1. 57. 27.»«. 2. Ktilllge des Jormirts" Knlilltt WldslllM. Kspitslistischer fluch. ,Wenii ein einzelner einem anderen kärperliSen «cbaden tut. und zwar solchen Schaden, der dem Be- schädigten den Tod zuzieht, so nennen wir das Tot- schlag; wenn der Täter im voraus Wichte, daß der Schaden tödlich sei» würde, so nennen wir seine Tat einen Mord. Wenn aber die Gesellschaft Hunderte von Proletariern in eine solche Lage versetzt, das; sie not- wendig einem vorzeitigen, unnatürlichen Tode ver- fallen.... so ist das ebensogut Mord wie die Tat der einzelnen, nur versteckter, heimtückischer Mord, ein Mord, gegen den sich niemand wehren kann, der kein Mord zu sein scheint, weil man den Mörder nicht sieht, weil alle und doch wieder niemand dieser Mörder ist, weil der Tod des Schlachtopfers wie ein natürlicher aus- sieht..." FriedrichEngelS. Im deutschen Bergbau, vornehmlich im Ruhrbergbau, sind in den letzten Jahren technische bezw. maschinelle Einrichtungen ge- troffen worden, deren Wirkungen Erstaunen und Erregung hervor- rufen müssen. Schon durch die natürlichen inneren Gefahren ist der Bergbau zu einer traurigen Berühmtheit gelangt. Die Unfall- und ErkranknugSziffem sind so hoch und erfahren noch fortgesetzt eine solche Steigerung, dag jeder Menschenfreund eine günstigere Wendung herbeisehnen muß. Der Betrieb im Bergbau geht immer tiefer und wird fortgeletzt komplizierter. Dadurch erhöhen sich schon die Gefahren von selbst. Hinzu kommen noch die verkehrten A b b a u m e t h o d e n, die zwar den Betrieb rationeller ge- stalten, aber den G e f a h r e n g r a d für die Bergarbeiter ganz be- deutend in die Höbe treiben. Wir haben hier z. B. den umfang- reichen und hohen Strebeabbau im sogenannten stehenden oder steilen Gebirge im Auge. Gebirgsbeweguugen, die Gesteindstürze nach sich ziehen, können von den Bergleuten hier nicht früh genug bemerkt werden. Und wenn das doch möglich wird, so ist der Fluchtweg ein solcher, dag den Gefahren nicht schnell genug ent- rönnen werden kann! Die Folgen sind Berunglückungen. Uns wundert, wie die Bergbehörde solchen Abbamneihoden gegenüber sich passiv verhalten kann. Doch eS kommt noch schlimmer I In Gruben mit sogenannten flachen(liegenden) oder nur wenig steigenden Kohlenflözen ist man dazu übergegangen, sogenannte Schüttelrutschen als Transportmittel für Kohlen einzuführen. Diese Schüttelrutschen sind mitunter IVO und mehr Meter hoch (lang). Bis zu 23, je 4 Meter lange eiserne Rutschen werden aneinander gekoppelt und durch eine Maschine in Bewegung gesetzt. Durch Rück- und Vorwärts st oh en des ganzen Schüttet- Werkes werden die Kohlen in die Wagen(Hunte) geschüttelt; 12 bis 18 und mehr Arbeiter find damit beschäftigt, die Kohlen zu ge- Winnen und zum Transport die Kohlen in die Schüttelrutschen zu schaufeln. Diese Schüttelrutschen haben schon manchem Arbeiter und Beamten die einzelnen Glieder zerbrochen. Aber darin liegt nicht die schlimmste Gefahr. Sind die Rutschen im Betrieb, dann entsteht ein wahrer Höllenlärm, ein Krachen und Getöse; ein Zischen und Fauchen, daß den hierbei beschäftigten Arbeitern H ö• u ti und Sehen vergeht l Man kann sich über den Skandal tems Vorstellung machen. Nun gehört unbedingt zum Berufe eines Bergarbeiters ein gutes Gehörl Wir sagen unbedingt l Do sich das Gebirge vor dem Zusammenbrechen in der Regel durch Stöße, Krachen oder Knistern bemerkbar macht, so weiß der Bergniann, was die Glocke geschlagen hat. Die Gefahr des Zusammensturzes ist nahe; er und feine Kämeraden flüchten und sind gerettet! Leider passiert ein ngeheuerer Prozentsag der Unfälle überhaupt durch Kohlen- und Steinfall. Aber diese Unfälle würden sich gegen heute noch verdreifachen, wenn nicht die Bergarbeiter, durch