GewerkfcbaftUchce.Berlin und Omgegcnd.Die Tarifbewegung in der Holzindustrie.Am Dienstag hielt der Holzarbeiterverband eine General-Versammlung für Berlin und die Vororte ab. Die Versammlunghatte über die Annahme oder Ablehnung des Ergebnisses derTarifberatungen zu beschließen. Glocke gab einen eingehendenBericht über die Verhandlungen mit den Unternehmern. Bekannt-lich hat die letzte Vertrauensmännerversammlung nochmalige Ver-Handlungen verlangt. Es sollte versucht werden, die Lohn-erhöhung von o Proz., welche nach dem damaligen Stande derVerhandlungen an, 1. November in Kraft treten sollte, sofort mitder Einführung des neuen Vertrages zu erhalten. Die neüenVerhandlungen haben stattgefunden; es war den Verbands-Vertretern aber trotz aller Bemühungen nicht möglich, mehr zuerlangen, als daß die Lohnerhöhung vom 1. Oktober an gezahltwerden soll.Dem Bericht G lock es folgte eine längere Diskussion. AlleRedner brachten zum Ausdruck, daß niemand mit dem Ergebnisder Verhandlungen zufrieden sein könne, da viele Wünsche derArbeiter unberücksichtigt geblieben seien. Andererseits wurde aberanerkannt, daß die neue Tarifvorlage manche Verbesserungen desalten Vertrages enthalte, also immerhin einen, wenn auch kleinenFortschritt bedeute. Aus diesem Grunde sowie mit Rücksicht aufdie allgemeine Lage und die an der Bewegung beteiligten Kollegenim Reiche glauben die Berliner Mitglieder, ihre weiteren Wünschefür dieömal zurückstellen und dem Abschluß eines neuen Tarifsgemäß den vorliegenden Verhandlungsergebnissen zustimmen zukönnen. Unzufriedenheit herrschte besonders darüber, daß derneue Vertrag keine Verkürzung der Arbeitszeit bringt und daß dieLohnerhöhung nicht sofort eintritt.Nach einem Schlußwort Blockes stimmte die Versammlungmit großer Mehrheit dem Entwurf des neuen Vertrage» zu.Ferner wurde auf Antrag Blockes beschlossen, den jetzigen Bei-trag von l.öv M. vom Abschluß des Vertrages an auf 1 M. herab-zusetzen.Gestern nachmittag haben auch die Verbände der Holz-industriellen in einer gemeinsamen Generalversammlung zu demErgebnis der Tarifverhandlungen Stellung genommen. UnserBerichterstatter, den wir in die Versammlung geschickt hatten,wurde auf Anordnung des Obermeisters Rahardt hinaus-komplimentiert.Wenn die Unternehmer während der Vcrtragsverhandlungenihre Versammlungen unter Ausschluß der Presse abhielten, sokonnte man das allenfalls verstehen, denn sie mögen manches zusagen gehabt haben, was sie für sich behalten wollten. Wenn aberselbst die entscheidende Versammlung, die nur noch ja oder neinzu den getroffenen Abmachungen zu sagen hat, unter Ausschlußder Oeffentlichkeit abgehalten wird, dann ist das doch recht be-denklich. Eine Angelegenheit, die seit Monaten das öffentlicheInteresse erregt, sollte doch, wie es bei den Arbeitern selbstverständ-lich der Fall ist, öffentlich entschieden werden. Weshalb scheutdenn Herr Rahardt die Anwesenheit unseres Berichterstatters?Jedenfalls fürchtete er, es könne uns durch die Debatten in seinerVersammlung Einblick gewährt werden in die Gegensätze, die inden Reihen seiner Gefolgschaft herrschen. Als ob uns diese Dinaenicht längst bekannt wären.Durch die großen Kämpfe, die dem Abschluß des bis jetztgeltenden Tarifs vorausgingen, sind den Tischlermeistern, besondersden weniger kapitalkräftigen, schwere Wunden geschlagen worden.Unzufriedenheit mit den führenden Geistern machte sich infolge-dessen bemerkbar. Die Macher der Bewegung suchten der Un-zufriedenheit zu steuern und ihre Mitglieder bei der Stange