feit links) Die Linke will sich dafür bezahlen lassen. Die Linke ist noch nicht reif für die Wurde, mit den Verbündeten Ne- gierungen Gesetze zu machen.(Brausende Heiterkeit links.) Abg. Gothein(frs. Vg.): Wenn alte Freunde auseinandergehen, dann werden Intimitäten' ausgepackt.(L-bhaste Zustimmung bei den Sozialdemokraten und Frcisimiigeu.) Dänemark beweist, daß unter dem Freihandel eine kleinbürgerliche Bevölkerung gedeiht, Herr Böhme sollte diese Verhältnisse besser studieren. Auch über den lintergang des englischen Bauernstandes sollte Herr Dr. Böhme sich besser unter- richten. Den Landarbeitern will Dr. Heim zu einer eigenen Scholle der- helfen. Sehr schön! DaS wird aber umso schwieriger, je teuerer der Gnmd und Boden ist,(Sehr richtig! bei den Freisinnigen) und gerade ans die Verteuerung des Bodens ist unsere Zoll» und Wirtschaftspolitik gerichtet. Herr Dr. Hahn rühmte die„vornehme" Kampfesweise der Presse des Bundes der Landwirte; dann empfehle ich ihm, nachzulesen, wie die„Deutsche Tageszeitung" mich wegen meiner Haltung zum Kali- gesetz angegriffen hat I Es gibt gar leine das Volksleben mehr vergiftende Presse als die des Bundes der Landwirte.(Lebhafte Zu- stimmung bei den Freisinnigen.) Herrn HahnS heutige Rede war eine andauernde Verbeugung vor dem Zentrum. Aber das Zentrum möge nicht zu viel darauf geben. Hahn schlägt sich, Hahn verträgt sich!(Heiterkeit bei den Freisinnigen.) Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath(natl.) wiederholt seine frühere Anregung: weibliche Gewerbeinspektoren fest anzustellen. Staatssekretär Dr. Delbrück: Ich bin so glücklich, wieder einige Worte gehört zu haben, die zu ineinem Etat gehören, daß ich dem Vorredner gleich antworten will.(Heiterkeit und Sehr gut I) Die Schwierigkeit einer generellen Regelung der Frage der Gewerbe- assistentinnen liegt darin, dag die Vorbereitung der Damen noch nicht genügend geregelt werden kann. Abg. v. Strombeck(Z.): Mein Freund Göring trat für die Ein- schränkung des Hausierhandels ein, er wünschte Vor Erteilung des Hausierscheines eine Prüfung der Bcdürfnisfrage. Aber wie denkt er sich das? Welche Behörde soll darüber entscheiden, und soll die Prüfung sich auf die einzelnen zu vertreibenden Artikel erstrecken?(Sehr gut l links.) ES ist wahrlich nicht nötig, die blutarmen Hausierer niit neuen Beschränkungen heim- zusuchen.(Zustimmung links.) Staatssekretär Delbrück : Die Ausführungen des Vorredners zeigen, wie schwer es ist, sich in den Resolutionen zurechtzufinden und wie schwierig manche Lösungen sind, die sich die Antragsteller sehr leicht vorstellen. Die Beiteuerung und Beauksichligung der Hausierer ist Sache der Einzelstaaten, und die Bedürfniöfrage ist schwer zu entscheiden. Die Verbündeten Regierungen werden aber das Problem im Auge behalten. Zurzeit wird erwogen, ob es sich empfiehlt, neue reichsgesetzliche Bestimmungen über den Gewerbe- fchein der Hausierer zn treffen. Abg. KulcrSki(Pole): Trotz aller gegenteiligen Behauptungen bleibt die Tatsache bestehen, dag wir keine sozialpolitischen Fort- schritte, sondern Si n ck s ch r i t t e unter dein jetzigen Staatssekretär zu verzeichnen haben. Das haben wir besonders in der Frage der paritätischen Arbeitsnachweise gesehen. Damit schließt die Generaldebatte über den Titel.Staats« sekretär". Dem Staakssekretär wird sein Gehalt bewilligt, worauf da« Haus die Weirerberatung des Etats des Innern, beginnend mit der Abstimmung über die Resolutionen, auf Mittwoch 1 Uhr vertagt. Schluß? Uhr. Mgeorclnetenkaus. 