ihr Gehör auf die hereinbrechenden Gefahren auf- nierksam gemacht würden und sich deshalb noch frühzeitig genug in Sicherheit brächten. Bergarbeiter, die schlecht hören können, werden sür den unterirdischen Betrieb nicht zugelasie». Was aber nutzt den Bergarbeitern ihr Gehör, wo die Schüttelrutschen im Betrieb sind? Nichts I Das Schicksal der Bergarbeiter ist hier dem blinden Zufall verfallen. Von einem vorhergehenden Erkennen der Gefahren ist keine Rede mehr. Hinzu kommt, daß wie toll gearbeitet wird und daß die Schüttelrutschen selbst in Flözen verwendet werden, die schlechtes Gebirge haben, wo letzteres klüftig und druckhaft ist. Tod und Verderben drohen ständig Beamten und Arbeitern und alles das nur, um die Förderung zu steigern, die A r b e i t S l e i st u n g zu erhöhen! Wenn der technische Fortschritt auch Menschenopfer fordert, so wird das ja wieder paralysiert durch den höheren Werksgewinn. Das mag manchen Leuten zum Trost gereichen, den Arbeitern aber gewiß nicht. Der Vernichtung von Menschenleben und Menschengesundheit dienen weit mehr noch als die Schüttelrntsckien die seit einigen Jahren eingeführten Bohrhämmer, die auch Revolverbohrniaschinen genannt werden. Der Bohrhammer wird benutzt bei G c st e i n ö- arbeiten in den Gruben und er ist in allen Steinkohlenrevieren Deutschlands jetzt verbreitet. Ein Mann mit dem Bohrhammer bohrt gerade soviel Löcher in das Gestein, als 4—3 Mann mit der Hand bohren können! Der Bohrhammer wird sogar größeren Bohrmaschinen vorgezogen, da er gleich nach dem Abschießen der Schüsse wieder in Gebrauch genommen werden kann, während bei großen Bohrmaschinen erst die Aufräumung des niedergeschossenen Gesteins erfolgen muß. Wo diese Bohrhämmer eingeführt werden, da wird das Gedinge (der Lohnsatz) der Arbeiter um ein Drittel herabgesetzt I Schon diese eine Tatsache ließ eS als selbstverständlich erscheinen, daß die Werke die Gelegenheit, überall Bohrhämmer einzusühren, sich nicht entgehen lassen. Allmählich haben sich denn auch die furcht- baren Folgen eingestellt. Heute sind diese Folgen übersichtlich. Der Vor st and des Bergarbeiterverbandes bat eine Umfrage über die Einführung der Bohrhämmer und über deren Einfluß auf die Arbeiter gehalten. Zahlreich sind die Zuschriften, die der Verband aus ollen Bergrevieren Teutschlands erhalten hat. Derjenige muß schon über eine große Portion Menfchenverachtung verfügen, der diese Zuschriften, die von wüstcr Menschcnvcrachtung zeugen, mit Ruhe zu lesen vermag. Wir geben einige oder auch Auszüge aus iolcben Zuschriften hier wieder. So schreibt u. a. ein Bergarbeiter aus dem Dortmunder Revier folgendes: „... Welchen Nutzen aber hat(von den Revolverbohrmaschinen) der Arbeiter? Keinen I Dafür um so mehr Schaden. Weil das Gedinge gekürzt wird, muß viel mehr aufgefahren werden. folglich müssen auch viel mehr Steine geladen werden. Auch mutz mehr Nebenarbeit, wie Holzsetzen, Schienenlegen, Latten ein- bauen und dergleichen gemacht werden. Dies alles verursacht aber einen sehr großen Aufwand von Arbeitskraft. Dann ver- ursacht die Maschine ein derartiges Getöse, daß der Arbeiter nack der Schicht auch zu Hause wie taub uniherläuft! Weiter werden durch das Halten der Maschine die Glieder, wie Hände, Schulter, Knie, Schienbeine usw. geschunden, daß man nach vollbrachter Schicht sich fühlt, als müßten die Knochen im Sack herausgeschafft werden. Wer lange mit solchen Bohrmaschinen arbeitet, dem werden die Nerven zerrüttet! Von größter Schädlichkeit für den menschlichen Körper ist die Einwirkung des Steinstaubes(Bohrmehl). Das Bohren verursacht kolossale Mengen Staub(besonders mit Hohlbohrer). Der Staub setzt sich in Nase. Mund und Ohren fest, so daß man nur