nTS die geborenen.(©cifciTcit mid Seür gut! vei den Frei- sinnigen.)' Die Junker treiben die schlimmste Demagogie und schützen allgemeine Interessen Nor, lvenn sie ihre eigenen tnahrnehmen ivollen.(Abg. Kreth: Das zu sagen, ist sehr vornehm!) ..nvoruehm ist es, sich mit Allgen, ein-Jnteressen zu drapieren, um Porteinonnaie-Jnteressen wahrzunehmen.(Lebhafte Zustimmung links.) Tie Junker hat der Freiherr von Stein schon vor mehr als hundert Jahren gekennzeichnet als die Klasse� von Leuten, welche alle Rechte haben Ivollen, fich aber immer drücken, tvenn es sich darum handelt, die Lasten für den Staat zu tragen. Es ist mi der Zeit, daß das deutsche Volk der Herrschaft dieser Leute ein Ende bereitet.(Lebhaftes Vravo! bei den Freisinnigeit.) Abg. Dr. David(Soz.): Der Abg. Rocren hat sich heute über sein Lieblingsthema der breitet. Er meinte, wir seien alle einig im Kampfe gegen unsittliche Schrifien und Bilder. Gewiß. Aber er täuscht sich, wenn er glaubt, wir seien auch einig mit ihm in der Auffassung. was unsittlich in Bild und Schrift sei. Seine Begriffe von dem. waS unsittlich aus diesem Gebiete ist, sind ganz andere als die unseren, und wenu er über die Lässigkeit der Staatsanwälte klagt, so macht uns das erst reckt vorsichiig. Wir finden die Staats anwälte keincSlvegs lässig.(Sehr loahr! bei den Sozialdemokraten. Das sittliche Empfinden deS Herrn Roere» ist nicht das allgemeine. Wenn das gereizte Gefühl von Zölibatären schon Anstand nimmt an den entblößten Aermchen von Schnlmädchcn, so ist das ein kranke Haftes Empfinden(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten), von dem das sittliche Volksempfinden nichts weiß. � Wir wollen das Schöne»»befangen betrachten und uns nicht in die Empfindung jemandes versetzen, der durch ein Astloch in ein Damenbad guckt. (Heiterkeit und Sehr gut! links.) Herr von Licbert hat gegen unseren Antrag gesprochen, der die Arbeitsverhältnisse in den Glashütte» bessern will. Er meinte, mit solchen Anträgen treibe die Sozial- deinokratie ein srevlcs Spiel. Auf die Arbeiter machen solche Worte keinen Eindruck.(Sehr wahr! bei den Soz.) Die Arbeiter wissen, daß unsere Anträge den Erfahrungen und den Wünschen der Arbeiter selbst entstammen. Auch Herr Karstens irrt, wenn er meint, wir hätten die hygienischen Forderungen fallen gelassen, weil sie in dem Antrage nicht wieder stehen; sie sind deshalb in den Antrag nicht auf- genommen, weil sie gegenwärtig im Bundesrat zur Erwägung stehen. Der StaatSsekreiär warf uns vor, wir wollten mit unseren Anträgen in einem jähen Sprunge zu ganz neuen Verhältnissen kommen. Deshalb könne man auch mit uns nicht arbeiten. Wenn Fürst Vülow solche Aeußerungen tat, so billigte man ihn, mildernde Umstände zu, denn er wußte von diesen Dingen nichts und hatte nie einen sozialdemokratischen Antrag in der Hand gehabt.(Heiter- keit.) Wenn aber der Staatssekretär im NeichLamt deS Innern sich dieses Urteil zu eigen macht, so miiflen wir ihn doch auffordern, sich unsere Anträge näher � anzusehen. Dann wird er finden, daß wir keineSlvcgS mit einem jähen Sprung in ideale ZukunftSverhältniffe wollen, sondern daß wir nur Dinge fordern, die heute schon durchführbar sind. Aber der Staatssekretär Dr. Delbrück nennt eben„utopistisch* und„unausführbar«, was die preußische Licgierung nicht ausführen will.