höherer Korporationen keider für den Beruf oder das Gewerbe, für das die gewerbliche S�ellenveruiittelung nachgesucht wird, ein Arbeitsnachweis errichtet ist, an dessen Verwaltung die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Weise teilnehmen, oder wenn für die gesamte Slellenvermittelung oder mehrere Berufe ein Arbeitsnachweis durch Zuwendung aus Gemeinde- oder Staats- Mitteln unterhalten wird, an dessen Verwaltung Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichmäßig teilnehmen, und diese Vertretung entweder vom Ausschuß des Gcwerbegerichts in getrenntem Wahlgang von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern ernannt ist oder in allgemeiner, geheimer und direkter Wahl die Vertreter von den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern in gesondertem Wahlgange ge- wählt sind. Zur Begründung dieses Antrages führten die Genossen Schmidt, Hildenbrand und S ch w a r tz auS, daß sie damit beabsichtigten, die Entwickelung der Arbeitsnachweise, die ans Tarif- Vereinbarungen beruhen, sowie die kommunalen Arbeitsnachweise zu fordern und die private Stellenvermittelung da zu unterbinden, wo das Bedürfnis für eine Arbeitsvermittelung durch paritätisch per- waltete Arbeitsnachweise gedeckt ist. Wem es um die Hebung des Arbeitsnachweises zu tun ist, der müsse für diesen Antrag stimmen. Gegen diesen Antrag wurde von allen bürgerlichen Parteien der Einwand erhoben, eine so weitgehende Beschränkung der privaten Stellenvermittelung wolle man nicht herbeiführen. Der Antrag wurde dann gegen die Stimmen unserer Genossen, des Vertreters der Polen und des Abg. Becker(Z.) abgelehnt. K 3 der Vorlage bestimmt, daß die Slellenvermittelung in Ver- bindung mit der Gastwirtschast, dem Handel mit Gebrauchs- und Verzehrungsgegenstände nicht ausgeübt werden darf. Auf Antrag unserer Genossen und des Abg. Burckhardt(wirtsch. Vg.) wurde in den Paragraphen eine Aenderung eingefügt, die dahin geht, daß auch in Zigarrengeschäften die Stellenvermittelung nicht er- folgen darf. Ferner wurde aus Antrag unserer Genossen die Be- stimmung gestrichen, die der Landeszentralbehörde die Befugnis erteilt. Ausnahmen von diesen allgemeinen Vorschriften zu- zulassen._ Budgetkommisfion des preußischen Aigcordnctenhauseö. Am Dienstagabend kam der Etat der Bauverwaltung zur Beratung. Beim Gehalt des Ministers entwickelte sich eine Debatte über die Konkurrenz, die der Schiffahrt von den Eisenbahnen gemacht wird, wenn die Schiffahrtsabgaben eingeführt werden. Der Minister erklärte, daß das eisenbahnfiskalische Interesse nicht matzgebend sei. Nur beim Bau neuer Wasserstraßen müsse Rücksicht auf die allgemeinen Staatsfinanzen genoinnien werden. Die Wasser- straßen dürften nicht zur Verringerung der Einnahmen für den Etat führen. Zu lebhasten Auseinandersetzungen führte die Ablösung der Fischereigerechtsame an den Flüssen bei Wasserbauten. Die Regierung gab zur Kenntnis, daß sie be- absichtigt, die AblösuiigSfroge gesetzlich zu regeln; von den Fischern geschehe nichts zur Verbesserung der Fischerei und die Er- hallung dieser selbständigen Existenzen habe keine große Bedeutung; der Staat habe die Absicht, die Fischereigerechtsame dann zu verpachten. Am Mittwoch verhandelte die Kommission über den Bauetat weiter. Eine Petition des Majors v. Donat betr. Lösung des Oder- Problems durch Stauseen wurde vom Minister als viel zu teuer und unsicher hingestellt. Auch die Wasserbauwerke haben das Projekt abgelehnt. Die Handelskammer in Altona verlangte eine Verbesserung der Häfen und Wasserstraßen deS Bezirks Altona. Diese Petition wurde für erledigt erklärt, ebenso die um Ein- richtung einer Dampsfähre beim Weichseldurchstich