mit offenem Munde atmen kann! In kurzer Zeit ist der Kehlkopf, die HalSröhre und die Lunge von Steinstaub bedeckt und zerrissen. Kehlkopfleide», Asthma, Nervenzerrüttung und Schwindsucht sind die traurigen Folgen dieser Mord Maschinen' Am schlimmsten aber ist die Stanbentwickelung in den Auf- brüchen(Stapel), so daß derjenige Arbeiter, der zivei bis drei Aufbrüche von 10V Meter Höhe ausgefahren hat, ent- weder kaput ist oder sich als junger Invalide mir knapper Rente von einem Tag zum andern durchschleppen muß. Betrachten wir also den Nutzen dieser Maschine, so müssen Ivir sagen, bei den Unternehmern große Anffahrungen, Ersparnis von Arbeits- kräflen, und was das wichtigste ist, Erhöhung des Profits, denn was schert eS die Grubenherren, ob jährlich hunderte oder taufende Arbeiter zu Tode kommen oder als Invaliden langsam dahin- sterben. Es ist so, als wenn jedes menschliche Gefühl zu er- sterben hat, sobald der Profit in Frage kommt. Für den Arbeiter ist der Bohrhammer die reinste Mordmaschine, ein Fluch für die Arbeiter!.. Mit Recht verlangt dieser Bergarbeiter an anderer Stelle seiner Zuschrift, daß Arbeitsunfähigkeit, verursacht durch die Bohrhammer, als Betriebsunfall angesehen werden muß. Er verlangt auch, daß mindestens die Hohlbohrer abgeschafft werden müssen, daß sie sür die Bohrer in den Aufbrüchen gar nicht zur Anwendung kommen dürfen. Die Arbeiterschutzgesetzgebung soll sich mit dieser Einführung befassen. Ein Bergarbeiter auS dem Gelsenkirchener Revier schreibt: „Die Bohrhämmer sind auf den Zechen im Gelsenkirchener Bezirk fast durchweg eingeführt. GesundbeitSruinierend sind diese Maschinen dadurch, weil der Bohrer sie selbst festhallen muß. Nur ganz kräftige Naturen sind in der Lage, dieses längere Zeit aushalten zu können. Aber auch der kräftigste Mensch wird ruiniert. Das forlgesetzte Rütteln, Stoßen hält niemand auf die Daner aus. Der Bohrhammer führt in der Minute bis zu 60 Stöße aus. Jeder Stoß über- trägt sich auf den menschlichen Körper. So wie bei einem Elektrisierapparat der elektrische Strom durch den Körper zieht, so auch zieht dieses fortgesetzte Rütteln und Stoßen durch den Körper, das zerrüttet das ganze Nervensystem. Wir werden also für die Zukunft nicht nur mit nervenkranken Bureaukratcn, sondern auch mit nervenkranken Bergleuten rechnen müssen. Auch wirken die Maschinen noch durch die stärkere Staub- bildung gesundheitsschädlich. An und für sich ist der Steinstaub viel schädlicher wie der Kohlenstaub. Der Kohlenstaub löst sich wieder einigermaßen, während der Steinstaub sich in den Lunge ngeweben festsetzt. Bei Gesteinsarbeiten werden diese Instrumente durchweg benutzt. Beim Abteufen ist die Staub- bildung. welche durch die Bohrhämmer hervorgerufen wird, am schlimmsten. Der Staub wird durch den Luftdruck des Bohrhammers erst hoch getrieben und senkt sich dann wieder, so daß der damit arbeitende Kumpel doppelt unter dem Staub zu leiden hat." In einem Briefe auS dein Hammer Revier heißt es: „Man hat hier fast überall zwei Maschinensysteme: Stoß- und Kratzbohrer. Letztere sind die Schlangenbohrer. Den meisten Staub verursachen die Stoßbohrer. Diese Bohrer sind hohl und wird der Stahlstaub durch Luftdruck, der durch das Bohrloch geleitet wird, auS dem Bohrloch herausgeblasen. Man bohrt mit diesen Maschinen stets trocken! Die Ansicht sämtlicher Kameraden, mit denen ich über dieses System gesprochen habe, geht dahin, daß die Arbeit eine u n- geheure nerve«zerrütten de ist. Einige Kameraden, anfangs der dreißiger Jahre stehend, sagten mir. wenn man zwei oder drei Tage nichts tut, kann man keine Luft kriegen, sie spuckten dann S t e i n k l ü m p ch e n aus, so groß wie ein kleiner Wäscheknopf! Die Meinung geht