DaS grohe Verdienst Bülolv-Z um die preußische Wissenschaft (welche?) ist schon mehrfach belohnt worden. Bekanntlich ist der Tänzer auf der mittleren Linie zugleich Ehrenmitglied der Posener Akademie und Ehrendoktor der Universitäten Königsberg i. Pr. und Münster. _ Um das Erbe des Grafen Stolberg. Im ReichStagswahlkreis Zyck-JohanniSburg dürfte es allem An- schein nach bei der Ersatzwahl zu einem schweren Kampfe unter den bürgerlichen Parteien kommen. Die Nationalliberalen. die bisber noch gar nichr im Kreise hervorgetreten sind, haben in der Person des Gutsbesitzers Kochan, der im Kreise ansässig ist. einen eigenen Kandidaten ausgestellt. Bei der vorigen Wahl entfielen auf den Grafen Stolverg 20 343 Stimme» gegen 63.0 sozialdemokratische und 833 freisinnige. Nachdem die Freisinnigen im Jahre 1808 schon einmal 3463 Stimmen erhalten hatten, dürften wahrscheinlich auch sie mit einem eigenen Kandidaten auf dem Plan erscheinen. Damals sind auch für den sozialdemokratischen Kandidaten bereits 1260 Stimmen abgegeben worden. Sicher ist jedenfalls, daß eine nicht unbeträchtliche Stimmen- Verschiebung bei der diesmaligen Wahl eintreten wird. Die Verfolgung von Bebel-Gratnlanten. Das Telegramm der sozialdemokratischen Lehrer in Bremen , in dem sie den Genossen Bebel anläßlich seines 70. Geburtstages beglückwünschten, hat die Bremer Behörde in eine fieberhafte Tätigkeit gebracht. Die Schulbehörde erläßt jetzt eine Verfügung an die Schulkollegien, in der es heißt: «Die Lehrer, welche es mit den von ihnen übernommenen Beamtenpflichten für vereinbar gehalten haben, das Telegramm abzusenden, oder sich an der Absendung zu beteiligen, haben nicht den Mut gehabt, für ihre Handlungsweise mit ihrem Namen einzutreten, so daß sie bislang nicht bekannt sind. Um keinen Zweifel über die Stellungnahme der UnterrichtSverwaltung zu dieser Angelegenheit aufkommen zu lassen, wird ausdrücklich erklärt, daß in der Absendung des Telegramms ein Dienst- vergehe» erblickt wird, das die Beteiligten für ungeeignet für den Dienst als Staatsbeamte erscheinen läßt, und daß. wenn sie bekannt wären, unnachsichtlich gegen sie das Verfahren auf Dienstentlassung eingeleitet werden würde." Die Behörde befindet sich mit der in ihrer Verfügung nieder- gelegten Auffassung in schönster Uebereinstimmung mit dem un- entwegt liberalen Bremischen Preßklüngel, der zwar ein über das andere Mal beteuert, auch den Beamten die bürgerlichen Rechte zuerkennen zu wollen, zugleich aber mit aller Deutlichkeit durch- blicken läßt, daß nach seiner Meinung sozialdemokratisch geneigte Lehrer nicht als Beamte geduldet werden können.— Schinocks Rache. Reichskanzler v. Bethmann Hollweg hat im Gegensatz zu seinem Borgänger dem Fürsten Bülow eine ziemlich schlechte Presse. Rur eine Anzahl konservativer Organe sind es, die sich rückhaltlos auf seine Seite stellen. Eine konservative Zeitschrift„Mecklenburger Warte", die über manche Vorgänge ziemlich gut orientiert ist, gibt eine Erklärung der Ursache dieser.schlechten Presse". Dort wird vom neuen Reichskanzler gesagt: .Er hat seine Säuberungsarbeit mit den Vorhöfen des Kanzlerpalais begonnen, wo die Krämer und Wechsler aus den Redaktionsstuben ihre Tische und Stühle teilweise recht ausdring- lich ausgeschlagen hatten, und er hat diese Tempclreinigung radikal vorgenommen. Selbst bisher.allmächtige" Blärter aus dem Westen des Reiches wurden in ihre Grenzen verwiesen, die.gute Presse" des ehemaligen Kanzlers stob mit dem ganzen Gärtnerloden ihrer feilen Lorbeerträuze in alle Winde, kein Wunder, daß sich die duftigen Rosen, die sie einst so frei- gebig zur Wilhelmstratze warf, in harte Steine gewandelt haben." Es ist erst jüngst in einem Blatte geschildert worden, wie Fürst Bülow sich die Presse dadurch dienstbar gemacht hat, daß