3!. Satzung. Dienstag, den 1. März, vgl« mittags 11 Uhr. Am Ministertisth, S Y d o w. Auf der Tagesordnung steht die zweite Lesung des Etats der Berg», Hütten» und Salincnverwaltung. Abg. V. Kessel(I.) erörtert die Ursache des Rückgangs der Ueberschüsse der Bergverwaltung und kritisiert es, daß bei Ar- beiterentlaffungen immer erst bei der Zentralverwaltung in Berlin angefragt werden müsse. In dieser Richtung sollte den Direktoren volle Freiheit eingeräumt werden. Minister Sydow erklärt seine Bereitwilligkeit, die Arbeiten der zur Prüfung der Rentabilität der Bergverwaltung ein�e- setzten Subkommission durch Zugebotestellen allen Materials mdg- lichst fruchtbringend zu gestalten. Inzwischen ,st ein Antrag der Abg. Borgmann u. Gen.(Soz.) «ingegangen, die Regierung zu ersuchen, 1. in Zukunft in den„Nachrichten von dem Betriebe der unter der preußischen Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung stehen. den Staatswerke während des EtatsjahreS" für jedes Staatswerk vollständige und vergleichende Angaben über Alter, Löhne, Be- schäftigungsdauer, Arbeitszeit und Ferien der beschäftigten Ar- bciter vorzulegen; 2. für jedes SchmtSwerk gesondert und soweit als möglich vergleichend zu berichten über den Anteil des Arbeitslohnes an den Selbstkosten der Produkte, die Leistungen der Arbeiter, die gesetzlichen und statutarischen Arbeiter- und Pensionsversiche- rungen, Arbeiterschutzbestimmungen, Zugang und Abgang der Arbeiter. Abg. Macco(natl.): Der Rückgang der Arbeiterleistung kürzt die Jahreseinnahme allein um 1�> Millionen Mark. Den sozial- demokratischen Antrag lehnen wir ab, weil wir es für bedenklich halten, die internen Arbeits- und Betriebsverhältnisse vor das Forum des Parlaments zu ziehen.(Beifall.) Abg. Brust(Z.): An der Steigerung der Rentabilität der Bergwerke sind wir bereit mitzuarbeiten, aber es dürfen darunter nicht die sozialpolitischen Aufgaben der Bergverwaltung leiden. Der Rückgang der Ueberschüsse ist wohl in der Hauptsache auf die großen Neuanlagen zurückzuführen. Wenn teilweise die Arbeits- leistung zurückgegangen ist, so liegt das an den schwierigeren Ar- beitsverhältnissen in größeren Tiefen. Zu dem sozialdemokratischen Antrage bin ich nicht in der Lage Stellung zu nehmen, da er erst im letzten Augenblick an uns gelaugt ist!(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Redner führt Beschwerde über Wahlbeeinflussungen durch Betriebsführer in Westfalen : Bedenklich ist die Anordnung, daß in den fiskalischen Gruben bei der Wahl der Sicherheitsmänner nur Stimmzettel verwendet werden dürfen, die von der Grubenverwaltung geliefert sind. Das ist eine illoyale Ausführung der Novelle zum Berggesetz, die die geheime Wahl illusorisch macht. Minister Sydow: Die Anordnung, daß die Stimmzettel ein einheitliches Format haben müssen, ist gerade im Interesse der Sicherung der geheimen Wahl erlassen worden. Natürlich dürfen die Stimmzettel kein Merkmal erhalten. Kommen Verstöße gegen die geheime Wahl vor, so kann die Wahl durch Berschwerdc beim Oberbergamt angefochten werden. Uebrigens ist es ein Irrtum, wenn im Saarrevier geglaubt wird, daß, wo Herdts Sichcrheits- männer bestehcm jetzt, nachdem daS neue Gefetz'v �.aft tritt, keine Neuwahl zu ersolgen hat.