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Kr. 48.?7. ZahrMz. 1. Kilme Ks Jormärtf Kerlim AlksM Zonnllbtnd. 36. Februar lW. R.eLckstag. 44. Sitzung vom Freitag, den 2S. Februar. mittags 12 Uhr. Am BundeSratZtisch: Dr. Delbrück. Die zweite Beratung deS Etats für daS ReichSamt dcS Innen» nebst den dazu gestellten Resolutionen wird fortgesetzt. Abg. Behrens sWirtsch. Vg.): Kollege Hoch sagte gestern, bei der Börse zeige sich die Ausbeutung der Volt-Zmassen in klarster Form. Als man aber hier die Börsenspekulation beschränken wollte, der« sagten die Sozialdemokraten lSehr richtig I rechts), ebenso haben sie bei der Finanzresorm der Besteuerung der Börse nicht zugestimmt. Das Allheilmittel derSozialdemokratie ist die gesellichafilicheProduktion; die Verstaatlichung der Eisenbahnen liegt, wie Sie selbst zugestehen, auf diesem Wege, aber da klagen Sie wieder über Unfreiheit der Arbeiter. Wir glauben nicht daran, datz es bei einer gesellschaftlichen Produktion besser wird, vor allem nicht für den Arbeiter.(Sehr richtig I rechts.) Wenn Herr Hoch gestern sagte, dast sogar die am besten gestellten Arbeiter langsam verhungern müssen, so ist das doch eine starke Uebertreibung. Hätten wirklich alle sozialpolitischen Maßnahme» keinen besseren Erfolg gehabt, so wäre das traurig; dann hätten übrigens auch die sozialdemokratischen Reden den Arbeitern nichts genützt. Uebertrieben ist eS auch, wenn die Sozialdemokraten behaupten, die Regierung hänge vom Zentralverband der Industriellen ab. Es ist auch nicht richtig. daß die Regie- rung auf Arbeiterlongrcssen nicht ebenso gut erscheint wie auf Kongressen der Ünternehmerverbände und im Landwirt- schaftsrat: auf dem Kongreß der christlich-natwnalcn Arbeiter in Berlin war sowohl der jetzige Reichskanzler als der Staatssekretär des Innern erschienen. Aber dafür wurden wir von den Sozial- demokraten verhöhnt; statt dessen sollten die Sozialdemokraten sich bessern und es uns gleich tun.<Lachen bei den Sozialdemokraten.) Für die Privatbeamien wünschen wir möglichst rasch eine Ver- sicherung; es ist nicht richtig, daß die bürgerlichen Parteien das nicht ernstlich wollen, wie gestern Herr Hoch behauptete. Wenn wir die Vorlage haben werden, werden gerade die Sozialdemokraten Schwierigkeiten erheben.(Sehr richtig! rechts.) Redner begründet dann die von seiner Partei eingebrachte Resolution, welche die Bekämpfung der Schmutz- und Schundliteratur verlangt. Zum Schluß bittet er um eine Regelung der rechtlichen Lage der Gärtner.(Bravo I rechts.) Staatssekretär Dr. Delbrück: Wie weit der Kamps gegen die Schmutzliteratur durch Aende« rung der Gesetzgebung zu führen ist, wird gegenwärtig noch erwogen. Fast noch wichtiger ist eine Organisation der polizeilichen Ueber- wachung der Schmutzliteratur. Um eine internationale Ueberwachung herbeizuführen, wird im Laufe dieses Jahres in Paris ein inter« nationaler Kongreß stattfinden. Die schwierige Frage der Regelung der rechtlichen Stellung der Gärtner werde ich fördern, so- Welt das in meinen Kräften steht. Abg. v. Licbcrt(Rp.): Die jedes Jahr in derHalle der Wiederholungen� wieder- kehrende Resolution der Sozialdemokraten über eine Beschränkung der Arbeitszeit in der Glasindustrie nimmt auf die Bedürfnisse der Industrie keine Rücksicht. Die hier nicht vertretenen Glasindustriellen haben mich gebeten, hier für sie einzutreten. Die Glasarbeiter haben genug Zeit zur Erholung; in der Umgebung der Glashütten sind die Jagden häufig von Glasarbeitern gepachtet, die genügend Zeit haben, auf die Jagd zu gehen.