er den Schmocks gelegentlich einmal irgendeinen Hoppen in Form einer Nachricht zuwarf. Herr v. Bethmann Hollwcg hat die bürgerlichen .Sauhirten" hinausgejagt und deshalb wissen sie nichts zu seinem Lobe zu sagen._ In des„Königs Rock". Wegen Mißbandlung und Beleidigung eines Untergebenen stand der Unteroffizier Gräbel vom 101. Grenadier-Regiment vor dem Dresdener Kriegsgericht. Der Angeklagte hat einem Grenadier während des Gewehrexerzierens das Gewehr aus der Hand genommen und diesen, weil er angeblich keine gute Stellung hatte, mit dem Gewehrkolben einen kräftigen Stoß in bis rechte, Seite versetzt, so daß sich der Gemißhandelte vor Schmerz zusammenkrümmte. Dann äußerte der Soldatenschinder noch mit Bezug auf den Geschlagenen: .Ich kann den Hund nicht sehen!" Der Soldat bekam Erbrechen und Nasenbluten und mußte infolge der zunehmenden Schmerzen ins Lazarett gebracht werden, wo er 3 Wochen verbleiben mutzte. Es wurde eine Bauchquetschung fest- gestellt. Noch heute hat er beim Laufen unter einem stechenden Schmerz in der Seite zu leiden. Bor Gericht bestritt der Angeklagte die Mißhandlung; er habe lediglich korri- gieren wollen! Das Gericht nahm nur„vorschriftswidrige Behand- lung" an und verurteilt« den als„brauchbaren Unteroffizier" ge- schilderien Angeklagten zu der gelinden Strafe von--— drei Tagen gelindem Arrest!! Von der Anklage der Beleidigung erfolgte — FreisprechungU Dasselbe Gericht verhandelte gleich darauf gegen den Re- krutengefreiten Herold vom Leibgrcnadier-Regiment wegen Mißhandlung, vorschriftswidriger Behandlung und Beleidigung in zirka dreißig Fällen. Der Angeklagte war mit der Aus- bildung der Rekruten beauftragt, hatte aber seine eigene Spezial- crziehungsmethode. Em Grenadier wurde am Halse gepackt, ge- lvürgt und abgeschüttelt, daß er Schmerzen hatte. Bei demselben Soldaten nahm die Bestie eine„Helmkorrektur" vor, daß das Sturmband zerriß und der Mann eine Verletzung am Kinn davontrug. In einer ganzen Reih« von Fällen hat der Angeklagte die Soldaten in unglaublicher Weis« schikaniert. So mußten sie z. B. auf Befehl des Gefreiten den Tisch mit Zahn- bürsten scheuern I Kaffeeiöpfe unter zum Trocknen aufgehangene aber noch tropfende Leibwäsche halten l und auf die Schränke klettern und oben sitzend«sien! Die Rekruten wurden fast täglich Lumpen und Lausejungs genannt. Zu seiner Entschuldigung gab der Schinder an, einige Soldaten seien iräge gewesen und er habe sie erziehen wollen I Auch hier ließ das Gericht äußerste Milde walten, denn es erkannte auf nur—— vier Wochen mittleren Arrest!!_ Polizeiliche Schikane. In Spandau untersagte die Polizei die Verbreitung von Handzetteln, die zu einer sozialdemokratischen Versammlung ein- ladeten. Das Verbot wurde damit begründet, daß durch das Ver- teilen die Straßen beschmutzt würden. Zu den vielen Rätseln. die dem simplen preußischen Untertanenverstande von der Polizei aufgegeben werden, ist somit ein neues gekommen.— Oeftemteb. Die Schiffahrtsabgaben. Wien , 4. März. Abgeordnetenhaus. Zur Begrün. dung des Dringlichkeitsantrags betreffend die vom Deutschen Reiche beabsichtigte Einführung von Schiffahrtsabgaben auf der Elbe führte der Abg. S m r r e k aus, daß Oesterreichs alter Fxind sich bereit mache, ihm den Zutrjtt zum Wcere und dadurch auch zum englischen Markte zu verwehren. Durch den unkünd- baren Bertrag von 1870 fei der österreichlsch-ungarischen Monarchie der Zutritt zum Meere gesichert worden. Preußen habe Oesterreich als Sekundanten immer brauchen können, Wirt- schaftlich sei aber Preußen bezw. Deutschland mit Oesterreich immer in gespannten und sogar in Kriegsverhältnissen gewesen. Deutsch- lqnd habe die österrecchrschen Erzeugnisse fast ganz aus dem eigenen Lande verdrängt und durch geschickte Schachzüge Oesterreich mit Rußland