allgemein dahin, daß, wer fünf Jahre mit diesen Maschinen gearbeitet hat. bergfertig ist." Ein anderer Bergmann gibt u. a. folgendes Urteil ab: „Beim Gebrauch des Revolverbohrhammers im festen Gestein (Saud und dergl.) werden die Glieder aufs äußerste, besonders Arme nnd Oberichcnkel, angestrengt, weil diese beiden Glieder am Körper am meisten bei der Arbeit gebraucht werden. Muß die Schulter auch in Anfpruck genommen werden(was beim Bohren in der Firste der Fall ist), können oft die Schmerzen nicht beschrieben werden! Beim Bohren im Schiefergestcin ist es. nicht so schlimm. Gesundheitsschädlich ist der Bohrhammer aber schon allein durch seine furchtbare Staubentwickelung. Sobald zwei Mann, jeder niit einer Maschine am Arbeiten sind, kann sozusagen einer den anderen kaum sehen." Und ein anderer wieder schreibt: „Wo mehrere dieser Maschinen im Ouerschkag zugleich ge- braucht werden, da gibt es soviel Staub, daß die Arbeiter sich einen Schwamm vor den Mund binden müssen!! Derjenige, der eine Schicht mit solcher Maschine gearbeitet hat, ist für den Tag fertig! Das Stoßen und Rütteln des Körpers durch die Maschine ist zu ver- gleichen, als loeim man acht Stunden hindurch elektrisiert worden wäre. Die Maschinen verursachen ein furchtbares Geräusch, wodurch das Gehör der Arbeiter leidet. Die Maschinen wiegen ohne Bohr und Schlauch, 30 Pfund. Dieses Gewicht acht Stunden frei in den Armen vor den Leib oder auf die Schulter zu halten, ist sicher eine solche Arbeit, die den stärksten Menschen in kurzer Zeit ruinieren muß. In den Aufbrüchen ist die Arbeit mit diesen Maschinen derariig, daß der Staub alles weiß macht. Das Gesicht der Arbeirer ist vollständig mit einer dicken Staublage bedeckt. Das ist erklärlich, da die an der Seite der Bohrmaschine ausströmende Luft, das Bobr- mehl, das ans den Löchern fällt, sofort in die Höhe treibt und nicht zur Lagerung kommen läßt. Hinzu kommt noch, daß öfter schlechte und stinkende Lust(man iicimt sie verbrannte Luft) zugeführt wird, die den Arbeitern das Almen erschwert! Als Krankheitserscheinungen stellen sich bald Brustschmerzen ein. Der Staub zerfrißt die inneren Organe. Aerztliche Kuren helfen da n i ch t I Ebenso leiden die Auge n. Die kräftigsten Arbeiter erschöpfen in kurzer Zeit ihre Lebenskraft. Sie gehen sicherem Siechtum entgegen!" Ein Vertrauensmann des Vergarbeiterverbandcs aus dem Ruhr- becken klagt: „Ich habe jetzt auf der Zeche den zweiten Aufbruch fertig gemacht. Wegen BrustleidenS habe ich schon seiern müsien. I ch weiß, wann ich den dritten Aufbruch fertig habe, ich in meinen jungen Jahren Invalide werden muß." So reiht sich ein Schreiben an das andere. Die Klagen, die die Zuschriften enthalten, verdichten sich zu schwere» Anklagen gegen die Gesetzgebung, die Bergverwaltnng, die Hütteubesitzer, überhaupt gegen den Kapitalismus. Der letztere läßt die technischen Errungen- sch.rste» zum Fluch für die armen Arbeiter werden. Jeder denkende Mensch sollte darin» mitarbeilen, daß die Maschine nicht mehr den einzelnen zu Diensten zu sein hat. sondern dem Gemeinwohl. Das aber ist nur in einer sozialistischen Gesellschaft möglich. Schon jetzt aber erheben wir den Ruf: Fort mit diese» Mord- Maschinen aus den Bergwerken, so lange ausreichende Schutz- maßregeln fehlen.______ parlamciitanrcbcö» ReichScisenbahne».— ReichSschatzamt.— Der BiermillioncnfondS der Tabakarbciter. Die Einnahmen der RcichSeisenbahnen sind für daS Jahr 1910/11 mit 122 319 000 M.