(Hört! hört! rechts.) Die Ge- fahren bein, Arbeilen in den Glashütten sind nicht größer als in anderen Betrieben. Die Unfälle werden meistens durch daS eigene Verschulden der Arbeiter herbeigeführt. Die Löhne sind gestiegen, die Zahl der Arbeiter hat sich vermehrt. Ein Borgehen deS Bundesrats gegen Mißstände in der Glasindustrie ist nicht notwendig, da die Berichte der GewerbeaufsichtSbeamten fest- stellen, daß die gesundheitlichen Gefahren in der Glasindustrie nicht größer sind als in anderen Industrien. Leider werden die Schutz- Vorschriften von den leichtsinnigen Arbeitern häufig nicht beachtet Wird am Sonntag nicht gearbeitet, so würden die Arbeiter'/? ihres Wochenlohnes verlieren, wird die Nachtarbeit verboten, so verlieren die Arbeiter>/, ihres Lohnes. Das werden die Arbeiter selbst nicht wollen. Würde der Antrag Gesetz, so müßte die Belegschaft um die Hälfte vermehrt werden. Das würde eine große Mehr belastung für die Industrie herbeiführen zu ihrem und der Arbeiter Ruin. Schon jetzt leidet die deutsche Tafelglasindustrie schwer unter der Konkurrenz des Auslandes, so daß sie keine Mehrbelastung er- Kleines feuilleron. Der Fkora-Sachverstäiidige. Man muß es den Bodemännern lasten, fie verstehen sich zwar nicht auf die Methode, eine objektive Untersuchung anzilstellen, aber auf die andere, die Welt zu täuschen. Sie handeln offenbar nach dem Grundsatze: sind wir Ichon selber reingefallen, so ist eS unsere Pflicht, auch die anderen reinfallen zu lassen. In denamtlichen Berichten" war schon vor Wochen die offen- kundige Unwahrheit zu lesen:Inzwischen bat sich auch die völlige Unzuverlässigkeit der Zuschriften aus Southampton , deren Prüfung auf ihre Ursachen und Urheber von Deutschland auS unmöglich ist, ergeben... Keineswegs brauchen wir uns aber noch darum zu kümmern, nachdem die Gutachten der Sachverständigen diese Zeug- nisse für die Autorschaft des alten Lucas als falsch erwiesen haben." Man traute seinen Augen nicht, als man das las. Denn in Wahrheit war durch nichts, rein gar nichts die Zuverlässig- keit der englischen Zeugen erschüttert. Und als unmöglich hatte sich nur das Verfahren des Herrn Posse erwiesen, einen Mann zu produzieren, der englischer- und auch andererseits sich eines üblen Leumunds erfreut. Bleiben die Sachverständigen oder richtiger: ein Sachverständiger: Professor Raehlman», der in seinem Gutachtenbewiesen" hatte, daß die Bemalung der Florabüste Techniken und Farben ausweise, die für die Rcnaissancezeir charakteristisch seien und in neuerer Zeit nicht mehr vorkämen. Wir hatten sogleich darauf hin- gewiesen, daß damit gar nichts bewiesen sei. da Lucas nachweisbar sich aller Techniken bedient habe. Aber das Kaiser-Fricdrich- Museuni war über diesen Sachverständigen hochentzückt und läßt ihn jetzt in öffentlichen Vorträgen paradieren. Berlin hatte eine neue Sensation, die gratis jedermann verabreicht wurde, der im K.-F.-Museum seine Visitenkarte präsentterte. Herr Raehlmann hat also seine Argumente öffentlich wiederholt und sich damit aufs äußerste blamiert. Erstens weil er zu viel be- wiesen hat. Denn»och ihm ist auch die Bcmalung alt, die nach Prof. MietheS Gutachten 1800 noch nicht vorhanden war. Zweitens aber find die angeblichen Renaissancefarben keineswegs auf diese Zeit beschränkt, vielmehr noch heute im Handel und auch die pidoo de resistance: die Orseille findet noch heute in der Färberei Verwendung. Die Schlußfolgerungen de-Z Prof. Raehlmann sind also hin- fällig. Ob freilich die Orseille von Lucas herrührt oder den ge- wandten und in England mit Rainen nachzuweisenden Restaura- toren, die die Büste zuletzt hergerichtet haben, ist eine andere Frage. Bielleicht haben diese absichtlich altertümliche Farben verwendet weil sie die Möglichkeit des Herrn Raehbnann vorausahnten. Uebrigens hat einFachmann", der Wiener kunstgelehrte Theodor v. grimm cl alle diese Dinge in der Wiener»N. Freien Presse" tragen kann, wie sie der grundstürzende Antrag der Sozialdemo­kraten auch zum Schaden der Arbeiter herbeiführen will. Dieser Antrag muß abgelehnt werden. Hier zeigt eS sich wieder ein- mal, daß die bürgerlichen Parteien auch die Interessen der Arbeiter vertreten, während die Sozialdemokraten ein freventliches Spiel mit ihnen spielen.