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) So haben wir die Einrichtung von Baukontrolleuren verlangt, die in einzelnen Bundesstaaten schon gesteht. Aber die preußische Regierung will sie nickt, und deshalb sagt der Staatssekretär: die Sozialdemokratie verlangt zu viel, mit der kann man nicht arbeiten I Sehr gewundert hat eS mich, daß Herr Behren? eS für richtig hielt, in dieser Sache an die Seite des Staatssekretärs zu springen. Die Krifc und die frei«« Gewerhfcbaften. Ihm geht es offenbar auch zu schnell mit den sozialpolitischen An- trägen, und er muß die preußische Regierung noch darin bestärken, nur ja recht langsam vorzugehen. Das ist eine eigenartige Me- thode, den Arbeiterinteressen zu dienen.(Sehr wahr! bei den So- zialdemokraten.) Herr Behrens hat noch weiter eine wunderbare Logik zutage gefördert. Anknüpfend an die Aeußerungen des Abg. Hoch über die Not der Arbeiter meinte er, damit gäben wir ja zu, daß die vierzigjährige Tätigkeit der Sozialdemokratie nichts erreicht habe. Eine seltsame Logik! Die sozialdemokratische Partei und die Ge- werkschaften haben in ihrer vierzigjährigen Tätigkeit Erfolge zu verzeichnen, die turmhoch über denen der christlichen Or- ganisationen stehen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Unsere Erfolge liegen in der Gesetzgebung und sind in den Akten dieses Hauses verzeichnet. Daß gleichzelsig durch die agrarische Wirtschaftspolitik die Lebensmittel auf der ganzen Linie ungeheuer in die Höhe getrieben find, ist eine Sache für sich. Diese WirtschaftS- Politik hat in der Tat einen großen Teil der für die Arbeiter erreichten Erfolge wieder zunichte gemacht. Und Herr Behrens und feine Leute haben wacker dazu mitgeholfen. Sie find mit schuld, daß die höheren Geldlöhne nicht gleichbedeutend sind mit besserer Ernährung.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Staatssekretär wies weiter daraus hin. daß Deutschland die Krise leichter überstanden habe als andere Länder. Wenn es der Fall ist, so hätte er auch daraus etwas lernen können, ein großes Verdienst daran gebührt nämlich den gewerkschaftlichen Arbeiterorganisationen!(Lebhafte Zustimmung bei den Sozial- demokraten.) Im Jahre 1908 haben die fceieii Gewerkschaften, die Sie so gern„sozialdemokratische" nennen, an Arbeitslosenunterstützung 8,13 Millionen Mark ausgezahlt I In dieser einen Zahl haben Sie schon die ungeheuer segensreiche Wirkung der Gewerkschaften, zumal in den Zeiten der Krise. Weiter haben die Gewerkschaften an arbeits- unfähige Kranke in diesem Jahre noch einmal 8 470 000 M. gezahlt, und das Bild wird noch lehrreicher, wenn Sie noch die fast zwei Millionen hinzufügen, die als Rriseuutcrstützung an Arbeitslose ausgezahlt sind. Znsammen sind in diesem einen Jahre somit an Arbeitslose 18 ZOO 000 M. gezahlt! Dieser Tatsache gegenüber müssen alle Anklagen und jede Kritik der gewerkschaftlichen Organisationen Platt zu Boden fallen (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) und die Regierung sollte etwas inehr Respekt'vor der Tätigkeit der sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Arbeiterbewegung bekommen und ihre Anträge nicht in der Weise zu diskreditieren suchen, wie es der Staatssekretär getan hat.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Der Staatssekretär hat dann behauptet, die Wirtschaftspolitik, die die Regierung, getrieben vom Bund der Landwirte, eingeschlagen habe, habe unS keine Schwierigkeiten bei den Handelsverträgen gemacht, Ich wundere mich über diese Behauptung zu einer Zeit, wo tagtäglich Schwierigkeiten auf diesem Gebiete erwachsen. Jetzt ist ja gerade das Abkommen mit Kanada aktuell, und die„Deutsche Tageszeitung" hat einen sehr scharfen Artikel dagegen gebracht! Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Eine Folge dieser agrarisch- schutzzölliierischen Wirtschaftspolitik ist die geradezu ungeheuerliche Steigerung der Bodcnprcise. Die preni-ische Statistik über die Doniänenverpachtung gibt da- für unwiderlegliche Belege. 2ü Domänen, die 1902 447 000 Mark brachten, brachten 1909 401 000 M., also 44000 M. mehr; 27 Do« mänen, die 1902 532 000 M- brachten, brachten 1909 64 800 M, mehr. Also eine Steigerung um 12 Prozent I(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Diese Wirtschaftspolitik, die angeblich im Jnter- esse der Arbeitsbauern eingeschlagen ist, führt zur Bereicherung der Grundherren und zur Steigerung des arbeitslosen Einkommens aus dem Grundbesitz.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) WaS haben die Ncupächter von dieser Politik? Nichts, auch die neuen Käufer nicht, denn sie haben den Vorteil in dem höheren Kaufpreis bereits weggeacbe».(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten) Von Rotleidcn m, Kreise der Großgrundbesitzer kann nicht die Rede sein, aber wirklich Notleidende sind vorhanden: die große Masse der nicht landwirtschaftlichen Be- völkerung, die unter der permanenten Brot« und Fleischteuerung leiden muß I Wenn behauptet wird, es handle sich hier um eine Er- schcinung, die in der ggnzen Welt anzutreffen sei, so ist das nicht richtig. Die einfache Tatsache, daß an jeder Grenze des Deutschen Reiche ? die Grenzbewohner hinüberwandern, um billigeres Brot und Fleisch zu kaufen, wirft auch dieses Argument beiseite. An der deutschen Grenze in der Nähe von Metz kostet das Pfund Schweinefleisch 1 M., in Frankreich 64 Pf.(Hört! hört! links.) Das Pfund Rindfleisch 64 bis 87 Pf., in Frankreich 56 bis 64 Pf., das Pfund Kalbfleisch 1 M.. in Frankreich 72 Pf., das Pfund Speck 90 Pf., in Frankreich 48 Pf.!(Lebhaftes Hört! hört! links.) Diese außer- ordentlichen Differenzen wirken auf die Lebenshaltung der deutschen Bevölkerung verhängnisvoll ein. Ebenso sieht es mit den Brotpreisen. Ein Mann, der 12 Kinder hat, spart monatlich 13,44 M. bloß an Brot, wenn er sich sein Brot jenseits der deutschen Grenze holt I(Hört! hört! bei den Soz.) Die agrarische Schutzzollpolitik ist für die Lebenshaltung des deutschen Volkes im höchsten Maße gefährlich und wirkt direkt k u l t u r iv i d r i g.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Die mühsam errungenen Lohnerhöhungen werden durch die Preis- erhöhungen der Lebensmittel mehr als wett gemacht. Bis weit in die Schichten des Mittelstandes erstreckt sich die Erschwerung der Lebenshaltung; darum sind ja auch überall die Beamtengelder erhöht. Die kleinen Handwerker und Geschäftsleute erhalten keine Erhöhung ihrer Bezüge und diese Kreise leiden auf das allerjchwerste unter der agrarischen Zollpolitik. Die Agrarier begründeten die Zollerhöhung mit der Not- wendigkeit der Erhöhung der Landarveiterlöhne! Die Zölle sind erhöht, aber wie steht es mit den Landarbeiter- löhnen? Mein Parteifreund Stadthagen hat hier oftmals Land- arocitcrkontrakte vorgelegt, die eine deutliche Sprache reden. Ich habe hier eine» Prospekt der Feldarbeiterzentrale. Da werden Landarbeiter offeriert zu 11 M. Wochcnlohn bei zwälfstüiidiger Arbeitszeit anSschliefstich der Pausen!