(742 000 M. weniger als im Vor- jähre) eingestellt. AuS dem Personen- und Gepäckverkehr wird die Einnahme um 460 000 M. höher geschätzt, während die Verwaltung aus dem Güterverkehr 1 232 000 M. weniger einzunehmen glaubt. Worauf sie letztere Ansicht stützt, ist nicht klar geworden. Es wurde ihr sogar nachgewiesen, daß sie an einer anderen Stelle ihres Etats mit einer Steigerung der Einnahmen des Güterverkehrs rechnet! Bei den Petitionen wurde kurz die Arbeiterfrage erörtert. Genosie B ö h l e empfahl, die Petitionen der Arbeiter um höhere Löhne der Regierung empfehlend zu überweisen, und er ersuchte diese dringend, die Löhne unverzüglich, wie die Arbeiter verlangten, um 1v Proz. zu erhöhen; eigentlich sollte man nicht nötig haben, die Verwaltung darum bitten zu müssen, sondern sollte das von hier aus bestimmen können, damit die Löhne immer in einem richtigen Verhältnis zu den Lebensmittelpreisen stehen, was jetzt nicht der Fall sei. Staatsminister von Breitenboch erklärte, däß die Ver- waltung bestrebt sei, die Löhne so zu halten, daß sie nicht unter dem blieben, was für die gleiche Arbeitsqualität in der Privat- industrie gezahlt werde. Wenn der Lohn von 2,40 M. für die Rottenarbeiter nicht gerade hoch sei, so müsse man bedenken, daß diese Stellung für viele nur als Vorstufe für einen Beamten- Posten diene.— Vom Abgeordneten Erzberger wurde dem- gegenüber unter Berufung auf anwesende bayerische nnd b irdische Abgeordnete festgestellt, dag in Bayern der niedrigste Lohn 2,60?)!. und in Baden 2,70 M. seil Die Petitionen wurden der Regierung empfehlend überwiesen. Es folgte die Beratung des Reichsschatzamts-Stats. Beim Titel„Ueberweisung von Mitteln a n die Bundes st aaten zur Unter st ützung der arbeitslos gewordenen Tabakarbeiter, wofür 1500 000 M. ein« gestellt sind, teilte Staatssekretär Mermuth mit, daß es un- möglich sei, mit den 4 Millionen Mark auszukommen, da bis zum Schlüsse des Jahres schon 3 Millionen Mark verausgabt seien! Es entspann sich eine Debatte über die Möglichkeit einer Erhöhung des Fonds. Von nationalliberaler Seite wurde die Ansicht vertreten, daß der Fonds ohne eine Aenderung des Tabaksteuergeschcs nicht erhöht werden könne, weil dort die Beschränkung auf 4 Millionen Mark festgelegt sei. Abgeordneter Erzberger war anderer Mei- nung: Es genüge vollkommen, wenn ein neuer Posten in den Etat eingestellt und dabei eine entsprechende Bemerkung fixiert werde. Staatssekretär Mermuth neigte auch der Ansicht zu, daß es einer Wanderung des Gesetzes bedürfe. Die Frage soll recht bald noch- mal serörtert werden, damit die notwendige Erhöhung des Fonds noch in diesem Budget vorgenommen und für die Beschaffung der entsprechenden Einnahmen gesorgt werden kann. Mittwoch: Auswärtiges Amt . HauSarbeitsgcsetz. Die Kommission zur Beratung des HauSarbeiisgesetzes ver» handelte am DienLtag über die allgemeine Einführung der Lohn- buch er und Lohn zettel, wie es unsere Parteigenossen fordern. Von Zentrum wird das Kompromiß vorgeschlagen: daß bei dieser allgemeinen Anforderung der Bundesrat Ausnahme u zulassen kann. Die RegierungSvertreter wenden sich gegen alle Anträge, die eine allgemeine Einführung der Lohnbücher fordern. Schließlich wird die Beschlußfassung ausgesetzt; man will durch eine Vereinbarung eine passende Form aus der Grundlage deS Zeiitrumsvorschlages finden. Im§ 4 will die Regierungsvorlage, daß für eine geregelte Wfertigung bei der Wlieferung der Heimarbeit auf Antrag deS Gewerbeinspektors die Polizei Vorschriften erlassen kann. Unsere Genossen beantragen: „Gewerbetreibende, die außerhalb ihrer Arbeitsstätte ge- werbliche Arbeit verrichten lassen, sind verpflichtet, den Betrieb so zu regeln, daß bei der Ausgabe oder Ablieferung der Arbeöt den Hausarbeitern keine Zeitversäumnisse entstehen, welche nicht in der Natur des Betriebes begründet sind." Abg. Manz(Fortschr. Vp.) bekämpft den Antrag. Genosse A l b r e ch t begründete den Antrag damit, daß er einen viel be- obachtetcn