(Bravo !)' h Oberbcrghauptmann v. Belsen geht auf.pchwerden des Abgeordneten Brust ein, bleibt aber im einzeln»... auf der Tribüne fast unverständlich. Abg. Leinert(Soz.): Wenn Herr Brust unseren Antrag durchliest, wird er sehen, daß eö ausgeschlossen ist, daß wir eine ueberrumpelung mit unscrm Antrag ausüben wollten. Was unser Antrag fordert, ist durch- aus u o t w e» d i g. Im Gegensatz zu den Nationalliberalen wollen wir, daß der staatliche BergwerkSbctrieb vergrößert wird. Aber wir wollen genaue und systematische Nachrichten über die Verhältnisse der Betriebe. Wir hoffen, daß Sie pnfren Antrag diesmal annehmen. Es ist in den uns zugezangelten„Nachrichten" gesagt, daß die Arbeiter in Staatsbetrieben unter der Verschlechterung der Lage im allgemeinen nicht zu leiden hätten; die Löhne seien in einigen Bcßirken gegen das Vorjahr noch gestiegen, in anderen nur ganz unbedeutend zurückgegangen, Feierschichten nur selten eingelegt worden. Der Beweis für diese Behauptungen fehlt aber völlig; im Gegenteil ergibt sich gerade aus diesem Aktenstück, daß die Lage der Arbeiter sich verschlechtert hat. Auf Seite 11 sagt der Bericht sogar, daß„sehr viele Lohnerhöhungen vorgenommen" seien! Dann wird davon gesprochen, daß der durchschnittliche Jahresarbeitsverdienst der unterirdisch beschäftigten eigentlichen Bergarbeiter z. B. in Westfalen 275, in Saarbrücken 17S M. höher gewesen sei als l8l>l)! Es sind in den„Nachrichten", wo sich die Angaben über Löhne befinden, nicht die Löhne der staatlichen Bergwerksarbeiter angegeben, sondern die der gesamten Berg- arbeiter, sodaß man gar nicht weiß, ob diese Lohne mit denen der staatlichen Bergarbeiter übereinstimmen! Wer sich über diese Löhne unterrichten will, der kann das amtliche Aktenstück nicht gebrauchen. Es macht den Eindruck, als wenn man über die Lage der staatlichen Bergarbeiter nicht das richtige Bild an die Oeffentlichkeit gelangen lassen will. Wo die Löhne wirklich angegeben wurden, ist von einer Lohn. erhöhung keine Rede, im Gegenteil von Lohnreduzierung! In Oberkirchen z. B. ist der Lohn von 003 auf 895 M. zurückgegangen. Einmal wird der Jahreslohn angegeben, manchmal der Schichtlohn, sodaß Vergleiche unmöglich sind. Für einen Bezirk wird eine Steigerung des JaHrrSverdienstes um ganze 3 M. angegeben, und das nennen die„Nachrichten" eine„bedeutende Lohn- erhöhung"!(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wie traurig es mit den Löhnen in Wirklichkeit aussieht, be- weisen die Mitteilungen auS einem Bezirk, wo die Arbeiter pro Schicht 2,4 t bis 2,53 Mark verdienen.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) In einem Bleierzbergwerk ist der gesamte Durchschnittslohn von 1,98 auf 1,88 M. zurückgegangen, das ist geradezu ein Jammerlohn in einem so gesundheitsschädlichen Betriebe. Sehr.wahr! bei den Sozialdemokraten.) Bei den „WohlfahrtScinrichtungen" dagegen hat man genau berechnet, wieviel auf den Kopk der Ar- beiter kommt. So wird z. B. im Oberharz ausgerechnet, daß durch sogenannte WohlfahrtScmrichtungen, auf die aber die dortigen Arbeiter ein uraltes Recht haben, 48,20 M. im Jahre einem ein- zclnen Arbeiter zugeführt werden. Wenn man hier solche AuS» rechnungc» machen