(Bravo ! rechts.) Abg. Roeren<Z.): Die Unsittlichkeit unter der heranwachsenden Jugend hat eilten bedenklichen Umfang angenommen; in der Hauptsache wird sie ver- anlaßt durch die Schmutzliteratur, durch unsittliche Bilder und Bücher, die die leicht erregbare Jugend zu sexuellen Verfehlungen und ge- Heimen Lastern verleiten. Die schwere Gefahr, die der literarische Schmutz bedeutet, wird von keiner Seite mehr verkannt. Hat doch die liberale Bürgerschaft Hamburgs mit Mehrheit eine Resolution beschlosien, die eine neue Lex Heinze ver- langt. Diefreie Stadt" Hamburg steht gewiß nicht im Verdacht reaktionärer Bestrebungen. In diesem Falle rührt der Antrag aber direkt von der liberalen Partei her, ist von einem liberalen Bürgerschaftsvertreter begründet worden.(Redner verliest diese Begründung und erklärt sich vollkommen mit ihr einverstanden I) So notwendig eine Verschärfung der ßSj 184 und 184a wäre, würden die schlimmsten Schäden sich doch schon beseitigen lassen, wenn der vorhandene tz 184 scharf angewendet würde. Aber leider zeigen unsere Gerichte hier eine Laxheit und Zaghaftigkeit, die der Unsitt- lichkeit geradezu Vorschub leisten. Auch unsere sonst so schneidigen Staatsanwälte sind hierin von kaum glaublicher Lässigkeit. Bei der Lex Heinze war trotz der Obstruktionsstimmung das Haus sich einig darin, daß die öffentliche Anpreisung von Präservativs und Mitteln zur Verhinderung der Schwangerschaft verboten werden müste. Jetzt ist das ganze Land geradezu überschüttet damit, in jedem Friseurladen, in jedem Drogenladen hängen die Plakate offen am Fenster. Und die Reklame verfehlt ihre Wirkung nicht. Die Geburlsziffer ist in Deutschland rapide im Abnehmen. Die sogenannten Aklbilder werden von den Gerichten meistens freigegeben und dürfen an Personen jeden Alters verkauft werden. Ich habe solch freigegebene Bilder hier vorgelegt, und jeder, der sie gesehen hat, hat mir zugestimmt, daß es empörend sei, daß solche Sachen frei verbreitet werden können. Bei vielen Gerichten ist es Brauch, in allen Fällen, wo eS sich um eine Verletzung des§ 184 handelt, dem Angeklagten zu gestatten, daß von ihm Künstler oder Literaten geladen und als sogenannte Sachverständige vernommen werden. WaS solche Gutachten eigentlich sollen, ist mir nicht verständlich. Es handelt sich doch darum, ob das sittliche Volksempstnden verletzt worden ist, und zum Urteil darüber ist jeder sittlich fühlende Mensch berufen, einerlei, ob es sich um ein künstlerisches oder nichtkünstlerischeS Machwerk handelt.(Sehr wahr I im Zentrum.) In diesem Sinne haben sich auch Künstler wie Hans Thoma und Prof. Stuck in München ausgesprochen Die Zuziehung von Sachverständigen hat sich allgemach zu einem wahren Unfug ausgewachsen. Offen verkündigen Sachverständige den Grundsatz sexueller Zügellosigkeit, das Recht der erotischen Phantasie auf Befriedigung. Was helfen alle Gesetze, wenn fori gesetzt aus Grund solcher Sachverständigenurteile ungeheuerliche Frei' sprechungen erfolgen? Gerade die, die eine Wiedereinbringung der Lex Heinze sürchien, sollten gegen diesen Sachverständigenunfug auf. treten. Die wahre Kunst hat nichts zu fürchten von Abwehrmaß. regeln gegen Schmuy und Unsittlichkert. Sollte aber auch wirklich dieser oder jener Künstler unter solchen Maßnahmen zu leiden haben: die Gesundheit der deutschen Jugend ist wichtiger als die Kunst. (Dröhnender Beifall rechts und im Zentrum.) Abg. Wachorst de Wrnte(natl.): Die wüsten Hetzer des Bundes der Landwirte(Unruhe rechts. lebhafte Zustimmung links) entblöden sich nicht, die Tatsachen auf den Kops zu stellen. Die Wanderredner aus der Dessauer Straße machen die Nationalliberalen für alles verantwortlich, was eS UebleS auf der Welt gibt, nächstens wohl auch für den Sündenfall.(Schall. Htk.) Der Abg. Diettich hat hier neulich den Grundsatz aufgestellt, man solle nicht auf Acußerungen zurückgehen, die über zehn Jahre alt sind. Herr Diederich Hahn sollte sich das merken. Man könnte sonst auch seinen Aenßcrungen nachgehen und würde darunter unter anderem auch einen beim Biere gefallenen Ausspruch finden, daß er, Herr Hahn, hoffe, noch einmal der Nachfolger Bismarcks zu werden! (Stürmische, minutenlange Heiterkeit im ganzen Hause.) Der Bund der Landwirte mag früher seine Verdienste gehabt haben,(Aha! rechts.) jetzt ist feine Agitation wieder so. wie sie der frühere Minister v. Hammerstein charakterisiert hat, nämlich gemein.(Lebh. Zust. links, Lärm rechts.) Die Agitation des Bundes der Landwirte ist derart verhetzend, daß die Agitation der Sozialdemokraten im Vergleich dazu hoch anständig ist.(Lebhafte Zustimmung links, wütender Lärm rechts.) Wir verlangen von der Regierung, daß sie dem längst dargelegt. Er schreibt wörtlich:Durch den Nachweis von Orseille, einem Farbstoffe, der wie ohnedies längst bekannt, aus Flechten bereitet wurde und noch bereitet wird, ist sür die Eni- stehungszeit der Florabüste nichts bewiesen. Aber andere Tat- fachen, die noch nicht genug allgemein bekannt sind, haben für die Altersbestiinmung der Flora beweisende Bedeutung. Hier gehört die wissenschaftliche Begutachtung der Stoffe, die bei der Eröffnung der Büste vorgefunden worden sind. Ein Fachmann ersten Ranges, Cecil Smilh vom Viftoria- und Albert-Muieum in London , hat diese Stoffe genauestens untersucht und sür Erzeugnisse auS den ersten Regierungsjahren der Königin Viktoria erklärt." Das Kaiser-Friedrich-Museum hat eine große Portion von Ver- legenheitöhypothcsen verbraucht, von denen es selbst keine mehr ausrecht erhält. Auch der Verbrauch an wissenschaftlichem Renommee ist ein erheblicher und bedauerlicher. Ob Prof. Raehlmann das letzte Opfer ist? Theater. Charlottenburger Schillertheater:Egmonf von Goethe. Die Aufführung verdiente den rauschenden Beifall, mit dem das bis auf den letzten Platz gefüllte Haus am Schluffe dankte. Herrn P a e s ch k c s Egmont war eine Leistung, die an jeder ersten Bühne in Ehren bestanden hätte. Der Darsteller hat in den Jahren, seil er dem Schillertheater angehört, eine überraschende Enuvickelung durchgemacht. Die Maniriertheit, die seinem Spiele früher anhaftete, die Neigung zu gewissen stereotypen Effekten in Ton, Gebärde und Haltung ist allmählich bis auf die letzten Spuren ausgemerzt und überwunden; Körper und Organ zu voller Schmiegsamkeit und Freiheit fortgebildet. Die so er- worbenen Mittel gehorchen sicher jeder Intention. DaS Wesen des Goetheschen Egmont sonnige Lebensfreude spielender Leichtsinn im Bunde mit kühner Kraft und Fassung, kam ohne Bruch, natürlich selbstverständlich, im Bilde, das der Sckau- spieler entwarf, zum Ausdruck. Man spürte, welchen Zauber diese harmonische Perwnlichkeit bei allen ihr als politischem Charakter anhaftenden Fehlern auf die Umgebung ausüben mußte. Die An- mut im Glück und die dein Tode trotzende, am Gedanken des großen Freiheitskampfes