zuhalten, indem sie ihnen in Aussicht stellten, beim Wschluß einesneuen Vertrages würde alles besser werden. Das heißt, die Unter-nehmerorganisation würde den Vertrag diktieren und die Arbeitermüßten sich dem Willen der Unternehmer fügen. Das ist es,was man den Tischlermeistern seit Jahr und Tag in den Agitations-Versammlungen in Aussicht gestellt hat. Sie sind der FahneRahardts gefolgt in der Hoffnung, daß sie den Arbeiternkeinerlei Zugeständnisse machen brauchen. Doch es ist anders ge-kommen. Nachdem die Unternehmerorganisation den Vertrag ge-kündigt hatte, verlangten die Arbeiter Verbesserungen, und diesemußten, wenigstens zum Teil, anerkannt werden. Nun geht esvielen Tischlermeistern gegen den Strich, daß es den Arbeiter-organisationen gelungen ist, gewisse Verbesserungen im neuenVertrage durchzusetzen, und daß die Verheißungen ihrer Leitung,es würde nichts bewilligt werden, nicht erfüllt werden konnten.Besonders die Vertragsbestimmung, welche verlangt, daß derparitätische Arbeitsnachweis in erster Linie benutzt werden muß,hat viele Tischlermeister mißmutig gemacht. Sie bildeten sich ein,ihre Verbandsleitung könne sie vor jeder Forderung der Arbeitersichern, und fühlen sich nun enttäuscht darüber, daß sie dochetwas bewilligen müssen. Darum haben sie doch derTarifkündigung nicht zugestimmt.— Die Gegensätze, welchezwischen den kleinen Meistern und den großen Unternehmernnaturgemäß bestehen, sind durch diese Tarifbewegung noch mehrverschärft worden. In der am Montag abgehaltenen Vorstands-sitzung der Unternehmerverbände platzten diese Gegensätze scharfaufeinander.Herr Rahardt hat jedenfalls annehmen müssen, daß dieseGegensätze, diese Unzufriedenheit der Mitglieder mit dem Vor-stände, der ihnen mehr versprochen hat als er halten kann, auchin den Debatten der gestrigen Generalversammlung zum Austraggebracht werden würden. Deshalb die Furcht vor der Anwesen-heit unseres Berichterstatters.— Die Herren haben sich aber ver-rechnet, wenn sie glauben, uns die Vorgänge in ihren Reihen ver-heimlichen zu können. Sie sind uns nur zu gut bekannt.Zu der Situation im Rohrlegergewerbe.Den Verhandlungen der Arbeitgeber im Rohrlegergewerbemit dem Allgemeinen Metallarbeiterverband über einen neuenTarifvertrag tritt der Deutsche Metallarbeiterverband energischentgegen, soweit der Allgemeine Verband sich herausnimmt, einenTarif abzuschließen, der für die Rohrleger und Helfer von Groß-Berlin maßgebend sein soll. Dieser Standpunkt wurde in einerallgemeinen Rohrlegerversammlung, die der Deutsche Metall-arbeiterverband zum Dienstagabend nach Freyers Festsälen,Koppenstratze, einberufen hatte, mit aller Entschiedenheit zumAusdruck gebracht. Die Versammlung war sehr stark besucht;etwa 120(1 Mann hatten sich eingefunden und sie folgten den Dar-legungen des Referenten H a n d k e mit großer Aufmerksamkeit.Der Redner schilderte, wie die Mitglieder des Allgemeinen Ver-bandes durch die Leiter desselben schon seit Monaten an derNase herumgeführt werden. Schon im August vorigen Jahresbeschloß dieser Verband, eine Teuerungszulage zu fordern. DieMitglieder warteten in mehreren Versammlungen vergeblich aufeinen Bericht ihrer Verbandsleitung, wie diese Forderung auf-genommen wurde, oder was zu ihrer Durchführung zu geschehenhabe. Im Dezember verbreitete dann die Leitung des AllgemeinenVerbandes die Nachricht, daß man einen Tarifvertrag zustandegebracht habe, der nur noch der Zustimmung der beiderseitigenGeneralversammlungen der Mitglieder bedürfe; man sprach