Nr. 52.
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27. Jahrg.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.
Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983,
Donnerstag, den 3. März 1910.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.
Wer Anhänger des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Landtagswahlrechts ist, findet sich
am nächsten Sonntagnachmittag 1 Uhr
im Treptower Park zum Spaziergang ein.
Die Mitschuldigen.
Aenderung des Wahlrechts kann der schwarz- blaue Block in p Preußen nicht zerbrochen werden. Und so wird die
Die reaktionäre Preffe
preußische Wahlreform zur Borbedingung und das Verbot der Wahlrechtskundfür jede Aenderung der politischen Verhält nisse im Reiche wie in Preußen.
gebung im Treptower Park.
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Immer unerträglicher lastet die Herrschaft des schwarzblauen Blocks auf Deutschland . Immer enger wird das Das haben nun sogar die Nationalliberalen begriffen. Bündnis, das die Heiligen und die Ritter miteinander ge- und auch sie fordern die Wahlreform. Macht doch das Vorwärts" erteilte Antwort auf das Versammlungsverbot des Die gestern unter der Ueberschrift Trok alle dem!" vom schlossen haben. Schon die Vorgänge beim Sturz des Fürsten geltende Dreiklassenwahlrecht sie politisch im preußischen Herrn Polizeipräsidenten v. Jagow hat in der reaktionären Presse Bülow ließen klar erkennen, daß nicht ein vorübergehendes Landtag völlig entbehrlich und daher gänzlich einflußlos. eine höchst komische gereizte Stimmung ausgelöst, die deutlich er Zusammenarbeiten, sondern ein dauernder und fester Nur in den seltenen Fällen, wo Konservative und Zentrum fennen läßt, daß man jetzt auch in den Regierungstreifen einzu politischer Bund geplant ist. Sicher hat die Steuer- in irgendwelchen Nebensachen miteinander uneins sind, dürfen sehen beginnt, wie wenig der Arbeiterschaft die polzeiliche Tattit scheu der Junker sehr viel zu ihrem Entschlusse beigetragen, die Nationalliberalen den Konservativen zur Majorität ver- imponiert. Besonders scheint man es in jenen Kreisen als schmerz, dem Fürsten Bülow den Garaus zu machen, aber unabänder helfen. Gewöhnlich sind sie aber für die reaktionäre Ma- lich zu empfinden, daß die Sozialdemokratie sich weder in berech lich wurde der Beschluß erst, als die Ankündigung der jorität das fünfte Rad am Wagen, während sie als Opposition tigter Empörung über das Verhalten der Polizeileitung zu einer preußischen Wahlreform die Junker mit der Sorge wegen ihrer Feigheit nur ein komische Rolle spielen. Dazu offenen Widerhandlung gegen das polizeiliche Verbot hinreißen erfüllte, die Alleinherrschaft der Konservativen in der preußi- kommt, daß das Privilegienwahlrecht nicht, wie sie so gerne läßt, noch sich demütig der väterlichen Weisheit der Polizeiverwal schen Privilegienkammer könnte erschüttert werden. Da erst möchten, auf sie selbst, sondern auf Konservative und Zentrum läßt, noch fich demütig der väterlichen Weisheit der Polizeiverwal fanden sie im Dunkeln den Weg, auf dem sie dem Zentrum zugeschnitten ist. Obwohl sie nicht viel weniger Stimmen bei tung unterwirft, sondern den beabsichtigten Schlag einfach dadurch begegneten, und da erst wurde das feine Geschäft abgemacht: den Landtagswahlen aufgebracht haben als die Konservativen pariert, daß fie eine andere Form der Bekundung ihres Protestes Wir stürzen euch den Bülow und geben euch eure ausschlag- man zählte 318 589 oder 12,71 Broz. an nationalliberalen wählt, die von dem Verbot nicht betroffen wird und gegen teine gebende Stellung im Reiche zurück, ihr aber versprecht, uns gegen 354 786 oder 14,5 Pro3. an konservativen Stimmen Baragraphen des Reichsvereins- und Versammlungsgesetzes verin der preußischen Wahlreform beizustehen und dafür zu sorgen, daß der konservativen Macht auch nicht im geringsten Abbruch getan werde. Um seine Stellung im Reiche wieder zugewinnen, hat damals schon das Zentrum sich zum Berrat an der preußischen Wahlreform verpflichtet und nur weil der Berrat des Zentrums sicher war, konnte Herr von Heydebrand in der großen Rede, in der er den Sturz des Fürsten Bülow als Notwendigkeit zu erweisen suchte, die Erklärung abgeben: Die Konservativen seien bereit, an einer preußischen Wahlreform mitzuarbeiten.