kann, warum nicht auch bei den Löhnen? Das; dem preußischen Landtag dieses ungenügende Material bisher genügt hat, scheint mir ein Beweis zu sein für die Wertschätzung, die die Arbeiter in diesem hohen Hause genießen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten� Speziell für 1000 sind teilweise direkte Lohnreduzierungen verzeichnet, z. B. im Oberbcvgamt im Bezirk Dortmund von 52 Pfennig pro Schicht! Der Steuerraubzug auf die Taschen des arbeitenden Volkes wird da- durch den Arbeitern doppelt fühlbar gemacht.(Sehr wahrt bei den Sozialdemokraten.) Wehren können sich die Arbeiter gegen solche Maßnahmen nur durch Ausnutzung deö KoalitionSrechtS. Ich frage daher den Herrn Staatsminister, wie er sich jetzt zur Organi- sation der Bergarbeiter stellt und ob er geneigt ist, mit den Berg- arbeiterorganisationen über die durchaus notwendige Erhöhung der Löhne zu verhandeln. Die staatlichen Betriebe soslen doch Musterbetriebe sein, und die staatlichen Werke hätten alle Veranlassung, den Privatunternehmern im Kohlenbergbau auch in dieser Beziehung mit gutem Beispiel voranzugehen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) WaS aus den Familien der Arbeiter bei solchen niedrigen Löhnen wird, danach fragen die Herren nicht, die mit Rücksicht auf den„Familiensinn" der Agrarier die Erb- schaftssteuer abgelehnt haben.(Sehr gut! bei den Sogialdemo- kraten.) Nun spricht man von einem angeblichen „Rückgang der Leistungen". Das ist eine Verdächtigung der Arbeiter, die um so schwerer wiegt, als man weiter behauptet, der Rückgang sei dadurch herbei- geführt, daß angeblich die straffe Disziplin gegen die Arbeiter nachgelassen hat. Ich erhebe entschieden Protest gegen eine solche Behauptung. Die Regierung hätte die Pflicht gehabt, unS mitzuteilen. tote eigentlich diese Leistungen berechnet werden.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Die Nachweisung der Arbeits- leistungrn vom Jahre 1837 bis 1908, die sich auf der letzten Seite der Denkschrift befindet, kann unmöglich als Beweis dienen, daß wirklich die Arbeiter—> was ja der alleinige Sinn einer solchen Behauptung sein kann— nachlässiger, fauler und bequemer bei der Arbeit geworden seien. Wenn mit derartig beweislosen Be- hauptunaen gegen die Arbeiter vorgegangen wird, können Sie eS uns nicht verdenken, wenn wir den Spieß umdrehen und fragen: Sind denn die Leistungen der B e a m t e n etwa so gestiegen? In der„Münchener Mg. Zeitung" wird gesagt: „Es ist ein offenes Geheimnis, daß in den meisten Behörden viel zu viel Beamte gehalten werden und daß zahlreiche dieser Herren sich in ständiger Verlegenheit befinden, wie sie ihre Zeit ausfüllen sollen. In zahlreichen Kanzleien ist ein ständiges Früh- stücken die Regel... Unter den höheren Beamten gibt eS einzelne, die angeblich erst um 2 Uhr im Bureau erscheinen."(Zuruf rechtS: Namen nennen!) Ich habe gesagt, daß dieS in einem Artikel in der..Münchener Allgemeinen Zeitung" vom September 1008 steht, der Name des Autors, eines Beamten, ist mir im Augenblick entfallen. Ich erinnere die Herren auch daran, daß vor drei Wochen ein Be- amter deS Finanzministeriums, der, weil er nicht genügend Be- schäftigung dort hatte, auf Rennplätzen wettete, die Kirchenkasse bestohlen hat. Dieser Fall ist gerichtlich festgestellt. Von A r- b e i t e r n werden Sie so etwaS nicht behaupten können, die sind die volle Arbeitszeit beschäftigt.