diese Stimme Jmtb niemals verstümmenl(Sehr gut! links.) Hätteman Baden von 1371 bis heute mit so diel preußischen Beamtenverwaltet wie Elsaß und hätte man Baden unter dem Diktatur-Paragraphen stehen lassen, was glauben Sie, daß aus diesem un-Zweifelhaft deutschen Lande Baden geworden wäre?(Lebhafte Zu-stimmung links.)Wirtschaftlich hängt Elsaß-Lothringen mit Deutschland zu-sammcn. Selbst diejenigen Elsässer, die noch eine gewisse fran-gösische Romantik im Busen haben, haben im Hauptbuch einennationaldeutsche» WirtschaftSzusammenhang, und selbst in Mül-Hausen wird man nich mehr wünschen, außerhalb des deutschenWirtschaftsgebietes zu stehen. Die Eisenindustrie von Lothringenmnd die verschiedenen Gewerbe von Straßburg können niemalswieder daran denken, undcuisch werden zu wollen; denn dannwürden Teile von ihnen auf die rechte Seite des Rheines wan-dern.(Sehr wahr! links.) Wenn wir also anerkennen, ivas derAufschwung des deutschen Wirtschaftslebens für diese Reichslandebedeutet, so müssen wir doch feststellen, daß der Mensch nicht vomBrot allein leben kann, auch in politischer Hinsicht nicht. Erbraucht auch in staatlicher Beziehung Befriedigung. Runwird der Elsässer aber von einer Epoche zur andern mit Ver-sicher un gen getröstet. Die Annäherung Elsaß-Lothringensan Deutschland wird eher schwieriger als leichter. Demgegewüber wäre die richtige Antwort, daß sowohl von der Reichsregierung wie vom Reichstag mit Bestimmtheit gesagt wird, die Zeitder Vertröstungen sei vorbei. Die Zeit des Wartens, in der cSheißt: Ihr müßt auch die nächsten 1l1 Jahre brav bleiben, dannbekommt ihr in 30 Jahren eine Verfassung!(Sehr gut! links.)Es geht kaum anders, als daß Elsaß-Lothringen ein Reichsland.ein Land des Kaisers bleibt; aber gebrochen werden muß mit demSystem derStatthalter auf tägliche Kündigung.lGroße Heiterkeit.) Die Möglichkeit einer Erb st ati Halterschart, einer Statthalterschaft auf Lebenszeit ist zu er-wägen; unbedingt zu fordern aber ist Vertretung im BundesratEs scheint allerdings, daß Preußen eine Verstärkung der außer-preußischen Stimmen im Bundesrat nicht gern sieht! Statt einesZweikammersystems dürfte es sich empfehlen, eine einzige, aufGrund des ReichSlagswahlrcchtS gewählte Kammer dem(ebentuell) auszubauenden Staatsrat gegenüberzustellen.In bezug auf das Wahlrecht wenden wir uns nicht an denpreußischen Ministerpräsidenten, sondern an den deutschen Reichskanzler, der ein Wahrer uttd Verteidiger des Reichswahlcechtssein saklte.(Lebhafte Zustimmung links.) Das Reichsland kannund darf kein anderes Wahlrecht haben, als das Reichswahkrecht.(Lebhaftes Bravo! links.) Elsaß-Lothringen bedarf keinerErziehung durch anderweitige Wahleinrichtungen.(Heiterkeit undlebhaftes Sehr gut! links.) Elsaß-Lothringen hat seit langemdaS allgemeine und gleiche Wahlrecht in den Gemeinden. Straßbürg hatte zeitweise eine sozialdemokratische Gemeinderatsmehr-heit.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Nur die relativeMehrheit: Iß von W Sitzen.) Die jetzige verF.vickte Wahlart istdem Landevon Berlin aus aufoktroyiertworden.