vonErrungenschaften in bezug auf Lohnerhöhungen und paritätischemArbeitsnachweis. Man ging so weit, zu erklären, daß niemandAussicht habe, als Rohrleger Arbeit zu erhalten, der bis zum1. April 1910 nicht Mitglied im Allgemeinen Verband sei. Alleswar unrichtig, Täuschung der eigenen Mitglieder und der Oeffent-lichkeit; man ging damit nur aus M i t g l i e d e r s a n g aus.Der Arbeiigebervcrband selbst ließ bekannt machen, daß er voneinem solchen Tarifvertrag nichts wisse. Am 16. Januar hielt derAllgemeine Verband eine Versammlung ab, in der die Leitung er-klärte, daß über den Tarifvertrag„noch verhandelt" werde.Ebenso hieß es in einer Versammlung am 30. Januar. Unddann kam eine sonderbare Aufklärung in einer Versammlungam 20. Februar, warum von dem— angeblich im Dezember schonfertiggestellten— Tarifvertrag noch gar nichts zu merken war.Ein Brief der Arbeitgeber wurde verlesen, worin diese mitteilten,daß sie noch gar nicht darüber klar geworden seien, ob hinter demAllgemeinen Verband die Mehrheit der Rohrleger stehe. DerSchwindel lag offen zutage; es handelte sich eben nur um eineVorlage, um einen Entwurf des Allgemeinen Verbandes, nichtum einen Tarifvertrag, und die Unternehmer kümmertensich nicht einmal darum. Jetzt trat die Leitung, um die Mitgliederweiter zu täuschen, sehr geräuschvoll auf, man machte große Worte,sprach pathetisch vom„Siegen oder Sterben" und beschloß einegewisse„passive Resistenz", die darin bestand, daß die Mitgliederkeine Ueberstunden mehr machen sollten, und anderen schweren Eni-schlüssen. Man rief das Einigungsamt an und am 3. März fandeine Verhandlung statt. Hierbei war sehr bemerkenswert, daßdie Unternehmer mit der Oeffentlichkeit der Verhandlungen ein-verstanden waren, während der Vertreter des Allgemeinen Ver-bandes den Ausschluß der Oeffentlichkeit verlangteund diesem Verlangen wurde stattgegeben. Man muß annehmen,daß er die Oeffentlichkeit zu fürchten hatte. Am 6. März, amWahlrechtsdemonstrationstage der Berliner Arbeiter, fand eineVersammlung des Allgemeinen Verbandes statt, in der die Mit-glieder einen Bericht erwarteten. Nach der„Volks-Zeitung" wurdein der Verhandlung vor dem Einigungsamt über den Tarifvertragselbst gar nicht gesprochen, sondern nur über die Vertrags-f ä h i g k c i t des Allgemeinen Verbandes. Diese Vertragsfähig-keit wurde schließlich anerkannt, nachdem der Leiter die Mit-gliederzahl des Verbandes als zwischen 2280 bis 2300(GroßesGelächter in der Versammlung) schwankend migegeben hatte.Handle bemerkte dazu, daß es sonderbar sei, daß von diesergroßen Zahl immer nur 200 bis 300 zu den Versammlungen desVerbandes kommen. Die Vertragsfähigkeit anerkannt, das istdas ganze Resultat, das bisher erzielt wurde, und daraufhin wurdesofort die„passive Resistenz" ausgehoben. Die„Arbeitgeber-Zeitung" schrieb, daß die Unternehmer alle Forderungen ablehnenund nur eine 2�prozentige Erhöhung der Minimalsätze an-nehmen würden. Die Unternehmer kennen die Schwäche desAllgemeinen Verbandes. Jedenfalls darf aber der Vertrag, dendieser Verband abschließt, nicht maßgebend werden.