und den Balkanvölkern verfeindet. Aus der Türkei , aus Kleinasien , Aeghptcn, aus der Levante sei es verdrängt, und ebenso gehe es im fernen Osten. Run hole Deutschland zu einem der schwersten Schläge gegen das wirtschaftliche Leben Oesterreichs aus, indem es den bisher ganz freien Weg zur Nord- und Ostsee sperren oder doch erschweren und verteuern wolle. Redner will dem Handelsminister glauben, daß er einer Preis- gäbe der freien Schiffahrt auf der Elbe seine Zu- stimmung nie erteilen werde, und hofft, daß Oesterreich die für seine ökonomischen Interessen so hochwichtige Frage so de» antworten werde, wie es seine Völker verlangten, daß eS feine völkerrechtliche Würde zu wahren wisse und daß Oesterreichs Volks- Wirtschaft nicht Preußen auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert werde. Er beantragte schließlich folgende Reso- lution: Die Regierung wird aufgefordert, mit allem Nachdruck dahin zu wirken, daß unter keiner Bedingung die Auflassung der freien, durch internationale Verträge garantierten Elbschiff- fahrt zugelassen und unter keinem Bor wände der Er- Hebung von Abgaben auf der Elbe, deren Einführung Deutschland zum Schaden des Handels, der Industrie und der Land- Wirtschaft Oesterreichs plant, zugestimmt werde(Lebhafter Beifall). Darauf ergriff Handelsminister Weiskirchner das Wort und führte aus. er könne versichern, daß die österreichische Re- g i e r u n g zu Zugeständnissen, welche nicht die volle Freiheit der Elb- schiffahrt garantieren, unter keinen Umständen zuhaben sei. Der Minister bittet, die Versicherung entgegenzunehmen, daß er im vollsten Bewußtsein seiner Verantwortlichkeit de» gekenn- zeichneten Standpunkt in vollster Festigkeit einhalten werde. Der Minister des Aeußern habe während seiner letzten An- Wesenheit in Berlin Gelegenheit gehabt, dem deutschen Reichskanzler gegenüber den Standpunkt der österreichischen ' Regierung in dieser Frage zu präzisieren(Lebhafter Beifall und Händeklatschen). Der Dringlichkeitsantrag Smrczek gegen die Schiffahrtsabgaben wurde sowohl in der Frage der Dringlichkeit wie in meritum von dem Ab- geordnetenhaus einstimmig angenommen. Cngwncl. Finanzfragen. London , 4. März. Das Unterhau» hat heute die Vor- schlage des Schatzamts über die Aufnahmen der erforderlichen Mittel und über die Rückzahlung der Kriegsanleihe in dritter Lesung angenommen. Die Redner der Opposition machten der Regierung den Vorwurf, daß sie die gegenwärtige f i n a n- zielle Verwirrung noch vermehre. Asquith sagte in einer energischen Verteidigungsrede. eS fei unmöglich, die Lage zu mildern, welche durch die Haltung der Lords geschaffen worden sei, die auch allein die Verantwortung trügen. Die Sitzungen des Hauses müßten bis zum Ende des Finanzjahres zur Fertigstellung der verschiedenen Etats verwendet werden, welche für die Weiterführung der Verwaltung notwendig feien. In Er- widerung des Vorschlages der Opposition, daß die Regierung die Einziehung der Einkommensteuer für das Jahr 1900/1910 ab- gesondert für sich legalisieren solle, erklärte Asquith , die Regierung weigere sich, das gebräuchliche Verfahren abzu- ändern; das Budget müsse als ein Ganzes zur Vorlage ge- langen. 6ned>enlaiid. Die Nationalversammlung. Athen , 3. März. Der Regierungsentwurf betreffeud die R e» Vision der Verfassung wurde von der Kammer mit 160 gegen 11 Stimmen angenommen. Das Ergebnis der Ab- stimmung wurde von den Abgeordneten mit stürmischem Beifall be- grüßt. Die Nationalversammlung wird am 14. Sep- temoer zusammentreten. Huö der Partei. Kein« Ruhe tn Preußen! Eine von rund 1000 Mitgliedern des Sozialdemokratischen Vereins in Breslau besuchte Generalversammlung debattierte Donnerstag eingehend die Taktik im Wahlrechtskampfe und beschloß, unaufhörlich alle Mittel anzuwenden, um