(Lebhaftes Sehr richtig? links.) Wir verlangen also vomReichskanzler die Einführung einer auf Grund des Neichswahl-rechts gewählten Bolksdertretung unter Anwendung des Propor-tisnalverfahrenS in Elsaß-Lothringen uird schließen uns den Re-solutionen Albrecht und Gregoire an. Außerdem beantragen wir!di« Einführung einer Kommission zur Vorbereitung der clsaß-lothringischen Verfassung.(Lebhafter Beifall links.»Abg. Dr. Hieber(natl.): Ich glaube nicht, daß man um dieForderung der Einführung des ReichstagSwahlrechts für die elfaß-iothringische Volksvertretung herumkommen wird, zumal da diesüddeutschen Staaten— Baden, Württemberg, Bayern— diesesWahlrecht besitzen. Auch durchaus konservative reichsländischeKreise verlangen die Ersetzung dcS heutigen Notablenparlamentsdurch ein wirkliches Volksparlament(Hört! hört! links).Elsaß-Lothringen muß die autonome Stellung eines Bundesstaatserhalten; die Einzelheiten— wie die Vertretung im Bundesratusw.— sind demgegenüber von nebensächlicher Bedeutung.Die beiden Hauptforderungen aber, Autonomie und freies Wahl-recht, müssen Elsaß-Lothringen zugestanden werden, wenn wirtreue Reichsbürger in Elsaß-Lothringen haben wollen. Die innereVerschmelzung Elsaß-Lothringens mit dem Deutschen Reiche wirdbeschleunigt werden, wenn Elsaß-Lothringen den anderen deutschenBundesstaaten gleichgestellt wird.(Bravo! bei den National-liberalen.)Reichskanzler v. Bethmann Hollweg:Durch die eingehende und lebhafte Debatte über die ctsatz-lothringische Verfassungsftage beweist der Reichstag, wie ernst cSihm damit ist, daß die staatsrechtliche Stellung der NcichSlande inForme» gekleidet werde, die nicht nur die zweckmäßige Besorgungder Landeögesetze verbürgen, sondern auch die Verschmelzung derReichslande mit dem Reiche fördern. Der warme Ton, mit dem dieHerren Vertreter aus Elsaß-Lothringen gesprochen haben, kann derLösung der Aufgab« nur förderlich sein. Ich hatte schon im De-zember vorigen Jahres erklärt, daß die Erweiterung der politischenSelbständigkeit der Reichslande der unbedingt gewiesen« Weg ist.Auch ich beklag« es. daß seit 30 Jahren«n der betreffenden Gesetz-gebung ein Stillstand eingetreten ist. Ich glaube nicht, daß daszum Scg«n des Landes gewesen ist.(Sehr richtig! links.) Auf densogenannten Hurrapatriotismus gebe ich nichts.(Bravo!) Diedeutschfeindlichen Gesinnungen, von denen auch in der Debatte dieRede gewesen ist, können natürlich die Gewährung größerer Selb-ständigkeit nicht gerade erleichtern.(Sehr richtig!) Solche Kund-gebungen können einer Entwicklung immer aufs neue, absichtlichoder unabsichtlich, Hindernisse in den Weg legen, die vom Lande,von der NeichSregierung in den Reichslande» und auch von derRcichSleitung nicht gewünscht lverde». Wenn einzelne dieser Vor-gänge besonders drastisch in einzelnen Redewendungen im Landes-ausschutz hervorgetreten sind, so haben diese und andere kleine Epi-soden für mich nicht die Bedeutung, daß von ihnen die Geschickeeiner Bevölkerung abhängig gemacht werden können, deren wahreGesinnung in ihnen nicht zum Ausdruck kommt.(Bravo!) Ich habeinfolgedeßen einen Gesetzentwurf, der sich mit der Verfassung undder Fortbildung(Abg. Gothein: Hoffentlich nicht einer»orga-nischen' I Heiterkeit.) der clsaß-lothringischen Verfassung be-schäftigt, ausarbeiten lassen.(Bravo!) Dieser Gesetzentwurf istfertiggestellt.