(Am Mitt-woch fanden die Verhandlungen mit dem Allgemeinen Verband übereinen Tarif vor dem Gewerbegericht statt.) Im Namen derAgitationskommission legte der Redner der Versammlung diefolgende Resolution vor:„Die am 8. März tagende Versammlung der Rohrlegerund Helfer Berlins und Umgegend erklärt, daß der AllgemeineDeutsche Metallarbeiterverband in keiner Weise das Recht be-sitzt, sich als die einzige Interessenvertretung der Rohrleger undHelfer zu bezeichnen.Durch ihr verräterisches Treiben und andere Machinationenhat die Leitung dieses Verbandes versucht, die Oeffentlichkeit,insbesondere die Arbeiterschaft, zu täuschen, indem unwahreMitteilungen über den Stand der Tariffrage von dieser Seiteverbreitet wurden.Deshalb erklärt die Versammlung, daß, falls die Arbeit-geber einen Tarif mit diesem Verband vereinbaren, derselbe inkeiner Weise für die Rohrleger und Helfer Berlins maßgebendsein kann.Die Versammlung beauftragt die Agitationskommission, inVerbindung mit der Ortsverwaltung des Deutschen Metall-arbejterverbandes, zur geeigneten Zeit Maßnahmen zu treffen,um solche Lohn- und Arbeitsbedingungen im Rohrlegergewerbezu schaffen, wie sie eine organisierte Arbeiterschaft ver-langen kann."H a n d k e s Vortrag fand den lebhaftesten Beifall der Ver-sammelten und einstimmig wurde die Resolution angenommen.Trotz wiederholter Aufforderung meldete sich kein Gegner zumWort. An die Anwesenden wurde die dringende Mahnung ge-richtet, für den Deutschen Metallarbeiterverband unter den Rohr-legern die regste Agitation zu entfalten, da nur dieser Verbanddie Interessen der Arbeiter zu wahren die Kraft und denWillen hat._Achtung, Musikschallplattenpresser! Die Firma Dr. Grün-bäum, Rixdorf, Schinkestraße, ist nach wie vor für Presser undSchleifer gesperrt. Fabrikarbeiterverband.Ausland.Ter Bürgerkrieg in Philadelphia.Man schreibt uns aus New Uork:Drei Tote, neun im Sterben liegende, 91 schwer- undhunderte leichter verletzte Personen, das waren bis zum 24. Fe-bruar die beiderseitigen Verluste in dem Streik der 9000 Straßen-bahner Philadelphias, und weil damit der Blutdurst der herrschen-den Clique noch nicht gestillt war, rückten an diesem Tage einigeHundert„Kosaken" in die Stadt ein. wie der Volksmund dieeigens für die Verwendung bei Streikfällen organisierten und aufden Arbeitermord dressierten berittenen StaatSpolizisten nennt,die denn auch bereits am gleichen Tag mit stundenlangen Reit-Übungen, lange Kracheisen, Knüppel und Handfesseln mit sichführend, einen echt kosakischen Terrorismus in der„Stadt derBruderliebe" etablierten. In den Gerichtssälen hagelt es Zucht-hauSurteile gegen Leute, die nur verdächtig sind, Steine gegendiese Mordknechte erhoben zu haben. Der weiße Schrecken, den dieHorde verbreitet, und die angekündigte Invasion weiterer Kon-stablertrupen wie der ganzen Staatsmiliz, haben der Frechheit derBahnmagnaten natürlich gewaltig den Rücken gestärkt, und aufder anderen Seite die Streikenden veranlaßt, die Versuche der ge-waltsamen Vertreibung de? Streikbrechergesindels vorläufig ein-zustellen; zugleich ist damit aber auch eine Situation geschaffen,die erwarten lassen kann, daß dieser Streik sich vielleicht zu dembedeutungsvollsten, geradezu epochemachenden sozialen Konfliktauswächst, den die neue Welt bisher gesehen hat. Bezeichnendhierfür sind die Umstände der Verhaftung des PräsidentenMurphy von der Central Federated Union(dem örtlichen Kartellder zur American Federation of Labor gehörigen Gewerkschaften).Die bürgerliche Lokalpresse hatte über den Inhalt eines Ge-sprächs berichtet, an dem Murphy teilnahm, der sich im Laufeder Unterhaltung erhitzte und meinte:„Seien Sie versichert, daßam nächsten Sonntag der Generalstreik angeordnet wird. Wennin Kensington auch nur ein Mann von den Staatskonstablern er-schössen wird, so gibt eS einen blutigen Aufruhr, über den sich dasganze Land entsetzen wird. Die Verantwortung für eine solcheErhebung bin ich bereit, zu übernehmen. Die