den Willen der empörten Massen nach außen zum Ausdruck zu bringen. Dem Borstande wurden die denkbar weitgehendsten Vollmachten erteilt, damit er in jedem Augenblick in der Lage ist, die nötigen Maßnahmen im Kampfe um das Wahlrecht zu treffen. Die Versammelten verpflichteten sich feierlichst, allen Anordnungen des Borslandes in bezug auf Straßen- demonstrationen, Meetings. Boykotts usw. usw. rückhaltlos Folge zu leisten und sich für jede Stunde kampfbereit zu halten. Beschlossen wurde ferner, dafür zu sorgen, daß trotz der Bekleidung der Polizisten mit nummerlosen Mänteln die Per- sönlichkeit der einzelnen Polizisten festgestellt und bekannt gemacht werden._ Protest der sozialdemokratischen Dumafraktion gegen den Besuch der französischen Parlamentarier. Wir werden um Veröffentlichung des nachstehenden Protestes unserer russischen Genossen ersucht, der in der russischen Presse in- folg« der Zensurverbältnisse nicht veröffentlicht werden konnte. Die Erklärung der Dumafraktion lautet: „Wir, die Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion, er- hielten die Einladung zu dem Bankett zu Ehren der französischen parlamentarischen Deputation. Diese Einladung sind wir ge- nötigt, aus folgenden Motiven abzulehnen: 1. Bei den heutigen sozialen Beziehungen sind alle ähnlichen Akte der sogenannten internationalen Höflichkeit und Solidarität in Wirklichkeit bloß der AüSdruck der Solidarität der herrschenden Klassen verschiedener Nationen und verfolgen entweder das Ziel, eine Verschwörung gegen andere Völker anzuzetteln oder eine Koalition der herrschenden Interessen gegen die Arbeiterklasse herzustellen. Eben au» diesem Grunde lehnen es die wahren Ver- treter der Interessen der arbeitenden Bevölkerung— die sozia- listischen Parteien und die sozialistischen Parlamentssraktionen der ganzen Welt— ab. an diesen Demonstrationen der angeblichen internationalen Solidarität teilzunehmen und stellen diesen heuchlerischen Erklärungen und Manifestationen die Prinzipien und die Praxis der internationalen Solidarität des Proletariats entgegen. AuS demselben Grunds haben die europäischen Sozialisten keinen Anteil genommen an dem Empfang der russische» Dumadelegatian, die die Schmach ihres Lakaientums vor der Reaktion von ganz Europa demonstrierte. Au» demselben Grunde gehört kein einziger Vertreter der französischen Arbeiter- klasse. kein einziger Sozialist der französischen Delegation an. 2. Der jetzige Besuch der französischen Parlamentarier in Ruß- land, der als Antwort auf den vorjährigen Besuch der angeblichen Vertreter des russischen Volkes dient, bedroht die wichtigsten Interessen der russischen Volksmassen: Die russische Reaktion, die bisher das Bündnis mit der fron - zöfischen Bourgeoisie geschickt ausgenutzt hat, um das russische Volk unbarmherzig zu bedrücken, ist nun bestrebt, die Bande zur Hebung ihres Prestiges, da» dank den systematischen inneren und äußeren Mißerfolgen gesunken ist, zur weiteren Füllung ihrer leeren Kassen mit französischen Kapitalien, zur Fortsetzung de» ununterbrochenen inneren Krieges, gegen das eigene Volk und der Niederwerfung des Kampfes der russischen Aroeiterklasse und ihre Befreiung zu befestigen. Die französische Bourgeoisie, die an der Erhaltung ihrer alten Kapitalien und der Erweiterung de» Tätigkeitsfeldes der neuen Kapitalien interessiert ist. entsendet ihre Delegationen zu uvS, indem sie der russischen Reaktion ihre moralische und materielle Unterstützung anbietet. Wir können als Sozialdemokraten, als Vertreter der Besitz« losen in Stadt und Land, an Eurem Fest nicht teilnehmen, das den arbeitenden Klassen Rußlands neue Ketten und neue Eni« behrungen verspricht. Die Mitglieder der Duma und des Reichsrats, die an der vor« jährigen Exkursion nach Europa teilgenommen haben, versuchten.. der öffentlichen Meinung Europas die Ueberzeugung beizubringen, bei uns herrsche das konstitutionelle Regiment und sie seien die Vertreter des russischen Volkes. Die Gegenvisite der französischen parlamentarischen Delegation sanktioniert dieses enorme Miß- Verständnis und kann ihm einen gewissen Kredit in den Augen der zivilisierten Völker verschaffen. Auf den bevorstehenden Fest- lichkeiten werden von dieser und jener Seite abermals heuchlerische 'Reden über die russische Konstitulion und das russische Parlament ertönen.