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Sie kennen ihnja noch aar nicht! lieber den Inhalt werde ich aber erst im ein-zelnen Mitteilung machen können, wenn die Beratungen desBundesrats beendet sein werden. Die staatsrechtlichen Schwierig-leiten, mit denen bei einem solchen Gesetzentwurf zu kämpfen ist,werden überwunden werden.(Lachen links.) Ich weiß auch hiernicht, weöhalb Sie lachen. Die Schwierigkeiten werden über-wunden werden, und ich kann nur der Hoffnung Ausdruck geben,daß das Bestreben der Regierung, die Angelegenheit bald zu einemAbschluß zu bringen, auch von der elsaß-lothringischen Bevölkerungin gleich nachhaltiger Weise gefördert werden möge, wie es nachmeiner Hoffnung durch die heutigen Verhandlungen des Reichstagsgefördert worden ist.(Bravo!)Abg. Ricktin(Äs.)(bei der Unruhe im Hause zunächst unver-ständlich) scheint auf die Vorgänge im clsaß-lothringischen Landes-auZschuß einzugehen.(Zuruf bei den Sozialdemokraten.)(Sehrerregt:) Sie(zu den Sozialdemokraten) haben kein Recht, sich zuunserem Lehrmeister auszuwerfen. Denken Sie an die Szenenbeim Zolltarif!(Lachen uci den Sozialdemokraten. Sehr gut> tmZentrum und rechts.) Uebrigcns soll man solche Szenen nichttragisch nehmen. Ein Parlament ist doch schließlich keine Schule,in der es immer hübsch artig hergehen muß. Zusammenstößein Frankreich etwa eine sozialdemokratische Majorität?) Wir sindüberzeugte Anhänger des allgemeinen,'gleichen, geheimen unddirekten Wahlrechts. Für das, was das preußische Zentrum tut.tragen wir keine Verantwortung. In Elsaß-Lothringen gibt es garkeine nationalistische Partei, sie existiert nur in der Erfindungder Sozialdemokratie, die dort hoffähige Regierungspartei ist.(Stürmische Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.)Abg. Dr. Höffe!(Rp.): Der Landesausschuß, dessen Tätigkeitder Abg. Böhle so herabgesetzt hat, hat vielfach sehr wertvolle posi-tive Arbeit geleistet. Es fragt sich sehr, ob es sich empfiehlt, dieFrage des Wahlrechts gleich in der Verfassung zu regeln, oder obes nicht besser ist, die Regelung des Wahlrechts dem Lande selbstzu überlassen.(Beifall rechts.)Abg. Fahrenbach(Z.): Elsaß-Lolhringen hat unter deutscherHerrschaft an Wohlstand gewonnen, seine wirtschaftlichen Jnter-essen verweisen es nack Deutschland; die Zustände, wie sie sich inFrankreich entwickelt haben, bieten nichts Verlockendes.(Bravo!rechts und im Zentrum.) Wenn es auch nur eine Vernunftehe ist,die Elsaß-Lothringen mit Deutschland verbindet: Vernunftehensind oft glücklicher als stürmische Liebesehen.(Große Heiterkeitund Zustimmung.)Abg. v. Dzicmbowski-Pomian(Pole): Namens meiner Parte.habe ich die lebhafteste Sympathie mit den Bestrebungen derElsaß-Lothringer nach politischer Selbständigkeit zu bekunden.(Bravo! bei den Polen.)Abg. Emme!(Soz.):Herr Ricklin hat den Landesausschuß so sehr verteidigt, daßdemnach eine andere Zusammensetzung dieses Parlaments garnichtnötig wäre, während er doch selbst eine andere Zusammensetzungwünscht. Weiter stellte er sich hier als»konservativen Demo-kraten" vor. Eine wunderbare Art von Demokraten! Weiterlehnte er namens des elsässischen Zentrums die Verantwortungfür die Taten deL preußischen Zentrums ab! Wo bleibt da derZusammenhang im Zentrum als Gesamtpartei? Weiter tischteer wieder das Märchen auf, in Elsaß-Lothringen sei die Sozial-demokratie hoftähig und Stütze der Regierung! Daraus sprachder Aerger, daß die Regierung nicht mehr einzig und allein mitdem Zentrum arbeiten will. In dieselbe Kerbe schlug HerrFahrenbach. Aber worin soll denn die Bevorzugung der Sozial-demokratie bestehen? Bis jetzt ist ein einziger sozialdemokratischerBeigeordneter bestätigt worden!