(Hört! hört! bei den Sozial- demokraten.) Russische Wanderarbeiter werden offeriert für 6 M. Geld- und 3,20 M. Naturallohn. Also Wochenlöhne von 9,20 Mark! (Lebhaftes.Hört! hört! links.) Dabei wird der Lohn keineswegs sofort ausgezahlt, sondern 3 Mark wöchentlich werden zurück. behalten für den Fall sogenannten Kontraktbruchs I Der wirk. liche Kontraktbrüchige ist zumeist der Großgrundbesitzer! (Sehr richtig! links.) In einem anderen Kontrakt wird das Nachl logis der Wanderarbeiter mit 25 Pfennig in Rechnung gestellt! Daß es einmal zum Bruch zwischen Großgrundbesitz und Kleingrundbesitz kommen würde, war vorauszusehen. Der Bund der Landwirte spricht jetzt zwar oft von der„Interessengemeinschaft zwischen Groß und Klein m der Landwirtschaft«. Mit dieser historischen Interessengemeinschaft« ist eine eigene Sache. 1843 machten die süddeutschen Bauern mit Mistgabeln und Dreschflegeln ihren Junkern die Hölle heiß.(Heiterkeit links.) Die kleinen Bauern, die zugleich Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind und die im Südwesten die Masse der Landbevölkerung bilden, teilen die reaktionäre Oldenburg -Gesinnung nicht. Daß der Bauernbund zuerst in den östlichen Ausiedelungsgebieten ins Leben trat, ist erklärlich. Dort sind viele südliche und westliche Bauern mit an- geborenen demokratischen Instinkten eingewandert, die mit Ingrimm und Befremden sich in Staat, Provinz, Kreis und Gemeinde be einträchtigt sehen. Insofern die Gnindung deS Baucrnbundes aus der Erkenntnis des Interessengegensatzes zwischen Großbesitz und Kleinbesitz entsprang, ist daS ja ein bedeutsames und erfreuliches Symptom. Es ist ein Versuch mit untauglichen Mitteln und eine Irre- führung der öffentlichen Meinung, wenn Dr. Hahn sagt, die Konservativen hätten die Erbschaftssteuer bekämpft im Interesse der Kleinbauern. Selbst der preußische Finanzminister v. Rheinbaben hat hier im Reichstage nachgewiesen, daß die Erbschaftssteuer 95 Proz. der Kleinbauern überhaupt nicht getroffen Hütte.(Sehr richtig I links.) Die Konservativen haben die Erbschaftssteuer nur abgelehnt, weil sie, wie eS im Zirkus Busch hieß, ihre heiligsten Güter schützen wollten. DaS ist richtig und dabei mögen die Konservativen bleiben. „Die heiligsten Güter« aber hat Herr v. Oldenburg treffend „daS grosse Portemonnaie" genannt.(Sehr gut I links.) Professor Suchsland hat im Zirkus Busch die Verabschiedung der Reichsfinanzreform eine„nationale Tat« geuannt, hat gesagt, das Deutsche Reich sei neubcgründet worden. (Heiterkeit links.) 1870 hat sich also wiederholt!(Erneute Heiter- keit linkö.) ES ist schon einmal etwas als nationale„Tat« bezeichnet worden, an dem auch wir Sozialdemokraten mitgewirkt baben und das auch die allerhöchste Stelle, der Kaiser gepriesen hat: Die Caprivischen Handelsverträge! Sie sehen, daß der Begriff „nationale Tat" veränderlich ist. Dr. Hahn Hai gemeint, die Bevölkerung jubele ihm zu, wenn er sie über die Reichsfinanzreform aufkläre. Bisher haben wir nur gesehen, daß, je mehr die Bevölkerung von der Reichsfinanzreform erfährt, sie desto mehr sozialistische Stimmen abgibt! (Sehr richtig I links') Dafür haben wir die zahlenmäßigen Beweise. Wenn Sie glauben, Ihrer Landkreise sicher zu sein, so haben Lands- berg-Soldin und auch Eisenach gezeigt, daß daS nicht der Fall ist.