Staatspolizei wärehilflos. Im nordwestlichen Teile der Stadt gibt es Männer, diemit Schußwaffen so gut umzugehen wissen, wie irgendein Soldat.Warten Sie nur noch kurze Zeit die EntWickelung der Dinge ab.und die Augen werden Ihnen aufgehen." Gleich nach der Ver-öffentlichung dieser Auslassung des Gewerkschaftsführers befahlder Polizeichef die Arretierung Murphys, die aber erst Tagsdarauf vor dem Polizeirichter gelang, dem sich der Gesuchte stellte.Murphy wurde prompt wegen Aufreizung zum Aufruhr fürverhaftet erklärk, aber gegen 300 Dollar Bürgschaft gleich Wiedenauf freien Fuß gesetzt. Murphy bewährte sich als Mann, alsechter Arbeiterführer, als Wortführer der ungeheuren Erbitterung,die in den Herzen der schassenden Hunderttausende dieser größtenArbeiterschaft der Welt kocht. Er erklärte:„Die Darstellung derZeitungen über meine gestrigen Aeutzerungen ist so ziemlich zu-treffend. Mögen die Gerichte sehen, wie weit sie meine Wortsgegen mich verwenden können. Die städtischen Behörden bemühensich, die Sache so darzustellen, als ob ich die hiesigen Arbeiter auf-gefordert hätte, auf die Polizei zu feuern. Das ist durchausfalsch. Ich sprach nur die Ansicht aus, daß die Arbeiter dasFeuer erwidern werden, wenn die Polizei zu schießen anfängt,lind das ist auch jetzt noch meine Ueberzeugung."Nach allem, was man aus Philadelphia hört, hat Murphydie Stimmung der dortigen Arbeiterschaft zum Ausdruck gebracht,und gerade das Vorgehen gegen die Führer Platt undMurphy hat den Ingrimm der Arbeiter außerordentlichvertieft.Der gestrige Tag führte wieder zu fortgesetzten Bekundungender Volkswut über die aus den Vcrbrechcrquarticren New Dorksusw. rekrutierten Streikbrecher und das Bahnkapital, das sich auchbeim Publikum schon lange vor Beginn des Streiks gründlich miß-beliebt gemacht hat. War es doch, wie seit dem Ausbruch desStreiks, so auch gestern wieder das mit den Arbeitern sympathi-sierende Publikum, das die bewaffcnte Macht, Polizisten wieStaatskonstabler, mit ständigen Angriffen auf verkehrendeStraßenbahnwagen und ihre Streikbrecherbemannung in Atemhielt. Trotz des entfalteten Staatsterrors hat Philadelphia, wievon dort berichtet wird, seit der Arbeitsniederlegung der Straßen-bahner noch keinen so stürmischen Tag, wie den gestrigen, erlebt.Ein Toter und 60 Verwundete waren die Opfer. Der Getöteteist ein Knabe. Fünf der Verletzten befinden sich in kritischem Zu-stände. Mit der Verhaftung eines Streikenden namens Coplandund eines in seiner Begleitung getroffenen New Dorkcrs will diePolizei ein„Bombcnattentat" auf einen mit 50 Passagieren be-setzten Straßenbahnwagen vereitelt haben. Die Arbeiter et»klären die Anklage für einen Bombcnschwindcl.Philadelphia, 9. März.(Depesche.) Auch gestern abend wurdendie Wagen der Straßenbahn von der Menge mit Steinenbeworfen. Dabei wurde einer der Arbeitswilligen verwundet. Diein dem Wagen befindlichen Arbeitswilligen gaben hierauf Re-volvcrschüsse ab und verwundeten sechs Personen, darunter einjunges Mädchen. Die wütende Menge demolierte mehrere Wagen.Letzte Nacbricbtcn und Dcpcfcbcn.Raubmordprozcß Wcdzicki und Genossen.Das um 1114 Uhr nachts gesprochene Berdikt der Geschworenensprach die Angeklagten Wedzicki, Bluhm und Thimm des versuchtenschweren Raubes, den Angeklagten Powalla der Anstiftung schuldig.Allen vier Angeklagten wurden mildernde Umstände zugebilligt.Der Gerichtshof verurteilte Wcdzicki zu 1 Jahr Gefängnis, Bluhm,Thimm und Powalla zu je 3 Jahren Gefängnis, die letzten dreiauch zu je 5 Jahren Ehrverlust. Den Angeklagten wurden je6 Monate auf die Untersuchungshast angerechnet.Die Reform des Oberhauses.London, 9. März.