(Zuruf rechts: Blauer Montag!) Schon in der Budgetkommission ist darauf hingewiesen wor- den, daß die Ergiebigkeit der Arbeit von GlückSum ständen abhängt. ES ist deshalb ungerechtfertigt, von einem Rückgang der Leistungen der Arbeiter zu sprechen. Das Schmiersystem soll auch auf den königlichen Gruben herrschen. So wird mir mitgeteilt von der königlichen„Luisengrube" bei Zabrze , baß dort die Aufseher mit den Arbeitern loSgrhcn und gemeinsam den Lohn der Arbeiter vertrinken. Es muh unter allen Umständen den Steigern, den Aufsehern wie überhaupt jedem Beamten der» boten werden, daß er nach der Lohnzahlung mit den Arbeitern in die Wirtschaft geht und von den Arbeitern sich mit Schnaps und Bier traktieren läßt ohne Rücksicht darauf, daß die betreffende Familie des Arbeiters satt zu essen hat oder nicht. Diese Zustände sind mir von dort mitgeteilt worden, und ich bitte den Minister dringend, diese Angelegenheit zu untersuchen, um die Arbeiter von derartigen Vorgesetzten zu befreien. Die Arbeiter werden von den Vorgesetzten nicht immer als Menschen angesehen. So ist z. B. von einem Berginspektor in Altenau einem Bergarbeiter erklärt worden:„Auf Eure Gleich- bercchtigung, da— nun darf ich allerdings das Wort nicht aus- sprechen, eö beginnt mit„sch" und endigt mit„ßen". Das ist so gemein, daß man eS eigentlich vow einem gebildeten Manne nicht erwarten dürfte. Wie ist daS gekommen? Der Beamte kommt in den Betrieb hinein und grüßt die Arbeiter nicht. Darauf wurde ein Arbeiter zur Nebe gestellt: Warum er nicht grüße! Er sagte. es sei üblich, daß derjenige grüße, der hereinkomme— eine Bemerkung, die jeder anständige Mensch einem unanständigen Men- scheu gegenüber machen darf. Darauf ist derArbeiterzu2,50M.Strafc verurteilt worden, weil er nicht gegrüßt hat! Nach den Ermitte- lungen auf die Beschwerde des Arbeiters ist jener gemeine AuS- druck deö Beamten gefallen. Aber daS Oberbergamt in Clausthal machte die Bestrafung des Arbeiters nicht rückgängig! DaS ist Iis NehgMMg stggmchex AMtxx. feenn sie dnaal dncffl Bu- gesetzken gegenüber sich im Recht befinden!(Sehr richtig! bei bCft Sozialdemokraten.) Terrorismus von feiten der Vorgesetzten ist auch an der Tagesordnung. Die Steiger werden von der höheren Behörde aufgefordert, eine bestimmte An- zahl Abonnenten auf den„ B e r g in a n n s f r c u n d" beizu- bringen. Gelingt ihnen das nicht, so werden sie schikaniert. Dieser Notschrei der Steiger ist an uns gekommen, weil sie das Vertrauen haben, daß wir die Sache hier vorbringen. Die Steiger müssen von diesem Terrorismus der vorgesetzten Behörden befreit'werden. Man sieht immer wieder, daß die Staatsbetriebe keine Muster- betriebe sind. Die Zustände im Bergwecksbctricbe ähneln den Zuständen in den ostelbischen Gutsbezirken: überall die gleiche Mißachtung der Arbeiter. Der Berginipektor gleicht dem Guts- Inspektor. Nachdem der Staatsminister das dornenvolle Amt eines Schatz- sekretärö abgegeben hat,(Heiterkeit) möge er sich der Arbeiter annehmen. Ich bin aber sehr über das enttäuscht, was er über die Slusgabe der Stimmzettel für die Wahl der Sicherheitsmänner gesagt hat. Wenn ihm das Wahlgeheimnis so sehr am Herzen liegt, dann sollte er dafür sorgen, daß die Stimmzettel ohne jedes Kennzeichen sind, daß es ungedruckte Stimmzettel sein müssen. Wie die Sache bisher gehandhabt worden ist im Ruhrgebiet , ist eS einfach ein Skandal. Die Arbeiter müssen sich die Zettel holen, den Zettel beschreiben und abgeben. Warum sollen sie unter Beobachtung der Beamten den Zettel beschreiben? DaS allcS läßt sich hier nicht mit der Absicht des EtaatSministerS zu- sammenreimcn, er wolle unter allen Umständen das Wahlgeheimnis wahren.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Jeder sollte sich den Stimmzettel da beschaffen können, wo er will. Die Ein- richtungen bei der R e i ch S t a g s w a'h l sollte man sich zum Muster nehmen. Wann werden wir eine Denkschrift über die Ursachen des RadbodunglückS bekommen? Ein Vertreter des Bergarbeiterverbandes und ein Vertreter des christlichen Bergarbeiterverbandes sollten zu den Ar- betten der Untersuchung herangezogen werden. DaS ist aber nicht geschehen!(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Will man so lange warten, bis alle Spuren zur Beurteilung der Schuldfrage verwischt sind? Die Witwen in Radbod haben ihren Prozeß wegen Zahlung der gesammelten Spende ver- loren, konnten aber die Gcrichtskosten nicht aufbringen und sind infolgedessen gepfändet worden! Da sie aber nicht einmal pfändbare Sachen besitzen, wird ihnen ihre Rente gekürzt! DaS fordert den Widerspruch aller fühlenden Menschen heraus. DaS ist ein echt preußisches Kultnrdokument! (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ich muß mich jetzt mit den neulichen(ngrisfen deS Herrn Gronowski vom Zentrum beschäftigen. Er hat seiner Liebe zum Kaiser Ausdruck gegeben. Ich glaube ihm das aufs Wort. Die Bergarbeiter im Ruhrrcvicr werden sich wohl ihre besonderen Ge« danken dabei gemacht haben. Denn im Ruhrrevier ist eS gewesen, wo der Kaiser das Zuchthausgesctz ankündigte, das ja auch die christlichen Bergarbeiter in ihrer Organisation vollständig ver» Nichten sollte. Ich verstehe eS deshalb sehr wohl, daß der Abge- ordnete Gronowski hier herkommt und seiner Liebe für den Kaiser und König Ausdruck gibt.(Zuruf des Abg. Brust.) Warten Sie nur einen Augenblick! Nachdem also Herr Gronowski sich hier als königstreuer Mann hingestellt hat, erklärt er die Sozialdemokratie als Inbegriff aller Schlechtigkeit, und nachdem er uns dann in der üblichen Art des Zentrums herabgesetzt hat, wendet er sich zu den Nationalliberalen und sagt: Mit solchen Leuten gehen Sie zu- sammenl DaS Zentrum sieht er als die verfolgte Unschuld, ja als eine strahlende Sonne an.— Ich habe mich darüber sehr gewundert, daß Herr Gronowski uns Sozialdemokraten als solche Scheusale hinstellt. Hat daS Zentrum nicht gemeinsam mit den Sozialdemo- traten früher gegen die Nationalliberalen zusammengestanden? (Unruhe im Zentrum. Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Wir sind daran nicht unschuldig, aber Sie(zum Zentrum) sollten sich auch nicht als unschuldig ausgeben und nicht immer die ge- kränkte Leberwurst spielen.(Heiterkeit.) Früher waren wir für daS Zentrum bündniSfähia, und daS hat gehalten bis 1908 zu den Landtagswahlen.(Lebhaftes Hört? hört! bei den Sozialdemo- kraten.) Wenn die Abgeordneten Gronowski und Sauermann im preußischen Landtag sitzen, so war daS nur möglich, weil w'ir f i e gewählt haben!