(Hört! hört! bei den Sozialdemo-kraten.) Persönlich möchte ich Herrn Ricklin noch bemerken, daßich nicht durch die Unzufriedenheit der Wähler aus dem Landes-ausschuß hinausgewählt bin. sondern nur infolge deö indirektenWahlsystems.Herr Ricklin verwahrte das elsässische Zentrum gegen denVorwurf französisch-nationalistischer Bestrebungen; da empfehleich ihm die Lektüre eines Zentrumsblattes, der„Kölnischen Volks-zeitung". Der Reichskanzler hat selbst anerkannt, daß seit dreißigJahren in Elsaß-Lothringen nichts geschehen ist, um so notwendi-gcr ist. daß man jetzt nachholt, was man in dreißig Jahrenversäumt hat. Statt dessen hat der Reichskanzler wieder von„nationalen Garantien' gesprochen! Aber bei der Aufhebung desDiktaturparagraphen hat der Reichskanzler betont, daß dieelsässische Bevölkerung arbeitsam sei und ihre Pflicht erfüllt habe,und daß kein Grund vorliege, sie ausnahmegesetzlich zu behandeln.Her Höfsel meinte, das Wahlrecht solle man im Lande selbstlösen, nachdem man ihm die Selbständigkeit gegeben. Aber daswäre sehr unpraktisch; denn der Reichstag kann die Frage gar-nicht anders lösen, als daß er daS Rcichstagswahlrccht gibt. Miteinen« anderen Wahlrecht werde» wir Elsässer auch nicht zufriedensein, und es würde keine Ruhe im Lande geben, bis das Reichs-tagswahlrecht erreicht ist. Warum also will man bei der Rege-lung der Verfassung nicht auch die Frage des Wahlrechts regeln,sondern die Sache so machen, daß der Kampf nach der Regelungder Verfassung sofort weitergehen muß?Herr Fahrenbach sagte, Elsaß-Lothringen werde noch immerals Kriegsbeute betrachtet! DaS sollte doch endlich aufhören. HerrFahrenbach sprach auch von einer Vernunftehe. Um bei demBilde zu bleiben, möchte ich sagen: Nach dem Weiberraub mußendlich eine Aussöhnung stattfinden, und dem geraubten Weibemuß das volle Recht gegeben werden. Die Regierung soll sichalso recht überlegen, daß es keine Ruhe geben wird, bis die Ver-fassungSsrage im vollen Sinne, ohne Ausschaltung des Wahl-rechts, gelöst ist.(Bravo! bei den Sozialdemokraten.)Abg. Hauh(Z.): Die heutige Rede des Herrn Reichskanzlerswird den schlechten Eindruck der Rede vom Dezember verwischen.Hoffentlich wird es recht bald twAu kommen, daß Elsaß-Lothringenden übrigen Bundesstaaten gleichberechtigt dasteht.ES folgt dieDebatte übe,' die allgemeine Politik.Abg. Frank(Ratibor)(Z.) führt Beschwerde darüber, daß derKreis Ratibor, obgleich 00 Proz. seiner Bevölkerung Nichtdeutschesind, nicht in den§ 12 des AereinSgesetzes einbezogen sei.Mg. Hnußmann(Fortschr. Vp.): Es wäre interessant, zu er-fahren, ob auswärtige Militärbevollmächtigte diplomatische Berichtean das Militärkabinett senden. Im Interesse einer einheitlichenauswärtigen Politik wäre es wohl zweckmäßiger, wenn solche Be-richte nur durch daS Auswärtige Amt an die höchste Stelle gelangen.Die