(Die Wirklichkeit hat diese Prophezeiung unserer Ge- »offen noch übertroffeu. D. Red.) Und das zur Zeit, wo dem Volke alle se.ine Errungenschaften geraubt werden, wo die Rechte der Volksvertretung unter Mithilfe der Teilnehmer an dem feierlichen Empfang der französischen Delegation beschnitten werden, wo täglich im Lande Hinrichtungen stattfinden, die Gefängnisse mit Freiheitskämpfern überfüllt sind und die wahren Verteidiger der Interessen des Volles in den Katorgagefängnissen und im Exil schmachten. Wir, die Vertreter der russischen Arbeiterklasse, reichen unsere Hand nicht zu dieser Mystifikation. Wir nehmen keinen Anteil an dem Fest der Sieger von heute und fügen unsere Stimmen nicht zu dem Chor der heuchlerischen Festredner. Wir protestieren gegen jede Abmachung auf Kosten des russischen Volkes und strecken über die Köpfe der Erploitatoren hinweg die Bruderhand der Solidarität dem französischen, dem internationalen Proletariat entgegen, das allein dem russischen Volke aufrichtig Erfolg wünscht im Kampfe um seine Befreiung." Auch die„Arbeitergruppe", die Vertreterin der demo- kratische» Elemente des Bauerntum», lehnte es demonstrativ ab, an den Festlichkeiten zu Ehren der französischen Gäste teilzunehmen. Sozialem Gegen den Heimarbeiterschutz hat sich die Mittelfränkische Handelskammer in Nürnberg durch zwei an die Regierung gerichtete Resolutionen gewendet. Sie muß selbst zugebe», daß der vorgelegte Gesetzentavurf den Ausbeutern oer Heimarbeit nicht allzu wehe tut, indem sie der Reichsregierung das Zeugnis ausstellt,„daß sie dabei den guten Willen zeigt, einen rigorosen Eingriff in die bestehenden Verhältnisse zu vermeiden", doch geht ihr dieser wafchlappige Entwurf noch immer viel zu weit. Es wird verlangt, daß den Ortspolizeibehörden keine so„großen Machtbefugnisse" eingeräumt werden, sondern lieber die Regelung der betreffenden Verhältnisse den Landeszentralbehörden vorbe- halten bleiben. Der§ 19 sei abzuändern, insoweit er die Be- stimmung enthält, daß Gewerbetreibende bestraft werden können. wenn sie wissen, fondern auch wenn sie den Umständen nach an- nehmen müssen, daß ihre Heimarbeiter den auf Grund der 9,5 und 6 erlassenen Bestimmungen des Bundesrats nicht nachkommen. Ferner wird die Streichung der Bestimmung verlangt, wonach es den Gewerbetreibenden der Nahrungs- und Genußmittelindustrie zur Pflicht gemacht werden soll, die Werkstätten ihrer Heimarbeiter periodisch zu revidieren oder revidieren zu lassen. Endlich wird dringend empfohlen, den Bestimmungen auf Erweiterung und Ver- schärfung der Vorschriften über die Regelung der Heimarbeit nicht nachzugeben, im Gegenteil bei der Anwendung des Gesetzes unter Berücksichtigung der joweiligen Verhältnisse die größte Toleranz zu üben.