Mißstand beseitigen soll, denn die Heimarbeiter müsse» oft durch stundenlanges Warten bei Wlieferung der Arbeit unnötig Zeit verlieren. Dafür soll den Heimarbeitern der Anspruch aus eine Entschädigung gesichert werden. Manz(Fortschr. Vp.) will in einem Antrag nur besondere Mißstände durch die Polizei» behörde beseitigen. Den gleichen Standpunkt vertritt ein Antrag Kolbe(Rp.). Abg. Fleischer(Z.) toendet sich sehr entschieden gegen die Absicht des Antrages unserer Genossen, der dem Arbeiter eine Schadenersatzpflicht zuerkennen will. Abg. Becker- Arns» berg (Z.) erklärt sich für die Pflicht eines Schadenersatzes; es handle sich mehr um eine moralische Verpflichtung für den Unter- nehmer; die Schadenersatzklage werde wohl nicht viel erhoben werden. Bei der Abstimmung werden sämtliche Antrage abgelehnt, und die NegierungSvsrlage wird unverändert an- genommen. Für unseren Antrag stimmen, nachdem eine redak- tionelle Aenderung, die Abg. Fleischer(Z.) beantragte, abgelehnt war, außer unsere» Genossen nur der Vertreter der Polen . Zur Debatte gelangt hierauf folgender Antrag unserer Genossen: „Räume, in denen Hausabeiter mit der Anfertigung, Be- orbeitung, Verpackung, Ausbesserung, Reinigung oder Zurichtung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt sind, sind so einzurichten und zu unterhalten, daß die HauSarbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind. Insbesondere müssen die Räume hell, trocken, heizbar und leicht zu lüften sein, und mindestens 12 Kubikmeter Luftraum für jede darin beschäftigte Person enthalten. Zum Schlafen oder Kochen dürfen die ArbcitSräume nicht benutzt werden. Ten vorstehenden Bestimmungen stehen weitergehende landes- gesetzliche Vorschriften nicht entgegen. Hausarbeiter, welche Räume für die Ausführung gcwerb- licher Arbeit in Benutzung nehmen wollen, haben hiervon der nach den Landesgesetzen zuständigen Ortsbehörde Anzeige zu machen und derselben die Räume genau zu bezeichnen. Die Ortsbehörde hat über die erfolgte Anzeige und darüber, daß die Räume den Bestimmungen des Absatz 1 dieses Paragraphen entsprechen, innerhalb drei Tagen nach erfolgter Anzeige eine Bescheinigung in zwei Exemplaren kostenlos auszustellen. Die Bescheinigung muß eine Angabe über den Kubikinhalt der zu benutzenden Räum« enthalten und über die Personenzahl, welche nach den Bestimmungen des Absatz 1 darin beschäftigt werden darf. Entsprechen die Räume den Bestimmungen des Absatz 1 diese» Paragraphen nicht, so ist die Bescheinigung zu versagen. Gewerbetreibende dürfen nur solche Hausarbeiter beschäf- tigen, welche ihnen die behördliche Bescheinigung über die An- zeige ihrer Arbeitsräume vorlegen. Die Gewerbetreibende» baben eine Liste der von ihnen beschäftigten HauSarbeiter mit Angabe der Arbeitsräume derselben anzulegen und der nach den Landesgesetzen zuständigen OrtSbehörde einzureichen. Aenderungen und Ergänzungen dieser Liste sind innerhalb drei Tagen, nachdem sie eingetreten, der Behörde anzuzeigen." Genosse Molkenbuhr begründet den Antrag, der gewisse sanitäre Vorschriften in der Heimarbeit erfüllt sehen will. Von den RsgierungSvertretern wird behauptet, daß mit dem Antrag die Heimarbeit vernichtet würde. Man könne nicht verbieten, in Schlafräumen oder Küchen Heimarbeit zu verrichten! Dieser Ausfassung geben auch die übrigen Redner der bürgerlichen Par- teien Ausdruck, unter großer Entrüstung über die polizeiliche Be- vormundung, die wir einführen wollen! Manz(Fortschr. Vp.) wirft unseren Genossen vor, daß sie die Arbeiter in die Fabrik drängen wollen, um sie für sich zu gewinnen. Genosse A l b r e ch t hält dem entgegen, man könne danach also behaupten, daß die
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