Spannung in unseren Beziehungen zu Frankreich ist erfreu-licherweiss gelöst. In derMannesmann-Fragebat die Budgetkominission eine Resolution gesaßt, die eine goldeneBrücke nicht für die Regierung, sondern für die Gebrüder Mannes-mann bedeuten soll. Ein Lichtpunkt ist unser Verhältnis zu Oesterreich, und die Romreise des Kanzlers wird jedenfalls auch das Verbältnis zu Italien verbessern. Im Verhältnis zu England derkündete Fürst Bülow eine Politik der Zurückhaltung; diese PolitikIsar der Vorspann für die englische Schutzzollbewegung. Dabei hatdie konservative Partei Englands in demagogischer Weise Deutsch-land als Wauwau bei den Wahlen benutzt. Die Konservativenaller Länder haben eben Neigung zur Demagogie.(Lebhaste Zu-stimmung bei den Freisinnigen. Widerspruch rechts.) Die wichtigeFrage des EinhaltenS mit den Flottenrüstungen sollte deshalb nichtmit allgemeinen Erörterungen abgetan, sondern es muß einePolitik wirklicher Verständigung betrete» werden. Diese Politikkann der Regierung nicht durch Resolutionen aufgedrängt werden,sie muß. um wirkungsvoll zu sein, aus ihrer eigenen Entschließunghervorgehen.Die große Frage der Verantwortlichkeit des ReichskanzlersIvollen wir lieber bei Gelegenheit unserer Anträge dazu erörtern.wenn wir auch der jetzt wieder vorgelegten Resolution Albrecht zu-stimmen werden.Ihre Politik gegenüber der dänischen Bevölkerung sollte dieRegierung ebenso einer Revision unterziehen wie ihre reichs-ländische. Da droben sitzt ein intelligentes Volk, das nur mit intelli-gcnten Mitteln gewonnen wevden kann.(Sehr gut! links.)Die innere Lage ist noch nie so unklar gewesen wie jetzt.Wie entspricht LaS christlichen GrundsaH von Ser Gleichhettder Menschen?(Sehr gut! bei der Fortschrittlichen Volkspartei.liDer Reichskanzler hat erklärt, bei der Unbestimmtheit der Par-teien„vinkuliert' sich die Regierung nicht. Man kann auchumgekehrt sagen: Bei der Unbestimmtheit der Regierung„vinkulieren" sich die Parteien nicht! Wir werden erst dam«zu einem fruchtbaren öffentlichen Leben kommen, wenn die Re-gierung sich offen zu dem Grundsatz bekennt: Eine Regierung mußauch eine Regierungspartei haben!(Bravo! bei der FortschrittlichenVolkspartei.)Abg. Wommelöborff(natl.) erklärt die Klagen der Dänenüber rigorose Anwendung deS Sprachenparagraphen des Vereinsgesetzes für übertriebe».Abg. Dr. v. Dzicmbowski-Pomian(Pole) kritisiert Sie Polen-Politik der Regierung: eine solche unglückliche Politik würde einguter Staatsmann nicht weiterführen.Abg. Hansen(Däne) polemisiert gegen den AbgeordnetenWoii'niusyi,«ft.Damit ist die Debatte erschöpft. Das HauS vertagt die Weiter-beratung auf Dienstag, 1 Uhr.(Vorher Abstimmung über die Ost-markenzulagen aus dem Postetat.)Schluß: TA Uhr._Hiis der Partei«»verden immer vorkommen; um Extravaganzen vorzubeugen, istdie Geschäftsordnung da. Das elsaß-lothringische Volk ist gewißdemokratisch, aber von eiiicr sozialdemokratischen Republik wollenwir toichcevativai Demokraten nichts wissen. Wie cs in einersolchen sozialdemokratischen Republik aussieht, sieht man in Frank-reich?