bei Schönbaum. Dann wurde der Antrag, die Bibliothek deS Abgeordnetenhauses umzubauen, wegen der schlechten Finanzlage Preußens abgelehnt. Ferner verhandelte die Kommission über die Insel Helgoland . � Der Minister erklärte, daß die StaatSregierung mit arotzer Sorge die Abbröckelung der Insel verfolge; es soll bei Gelegenheit u m d i e Felseninsel eine Mauer gezogen werden, die einen Kosten- aufwand von 3 60(1 000 M. erfordertl Die Konservativen verlangten, die Sache zu vertagen und erneute Verhandlungen mit dem Reich zu führen, um zu erzielen, daß das Reich zwei Drittel und Preußen ein Drittel der Kosten trage; Preußen könnte sich nicht immer vom Reich das Fell über die Ohren ziehen lassen I Bei der Steuerreform habe man Preußen um fünf Millionen Mark ge- schädigt; bei der Post erlitte Preußen einen Schaden von 41 Millionen Mark. Der Minister verteidigt die Vorlage damit, daß Preußen wegen der Düneninsel ein großes Interesse an der Felseninsel habe.(Es sind in letzter Zeit mehrere hundert Quadratmeter Festland weg- gespült worden.)_ Hub der Partei. Erhöhung deS Parteibeitrages. Nachdem kürzlich 22 Parteiversammlungen im Reichstags- Wahlkreise Nürnberg sich mit der Frage der Erhöhung des Monatsbeitrages von 2ö auf SS Pf. befaßt und in ihrer über- großen Mehrheit sich dafür erklärt hatten, fand am 28. Februar eine große, von etwa 4000 Genossen und Genossinnen besuchte Persammlung statt, um endgültig über die Frage zu entscheiden. Die meisten Redner erklärten sich für SS Pf. Von einer Seite wurde sogar ein Antrag auf 40 Pf. gestellt. Nach 2zhstündiger Verhandlung wurde mit allen gegen etwa 100 Stimmen der Bei- trag auf SS P f. festgesetzt. Eine Resolution, die den Vor- stand beauftragt, beim Parteitag dahin zu wirken, daß die Wirt- schaftlich besser gestellten Genossen höhere Beiträge zu bezahlen haben �vurde abgelehnt._ Fortschritt der Parteipresst. Unser Essener Parteiblatt hat in der letzten Woche infolge intensiver Hausagitation, 600 Abonnenten gewonnen. Seit September 1909 wurden der„Arbeiterzeitung" etwa 1600 neue Abonnenten zugeführt. Die Generalversammlung des Sozialdemokratischen Vereins für Königsberg i. Pr., die am 28. Februar in Ludwigshof abge- halten wurde, wählte, auf Vorschlag der Vertrauensleute, den Genossen D o n a l i e s, Expedient der„Königsberger Volks- zeitung", zum ersten Vorsitzenden. In der Versammlung wurde dann bekannt gegeben, daß in der Sitzung der Vertrauensleute Genosse Q u i t t z o w- Düsseldorf zum Parteisekretär für Königsberg gewählt worden sei. Die Generalversammlung er- klärte sich mit der getroffenen Wahl einverstanden. Da jetzt die ganze Parteibewegung im Zeichen des Wahlrechtskampfes steht, referierte der Redakteur der„Volkszeitung", Genosse Mark- w a l d, über das Thema:„Der politische Massen st rei k". In der Diskussion erklärten die anwesenden Gewerkschaftsführer, daß sie gleichfalls im politischen Massenstreik eine der Hauptaktionen erblicken, um das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahl- recht für den Preußischen Landtag erringen zu können. Sobald Zeit und Stunde für den politischen Massenstreik gekommen, werden, so versicherten die Redner, auch die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter bereit sein, für ihre politischen Rechte freudig Opfer zu bringen._ Die Jugendbewegung nimmt in Köln , dem Hauptsitz des Klerikalismus, einen überaus gedeihlichen Fortgang. Die Zahl der Bezieher der„Arbeiterjugend" stieg von 121 im Jahre 1909 auf 429 am 1. Januar 1910. Die Leitung der Kölner Jugendbewegung hat im verflossenen Geschäfts- jähre 10 000 Flugblätter vor den Fortbildungsschulen verteil?» lassen, 4# Versammlungen