung zu beruhigen. Der Staatssekretär Zorn von Bulach gab im Namen der Regierung eine Erklärung ab, wonach die Regierung ernstlich be- strebt gewesen sei, den Ausbau der Verfassung im Sinne einer größeren Selbständigkeit des Landes zu vollenden. Es sei zu hoffen, daß die erneuten Verhandlungen bald das Stadium der Erwägun» gen verlassen würden. Zu der Frage des Wahlrecht» erklärte der Abgeordnete Ditsch, daß die Elsaß-Lothringer für die Anwendung dieses Wahlrechts mündig seien. Zorn von Bulach gab wiederum eine Erklärung ab, wonach die Regierung nicht grundsätzlich einer Umänderung des Wahlrechts abgeneigt sei; sie halte es aber für richtiger, damit zu warten, bis das Land selbst über diese Maßnahme beschließen könne._ Zustände auf der kaiserliche» Werft in Kiel  . Es wird fortgewurstelt! DerBerliner Volkszeitung" wird au? Kiel   berichtet: Bei der Untersuchung des mit Sand beladenen