(Lautes Lachen bei den Sozialdemokraten. Rufe: Gibt«sProgrammerklärungen hat uns.Herr v. Bethmann Hollweg iiichtgegeben. Die Autorität der Regierung hat nicht zugenommen, son-dern Verlosiren dadurch, daß die Meinung, sie führe die Ge-schäfte, auf das allerstnrkste widerlegt worden ist bei der Reichs-finanzresorm und der Wahlrechtsvorlagc. Zu welcherZwiespältigkeitmuß die Politik EeS Reichskanzlers führen, wenn er in diesemHause vor kurzem gesagt hat:»Ich werde Euch das Rcichstagswahl-recht nicht nehmen" und in Preußen:„Ich werde Euch das Reichs-tagswahlrecht nicht geben!" DaS sagt derselbe Staatsmann überdasselbe Institut zu denselben Personen; denn die Preußen sinddoch auch Deutsche und werden als Deutsche für fähig erklärt, vomReichstagSwahlrecht den richtigen Gebrauch zu machen!(Sehr gut!links.) Welche Verwirrung dcS öffentlichen Nechtsbcwußtseins mußes herbeiführen, wenn solche Erklärungen von demselben Staats-mann abgegeben werde«,, die sich wie ja und nein gegenüberstehen!Einer der Herren von der Rechten hat im Abgeordnetenhause gc-sagß dg? allgemeine Stimmrecht sei die größte Ungerechtigkeit!GemeinderatSwahlfiege.Bei der am 12. März vollzogenen Ergänzungslvahl zur'Gemeindevertretung zu Velten wurden für die dritteAbteilung die Genossen Johannes Finder und KarlK l e e h s e n mit je 382 Stiinmen einstimmig gewählt. DieGegner hatten keine Kandidaten aufgestellt.In Heegmithle(Brandenburg) wurden in der drittenAbteilung die Genossen Palm und Wächter mit 210bezw. 208 Stimmen gegen 104 und 99 Stimmen der Bürger-lichen gewählt._Parteitag der P. P. S.Die P. P. S.(Polnisch-Sozialistische Partei) veranstaltet ihrendiesjährigen Parteitag zu Ostern in Z a b r z e O.-Schl. Auf derTagesordnung steht u. a. die Landarbeiterfrage, Aenderung desOrganisationsstatuts und die politische Lage.Der Vorstand der P. P. S. hat bereits den an den Parteitagzu erstattenden Bericht in der„Gazeta Robotnicza' veröffentlich:.Der Bericht umfaßt den Zeitraum von zwei Jahren. Aus ihmgeht hervor, daß die Organisation haiwtsächlich in Ober-sckilesien gute Fortschritte gemacht hat. Anfang 1903 existiertennur vier Vereine, die 588 Mitglieder aufwiesen, hingegen Ende1909 waren eS 26 Vereine mit 1230 Mitgliedern. Die stabilen Ein-künste von den Vereinen der P. P. S.<40 Proz. der eigenen Einnabmci«)stiegen von 633,55 M. im Jahre 1908 auf 1059,43 M. in, Jahre 1909.Im Laufe der Zeit wurden insgesamt gegen 400 090 Flugblätterherausgegeben und verbreitet. Der polnische Agitationskalcndor er-schien in« letzten Jahre in einer Auflage von 50 000 Exemplaren.außerdem ein illunrierler Kalender, dessen Auflage 2000 Exemplarsbetrug. Ferner sind erschienen: 10 000 Exemplare„Arbeiterlieder-buch", 4000„Grundsätze deS Sozialismus". 10000„Ein katholischerPfarrer Sozialdemokrat". Die P. P. S. hatte viele gerichtliche undpolizeiliche Scherereien und einige kleine Strafen zu ertragen.Parteiliteratur.Im Verlage der Buchhandlung Vorwärts erschien:Zur Gesundheitspflege des Nervensystems. Von Dr. Leoi r s ch l a s s. Von dieser Arbeit, die als Heft 3 der Arbeiter-esundheitS-Bibliothek erschienen ist, gelangte d,e 4. Auflage zurAusgabe. Preis 20 Pf. In besserer Ausführung 50 Pf.DaS sogenannte Gesetz des Mose. Bon Mar Mauren«b r e ch e r. Heft 5 derBiblischenGeschichten. Preis 1 M_VereinSauSgabe 40 Pf._Rcichstagskandidatur.Im 8. sächsischen Reichstagswahlkreis Pirna-Sebnitz, dervon 