sich erhcb�ide Würde des Gestürzten und Ein- gekerkerten verschmolzen hier so überzeugend zu einem Ganzen, daß man die Traumapotherse die dem sorglosen Zauderer zum Freiheitshelden stempelt, kaum mehr als dichterische Uebertreibung empfand. Von den kleineren Rollen verdienen nainent- lich P a t e g g S Alba, Gerhards Oranien, Hedwig P a u l y S Regentin und Fanny Wolf in der Figur von KlärchenS Mutter Erwähnung. Das Klärchcn des talentvollen Fräulein Else Baum- b a ch wurde nach meinem Empfinden durch einige Ontriertheit, ein allzu starkes Dehnen und Unterstreichen beeinträchtigt. Die treffliche Inszenierung der großen Volksszene im ersten Akt und die De- korationcn bildeten einen farbig stimimmaSvollen Hintergrund. dk» Deutschen Bauernbund sich objektiv gegenüberstellt, daß sie unserer Bewegung keine Hindernisse in den Weg legt. Viele sind unter uns, die den Anschluß nach rechts nicht ganz verlieren möchten, aber en Canaille lassen wir unS nicht behandeln, und wir werden zu kämpfen wiffen für unseren politischen Einfluß und ftir unsere politische Würde. Und damit: adieu, meine Herren!(Lebh. wiederholter Beifall bei den Liberalen, Lärm und Lachen rechts.) Abg. Dr. Hahn(k.): Wenn ich diese Rede höre, so habe ich gemischte Gefühle, denn ich bin gewissermaßen daran sckrnld, daß der Redner hier im Reichs- tage sitzt.(Heiterkeit rechts.) Genau so, wie ich daran schuld bin, daß Dr. Böhme hier sitzt.(Lachen links.) Herr Wachhorst, der sich sogar mit mir hat photographieren lassen,(Stürmische Heiterkeit.) hat mir draußen in der Agitation vorgeworfen, ich läge dem Zentrum zu Füßen. Ich fragte ihn: warum? Da sagte er, ich ginge im Reichstage sehr häuffg mit Herrn Erzberger zusammen spazieren.(Große Heiterkeit.) Redner verteidigt die Pfui!- Rufe im Zirkus Busch: Mit Recht habe man über die Straßendemonstrationen Pfui! gerufen,(Lautes Lachen bei den Sozialdemokraten) zumal die Führer sich ver- kriechen.(Lautes Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ueber die neueste EntWickelung der Nationalliberalen sagen selbst alte National- liberale: Piui!(Sehr richtig! rechts.) In Mülheim -Wipperfllrth haben die Nationalliberalen die Parole ausgegeben: Keine Stimme dent Zentrum I(Hört I hört! rechts und im Zenlr..) Ich gratuliere Ihnen zu dieser Enlwickelung.(Lautes Gelächter links.) DaS kann ja beiden nächsten Wahlen schön werden!(Heiterkeit.) Die NationaUiberale» haben oft genug die Nation und auch den Liberalismus im Stich gelassen.(Sehr wahr I rechts.) DaS Zusammengehen mit der Sozialdemokratie ist der Tod des Liberalismus. Wenn schon einmal geschimpft wird, dann versteht die Sozialdemokratie dies viel bester. (Lebbafte Zustimmung rechts und im Zentrum.) Bei den letzten Wahlen haben wir 34 Nationalliberalen zum Mandat verholfen. Manchen Lappen haben wir dafür Hergegrben.(Stünnische Heiter- keit.) Ob lvir das noch in Zukunft werden tun können, das ist mehr als zweifelhaft. Wir sehen der Zukunft mit gutem Gewissen entgegen. (Lebhafter Beifall rechts.) Mg. Gothein(frs. Dg.): Zur Sache hat der Vorredner sicher nicht gesprochen. Da? Niveau, auf dem seine Ausführungen sich bewegten, war ein pro» sfe s s o r a l e S allerdings das des Professors Suchsland. (Sehr gut! links.) In den Hahnenkampf um die Bauernseelen(Große Heiterkeit) will ich mich nicht einmischen. Das Wahlgeheimnis hat in weit höherem Matze unter der Mangelhaftigkeit der Urnen ge- litten als der Staatssekretär zugeben will. In meinem Wahlkreis zum Beispiel ist mit der Zigarrenkiste und der Suppenterrine fürchterlicher Unfug getrieben worden. Kleinlich, lächerlich und geradezu sinnlos ist die Furcht der Regierung davor, daß Sozialdemokraten irgendwie in autoritäre Kontrolleur-ufw.