(Sehr richtig I links.) Wenn Sie glauben, daß unsere aufflärende Arbeit' Ihnen nichts schadet, warum bieten Sie dann alles auf, um unS zu verhindern, Versammlungen abzuhalten und Flugblätter zu verteilen?(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Sie beweisen eben, daß Sie ein sehr schlechtes Gewissen haben!(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Gar keinSl) Wenn Sie es schon wagen, im ZirkuS Busck so unrichtige Tatsachen über die Finanzreform in die Welt zu schleudern, wie mag es dann erst aussehen, lvenn Sie unkontrolliert sich unter Ihren Leuten befinden! Sie lverdcn ihnen das Blaue vom Himmel herunter erzählen. (Heiterkeit und Zustimmung links.) DaS geht aber alles nur eine gewiss« Zeit, einmal hört der Glaube des Volkes auf. Wir haben heute von Dr. Hahn gehört, welche Hoffnungen er in seiner Jugend batte. Er hoffte, enimal Reichskanzler zn werden.(Heilerkeit links.) Nun, er ist nicht mehr weit davon. (Erneute Heiterkeit links.) Es läßt sich überhaupt darüber streiten. wer eigentlich heute den größeren Einfluß hat: Dr. Hahn mit dem Bund der Landwirte oder Herr v. Bethmann Hollweg. (Sehr gut! links.) Wenn man den Reichskanzler im stillen Kämmerlein fragen würde, wem eigentlich der größere Einfluß zuzn« schreiben sei, ich glaube, er würde sagen: dem Bund der Landwirte. Dr. Hahn ist zwar nicht Reichskanzler, aber er ist Kanzlermacher und Kanzler st ürzer.(Sehr richtig! links.) Die Herren auf der Rechten machen ja die Minister! Ohne ihren Willen kann in Preußen niemand Minister und niemand Ministerpräsident werden. Im ZirkuS Busch wurde gesagt, cS sei eine Beleidigung für den Fürsten Bülow, wenn man sage, er sei von den Konservativen gestürzt worden. Da haben wir den seltenen Fall, daß sich jemand selber beleidigt, denn Fürst Bülow hat das selber behauptet!(Heiterkeit und Sehr gut! links.) Was daS Schicksal des Herrn v. Bcthmann Hollweg sein wird, weiß ich nicht. Ich glaube aber nicht, daß viele Wetten auf ein langes Verbleiben im Amte abgeschloffen würden.(Heiter- leit links.) Im Zirkus Busch hat man Herl » v. Bcthmann Hollweg mit E r n st Moritz Arndt verglichen. Vielleicht sollte diejer Vcr- gleich eine Drohung sein, die Drohung nämlich, daß das Schicksal des Herrn v. Bethmann Hollweg dasselbe sein wird wie das Ernst Moritz I Arndts, wenn er nicht mehr die Geschäfte der Junker besorgt.(Leb« hafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Wenn Herr v. Bcth- mann Hollweg nicht daS Schicksal seines Amtsvorgängers teilen will, dann kann ich ihm raten, die Taktik zu befolgen, die die„Kölnische Voltszeitung" empfohlen hat. Sie hat geschrieben, so offen dürfe man daS nicht machen, das fei nicht vorsichtig von einem Staats- mann, man müsse mit schlauen Tricks arbeiten!(Hört I hört! links.) Ich kann Herrn v. Bethmann Hollweg nur raten, in die Sckule des Zentrums zu gehen und etwas von diesen Meistern der Taktik zu lernen. Sehr interessant waren die Ausfälle des Herrn Dr. Hahn auf unsere Strnßendcmonstrationcn. Ausgerechnet Herr Dr. Hahn mußte diese Ausführungen machen, der seinerzeit die Straßendemonstrationen gegen den Fürster, Bismarck entriert hat! Vielleicht war auch das eine Vorarbeit für den künftigen Reichskanzlerposten.(Heiterkeit links.) Ich will nicht wünschen, daß Dr. Hahn einmal an gebrochenem Ehrgeiz stirbt, und ich hoffe, daß es ihm nickt so gehen wird wie seinem französischen Namensvetter, als er merken mußte, daß die Macht seiner Stimme doch nicht auZ- reichte.