(Lebhaftes Hört! Hort! bei den So» zialdemokraten. Lachen im Zentrum.) Herr Gronowski zitierte Bebels Worte von 1003. Wenn er also schon seit 1903 wußte, daß wir seine Todfeinde sind, wie konnte er, als der königstreue Mann, uns 1007 und 1903 in die Arme sinken?(Rufe im Zentrum: Wo denn?) Wie konnte da» Zentrum uns gegenüber sogar Verpflichtungen ein- gehen?(Rufe im Zentrum: Ist unwahr!) Herr Gronowski sagte, er hätte auf den Brief unseres Vertrauensmannes nur aus Höflichkeit geantwortet. Warum hat er nicht bis acht Tage nach der Wahl gewartet?(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Warum hat er geantwortet, daß er für die Uebertragung des ReichStagswahlrechtes auf Preußen eintritt und auch für eine neue WahlkreiSeinteilung?(Lebhaftes Hört! hört! bei den Sozialdemo- kraten.) In Dortmund hat Herr Gronowski in einer Zentrums- Versammlung erklärt, es sei unwahr, wenn von sozialdemokratischer Seite behauvtet wird, daß er eine Erklärung betr. daS Wahlrecht ohne Aufforderung gegeben habe; hier im Landtag behauptet er gerade, er habe die Erklärung freiwillig gegeben.(Hort! hört! bei den Sozialdemokraten.) Tatsache ist. daß vor der Abge- ordnetenwahl von unserer Seite an das Zentrumswahlkomitee ge- schrieben worden ist: daß unsere Wahlmänner im Kreise Dortmund - Stadt und-Land geschlossen für das Zentrum stimmen würden unter der Voraussetzung, daß, falls in Dortinund-Land der sozial- demokratische Kandidat in Stichwahl käme, das Zentrum sich ver- pflichtete, für ihn zu stimmen.(Hört! hö»t! links.) Am Tage der Wahl morgenö wurde daraufhin unserem Wahlkomitee tele» phonisch mitgeteilt, daß es für die Zentrumspartei Ehre n f a ch e sei, diese Bedingungen zu erfüllen!(Hört! hört! linkS. Wider- spruch im Zentrum.) Ich kann Ihnen dafür, daß dieS regelrechte Abkommen getroffen worden ist, drei Zeugen benennen. Wir schämen uns deö Abkommens nicht, aber ich kann Ihnen wohl nach- fühlen, daß Sie es nicht eingestehen wollen, nachdem die Finanz- reform die Gemüter aufgeregt hat und Sie im Begriffe stehen, jetzt beim Wahlrecht Verrat zu üben.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten. Unruhe im Zentrum.) Vizepräsident Dr. Borsch: Ich habe Ihnen den weitesten Spiel- räum gelassen, bitte Sie aber, nicht auf das Wahlrecht zu kommen. Abg. Leinert(fortfahrend): Das war auch nicht meine Absicht. Ich will aber noch etwas sagen: Hier sitzt auch Herr Säuer- mann. AIS bekannt wurde, daß wir bei der Wahl den Ausschlag geben, hat man einen anderen Kandidaten an seiner statt aufstellen wollen und untz ist es zu danken, daß Herr Sauermann gewählt wurde, weil wir auf einen anderen nicht eingegangen sind.(Un- ruhe im Zentrum.) Ich begreife ja. daß Ihnen daS unangenehm ist. Es ist unwahrhaftig und verlogen vom Zentrum, wenn eS jetzt die Sozialdemokratie als nicht bündnisfähig hinstellt. Herr Gro- nowSki hätte wirklich keinen solchen Kraftaufwand zu diesem Zwecke gebraucht, denn selbst die Rechte ist ja in dieser Beziehung nicht ganz rein. Der konservative Abg. Feldman» ist ebenfalls mit unserer Hilfe gewählt und hat sich auf unsere Bedingungen ver- pflichtet!(Hört! hört!) Er hat sich dann darüber entrüstet, daß wir von ihm verlangen, er solle diese Verpflichtung auch erfüllen, (Hvtc.r.leit lintt.) Nun die Fxeiisnsexvgtiven jind feine
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