<W. T. ffl.) Im Ober Hause gab LordR o s e b e r y die Erklärung ab, wenn das Haus seinen am 24' Fe-bruar angekündigten Vorschlag, sich als Komitee zu konstituieren.um die besten Mittel einer Reform seiner gegenwärtigen Reformzu erwägen, annähme, würde er folgende Resolutionen einbringen:1. Eine starke, aktionSsähige Zweite Kannner ist nicht nur einintegrierender Bestandteil der Verfassung, sondern ist für das Wohldes Staate? und das parlamentarische Gleichgewicht ein notwendigesErfordernis. 2. Eine solchcKammerkannambestendurcheineReform undNeukonstituierung des Oberhauses gewonnen werden. 3. Die not»wendige Vorbedingung für eine solche Reform und Neukonstituierungist die Annahme des Grundsatzes, daß der Besitz der PeerZwürdean sich nicht länger das Recht gibt, dem Oberhause als stiinm-berechtigtes Mitglied anzugehören.Eine Konferenz der englischen Bergarbeiter.London, 9. März.(W. T. B.) Heute fand hier eine Kon-fercnz des Bergarbeiterverbandes von Großbri«tannien statt, die sich mit der Frage der Nnterstützung derBergleute von Slldwales in ihren Streitigkeiten mit den Berg-Werksbesitzern beschäftigte. Es wurde beschlossen, die Entscheidungzu vertagen, bis die Vertreter des Verbandes sich mit dem Exe,kutivkomitee der Bergleute über die Herbeiführung einer Eini-gung beraten haueu.Vom Wettrüsten.London, 9. März.(W. T. B.) Die Erfordernisse des Marine-budgets für 1910.1911 beziffern sich auf 40 603 700 Pfund Sterlinggegen 35 142 700 Pfund Sterling im Jahre 1909-1910. Der Mehr-betrag ist hauptsälich verursacht durch die Erhöhung des Schiffs»bauprogramms, die das Parlament im letzten Jahre bewilligt hat.Für Neubauten werden 13 279 830 Pfund Sterling verlangt gegen8 885 194 im Jahre 1909-1910. Von diesen sind 11850 790 Pfundfür den Weiterbau bereits in Angriff genommener Schiffe be-stimmt und 1 429 040 Pfund als erste Rat« für den Bau vonSchiffen nach dem neuen Programm, nämlich von fünf Linien.schiffen, fünf geschützten Kreuzern, 20 Torpedobootszerstörernund eine Anzahl von Unterseebooten, die 750 000 Pfund kostensollen, und zwei Schwimmdocks, welche jedes Kriegsschiff aufzu-nehmen vermögen und die bis 1911 fertiggestellt werden sollen.Das eine dieser Docks ist für Portsmouth, das andere für Medwaybestimmt._Schisfskollifion.Kiel, 9. März.(W. T. B.) Durch Zusammenstoß mit einerP i n a s s e des Linienschiffs„Nassau" wurde ein Werft»dampfcr so schwer beschädigt, daß er Kohlen und Feuerungüber Bord werfen und auf Strand gesetzt«erden mußte. DieBesatzung wurde durch Boote gerettet. Nach Dichtung de?Lecks wurde der Dampfer zur Reparatur in die Werst einge-schleppt._Opfer eines Automobilunfalls.Kempten, 9. März.(W. T. B.) Auf der Fahrt von Ravens-bürg nach Leutkirch stieß daS Automobil des Rechtsanwalts Gutmit einem Fuhrwerk zusammen. Rechtsanwalt Gut wurde schwerverletzt, ein anderer Insasse des Automobils wurde getötet undein dritter leichter verletzt.Nach Sibirien verbannt.Petersburg, 9. März.(W. T. B.) Der Appellgerichts-h o f fällte heute das Urteil in dem Prozeß gegen die RevolutionäreTschaikowski und Frau B r e s ch k o w S k a j a. Tschaikowskiwurde freigesprochen, Frau Breschkowskaja zur Deportation nachSibirien verurteilt.veranttp. Rxdakt.: Richard Barth, Berlin. Inseratenteil verantN.:T>, Glocke, Berlin. Druck u.Vcrlag:VorwärtsBuchdr.u.Perlag»anstal» KaulSingcrLcCo.,BerlinSV/. Hierzu 3 Beilagen«».Unterhaltung»«,