mit Vorträgen und zwei Kurse von je mehreren Abenden über die Entstehung der Erde und über das Thema»Grund- riß der Wirtschaftsgeschichte' beranstaltei. Die Vorträge betrafen: Jugendbewegung, Reisebilder und Wanderungen, Geschichte, Natur- Wissenschaften, Alkoholfrage, geschlechtliche Aufklärung, Literatur u.a. Der Kampf gegen die Schundliteratur wurde mit Nachdruck ge- fördert. Die freie Jugend steht bei der Benutzung der Zentral- bibliothek der Kölner Partei und Gewerkschaften schon an vierter Stelle in der Freguenzstatistik. Es wurden u. a. gemeinsame Museumsbesuche mit Führung, ferner vier Tages-, acht Halbtags- und eine Nachtwanderung ins Siebengebirge arrangiert. Hinzu kamen öftere im Freien veranstaltete Spiele. Die Ausflüge waren durch Mitnehmen von Proviant und andere Vorkehrungen so eingerichtet, daß sie meist nur wenige Groschen Unkosten verursachten. Zweimal empfing die Kölner freie Jugend den Besuch ausländischer Brudervereinigungen: im Juli 1909 der sozialistischen Jugend aus Gent (Belgien ), im Sep- tember der Genter„Volkskinderen". Diese Besuche riefen eine solche Begeisterung hervor, daß die Kölner Jugend sofort an die Gründung einer Sparkasse heranging, um den Besuch der Internationalen Welt- ausstellung in Brüssel zu ermöglichen und dabei den Besuch der Genter Jugend zu erwidern. Im übrigen verfolgt der Ausschuß vor allem das Ziel, ein Jugendheim in Köln zu schaffen, das den Zwecken der Jugendbestrebungen ganz entspricht. poliseilickes, OmcbUicbes ulw. Der Staatsauwalt an der Arbeit. Gegen den Genossen Markwald- Königsberg hat die Staats- anwaltschaft Anklage erhoben wegen Anstiftung zum Land- friedensbruch, zum Aufruhr und zum Widerstand gegen die Staatsgewalt. Außerdem ist noch Anklage er- hoben wegen Nötigung von Beamten. Die Staatsanwalt- schaft erblickt in dem Genossen Markwald den Rädelsführer. Die Straftaten sollen verübt worden sein anläßlich der am 13. Februar in Danzig stattgefundenen Straßendemonstration. Da wird ja eine nette Blamage herauskommen. Hub Industrie und Kandel . Preissteigernnge«. Am Zuckermarkt sind seit einiger Zeit von neuem Preissteige- rnngen erkennbar. Auf dem Londoner Markt wurde am 17. Januar d. I. Rübonrohzucker mit 88 Proz. Ausbeute zu 13 Schilling ver- kauft, während er am 24. Februar auf 13 Schilling 10 Pence stand. Der Preis von Java-Zucker(96 Proz.) stieg noch mehr; Mitte Januar stellte er sich auf 13 Schilling 9 Pence, ging Ende desselben Monats bei ruhiger Tendenz auf 13 Schilling 4V2 Pence zurück, erreichte aber am"24. Februar unter langsamer aber anhaltender Aufwärtsbewegung bei fester Marktlage einen Preis von 14 Schilling 3 Pence. Diele Bewegung ist für die deutschen Märkte schon des- halb von Interesse, weil auf die Zufuhren kubanischen Rohrzuckers infolge der Steigerung der New Dorker Preise seitens Englands mehr oder weniger verzichtet wurde»md damit am Londoner Markt eine starke Nachfrage nach europäischem Zucker einsetzte. Die deutschen und französischen Märkte, insbesondere Paris und Magdeburg , zeigen ebenfalls steigende Preisnotiernngen. Am Pariser Markt wurden 100 Kilogramm Rohzucker(88 Proz.) Mitte Januar zu 33'/« bis 33>/z Fr., am 24. Februar dagegen zu 34'/z�3S Fr. gehandelt; weißer Zucker Nr. 3 stieg sogar von 37',(, am 17. Januar auf 39 Fr. ani 24. Februar. Dieser Tendenz entspricht auch die Magdeburger Marktlage. Hier wurde im letzten Drittel des Monats Januar(19.) Kornzucker 88 Grad ohne Sack zu 12,86—12.95 M. pro SV Kilo- gramm verkauft, zirka ö Wochen später(25. Februar) um eine Mark teurer abgegeben. Auch Brotraffinade I ohne Faß ging in der- selben Ze»t von 23,26— 23,80 auf 23,75—24,00 M. in die Höhe. Am 28. Februar wurde auS Magdeburg von einer neuen Hausse am Zuckermarlt berichtet, die die Termmkurfe um 25 Pf. pro Zentner hinauftrieb. Die Kaffeepreise haben am Amsterdamer Markt seit Beginn dieses Jahres von Woche zu Woche in steigender Richtung sich be- wegt. Am 17. Januar wurde Javakaffee good ordiuary zu 41 CtS. vas>/z Kilogramm gehandelt, in den darauf folgenden Tagen (27. Januar bis 7. Februar) zu 42 und seit dieser Zeit bis heute zu 42%. Am New A orker Markt stieg Rio-Kaffee in dem Monat vom 17. Januar bis 17. Februar für die per April und Mai ab- geschlossenen Verkäufe von 6,80 auf 7,05 Cts. per Pfund; in Havre wurde die Marke Kaffee good average sautoS am 17. Januar für Lieferungen per Februar und März zu 47% Frank für 50 Kilo- gramm und unter geringen Schwankungen am 17. Februar zu 48% Frank notiert. Auch am Hamburger Kaffeemarkt war eine ähnliche Tendenz wahrzunehmen. Lieferungen per März wurden am 20. Januar zu 3S% M. und am 24. Februar zu 36% per 100 Pfd. notiert._ Das öffentliche Feurrverficherungswefen. Die Feuerversicherung ist der älteste Zweig deS Versicherungswesens. Bereits im Jahre 1868 war das öffentliche Feuerversicherungswesen so weit entwickelt, daß sich der Versicherungsbestand der öffentlichen Feuerverstcherungs- anstalten aus 16,3 Milliarden Mark belief. Gegen Ende des Jahres 1908 stellte sich die gesamte Versicherungssumme der öffent- iichen Feuerversicherung in Deutschland auf rund 69,5 Milliarden Mark, so daß seit 1868 die Summe auf mehr als das Vierfache angewachsen ist. Die Einnahme an Beiträgen stellte sich im Jahre 1908 92,5 Millionen Mark oder 0,137 Prozent der Versichermigsiumme, während die Gesamteinnahme der öffentlichen Feuerverstcherungs- anstalten sich auf 113 Millionen Mark belief. Gegen 72.4 Prozent der Summe der Versicherungsbeiträge wurden für Schaden- Vergütungen verausgabt. Die Verwaltungskosten betrugen rund 12 Millionen Mark. Das Gesamtvermögen der öffentlichen Feuer- Versicherungsanstalten stellte sich am Ende des Jahres 1903 auf 225 Will. Mark. _ Die industrielle Entwickelung der Welt. Der Kohlenverbranch eine? Staates kann in gewissen Grenzen als Maßstab der industriellen Entwickelung eines Landes betrachtet werden. In der nachfolgenden Tabelle bringen wir die Tonnen- ziffern pro Kopf der Einwohner der sechs industriell am weitesten fortgeschrittenen Länder. Es wurden gefördert: Großbritannien steht 1885 allen anderen Staaten weit vorauf. Die Vereinigten Staaten überflügeln bald alle anderen Länder, sie stehen jetzt an der Spitze. Deutschland ist England bedenklich nahe gerückt, es hat aus dem Wege das altindnstrielle Belgien schon überholt. Kanada wird in einigen Jahren sicher mit Belgien xmf einer Stufe stehen. Frankreich hat sich verhältnismäßig langsam weiter entwickelt._ Soziales* Die Schauspielcri» als Weib und Arbeiterin.- lieber dieses Thema sollte in der in der Nacht vom 1. zum 2. März im großen Saal der Philharmonie stattgehabten Massen- Versammlung der Schauspielerinnen gesprochen werden. ES fand sich auch übs große ZuMerschgr sin, Dxr Saah dis Gglzrixv und Logen Karen überfüllt. Aber neben den BühnenangehZrlgekt herrschte das Publikum der bürgerlichen Frauenbewegung vor und in der Menge der gut bürgerlichen„honetten" Frauen tauchten die Schauspielerinnen fast unter. Nach den einleitenden Worten von Frau Minna Cauer konnte man vielleicht erwarten, daß mit dieser Versammlung der Beginn der Befreiung der Schau- spielerin als Frau und Arbeiterin gemacht werden könnte. Doch die Ausführungen der langen Reihe von Rednerinnen und Redner lehrten bald etivas anderes. Gewiß lieferten auch die aus den eigenen Erfahrungen einzelner Schauspielerinnen gegebenen Schilderungen aus dem Leben und der Tätigkeit der Bühnen- künstlerinnen äußerst kraß erscheinende Beiträge zu dem grenzen- losen Elend der Schauspielerinnen. Aber in den vielen Reden fehlte doch jeder leitende, die augenblickliche Ursache dieses sozialen Jammers erklärende Gedanke. Kommen doch zu den nur als Nebenerscheinungen zu bewertenden Folgen des sozialen Elends der Schauspielerinnen: in der Kostümfrage, in der Aus- Nutzung durch den Agenten, im Heiratsverbot uud in der Möglichkeit, daß die Direktoren ledige schwangere Schauspielerinnen so- fort entlassen können, die eigentlichen Gründe der schlechten sozialen Lage der Schauspielerinnen. Die Ueberzeugung, daß auch die Schauspielerin dem Theaterdirektor nichts anderes ist, als ein Objekt wirtschaftlicher Ausbeutung, und daß die Schauspielerinnen von ihrem Arbeitgeber, dem Direktor, genau so ausgenutzt, ja noch viel rücksichtsloser, brutaler und ungenierter ausgenutzt und ausgebeutet werden als wie die Arbeiterin von dem gewerblichen oder industriellen Unternehmer gedrückt und entrechtet ist, kam wohl niemand der anwesenden Schauspielerinnen. Daß diese allzu nahe liegende Erkenntnis aber auch keiner Rednerin und keinem Redner kam, beweist, daß man zur Frage der Lösung des sozialen Elends der Schauspielerinnen so etwas wie die Einführung eines künstlerischen Befähigungsnachweises, Beschränkung des Zuzuges weiblicher Kräfte zur Bühne verlangt. Man rief nach Schutzgesetzen für die Schauspielerinnen, Beschneiden der Aus- beutungsmöglichkeit des Agenten, Lösung der Kostümfrage, Zu» lassung der Frauen zu Direktoren- und Regisseurämtern. Das alles forderte eine Resolution, zu deren Erfüllung man sich auch organisieren wolle. Auch wir sind der Meinung, daß in erster Linie eine kräftige Organisation der Schauspielerinnen notwendig ist. Ja durch sie und einen energischen Kampf der Schauspielerinnen, der syste- matisch gegen die Ausbeutung der Theaterdirektoren geführt werden muß, allem wird eS den Bühnenkünstlerinnen möglich sein, ihre Rechte als Frau, Mutter, Arbeiterin und Künstlerin wirksam geltend machen zu können. Dazu ist aber auch bei den Schauspielerinnen die Erkenntnis der Klassengegensätze, die sich nicht minder als sonstwo zwischen der ausgebeuteten Bühnenkünstlerin und dem Theaterunternehmer aufgetan haben, notwendig. Da mögen die Damen vom Theater, die sich zu ihrem Schaden nur immer als Künstlerin, gar zu selten aber als Weib und Arbeiterinnen fühlen, bei den organi- sierten Arbeiterinnen in die Schule gehen. Mit der fraglichen, zu leicht trügenden Sympathie satter bürgerlicher Kreise, die sich gelegentlich einmal für das„Künstlervölkchen interessieren", und mit Gesetzen allein wird das soziale Elend der Schauspielerinneu nicht beseitigt. Die eigene Kraft, verstärkt und vertausendfacht durch eine straffe Organisation der ausgebeuteten Schauspiele- rinnen, schafft auch den Bühnenkünstlerinnen, diesen ge- drücktesten aller Arbeiterinnen in unseren mit großkapitalistischen Ausbeutungsmaschinen geleiteten„Kunstinstituten" ihr Recht als Frau, Mutter, Arbeiterin und Persönlichkeit. Dazu dürfte aber die Nachtversammluug nur wenig vorgearbeitet hoben. AuS den Reden sei die des Fräuleins Rubner vom Neuen Theater hervorgehoben, welche die Ursachen der Theater. Prostitution, Zustände, an welchen die Direktoren und Publikum die Schuld tragen, schilderte. Ein Krebsschaden ist das ungeheure Mißverhältnis zwischen der Gage und dem Dienstaufwand, das heißt den ToilettenauLgaben. zu denen die Künstlerin kontraktlich verpflichtet ist. Die Gagen betragen bei mittleren Theatern 200 bis 250 M. für 1. Fach, 100—120 M. für 