(Große Heiterkeit links.) Dr. Hahn hat bei dieser Ge» legenheit gesagt, wir seien nur die Drahtzieher, wir blieben im sicheren Hinterhalt, um nicht mit den Schutzleuten in Be- rührung zu kommen. Diese Behauptung ist ebenso unrichtig wie albern; sie charakterisiert sich als eine Bemerkung, die alle an- ständigen Leute in diesem Hause verurteilen müßten.(Heiterkeit und Sehr gut! links.) Zu dem Vorwurf der Feigheit gegen uns hat Dr. Hahn zu allerletzt ein Recht. Sie wollen dem Klcinbaner» helfen durch eine künstliche Erhöhung der Preise. Der Weg ist ganz verkehrt. Wir wollen ibm helfen durch eine Verbilligung seiner Pro- duttion. Blicken Sie nach Dänemark , wo keine Schutzzölle bestehen, wo aber die Futtermittel billig sind und die Landlvirtschaft deshalb so leistungsfähig ist, daß sie auf dem zollfreien Londoner Markt jede Konkurrenz schlägt.(Hört! hört! links.) Die Folge einer künstlichen Verteuerung der Produktion ist eine Einschränkimg des Konsums. Während der austiahmefähige Markt sich ausdehnt, engen Sie ihn künstlich ei» I Dazu kommt, daß die große Masse der nicht landwirtschaftlichen Bevölkerung dadurch, daß man sie zwingt, Hunderte von Millionen mehr auszugeben für Brot und Kartoffeln, nicht in der Lage ist. diese Summe auszugeben für bäuerliche OualitätSproduktion, für Milch. Eier, Obst und Fleisch. Die fo-ialdemokratlficke ßauernpoUtib geht den umgekehrten Weg. Sie lehnt eine künstliche Preis« erhöhung ab, aber sie erstrebt Brrbilligung der Produktion und Hebung der Konsumkraft der breite» Massen des Volkes. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Beim Schnaps haben wir Sie ja ins Herz getroffen. Bekanntlich hat unser Leipziger Parteitag den Branntwcinboykott beschloffen. Jetzt liegt die Statistik über den Branntweinverbrauch vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 1910 vor. In diesen vier Monaten wurden umgesetzt 1907 bis 1903 854 000 Hektoliter Trink« branntwei», 1908/09 863 090 Hektoliter und t999/l9 577 000 Hekto- liter l(Lebhaftes Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Da haben Sie die Wirkung I Der Umsatz von Trinkbranntweiu ist um 286 000 Hektoliter zurückgegangen, oder um 33>/g Proz.! Um ein volles Drittel haben wir den Schnapsgenuß einschränken können l (Wiederholter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Dafür müssen Sie uns eigentlich dankbar sein, wen» Ihnen wirklich die Gesundheit des Volkes und der Kulturfortschritt am Herzen läge. Der Rückgang des SchnapsgenusseS ist eine außerordent- lich erfteuliche Erscheinung.(Sehr richtig! lints Ulld rechts.) Auch die Konservativen rufen Sehr richtig I woraus aber nicht geschlossen werden darf, daß dies die wahre Meinung der Rechten ist. Bor Inkrafttreten der nenen Steiler hielten die Brennereiiiitereffenten im „Rheingold« die bekannte Versammlung ab, wo Prof. Max Delbrück austrat und ausführte, das Brennereigewerbe habe sich bisher'uvf den Standpunkt gestellt, daß es nicht seine Aufgabe sei, für den Absatz von Trinkbranntweili einzutreten. Es habe das gewisser» maßen unter seiner Würde gehalten, Dieser Standpunkt müsse aber mit Rücksicht auf die neuen Steuern und auf die Abstinenzbewegung ausgegeben werden I(Lebhaftes Hört l hört! bei den Sozial- demokraten.) Die Schnap-brenner seien entschloffen, inter - national gegen die Abstinenten vorzugehen!