haben die Nationalliberalen nur 65, die Konservativen ſtößt. Am meisten wüten natürlich die Blätter, die zum Polizei
dagegen 152 Abgeordnete. Sind also die Nationalliberalen gegenüber der Sozialdemokratie mit ihren 598 522 Stimmen und ihren 6 Mandaten noch immer ungeheuerlich bevorzugt, so find sie doch gegenüber den Konservativen außerordentlich im Nachteil. Ihr Wunsch nach einer Wenderung des Wahlrechts ist daher begreiflich. Aber diese bornierten Intereffenpolitiker wollen nur eine Wahlreform, die ihnen allein Vorteile bringen, die Entrechtung der Massen aber erhalten soll. An Stelle des konservativ- kleritalen Privilegs wollen sie das Der Führer der Konservativen verließ damit den nationalliberale setzen, das Privileg selbst aber erhalten. Standpunkt, den seine Partei und seine Presse bisher stets Deswegen sind sie zwar bereit, für eine modernere Wahleingenommen hatte, daß überhaupt keine Reform des kreiseinteilung und für das geheime Wahlrecht zu stimmen, Wahlrechts in Angriff genommen werden sollte. Er bleiben aber Feinde des gleichen Rechts. Nun zeigt aber konnte dies, weil er wußte, daß er der Mitarbeit" des Zen - die Erfahrung aller Wahlrechtsdebatten, daß diese Haltung trums sicher war und daß das Zusammenwirken der kon- der Nationalliberalen überhaupt jede Wahlreform, die diesen servativen Volksfeinde mit den klerikalen Volksverrätern jeden Namen verdient, unmöglich macht. Und das ist ja eigentlich
wirklichen Fortschritt vereiteln werde. Wie der Schnaps- selbstverständlich.
block in der Finanzreform den Junkern neue und vermehrte Hinter der nationalliberalen Forderung steht nichts Liebesgaben, dem Volke aber die ungeheuerliche Last der als ihre 65 Mandate, also eine hoffnungslose Minorität. halben Milliarde auferlegt hatte, so will derselbe Block in Daß die die konservativ- klerikale Majorität die Wünsche Preußen das Junkerprivileg auf den schändlichsten Wahl- dieser Privilegienkämpfer erfüllen wird, nur um die terrorismus noch befestigen, die Entrechtung des Volkes aber in ihrer ganzen Unerträglichkeit unverändert fortbestehen laffen. Herr von Heydebrand hat sich in dem Zentrum nicht getäuscht und nur weil er des Zentrums sicher war, gestattete er seinem jungen Bethmann, eine sogenannte Wahlreform einzubringen. Früher, als er selbst es wohl gedacht, ist die Hoffnung, der Herr von Hertling, der Führer des aristokratisch- kirchlichen Flügels des Zentrums, Ausdruck gegeben hat, verwirklicht worden. Das politische Biel seines Anhangs, allen Forderungen der bürgerlichen Linken und der Sozialdemokratie die geschlossene reaktionäre Phalanx der verbündeten Konservativen und Klerikalen gegenüberzustellen, ist im wesentlichen verwirklicht.
präsidium und dem preußischen Ministerium des Innern gute Bea ziehungen unterhalten und in den Ministern nichts anderes sehen als Bollstrecker ihres Willens, denen sie, wenn ihnen deren Verals Bollstreder ihres Willens, denen sie, wenn ihnen deren Verhalten nicht paßt, sogar ganz ungeniert zu höchst eigenartigen lukullischen Genüssen einladen.
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Voran geht die Deutsche Tageszeitung", die sich zunächst an Herrn Oberbürgermeister Kirschner zu reiben sucht und dann den Polizeipräsidenten v. Jagow als staatserhaltendes Genie feiert was nicht verwunderlich ist; denn, wie wir schon gestern nachwiesen, reicht die Kongenialität zwischen Polizeipräsidium und Redaktion der Deutschen Tageszeitung" so weit, daß beide fast bis auf das Wort die gleichen Gedanken haben. Zum Schluß schreibt das ehrfame Bündlerblatt:
Bei allen staatserhaltenden Parteien dürfte das Verhalten des Ministers und des Polizeipräsidenten volle Anerken nung finden. Man kann aber ruhig noch einen Schritt weiter gehen als der Minister: Nicht einmal für ihre organisierten Anhänger können die sozialdemokratischen Führer die Bürgschaft übernehmen; Beispiele genug dafür sind vorhanden. Ja noch mehr, felbft unter den Führern dürfte sich mancher finden, den man hier nicht mit gutem Gewissen zum Gärtner sehen könnte. Warum haben die Sozialdemokrater nicht statt der Herren Borgmann und Ernst etwa den jungen Liebknecht und den Zehn Gebote Hoffmann zu den Behörden geschickt? Das wäre ehrlicher gewesen und hätte die Situation in ein richtigeres Licht gesezt. Dieser Hinweis ist wohl deutlich genug; und wir brauchen uns faum weiter um den Nachweis zu bemühen, daß die Bürg schaft", die unsere sozialdemokratischen Führer für das Verhalten von Wahlrechtsdemonstranten anbieten, völlig ungenügend, ja wertlos ist.
Der Vorwärts" fündigt nun an, daß sich die Wahlrechtsfreunde im Treptower Park zu Hunderttausenden zu einem friedlichen Spaziergange" einfinden würden. Wir haben das Vertrauen, daß die Berliner Polizei auf der Hut sein und Sorge tragen wird, daß solche Spaziergänge nicht zu unzulässigen Kund gebungen ausarten. Der Anerkennung und Unterstützung aller staatserhaltenden Kreise kann sie dabei vollkommen sicher sein, und sie erfüllt nur ihre Pflicht, wenn sie nachdrücklich und wirksam dem Geseze Achtung verschafft und jeder Störung der öffentlichen Ordnung vorbeugt."
eigenen Privilegien zu verkürzen, ist natürlich völlig ausgeschlossen. Daß aber die Volksmassen sich in Bewegung fegen werden, um an Stelle der einen Privilegien andere zu setzen, werden die Nationalliberalen selbst nicht glauben. So wäre die Rolle der Nationalliberalen eine überaus lächerliche, wenn sie nicht zugleich eine so überaus schädliche wäre. Denn nur die Feindschaft der Nationalliberalen gegen das gleiche Recht macht dem Zentrum seine verräterische Taktik in der Wahlrechtsfrage so leicht und befestigt damit die Herrschaft des Schnapsblocks. Würden die Natioialliberalen einsehen, daß das Privilegienwahlrecht in jeder Form in Preußen eine Unmöglichkeit geworden ist, daß nur für die Erringung des gleichen Rechts sich jene Kräfte entDie Leidtragenden der Zertrümmerung des Bülowblocks feffeln lassen, die zur Ueberwindung der Junkerherrschaft waren vor allem die Nationalliberalen. Sie fühlten entfesselt werden müssen, dann wäre dem Zentrum sein frebles fich ja als„ Kern des Blocks", sie hofften endlich zu einigem Spiel mit den Volksrechten gründlich verdorben. Das ZenEinfluß und einigem Ansehen zu gelangen. Zwar erwiesen trum kann im preußischen Abgeordnetenhaus seine Feindschaft fich schon zu Bülows Zeiten diese Hoffnungen zum größten für das gleiche Wahlrecht, zu der es sich den Konservativen so weit, daß sie bie Polizei auffordert, sich einer offenen Teil vergeblich. Die Konservativen behandelten die Natio- gegenüber verpflichtet hat, bei den Abstimmungen verhüllen so weit, daß sie die Polizei auffordert, sich einer offenen nalliberalen nach alter Gewohnheit en canaille; aber in der und zum Schein für das gleiche Recht nur deshalb stimmen, Gejebesberlegung schuldig zu machen und fried. feeligen Blockära durfte wenigstens Herr Bassermann weil es sicher weiß, daß die Nationalliberalen imiche Spaziergänger au attadieren. von Zeit zu Zeit protestieren und sich vom Fürsten Bülow entscheidenden Moment den Konserbatiben stets zur der Hammersteinlinge schreibt nämlich: einige Trostworte spenden lassen. Heute sind die National liberalen völlig an die Wand gedrüdt. Zu einer irgend wirkfamen Opposition wagen sie sich nicht aufzuraffen und die von Herrn von Heydebrand eingesetzte Regierung hat nicht die Erlaubnis, ihre bereitwillig dargebotenen Dienste anzunehmen. So spielen sie im Reichstag die Rolle des Aschenbrödels, das von niemandem beachtet wird und nichts ist ihnen geblieben als die Hoffnung auf den Prinzen, der sie einst erlösen soll.
Hilfe eilen. Die nationalliberale Dummheit sichert das Zentrum vor den Folgen seiner 3 weideutigkeit und erlaubt ihm jene Heuchelei, welche noch immer so manchen seiner Anhänger irre führt.
Nur die Wahlrechtsfeindschaft der Nationa Iliberalen ermöglicht heute die Herr. schaft der vereinigten Ronservativen und
Das Blatt
" Die sozialdemokratische Parteileitung geht, wie man hier ficht, entgegen ihrer seitherigen vorsichtigeren Tattit, darauf aus, die großstädtischen Arbeitermassen direkt zu gefeßwidri gen Handlungen systematisch aufzureizen. Es ist der Beginn eines sorgfältig geplanten Massenvorstoßes gegen die Staatsgewalt, der jetzt um so größere Beachtung verdient, weil der sozialdemokratische Revolutionsgedenktag, der 18. März, nicht mehr fern ist. Es wäre zu verwundern, wenn nicht gerade lerifalen. Und wenn die Nationalliberalen über die für diesen Tag besonders mächtige Kundgebungen geplant wären. Folgen dieser Herrschaft jammern, so muß ihnen gesagt Die Staatsregierung wird sich angesichts dieser fortwährenden Nun ist es freilich gewiß, daß die Tage der Herrschaft werden, daß sie die Mitschuldigen sind und mit die VerAufregung der Massen, die eine fortwährende Bedrohung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt, doch nun ein. des schwarz- blauen Blocks im Reiche gezählt sind. Denn daß antwortung für diese Herrschaft tragen. Und diese Verantmal die ernste Frage vorlegen müssen, ob es nicht die nächsten Reichstagswahlen wieder eine konservativ- kleri- wortung wird ihnen nicht nur in Preußen, sondern bei den die höchste Zeit ist, der so dreist berhöhnten Staatse tale Majorität ergeben könnten, ist recht fraglich. Aber nächsten Reichstagswahlen mit allem Nachdruck vor- autorität mit aller Strenge Geltung zu verschaffen." die Machtstellung der Konservativen beruht viel weniger gehalten werden. Feinde des gleichen Wahlrechts in Preußen Man scheint in den Redaktionsräumen des Junkerblattes auf ihrer Stärke im Reichstag, als auf ihrer Stellung im werden vor den Wählern des Reichstagswahlrechts nicht übermäßig einzuheizen. Der sozialdemokratischen Parteileitung Preußischen Landtag, wo sie als regierende Partei bestehen und die Mitschuldigen des schwarzen Blocks ist es gar nicht eingefallen, direkt zu gesezwidrigen die Verwaltung und die Regierung ganz in ihrer Hand haben. werden keine andere Behandlung erwarten dürfen als die Handlungen systematisch aufzureizen". Allem AnNicht durch die Wahlen im Reiche allein, sondern nur durch Hauptschuldigen. Denn für die Verweigerung des schein nach sieht in seiner albernen Furchtsamkeit bereits das Blatt ihre Ueberwindung in Preußen kann die Herr- gleichen Rechts gibt es keine Milderungs- in einem frieblichen Spaziergang in öffents schaft des schwarzen Schnapsblocks vom deutschen Volfe abge- gründe schüttelt werden. Das Dreiklaffenwahlrecht aber bedeutet die Berewigung der junkerlichen Diktatur. Ohne grundlegende
lichen Barts eine gefchwidrige Handlung" und Vers höhnung der Staatsautorität", die nur durch Men fchenblut gefühnt werden kann,