— Mit anderen Worten: man will sich ein Heimarbeits» gesetz allenfalls noch gefallen lassen, wenn seine Bestimmungen auf dem Papier stehen bleiben. Die sozialpolitische Gefinnung dieser offiziellen Körperschaft wird auch dadurch illustriert, daß sie in geheimer Sitzung abgelehnt hat, an einer vom Sozialwissen- schaftlichen Verein geplanten Heimarbeitausstellung mitzuwirken Betriebsunfall oder Krankheit? Arbeiter sollten auch die geringsten Verletzungen beachten, wie Mes nachstehender Fall wieder lehrt. Beim Schmieden sogenannter Federtaschen flog dem jungen Schmied W. zu Frankfurt a. M. eine sogenannte„Hitze" an den linken Arm. Schmiede sind abgehärtet, arbeiten immer mit ent- bkdßten Armen, so daß dieser Fall nicht weiter beachtet wurde. Die kleine Brandwunde schmerzte aber am anderen Tage mehr, da der Verletzte mit einer Stahlbürste verrostete Wagenteile zu reinigen hatte und dadurch eine Infektion entstanden war. Als die Schmerzen im Arm stärker wurden, ging der Verletzte auf Anraten seines Nebenkollegen endlich zum Arzt, nachdem auch der Meister den Arm besehen und einen sogenannten Karbunkel„festgestellt" hatte. Der Arzt erkannte jedoch die Gefahr und wies den Ver» letzten sofort in eine Klinik ein. Aber auch im Krankenhause ver» suchte man vergeblich, die eingetretene Blutvergiftung zu be» fettigen; nach mehr als sechs Wochen mußte das ganze Armgelenl, welches vereitert war, entfernt werden. Jetzt erkannte auch der Meister die Größe der Verletzung und meldete die Verletzung der Berufsgenossenschaft an. Doch die Schmiede-Bernfsgenossenschaft verneinte das Vorliegen eines Be- tnebsunfalls. weil der Verletzte dem Arbeitgeber nichts von einer Verletzung gemeldet habe.„Außerdem scheinen Sie zuerst gleich- falls nicht an einen Unfall gedacht zu haben, da Sie die Anmeldung des Unfalls durch Ihre» Arbeitgeber erst nach Rücksprache mit dem Arbeitersekretär Graf veranlatztcn." Das Schiedsgericht für Arbeitcrversichcrung mußte sich nun mit dieser Unfallsache befassen und hörte quf Antrag des Ver- letzten den Nebcukollegen M., welcher Augenzeuge war. Die Berufsgenossenschaft wurde zur Entschädigung des Unfalls ver- urteilt, da durch die Aussage des Zeugen bewiesen sei, daß dem Verletzten bei der Arbeit tzlühendeS Eisen gegen den Arm geflogen sei. Die Verbrennung sei wohl anfänglich nicht beachtet worden. später aber ärztliche Hilfe in Anspruch genommen worden, nach, dem der verletzte Arm gerötet und stark angeschwollen war.„Aller- dings." heißt es in der Urteilsbegründung,„hat W. seinem Arbeit» geber gegenüber zunächst über die Entstehung des Leidens keine Mitteilung gemacht. Dies hat seinen Grund offenbar darin, daß W., wie dies leider noch immer häusig geschieht, der laiche keine Bedeutung beigemessen und glaubte, schon nach einiger Zeit seiner Beschäftigung wieder voll nachgehen zu können." Die Ansicht des Arbeitgebers, daß es sich um ein Karbunkelgeschwür gehandelt habe, sei„für die Beurteilung der Sache belanglos", vielmehr Gewicht auf ein Gutachten der Universität Straßburg zu legen, welche» erklärte, daß lediglich„die unbeachtet gelassene, unbedeutende Brandwunde als die Infektionsquelle für die später entstandenen schweren Entzündungserscheinungen zu betrachten sei". Die verurteilte Berufsgenossenschaft suchte noch in letzter �ln- stanz zu siegen und wiederhalte in einem umfangreichen Schrift. satze dem ReichSverstchrrungsamte alle ihre„Gründe". Es wurde aii ähnliche Entscheidungen des Reichsversicherungsamtes erinnert, welche ja solche Erkrankungen, die durch unmerkliche Einwirkungen des alltäglichen Lebens zu entstehen pflegen, nicht als Betriebs- Unfälle angesehen habe. Zu diesen„Erkrankungen gehöre zweifele los auch der vorliegande Fall— Blutvergiftung". Erfreulicherweise ging daS Reichsversicherungsamt nicht auf diesen Leim, sonder» erklärte den Rekurs für unbegründet. Im Urteil wird angeführt, daß durch die Aussago des Unfallzeugen und Arztgutachten überzeugend nachgewiesen sei. daß es sich um einen Betriebsunsall handele, da der„Kläger durch eine Vor- brennung des linken Armes, die später zur Entstehung der schweren Entzündung führte, emen Betriebsunfall zrlitten hat, für dessen Folgen die Beklagte aufzukommen habe",
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten