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Rixdorf. Stadttierorbnetenversammlung. Forlsetzung der Ekatkeralung. Der Voranschlag der Schulverwaltung führte zu einer Generaldebatte über Erziehungsgrundsätze. Stadtv. G r o g e r (Soz.) bezeichnete die den Stadtverordneten unterbreitete Schul- statistik für dankenswert, verlangte aber, daß diese erweitert werde, besonders unter Berücksichtigung der Lehrerfolge. Die fliegenden Klassen seien zwar weniger geworden, doch sei in der Besetzung der Klassen, welche bis zu 69 Schüler aufweist, keine Besserung zu verzeichnen. Entfallen in den höheren Lehranstalten nur etwa 34 Kinder durchschnittlich auf eine Lehrkraft, so müsse das auch in der Volksschule energisch von der Schulverwaltung angestrebt werden. Redner erwähnt, daß zwecks Bekämpfung der Schund- literatur unter Vorsitz des Schuldezernenten eine Versammlung stattgefunden habe, welche den Airschluß an die Gesellschaft für Ver- breitung guter Jugendliteratur empfahl. Dieser Verein rühmt sich höchster Protektoren, von denen auch fast ausschließlich die Mittel hergegeben werden sollen. Da sei zu befürchten, daß be- sonders byzantinische Schriften gefördert werden, die gewiß nicht veredelnd wirken; eine Unterstützung sei hier also durchaus am Platze. Dasselbe sei zu sagen von den durch die Schulverwaltung protegierten Lichtbildervorträge der Deutschen Kolonialgesellschaft , die kaum objektiv genannt werden können, sondern nur der Stim- mungsmache für die kolonialen Schutzgebiete dienen. Den lieber- eifrigen in der Lehrerschaft, welche mit unzulässigen Mitteln gegen die Freie Turnerschaft kämpfen, müsse die Verwaltung entgegen- treten; vor allem sei zu verhindern, daß Drohungen ausgesprochen werden, die in der Entziehung unentgeltlicher Lehrmittel gipfeln, sofern die Kinder nicht aus dem Arbeiterturnverein austreten. Bürgermeister Dr. W e i n r e i ch sagte die Vervollständigung der Statistik zu. Die Klassenfrequenzzisfern seien im Verhältnis zum Durchschnitt in Preußen nicht anormal, sollen aber trotzdem ver- bessert werden. Mißhandlungsfälle seien sehr gering. Mit den bisherigen Erfolgen im Kampfe gegen die Schundliteratur ist Redner immerhin zufrieden. Die Schriften der zitierten Gesell schaft seien nicht byzantinisch und die Vorträge der Kolonialgesell� schaft zweifelsohne objektiv, so behauptete der Bürgermeister. In Sachen der Bekämpfung der Freien Turnerfchaft erklärt» er, daß hier die Schuldeputation nicht zuständig sei, sondern die Schul- aufsichtsbehörde. Stadtv. Winter feierte mit tönender Phrafeo- logie dienational-patriotischen" Bücher und Kolonialvorträge. Wir, die wir auf nationalem, patriotischem Boden stehen so rief er aus, halten das für gut im Interesse unseres Vaterlandes! Schließlich bekannte Redner sich als enragiertcr Anhänger der Prügelstrafe, indem er das Beispiel eines rüpelhaften Jungen an- führte, den er bei der Bcschmutzung eines Schaufensters mit Urin angetroffen habe, und der nach seiner Meinung soviel Prügel ver» diente, daß..er die Wände hochgeht"! In das gleiche Horn, nur etwas sanfter, stieß Stadtv. R o s e n o w, der ebenfalls die Prügelei nicht entbehren zu können meinte. Mit krauser Logik behauptete er dann, daß, wenn die Schule die Kinder zu Menschen erziehen soll, sie diese auch mit nationaler und königstreuer Gesinnung erfüllen müsse. Diese Ansichten beider Redner, die Schulmänner sind, riefen wiederholt den lebhaftesten Protest unserer Genossen hervor. Die Stadtvv. Grog er, Dr. Silber st ein und Wutz'fy be­zeichneten die von den Vorrednern entwickelten Ansichten über die Prügelstrafe als mittelalterlich und von der modernen Pädagogik abgetan. Letztere finde in den höheren Schulen ja auch schon Be- achtung, nur in den Volksschulen wolle man merkwürdigerweise nicht von der unwürdigen Prügelei lassen, obwohl hier wie dort die Schüler in ihrem Wohlverhalten nicht unterschiedlich seien, hier wie dort also mit ethischen Mitteln auszukommen sein werde. Den Fall mit dem Prügelknaben des Herrn Winter würde jeder moderne Schulmann zunächst vom Standpunkt des für den Jungen in Betracht kommenden Milieus, in dem er aufwächst, betrachten und nicht in Affekt darauflosprügeln, wie Herr Winter meint. Die Ausführungen des letzteren sowohl als auch des Herrn Rosenow bezüglich der Pflege des Byzantinismus alias Nationalpatrio- tismuö in der Schule seien ein verwerflicher Terrorismus gegen andersdenkende Eltern der Kinder, gegen den energisch angekämpft werden müsse. Solche Reden hätten nichts gemein mit moderner Pädagogik, sondern seien nur zu verstehen aus dem Untertanen- geiste des preußischen Beamten, wie ihn ja Herr Winter kürzlich für sich maßgebend hingestellt ein Geständnis, das mit dem Eharakter eines Stadtverordneten nicht in Einklang zu bringen sei. und das selbst Herr Abraham mit dem treffenden Zuruf quit- tieren zu müssen glaubte:Da haben Sie uns aber blamiert!" In der Aera des alles knechtenden preußischen Junkertums seien derartige Auslassungen von Schulmännern in der Tat äußerst blamabel. Aus der Untersuchungshaft entlassen wurde der Möbelpolierer Wilhelm Liedtke aus der Hermannstr. 64. L. war bekanntlich unter dem Verdacht verhaftet worden, seine Frau am Sonntag, den 6. Februar, aus der im 4. Stock belegenen Wohnung auf den Hof hinausgestoßen zu haben, wobei diese den Tod fand. L. selbst war an dem genannten Tage mit einer Schnittwunde am Hals auf- gefunden worden. Nach seiner Behauptung soll ihm diese Ver- letzung von seiner Frau zugefügt worden sein, die dann Selbst- mord durch Sturz aus dem Fenster verübt habe. Als sich dann Zweifel an dieser Darstellung ergaben, wurde Liedtke nach seiner Entlassung aus dem Krankenhause verhastet. Vor einigen Tagen ist er aber wieder auf freien Fuß gesetzt worden, weil sich ge- nügende Beweismittel für seine Schuld nicht haben erbringen lassen. Treptow -Baumschulenweg. Die Notwendigkeit der Arbeiterbaukontrolleure geht wieder einmal aus folgendem Vorkommnis hervor. Auf dem Heimwege von der Schule am 9. dieses Monats passierte die kleine Tochter des Herrn Geikowsky den Neubau an der Ecke der Eckhardtstraße. DaS Kind berührte die angelehnte Tür des Bretterzaunes, worauf dieselbe umfiel und die Kleine unter sich begrub. Das verunglückte Mädchen erlitt einen Oberschenkelbruch. Bei der Untersuchung des Baues stellte sich heraus, daß, obwohl derselbe schon bis zum dritten Stock gediehen ist, das vorgeschriebene Schutzvach auf einer Seite de? Baues überhaupt fehlte. Jedenfalls sind die Polizeibeamten zu sehr in Anspruch genommen, sonst hätte dieser Zustand gesehen werden müssen. Ebenso wurden Ausschachtungsgräben in der Baumschulenstraße am 19. dieses Monats am Abend ohne Ein- friedigung und Beleuchtung gelassen. Wie leicht können hier Per- sonen zu Schaden kommen. Solche Vorkommnisse könnten ver- mieden werden, wenn die zuständige Behörde solchen Dingen mehr ihr Augenmerk schenkte. Steglift. Das Opfer eines schweren Automobilunfalles wurde der elf- jährige Schüler Artur Ludwig, dessen Eltern Schloßstr. 39 wohnen. -Beim Ueberfchreiten des Fahrdammes vor dem elterlichen Wohn- hause wurde der Knabe von einem dahersauscnden Kraftwagen erfaßt und überfahren. In besinnungslosem Zustand mußte L. vom Platz getragen werden; er hat erhebliche Verletzungen und eine Gehirnerschütterung davongetragen. Alt-Glienicke. Einen eigenartigen Verlauf nahm die letzte Gemeindeber- tretersitzung. Nach Eröffnung derselben teilte der Vorsitzende mit, daß von den beiden Grundbcsitzervereincn zum 13. März bei Bohn eine öffentliche Versammlung einberufen sei, welche sich mit den augenblicklichen Zuständen in unserem Orte beschäftigen werde; die Vertreter seien hierzu eingeladen. Schöffe Partenheimer be- antragte. I. den Vertreter Peters aus der Wählerliste zu streichen, L. den Schöffen Bcuster von seinem Amte zn entheben, 3. die Aus- schrcibung der Geincindevorsteherstellc. Nachdem die ersten beiden Punkte als erledigt betrachtet wurden, sollte der 3. Punkt zuletzt verhandelt werden. Unsere Genossen stellten den Antrag, einen Protest gegen die Wahlrechtsvorlage an das Abgeordnetenhaus zu richten. Ter Gemeindevorsteher bertrat die Ansicht, daß sich die GeMindepexiretung mit solchen politischen Dingen nicht befassen könne. Nachdem unsere Genossen die Begründung zu diesem An- trag gegeben, wurde derselbe mit 9 gegen 4 Stimmen angenommen. Als Vertreter der Gemeinde zum Vorstand der Freiwilligen Feuer. wehr wurde Genosse Nitze gewählt. Das Gesuch um Errichtung einer Apotheke ist abgelehnt worden; doch soll innerhalb 6 Monaten eine neue Eingabe gemacht werden. Ter Abänderung der Bier- steuer wurde zugestimmt; Jungbier bleibt von der Steuer befreit. Als nunmehr in die Beratung des dritte» Antrages Partenheimer eingetreten werden sollte, standen plötzlich wie auf ein gegebenes Zeichen mehrere Vertreter auf und verließen eiligst das Beratungs- zimmer. Auch der Vorsitzende(der Gemeindevorsteher) verließ, nachdem er den Vorsitz dem Schöffen Partenheimer übergeben hatte, den Saal. Nur der Vertreter H. muß wohl nicht eingeweiht gewesen sein; erst nach hilflosem Umsehen verschwand auch er. Die Versammlung war nun nicht mehr beschlußfähig, weshalb der Schöffe die Sitzung schloß. So geschehen in Alt-Glienicke.' Waidmannslust-Lübars. In der letzten Gemeindevertretersitzung wurde ein Antrag betreffs Ausschluß der Gemeindeverordneten bei Lieferung für die Gemeinde angenommen. Dem Ankauf des Grundstückes Waidmann - Ecke Dianastraße von 156 Ouadratruten zum Preise von 18 999 M wurde unter der Bedingung zugestimmt, daß davon 12 Baustellen verkauft und der Rest von 99 Ouadralrulen als Schmnckplatz her gerichtet werden soll. Der Nebernahme und Umgestaltung der Oranienburger Chaussee in eine Orlsstraße wurde zugestimmt. Im DesinfektionSwesen wurde beschlossen, den Vertrag mit der Gemeinde Hermsdorf zu kündigen und die DeSinseltion selbst zu übernehmen. Ein früherer Antrag, die Kosten für Desinfektion bei Familien mit einem Einkommen unter 999 M von der Gemeinde zu übernehmen, wurde mit Rücksicht aus die hohen Kosten, welche eine Desinfektion ver- ursacht, mit rückwirkender Kraft auf Einkommen bis zu 2999 M erhöht. Beim PunkteVergebung der Turnhalle an Private" lagen fünf Gesuche um Benutzung der Turnhalle vor, welche alle berücksichtig« wurden, bis aus ein Gesuch des Arbeiter-Turnvereins Einigkeit". Trotzdem noch der Diensrog jeder Woche frei ist. glaubte der Herr Vorsteher doch nicht dafür eintreten zu können. Wozu die Steuergroschen aller verwendet werden und was für einen gesunden Magen die Kirchengemeinde auch hier am Orte hat, zeigte sich beim PunkteBeihilfe zum Kirchenbau". Die Kircheiigeineiude Lübars beabsichtigt hier am Orte eine Kirche zu bauen, sie ver- langt hierzu von der Gemeinde eine größere Beihilfe Trotzdem der Vorsteher selbst zugeben mußte, daß er eigentlich nicht wisse, wo er das Geld dazu hernehmen soll, b» antragte er doch und zwar auf Grund der Kousistorialverordining von 1573 und der Fleckenbauordnung von 1792 zum Kircheubau 18 999 M zu bewilligen. Dieser Antrag ging dem Herrn Ge meindeverordneten Schade nicht weit genug; er verlangte sogar 25 999 M. Nachdem noch ein Gemeindeverordneter betonte, es sei nötig, daß unser Ort endlich eine Kirche bekommt, um dadurch steuerkräflige Mieter heranzuziehen, wurden der Kirchs die vom Vorsteher beantragten 18999 M. bewilligt. Der Vorsteher mitsamt den bürgerlichen Verordneten haben hiermit bewiesen, daß eS ihnen gar nicht darauf ankommt, die Interessen sämtlicher Gemeindeangehörigen gleichmäßig zu vertreten; denn bei Benutzung der Turnhalle wurden die Arbeiter von vornherein ausgeschlossen, wäbrend die Steuer- groichen der Arbeiter, welche zum größten Teil schon mit der Kirche gebrochen haben, zum Kircheubau benutzt werden. Es wird höchste Zeit, daß unsere neugewählten Verordneten in die Sitzungen hinein- kommen, um energisch gegen eine solche Wirtschaft zu protestieren. Serickts- Leitung. Revision Tahsel verworfen. Das Landgericht Berlin I hat bekanntlich am v. Oktober v. Js. den Redakteur Hermann Dahsel wegen vollendeter und versuchter Erpressung zu einem Jahre sechs Monaten Gefängnis verurteilt, außerdem die Mitangeklagte Frau Emmi Schubach wegen versuchter Er Pressung zu acht Monaten Gefängnis. Die von beiden Angeklagten eingelegte Revision wurde, wie uns tele� graphisch mitgeteilt wird, gestern vom Reichsgericht als um begründet verworfen. Nunmehr wird wohl der Prozeß gegen den Reichstags' abgeordneten Bruhn schnelleren Fortgang nehmen. Grober Unfug des Rektors oder des Schülers. Am 21. Oktober v. I. wurden vor dem Schulgebäude in Steglitz in der Jahnstraße abends gegen 7 Uhr, als die Fortbildungsschüler herauskamen, Einladungen zu einer Versammlung der Jugend organisation verteilt. Der Rektor Steinke verbot das Verteilen in erregter Weise und drohte den Zettelverteilern mit der Polizei. Natürlich blieben infolgedessen die herausströmenden jungen Leute stehen. Auf dem Fahrdamm unter den jungen Leuten stand der Genosse Neue. Als Steinke seiner aysichtig wurde, rief er laut:Solche Gesellschaft, ich kenne die Gesellschaft." Neue ver- bat sich dies entschieden und ging dann seines Weges. Der Rektor Steinke zeigte ihn an und bat um strenge Bestrafung. Neue er- hielt darauf einen Strafbefehl über 19 M. wegen groben Unfugs. Dagegen erhob er Einspruch. Das Schöffengericht verurteilte ihn aber wegen groben Unfugs zu 39 M. oder sechs Tagen Haft, weil er durch sehr dreistes und ungezogenes Auftreten gegen den Schul- rektor eine Ansammlung der Fortbildungsschüler verursacht habe. Gegen dies Urteil legte Neue Berufung ein, die gestern vor der Strafkammer verhandelt wurde. Der Rektor bezeugte, daß er als Beamter verpflichtet sei, gegen die Verhetzung und Angriffe, wie er sich ausdrückte, vorzugehen. Er mußte aber zugeben, daß die Fortbildungsschüler vor der Schule sich angesammelt hatten und dort stehen geblieben seien infolge der Tatsache, daß er das Zettel- verteilen verbot und den Zettelverteilern mit der Polizei drohte. Er gab auch zu, daß sich Neue gegen seinen ZurufSolche Gesell- schaft" gewehrt habe, aber, wie er meinte, mit frechen Worten. Er sei gleichzeitig drohend auf ihn zugekommen, und einer der Lehrer, der in der Nähe stand, habe geglaubt, daß Neue ihn an- greifen werde. Die Fortbildungsschülcr hätten dabei alle um ihn herumgestanden. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Herzfeld, führte aus, daß es überhaupt kein grober Unfug sei. wenn vor einer Schule nach Schulschluß 39 bis 49 Schüler stehen bleiben. Insbesondere auf der Jahnstraße in Steglitz , wo zu der Zeit kaum ein anderer Mensch war. Neue habe auch nicht den Vorsatz gehabt, den äußeren Bestand der öffentlichen Ordnung zu stören, sondern sich gegen die verletzenden Worte des Rektors zu wehren. Nehme man aber an. daß das Stehenbleiben der Fortbildungsschüler vor der Schule grober Unfug sei, so habe diesen nicht Neue, fondern der Rektor selbst verursacht dadurch, daß er die Zettelverteiler wegwies und mit ihnen und Neue in Wortwechsel kam. Dieser sei also des groben Unfugs schuldig, nicht aber Neue. Wenn sich der Rektor durch Neues Benehmen beleidigt fühlte, so habe diese angebliche Beleidigung mit grobem Unfug nichts zu tun. Die Strafkammer schloß sich diesen Ausführungen an, hob das Urteil des Schöffen- gerichts auf und erkannte auf Freisprechung. Der räuberische Ueberfall auf die Juwclierfrau Richter. -Ter Angeklagte Sy; machte gestern folgende Angaben: Er ist geborener Schwelzer und lebt feit mehreren Jahren in Teutschland, trotzdem er von der sächsischen Regierung als lästiger Ausländer ausgewiesen worden war. Den Angeklagten Hohe hat et in dem Strafgefängnis Plötzenscc kennen gelernt. Auch als er in Isolier- Haft gebracht worden war, versuchte er nzit Hohe durch Kassidxz in Verbindung zu treten. Nach seiner Entlassung aus der Straf- anstalt habe ihn Hotze eines Tages auf der Straße angesprochen und ihn gebeten, ihm einige Tage Obdach zu gewähre». Er(Syz) sei darüber sehr erstaunt gewesen, da ihm Hotze im Gefängnis erzählt hatte, er fei der Sohn eines schwerreichen Hotelbesitzers und werde sofort wieder aufgenommen. Einige Tage später sei Hotze zu ihm gekommen, habe sich mit theatralischer Pose in einen Faulcuil fallen lassen und habe ihm folgende Räubergeschichte er- zählt. Er, Hotze, habe einen guten Freund, dem er früher Tausende von Mark geschenkt habe, aufgesucht und ihn um eine Unterstützung «ebeten. Jener Freund habe sich jedoch nicht sprechen lassen, sondern abe ihm von dem Dienstmädchen ein Paket aushändigen lassen, in welchem er im Hausflur dann einen Strick gefunden habe. Er, Syz, habe ihm diese Geschichte nicht geglaubt, da er sofort erkannt habe, daß ihn Hotze anborgen wollte. Am nächsten Tage habe ihn H. auch um ein' paar hundert Mark anborgen wollen, um angeblich seine in der Uhlandstraße in der alten Wohnung befindlichen Möbel wieder anszulösen. Er habe sich dann nach der genannten Adresse begeben und habe hier zu seinem Erstannen die Mutter des Hotze wohnend gefunden. Als er Hotze die Begegnung mit seiner Mittler mitteilte, habe dieser eine recht eigenartige Rolle gespielt. Hotze habe mit theatralischen tzandbewegungen nicht gerufen sondern ge- schrien:Was, das Weib will meine Mutter sein. Das ist ja gerade diejenige, die mich ausgepreßt und mit zu Verbrechen ver- leitet." Er(Syz) habe die Sache auf sich beruhen lassen, da ihn die Frau H. gebeten habe, sich desverlorenen Sohnes" etwas an- zunehmen. Hotze habe ihm dann später viel von seinen schau- spielerischen und musikalischen Talenten erzählt und ihm auch u. a. erklärt, daß er mit der Kgl. Hofopernsängerin Tcstinn gut�be- freundet sei und mit ihr schon Konzerte gegeben habe. Er(Syz) habe dies für bare Münze gehalten und dem H. angeboten, für ihn den Verkauf eines wertvollen Brillantschmuckes, den eine belgische Prinzessin verpfändet habe, für den halben Wert an seineBe- kannte" Destinn zu vermitteln. Die ganze Erzählung Hotzes habe sich später als Schwindel herausgestellt. Syz geht sodann aus- führlich darauf ein, wie er durch Hotze die Bekanntschaft der übrigen Angeklagten gemacht hat. Zwischendurch entspinnen sich im An» schluß an die Kraststelleu lebhafte Auseinandersetzungen zwischen den Angeklagten Syz und Hohe. Als Syz die Mutter des Hotze in die Erörterung zieht, macht dieser lebhafte Protestunter- brechungcn. Als Rechtsanwalt Dr. Klee an einer Stelle für seinen Mandanten eintritt, verbittet sich Hotze, daß dieserWeichensteller des Rechts" ihn durch Unterbrechungen verwirre. Nach einer Pause fährt der Angekalgte Syz in seinem Vortrage fort. Er be- streitet mit aller Energie, nach irgendeiner Rickstung der Anstifter gewesen zu sein. Alle derartigen Beschuldigungen seien nur auf einen Racheakt der übrigen Angeklagten, hauptsächlich aber des Angeklagten Hotze, zurückzuführen. Insbesondere sei der Plan eines räuberischen Ueberfalles auf das seiner Tante gehörende Schloß bei Zürich lediglich der überhitzten Phantasie des Hotze entsprungen. Er<Syz) habe lediglich einmal davon gesprochen, jenes Schloß zu einem Hotel umzubauen und deshalb habe er auch nur die Zeichnungen angefertigt. In Anschluß hieran kommt eS zu zum Teil sehr erregten AuS- einandersetzungen zwischen Syz und Hotze, die sich bis zum Schluß der Sitzung hinziehen. Die Verhandlung wird schließlich gegen 5 Uhr abgebrochen und auf heute QVi Uhr vertagt._ Die sogenanntenSpitzbuben im Richtertalar". In der gestrigen Verhandlung beantragte der Staatsanwalt, den Angeklagten Liidtke, Warnicke und Meyer mildernde Umstände zu versagen, bezüglich der übrigen Angeklagten stellte er die Be- jahung der Frage auf mildernde Umstände anHeim. Den Geschworenen lagen nicht weniger als 194 Schuldfragen vor. Die Beratung zog ssch bis in die 19. Abendstunde hin. DaS Urteil lautete gegen Litdtke auf ZVi Jahre Gefängnis, 5 Jahre Ehrverlust, gegen Meier auf 6 Monate, gegxn Warnicke auf vier Monate Gefängnis zusätzlich, gegen Homburg auf 6 Monate und gegen Neumann auf 2 Monate Gefängnis. Der Angeklagte Martin wurde freigesprochen. Den Angeklagten wurde die Unterstzchungs- Haft teilweise angerechnet. Vermilekres. Erdbeben in Sa» Francisco. Wie aus San Francisco gemeldet wird, wurde dort vorgestern abend um 19 Uhr 39 Minuten ein starkes Erdbeben mit langandancrnden Bewegungen verspürt. Auch in anderen Teilen des Staates machte sich nach tclcgraphischen Meldungen das Erdbeben fühlbar. iversammlungen Beranftaltungen. Verein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse. Mittwoch. 16. März, abends 8 Uhr, in Lammers Festsälen, Komman- dantenstr. 72, Vortrag des Herrn Dr. P l e ß n c r:Aus dem Musikleben Alt-WienS". Nach dem Vortrag: geselliges Bei- fammenfein. Für die Führung durch das Märkische Museum Treffpunkt daselbst am Eingang Sonntag 19 Uhr. Freireligiöse Gemeinde. Solmtag. den 13. März, vormittags 9 Uhr. Pappel-Allee 1517: Freireligiöse Vorlesung. Vormittags Ii Ubr: Kleine Franssurlcr Straße K: Vortrag von Herrn Ewald Vogtherr :Jeluiten-Moral". Damen und Herren als Gäste sehr willkommen._ AilttltNier Marktbericht der fJSdliichcn Marttdallen-Dtreltton ftdet den Groybandel in den Zentral-Marttballen. Kllarktlage: Fleiiib: Zufuhr stark, Gelchüst rege, Preise unverändert. Wild : Zufuhr knapp, (Äeicbäll ruhig, Preise unverändert. Geflügel: Zusuhr kiiapp, Geschäft lcbbast, Preise hoch. Fische: Zusuhr reichlicher, Geichäst ruhig, Preis« besonders für Seefische gedrückt. Butter und Käse: Geschäft ruhig, Preise unverändert. Gemüte, Obi» und Südfrüchte: Zusuhr stark, Geschäst ziemlich lebhast, Preise wenig verändert. evitterriugSübersicht vom 11. März titln, morgens 8 Uhr. vtattonen ~ 1 Ii c 5 Bf Swmemd» 761 SsO Mamburg j 759 SSO Scrlw! 762 SO Franks aM 760 SO München 1763 SO Wien 767 SSO O Wetter 3 heiter 2 halb 65. 2 halb bd. 2NcbeI 3 halb bd. 3 Dunst vi« e» s». 1? m2> etattonen LS 11 « I'I II i i Wetter »» h ÜA Sacatanda 752 Still Nebel t V eiersburg 765 SSW 2 bedeckt 1 Sctllh 755 NO I 4 wolkig Aberdee»(757SN33 5 bedeckt Pan« i757 SSO, 3 Regen Ii Ii esettrrprognofe für Sonnabcud, den 12. März 1910. Mild, jedoch vorherrschend wolkig bei mäßigen südlichen Winde», keim erheblichen Niederschläge. v>asserstandö'Na-brt>chteu vasseriland Memel, Tilsit P r e g e l, Juiterbmg Weichsel, Thorn Oder. Rattbor , kkrossen , Frankfurt Wa r t h e, Schrimm , Landsberg Rehe, Bordamm Elbe, Leittneritz , Dresden , Larby » Magdeburg ')+ bedeutet SuchS, Fall.*j Unterpegel.