(Erneutes Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Eine neue Internationale! (Heiterkeit.) Die Schnapsittternationale. geführt von den ostelbischen Junkern! In jener Versammlung wurde auch eine Zentralstelle beschlossen, die alle Behauptungen der Abstinenten zu prüfen hat und durch die Presse dagegen wirken soll. Besucht war die Versammlung von den„Edelsten und Besten der Nation«. Zugegen waren: Eine Exzellenz, 8 Grafen, 4 Freiherren und 3t einfache Adlige.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Ich meine: das genügt! (Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Außer bei einigen Garderegimentern scheint ein preußischer Adliger keine andere standeS- gemäße Beschäsliaung zn haben als S ch n a p S b r e n n e r zu sein. Auf dieser kulturfördernden Versliminluilg, die den Kamps gegen die Abstinenzbeivegung und für den Schnaps» g e tui fe eröffnete, waren natürlich auch die Herren von der Regierung vertrete». (HörtI hörtl bei den Sozialdemokraten.) Es waren erschienen: Ministerialdirektor Dr. Thiel, Geh. Obcrfinanzrat I o e d e n. Geh. Reg.-Rat B o e n i s ch, Geh. Reg.»Rat H a y, Geh. Reg.-Rat Frhr. v. F a l k e n h a n s e n, Geh. Oberreg.-Rat Pros. Dr. u. B e r ch k a und Reg.-Rat Dr. Appel.(Lebhaftes Hört I hört l links.) Ich meine: das genügt! (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Man sieht das Interesse der Regierung für diese»„Kulturwerk", und wir gönnen den Herren von der Regierung, daß sie den Ruhm mit den Schnaps brennem teilen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir haben von jeher nicht nur durch Worte, sondern durch Taten bewiesen, daß wir daS Wohl des Kleinbauern wollen: Wir sind immer eingetreten für die Hebung der Bolls- und Fach- bilduiig, für den Ausbau der Volksschule auf dem Lande, wir haben in den Landtagen alles bewilligt, was darauf abzielte, den Klein» betrieb zn entwickeln und technisch zu vervollkommnen, wir haben alles bewilligt zur Verbesserung der Landeskultur, des Ackerbaues, der Bichzucht, des Weinbaues, zur Eutwickelung des Verkebrs- Wesens auf dem Lande und zum Bau von Eisenbahnen. Bei der letzten Zolltarisdcbatte haben wir beantragt, 60 Millionen Mark für Wegebauten und Verbesserung des Landes auszugeben. Wir zeigen Ihnen also den Weg. wie man die Landwirtschaft und die Kleinbauern heben kann, ohne mit den allgemeinen Interessen der Ernährung der Bevölkerung in Gegensatz zu kommen und ohne die Enttvickelung der Landwirtschaft zu hemmen. Herr Dr. Hah» hat behauptet, wir wollen alles Kein machen und an den Beinen hcruntcrzicben. Ach nein, wir wollen, daß auch die Kleinbauern und die Landarbeiter in Zustände kommen, bei deiien sie als Kulturmenschen existieren können.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Pros. Sckmoller, den vielleicht auch Herr Dr. Hahn anerkennt, nennt die selbstbewußte Organisation des Arbeiterstandcs den Ausdruck der weltgeschichtlicheu Tatsache, daß die Menschheit eine Kullurhöhe erreicht hat, in der auch die unteren Klassen nicht mehr den Schemel für den Druck der oberen abgeben wollen. Also nicht an den Beinen herunterziehen wollen wir die Menschen, sondern von dein Fußschemel heraufziehen! Wir wollen sie von dem Druck befieicli. unter dem sie niedergehalten werden, damit sie sich als Menschen suhlen sollen.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemolraten.)
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