2. Fach, bei kleinen Bühnen 100— 120 M. für 1. Fach, 70— 80 M. für 2. Fach. Bei einer Spielzeit von 6— 7, höchstens 8 Monaten stellt sich das Jahreseinkommen einer Schauspielerin auf 420—2000 M. Ueber 60 Proz. der Bühnen- künstlerinnen haben unter 1000 M. Jahreseinnahme. Aber auch diese Summe gehört ihnen nicht ganz. Davon gehen ab die Reise- kosten, die Prozente an den Agenten, die Kosten für die Vorprobe» tage vor Beginn der Saison. Das Unerträglichste aber ist die Be» schaffung der Toilette. Gerade an Provinzbühnen mit häufigem Repertoirewechsel werden von der Künstlerin in einem Monat, in dem sie 70—120 M. verdient, nicht selten zehn Toiletten verlangt� Was bleibt der Schauspielerin übrig als Schulden zu machen, oder aber sich zu prostituieren, wenn sie Karriere machen will? So manche hat schon den Tod der Schande vorgezogen. Nicht wenige Künstlerinnen müssen Schneiderinnen werden, um Schauspielerin sein zu können. Hungernd, frierend, darbend sitzen sie des Nachts an der Nähmaschine mit der ewigen Angst: wird die neue Toilette auch den Ansprüchen der Regie genügen? Nur wenige haben Glück und kommen, ohne diese aufreibenden Sorgen durchkosten zu müssen, in die Höhe, die anderen müssen sich verkaufen, wenn sie mit jenen „Auch"künstlerinnen konkurrieren wollen, die die Bühne nur als Ausstellungslokal für ihre Reize betrachten. In der heutigen Be- Handlung der Toilettenfrage liegt eine Nötigung, ein Zwang zur Prostitution._ DaS HauSgcwerve im Deutschen Reich. DaS Heft 2 des Bandes 215 der Statistik des Deutschen Reichs enthält die Angaben über das Hausgewerbe in den Bundesstaaten und Landesteilen nach der gewerblichen Betriebszählung vom 12. Juni 1907. Der erste Teil der Tabelle gibt für jede Gewerbeabteilung und Gewerbegruppe die Staaten und Landesteile an, in denen hausgewerbliche Betriebe und Personen vorkommen, während im zweiten Teil für jeden Landesteil die Gliederung des HauSgewerbeS außer nach Abteilungen und Gruppen auch nach Gewerbeklassen und -arten dargestellt wird. Die Ziffern beruhen zum Teil auf Angaben der Hausgewerbetreibenden selbst, zum Teil auf denen der Unter« nehmer, die solche beschäftigen. An hausgewerblichen Betrieben wurden nach den Angaben der Hausgewerbetreibenden im Deutschen Reiche gezählt: 279 546 Haupt» und 36 107 Nebenbetriebe, gegen 300 901 Haupt- und 41 656 Neben» betriebe im Jahre 1895. Die Hauptbetriebe haben demnach um 21 355 oder 7.1 Proz., die Nebcnbetriebe um 5549 oder 13,3 Proz. abgenommen. Von den Hauptbeirieben sind Alleinbetriebe 206 706 oder 73,9 Proz. Hausgewerbetreibende Personen wurden gezählt: Männlich Weiblich 1907 170 712 234 550 1895 250 131 201 853 — 85 419-tz 32 697 Nach den Angaben der Unternehmer dagegen waren Haus» gewerbetreibende wie folgt vorbanden: Männlich Weiblich 1907 154 988 327 418 1895 221 246 229 465 — 06 258-tz 57 983 25 85S Betriebe bJschäftigten überhaupt außerhalb der Betriebsstätten Personen als Hausgewerbetreibende gegenüber 22 307 Betrieben im Jahre 1895, also 8548 mehr als 13 Jahre vorher. Die mangelnde Uebereinstimmung zwischen den Angaben der Hausgewerbetreibenden selbst eiiiersells und der Unternehmer an» dererseits ist wohl dadurch zu erklären, daß einerseits viele HauS- gewerbetreibende sich nicht als solche angegeben haben, andererseits die Unternehmer über die Zahl der von den Zwischenmeiftern usw. beschäftigten Personen iticht unterrichtet sind. Ferner ist darauf hin» zulvcisen, daß viele Hausgewerbetreibende gemäß ihrer Bezeichnung ln den Zählpapieren nicht in derselben Gewerbeart nachgewiesen sind, in die der betreffende Unternehmerbetrieb eingereiht ist. *
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