1903—1906 von unserem Genossen Fräßdorf im Reichstagevertreten war und jetzt durch den Antisemiten Hanisch vertretenist, wurde als Kandidat der Genosse Otto Rühle-Halle von derParteileitung gewählt. Seine Wahl durch die Parteigenossen imKreise gilt als gesichert. Genosse Fräßdorf hat die Wieder-ausstellung abgelehnt in Konsequenz des Beschlusses der sächsische»Landesversammlung, der Doppelkandidaturen zum Land- und Reichs«tag nicht gestattet._Sozialdemotraliiche Wahlerfolge in Schwede».Bei den Kommunalwahlen in Stockholm, die amDonnerstag und Freitag im ersten und zweiten Wahlkreis statt-änden. wurden von 5404 Wählern 57 802 sozialdemokratische, von2460 Wählern 41 522 liberale und von 2434 Wählern 64 389 kon-servative Stimmen abgegeben. Gewählt sind 6 Sozialdemokraten,6 Konservative und 4 Liberale. Bisher war die Sozialdemokratienur durch 3 Stadtverordnete in dem 100 Mann starkenStadtparlament vertreten. Die jetzigen Wahlen erstrecken sich aufdie Halste der Mandate und dauern bis zum 21. März. ES ist daSerste Mal, daß hier das neue Kommunalwahlgesetz in Anwendungkommt, daß je nach der Steuerleistung den, einzelnen Wählerbis zu 40 Stimmen gibt, wogegen vordem 100 Stimmendas Maximum waren. Unter jenem hundertgradigen Wahlunrechtkamen auf die konservativen Wähler im Durchschnitt 65 bis7V Stimmen pro Mann, wogegen sie sich nun im erstenWahlkreis mit 25, im zweite» mit 28 Wählerstimmen begnügenmußten, während auf die liberalen Wähler im Durchschnitt je 17und 16, aus die sozialdemokratischen je 10 und 10,8 Stimmen in denbeiden Kreisen kamen.Trotz der schweren Opfer, die ihnen der allgemeine Massenstreikauferlegt hatte, verstanden es die Arbeiter, sich ihr Wahlrecht zusichern, und sie nutzen es mit voller Kraft aus. Auch die Arbeite»'rinnen und Frauen, die ja. soweit sie selbständig Steuern zahlen,ebenfalls wahlberechtigt sind, beteiligen sich äußerst lebhaft an denWahlen. Wenn erst die Wahlresultate aus den übrigen vier Wohl-kreisen vorliegen, wird cS sich um so deutlicher zeigen, daß dieSozialdemokratie bei dem ja noch immer höchst ungerechten Wahl-recht doch eine weit stärkere Vertretung als früher erhalten hat.«LI Lociolisto",das Zentralorgan der spanischen sozialistischenartei. feiert demnächst sein 2Sjähriges Bestehen. Aus diesemAnlaß wird unser Brnderblatt demnächst eine Spezialnummer ver-öffentlichen mit Beiträgen von Bebel, Kautsky, Jaurös.Turati, Guesde. Bandervelde und dm bekanntestenspanischen Soziaiisten.Im Laufe dieses Jahres wird„DI Soeialists", das jetzt t4tägigerscheint, in ein Tageblatt limgewandel, werden. Wir begrüßenden tapferen Streiter, der ans'schwierigstem Posten, stets seinePflicht getan, und hoffen, daß er als Tageblatt mit gesteigerterWirkiamkeit und Erfolg für unsere gemeinsame Sache neue Anhängerwerben wird._eingegangene Druchfebnften.6«„Gleichheit", Zeitschrift für die Liltercsscn der Arbclierinnen(«luttgart, Verlag von Paul Singer), ist uns soeben Ar. 12 des 29. Jahr-BtmneS zugegangen. Sie hat solgend« Inhalt: lieber den März hinaus.— Der Zenwumsverrat am Wahlrecht. Von II. Ii.— Kinderstube. VonS'~~?lul' tsfavjnfonfercn:. I Von Mathilde Wurm. II. Bon FridaWulff.— Zur Geschichte einer gewettjchnsllichen Fraucnorganijation.—