-Stellungen kommen. Ganz im Gegenteil sollte man fich über jeden Sozialdemokraten freuen, der zur praktischen Arbeit gezwungen ist und daher um so weniger Zeit zum Agitieren hat. Man sagt, Kollege Spahn habe seit Jahren einen Kartellgesetz» entwurf fix und fertig im Schubkasten liegen. Werter Herr Kollege Spahn, so lasten Sie sich dock erweichen und öffnen Sie Ihren wundertätigen Schreibsisch I(Große Heiterkeit.) Nach unserer Meinung gibt eS nur ein Mittel gegen die Schäden der Kartelle, und das ist die freie Konkurrenz. Hier kann auch der Staat in seiner Eigenschaft als Wertseigentümer eingreifen, aber! beim Kali z. B. und anderswo sehen wir das Gegenteil.(Sehr richtig! links.) Die Nationalliberalen tragen selbst die Schuld, daß Dr. Hahn hier sitzt. Hoffentlich kommt das nickt wieder vor.(Heiterkeit.) Die braunen Lappen, mit denen der Bund der Landwirte national- liberale Wahlen unterstützte, stammen vom Kaliverkauf (Widerspruch rechts); die kleinen Landwirte, die Mitglieder sind, zahlen sie doch nicht!(Zuruf rechts: Besser rechnen!) Ich rechne schon sehr gut, aber Ihnen ist eS unangenehm, daß ich Ihnen Dinge nachrechne, die Sie schon gern im Dunkeln lasten.(Sehr gut! bei den Freisinnigen.) Der Ton, der sich bei den erstklassigen Wählern im Zirkus Busch gezeigt hat, beweist, wie weit diese Herren von Bildung entfernt sind; einen ähnlich rohen Ton habe ich in Volksversammlungen nirgends getroffen, außer in antisemitischen Kretsen.(Zuruf rechts: Und in liberalen!) Wenn bei uns einmal eine Entgleisung vorkommt, verurteilen wir das. Sie aber spenden tosenden Beifall. Und je gemeiner geschimpft wird, um so größer ist der Beifall.(Zustimmung bei den Freisinnigen.) Edel- mann und Junker find keineswegs identische Begriffe, der Junker ist eine besondere Art, und die gelernten Junker sind noch schlimmer Humor und Satire. Aufruhr! Und der Herre Staatsanwalt» öffnet feine Redespalte: Aufruhr!" sagt er,ich plädier» Zuchthaus," sagt er.Diese Tier » nagen an der Eiche Wurzeln, und der Thron geht sachte purzdfc welches kein Benehmen is. Außerdem und überdies ist der RädelSdelinquent als ein Redakteur bekennt, der mit aufgereiztem Schwung lästert die Begülerung. In dem Zuge schnob die Nase er mit wutiger Emphase; dieses Zeichen spricht für sich und ist rottenführerlich. Endlich, als der prächt'je Schutzmann diesem niederträchpjen Sckinutzmano seinen Skalp vom Deeze schor, kam sein Widerstand hervor: wackeln tat er mit dem Ohr. Darum Zuchthaus. Denn daS Tvttv ist uns leider hier verböten." Sagt er, und der Kiefer jackelt ihm. als er den Speech gequackelt, und die große Futterlu- ke klappt zu. _ Hans Naivu». Notizen. ---Djörnfon, den ein großes Wiener Blatt bereits Nor 14 Tagen hatte sterben lnffe», um nur nicht mit seinem Nekrologe zu spät zu kommen, hat sich in ivunderbarer Weise erholt. Nach Pariser Nachrichten ist sogar zu hoffen, daß der Dichter in einiger Zeit wieder literarisch tätig sein kann. Neues von den Kometen. Der Hallehsch« Komet ist von Profeffor Wolf in Heidelberg am 9. Februar bereits mit bloßem Auge gesehen worden, zum ersten Male in dieser Er- scheinung. Von dem Johannesburger Kometen werden jetzt bessere Bahnbcstiinmungen bekannt. Hätte der Komet eine ahn- liche Helligkeit vor der größten Annäherung an die Sonne wie nachher, so wäre er schon im November entdeckt worden. Damals war er unter sonst sehr günstigen BcobachtungSbcdingungen, denn er ging erst 2'/, Stunden nach der Sonne unter. Wolf in Hcidel» berg hat den Kometen photographiert. Danach befaß der Komet am 31. Januar eine Schweiflange von 120 Millionen Kilometer.